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9 6 4   P i n o c c h i o

Reviewed 13.1.05

Japan 1992 Pinocchio 964 (Hage Suzuki) ist ein kybernetisch verbesserter Sex-Sklave. Der Prototyp landet in der Irrenanstalt, von wo er auf die Strasse gestellt wird. Ohne Erinnerung irrt er durch Tokyo und stösst auf die ebenfalls angeknackste Himiko (Onn Chan). Die zwei tauchen in eine bizarre Beziehung ein. Doch die scheinbare Sex- und Exzess-Idylle der beiden kommt bald ins Wanken. Pinocchio erlangt sein Gedächtnis zurück und sinnt auf Rache an seinen Herstellern, während Himiko Bösartiges mit ihm vorhat und Pinocchio von Agenten der Herstellerfirma gejagt wird.
Dieses Stilgewitter ist der Sieg von Cyberpunk-Ästhetik über Inhalt. Eine ungezügelte Attacke von Blut, Kotze und endlosem Geschrei. Für manche die Zutaten für einen Kultfilm und so herrlich andersartig. Letzteres ist "964 Pinocchio" allerdings. Doch er ist nicht gut. Im Vergleich zum Cyberpunk-Klassiker Tetsuo: The Iron Man ist es ein konfuser Abklatsch mit Hang zur Langweile. Da die Charaktere nicht annähernd logisch agieren, verliert man schnell allen Kontakt zu ihnen. Wenn die Ereignisse dann Purzelbäume schlagen und der Film zum Exzess verkommt, fühlte ich gar nichts mehr. Keine Abscheu, keine Spannung, kein Interesse. Man kann bloss über einen Regisseur staunen, der seine Protagonisten eine gute halbe Stunde schreiend durch Tokyo rennen lassen kann. Klar, das hat Underground-Kinetik, aber das ist kein Film sondern ein überdehntes Punkvideo.
Die ersten Minuten sind noch witzig. In Schwarzweiss zieht Spielfilm-Regiedebütant Shozin Fukui (Rubber's Lover) eine groteske Freakshow mit küssenden Fetisch-Lesben-Krankenschwestern und irren Patienten ab - doch damit ist mit dem Titel-Logo Schluss. Der Film wechselt zu Farbe und zu einer gähnigen Einführungsphase. Immer wieder laufen die Protagonisten durch belebte Strassen und Bahnhöfe, die Passanten schauen verdutzt in die Kamera. Mit der Zeit wird das ärgerlich. Genau das denkt sich auch der Regisseur und beginnt mit dem, was der einzige Zweck des Films ist: provozieren. In einer der ekligsten Szenen kotzt Himiko mehrfach den Bahnhofsboden voll und wälzt sich danach in dem gelben Auswurf. Die Idee dahinter? Die Aussage? Bah, wer will denn so eine blasphemische Frage stellen. "964 Pinocchio" ist kein Film der Aussagen oder Geschichten. Nur einer des Stils.
Regisseur Fukui ist da anderer Meinung. Er schwafelt im Interview etwas von einer antreibenden Philosophie hinter dem Film: "was würde passieren, wenn jene dominante Kraft ausgedehnt würde, die eintritt, wenn die mentale Pein die physische Toleranz überschreitet." Die Frage macht etwa soviel Sinn wie der Film. Man könnte es auch anders formulieren: Die Grenzen ausloten - in Sachen Gewalt, hektischem Durcheinander und dem, was die Zuschauer bereit sind, zu schlucken. "964" hat tatsächlich ein paar stilistisch interessante Momente und ein paar hübsche Gewalt-Einlagen, doch letztendlich ist es ein sinnentleerter Experimentalfilm, der stilistisch noch weit hinter Fukuis Prequel Rubber's Lover steht. Kult? Wenn man "kult" bloss als etwas definiert, was man nicht alle Tage sieht, dann schon. Ansonsten ist es eher riesiger, gekotzter Stuss.

Hier auf DVD erhältlich
Meine Disk (US): Code 1 NTSC. Japanisch 2.0 mit englischen Untertiteln. Vollbild.
Alternativer Titel: Screams of Blasphemy; Pinocchio 964
Regie: Shozin Fukui

Cyberpunk-
Schocker

Gewalt * * *

Humor *

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A l l   N i g h t   L o n g   ~   O o r u   n a i t o   r o n g u

Reviewed 2002

Japan 1992 Der 19-jährige Kensuke (Eisuke Tsunoda), der 17-jährige Shinji (Ryosuke Suzuki) und der 18-jährige Aussenseiter Tetsuya (Yoji Ietomi) werden an einem Bahnübergang Zeugen, wie ein Mädchen (Ryoka Yuzuki) grundlos von einem Mann abgeschlachtet wird. Diese Greueltat heftet die drei zu Freunden zusammen. Sie wollen eine Party schmeissen. Dazu brauchen sie Girls. Kensuke versuchts mit einer Prostituierten, doch die stellt sich als Sadistin raus. Tetsuya kriegt eh keine ab. Nur Shinji hat Glück und trifft ein Mädchen, dass gleich seine Freundin wird. Doch da werden die beiden überfallen. Das Mädchen wird vergewaltigt und getötet.  Shinji will Rache!
Ein japanischer Teenie-Rache-Schocker, der eigentlich noch clever inszeniert ist und bei dem die Gewalt zum Schluss fast schon beiläufig aus dem Ruder gerät. Der Streifen ist in Fankreisen berühmt-berüchtigt - aber sicher nicht so deftig wie sein Image. Es ist eher der kompromisslose Nihilismus, der ihn so schwer zu schlucken macht. Zwei Fortsetzungen folgten 1995 und 1996.
Hier auf DVD erhältlich (US)
I
ch habe die Holland-Version (Code 2) auf Japanisch mit englischen Untertiteln gesehen.
Alternativer Titel: Ooru naito rongu
Regie: Katsuya Matsumura

Schocker

Gewalt * * *

Erotik * *

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B a s a r a  - T h e   P r i n c e s s   G o h

Japan 1992 Ausführliche Kritik: hier.

 

B a t t l e   G i r l :   T h e   L i v i n g   D e a d   i n   T o k y o   B a y

Japan 1991 Ausführliche Kritik: hier.

 

T h e   G u a r d    f r o m   t h e   U n d e r g r o u n d   ~   J i g o k u   n o   k e i b i i n

Reviewed 17.10.03

Japan 1992 Die junge Akiko Narushimo beginnt eine neue Arbeit in der Sektion 12 des Grosskonzerns von Mr. Hyodo. Ihre Aufgabe ist es, teure Bilder an- und zu verkaufen. Ihre Kollegen haben von dem Job ziemlich wenig Ahnung, weshalb Akiko bald zur wichtigsten Person im Team wird. Die Business-Idylle nimmt jedoch ein jähes Ende, als ein grossgewachsener Wachmann im Haus zu morden beginnt. Der monströse Wrestler metzelt bald sinnlos drauf los - es gibt kein Entkommen.
"The Guard from the Underground" ist einer von Kiyoshi Kurosawas frühen Werken - und obwohl der Horrorfilm bereits visuelle Markenzeichen aufweist, die seine späteren Werke wie Cure und Kaïro so einzigartig machen, ist der Streifen doch eine Enttäuschung. Die Handlung ist nicht viel mehr als ein Schlitzerfilm ohne Messer - will heissen, ein Typ killt Menschen mit einem Baseballschläger. Die Opfer rennen, werden erschlagen; der nächste bitte. Dazwischen gibts noch ein paar abwechslungsreichere Tötungen (etwa in einem Metallschrank), aber mehr eigentlich nicht.
Kurosawa wäre jedoch nicht, wer er ist, würde er diese Horrormär nicht visuell spannend einfangen - vor allem mit einigen langen Einstellungen, deren Framing die Figuren im Gebäude isolieren - und zynischen Witz einbauen. So wird etwa die Businesswelt in Japan leicht aufs Korn genommen und die brutalen Taten mit dem Handel von Bildern, also einer scheinbar edlen, anständigen Welt, kontrastiert. Dennoch: Das Endresultat ist ausgesprochen langweilig und auch die seltsam übersinnliche Erscheinung des Täters (daher auch der duale Titel) macht das Ganze nicht spannender. Als Studie eines heranwachsenden Meisterregisseurs durchaus von Interesse - als Film jedoch eher schwach.
Hier auf DVD erhältlich (US)
Alternative Titel: Jigoku no keibiin; Jigoku No Keiibi-in; Guard From Hell
Regie: Kiyoshi Kurosawa

Horrorfilm

Spannung * *

Gewalt * *

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H e a t   W a v e

Japan 1991 Ausführliche Kritik: hier.

 

M i d o r i

Japan 1992 Ausführliche Kritik: hier.

 

M i n b o

Japan 1992 Ausführliche Kritik: hier.

 

M y   S o n s

Japan 1991 Ausführliche Kritik: hier.

 

O n l y   Y e s t e r d a y   ~   O m o i d e    p o r o   p o r o

Reviewed 2003

Japan 1991 Die 27-jährige Tokyoer Bürofrau Taeko reist ferienhalber aufs Land zu Verwandten. Unterwegs träumt sie von ihrer Schulzeit Mitte der 60er-Jahre. Von ihrer ersten Liebe und anderen kleinen "Abenteuern". Am Ziel angekommen wird Taeko vom etwas jüngeren Toshio begrüsst und in das Wesen der Landwirtschaft eingeführt. Die beiden verstehen sich toll und Taeko erzählt ihm weitere Erlebnisse aus ihrer Kindheit ...
Und ein weiteres Meisterwerk aus dem
Studio Ghibli von Hayao Miyazaki (Castle in the Sky, Totoro, Spirited Away, Nausicaä). Regie führte kein Geringerer als Isao Takahata, der unter anderem für den traurigsten Anime aller Zeiten verantwortlich zeichnet - Grave of the Fireflies. "Only Yesterday" ist viel optimistischer. Es ist eigentlich ein Liebesfilm. Die Rückblenden erzählen auf nostalgische Weise, mit vielen Pastellfarben und minimalistischen Hintergrundbildern die Geschichte der kleinen Taeko. Manchmal schiebt Takahata Popkultur-Inserts ein (z. B. ein Bild aus "E.T."), manchmal wird er ganz verspielt - wenn etwa das verliebte Mädchen regelrecht in die Wolken entschwebt. Die Gegenwarts-Geschichte ist üppig farbig und präsentiert teils wunderbaren Landschaftsaufnahmen. Erzähltechnisch verschmelzen die beiden Stränge ab und zu, denn die ältere Taeko muss in dem Film lernen, die Vergangenheit zurückzulassen. Das ist eines von vielen Themen. Ghibli-typisch steht Liebe zu anderen Menschen und Liebe zur Natur im Vordergrund. Die "Stadt=böse, Land=gut"-Idee ist furchtbar vereinfachend, doch bei Ghibli ist das immer so: Eine eigentlich vereinfachende, kitschige Ausgangsidee, auf der soviel Tiefsinnigeres aufgebaut wird. Am Schluss ist man aber stets so weit weg vom Kitsch, wie es nur sein kann. Gefühle ja, Kitsch nein.
Also zurück zu "Only Yesterday". Thematisiert wird eben der Gegensatz Stadt/Land. Dann die nostalgischen Erinnerungen an die Jugend, eine Zeit, die nicht unbedingt besser war, aber an die man sich gerne erinnert. Und die Liebe. Taeko verliebt sich in Toshio, weiss aber nicht, ob sie zu dem Schritt bereit ist. Erst in den End-Credits wird klar, dass "Only Yesterday" letztendlich noch einen ganz anderen Aspekt aufgreift: Man muss die Kindheit, die Vergangenheit zurücklassen und vorwärts schauen - vor allem, wenn es darum geht, sich für eine Liebe zu verpflichten. Erst mit 27 macht Taeko wirklich den Schritt ins Erwachsenwerden. Wenn die kleine Taeko zum letzten Mal im Bild erscheint, hat man ganz gezwungenermassen feuchte Augen. Die Ghibli-Leute haben es einmal mehr geschafft, mit animierten Bildern eine Serie von Gefühlen auszulösen und mit einer subtilen Geschichte bestens zu unterhalten. Ein Muss für alle Fans von Ghibli und für Liebhaber subtiler, nostalgischer oder einfach schöner Geschichten.

Hier auf DVD erhältlich (D)
Meine Disk (HK): Code 0 NTSC. Japanisch 2.0. mit englischen UT. Widescreen (nicht anamorph)
Alternative Titel: Omoide poro poro; Memories of Yesterday; Memories of Teardrops
Regie: Isao Takahata

Anime

Gefühl * * *

Humor * *

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P o r c o   R o s s o   ~   K u r e n a i   n o   b u t a

Reviewed 24.6.03

Japan 1992 Marco Paggot war einst ein Kampfpilot und Kriegsheld. Nun, in den 1930er-Jahren, ist er kaltschnäuzig, einzelgängerisch und ein Macho. Er lebt alleine auf einer italienischen Mittelmeerinsel, von der aus er mit seinem nicht mehr ganz fitten Wasserflugzeug startet, um seinem Job als Kopfgeldjäger nachzugehen und Piraten zu jagen. Und er ist ein Schwein. Niemand weiss genau, wieso ein Fluch ihn in ein Borstentier verwandelt hat, aber die schöne Gina hofft schon lange auf eine Rückverwandlung. Als der amerikanische Pilot Curtis ihn beim Zweikampf abschiesst, muss "Porco Rosso" nach Mailand, um sein Flugzeug zu reparieren. Gerade noch bevor ihn die faschistische Geheimpolizei aufstöbert, entkommt er, mit an Bord auch Fio, die Enkelin des Mechanikers.
"Porco Rosso" ist der wohl unbekannteste Film aus dem Kanon von Anime-Meister Hayao Miyazaki und dem
Studio Ghibli - aber das ist unverdient. Die Geschichte um das fliegende Schwein hat die meisten Elemente der anderen Miyazaki-Meisterwerke und lag dem Regisseur zudem besonders am Herzen, weil er sich um Flugzeuge drehte. Zwar widmet sich Miyazaki in beinahe jedem Film dem Fliegen, doch hier sind es echte Flugzeuge. Und Miyazaki liebt Flugzeuge, nicht zuletzt, weil sein Opa eine Flugfirma besass. Die Poesie des Fliegens ist ein Element von "Porco Rosso" und bevor ich zu den weiteren komme, möchte ich erwähnen, was Miyazaki weggelassen hat: Die Botschaft. Ich will nicht sagen, dass "Porco Rosso" keine Botschaft hat, doch im Vergleich zu den bekannten Miyazaki-Filmen ist sie nicht so vordergründig (böse Zungen würden sagen "aufdringlich") oder klar einzuordnen. Kein Appell zum Umweltschutz, kein Appell für Pazifismus. Der Krieg wird zwar thematisiert, aber ist nicht das eigentliche Thema des Films, sondern liefert lediglich das Setting.
Was ist denn neben dem Fliegen noch vorhanden? So vieles. "Porco Rosso" ist gerade so reizvoll, weil er Schicht für Schicht "geschält" werden kann - und man entdeckt stets neue Nuancen. Unglückliche Liebe, Machismo, Kriegsmüdigkeit, Piratenehre, die Vitalität der Jugend, Kriegsdepression, Hollywood-Filme, Dolce Vita ... und viel viel mehr. Dazu eine Menge Humor und liebevolle Charaktere. Miyazakis (wenige) Kritiker werfen ihm ja manchmal vor, seine Charaktere sehen stets ähnlich aus. Das stimmt (ein Pirat ähnelt etwa Spirited Aways Kohle-Mehrfüssler, Fio sieht aus wie alle Miyazaki-Heldinnen der 90er) - doch das ist erstens nicht wichtig, weil seine Charaktere sich nicht primär visuell manifestieren sondern durch ihre Emotionen und ihren Charakter, und weil es ja auch eine Art Hommage ans eigene Schaffen ist. Zückerchen für die Fans, sozusagen. Einer, der aus den Miyazaki-Charakteren raussticht ist Porco Rosso selbst. Die Sau steckt voller interessanter Interpretationsmöglichkeiten und hat kesse Sprüche wie "better a pig than a fascist" auf Lager. Ebenso komplex die Figur der Madame Gina, deren unerfüllte Liebe dem Film eine Note Melancholie gibt. Und die quirlige Fio, die vor Lebenslust geradezu übersprüht. Charaktere, die man nie vergisst - und so etwas schaffen halt nur wenige Animations-Künstler jenseits von Walt Disney. Miyazaki ist einer. "Porco Rosso" ist der letzte seiner bisher (Stand 2003) acht Kinofilme, die ich gesehen habe - und ich habe alle mit mindestens 4 Sternen benotet. Es gibt wohl kaum einen Künstler, dessen Oeuvre so konstant auf hohem Niveau angesiedelt ist. Dafür gibt es eben nur einen Ausdruck: Meisterregisseur. In dem Sinne: "A pig's got to fly".

Die besprochenen Miyazaki-Filme:
Castle of Caliostro (1979); Nausicaa (1984), Castle in the Sky (1986), Totoro (1988), Kiki's Delivery Service (1989), Porco Rosso (1992), Princess Mononoke (1997), Spirited Away (2001), Howl's Moving Castle (2004)  

Hier auf DVD erhältlich
Hier auf DVD erhältlich (US)
Meine Disk (HK): Code 3 NTSC. Japanisch 2.0 und Kantonesisch mit engl. UT. Widescreen (nicht anamorph)
Alternative Titel: Crimson Pig; Kurenau no buta
Regie: Hayao Miyazaki

Anime

Spannung * * *

Humor * *

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R o u j i n - Z

Japan 1991 Ausführliche Kritik: hier.

 

A   S c e n e   a t   t h e   S e a   ~   A n o   n a t s u ,   i c h i b a n   s h i z u k a n a   u m i

Reviewed 3.10.04

Japan 1991 Shigeru (Kuroudo "Claude" Maki) ist ein junger, taubstummer Mann, der in einem japanischen Küstenort als Müllmann arbeitet. Er liebt da Meer und träumt davon, eines Tages ein Surfer zu werden. Als er auf einer Tour ein altes Brett findet, beginnt er, spontan zu trainieren. Die anderen Leute am Strand lachen ihn aus, doch er hört natürlich nichts - er sieht nur die grossen Augen seiner ebenfalls taubstummen Freundin Takako (Hiroko Oshima), die ihn bei seinen Versuchen beobachtet. Über die nächsten Tage wird Shigeru immer besser und wird von einem Surfshop-Inhaber abgefragt, ob er nicht bei einem Wettbewerb teilnehmen will.
[Achtung, Spoiler] "A Scene by the Sea" ist ein federleichter Film. Jene, die zuviel in ihn hinein interpretieren, machen ihn nur unnötig schwer und letztendlich schlechter. Kitanos dritte Regiearbeit strahlt eine Zen-hafte Ruhe aus und entwickelt schon fast eine arrogante Lust am nichts erzählen. Es dominieren einfache Bildkompositionen, ein etwas holpriger, aber angenehm fliessender Schnitt (Kitanos erste Arbeit als Cutter) und der Hauch einer Geschichte (Kitanos erstes eigenes Skript). Dramaturgisch ist ein Gerüst vorhanden: Underdog Shigeru arbeitet sich zum Top-Surfer empor und nimmt an einem Wettbewerb teil - doch wie unwichtig Kitano diese Story ist, beweist er bei jeder Gelegenheit. Nicht zuletzt beim Wettbewerb. Den ersten verpasst Shigeru, weil er seinen Aufruf nicht hört, beim zwieten surft er gut, gewinnt einen Preis und dann ist auch schon bald fertig. Keine Siegesfanfaren - im Gegenteil.
Denn danach folgt das, was ich bei Kitano nie ganz mag: das Ende. Der japanische Meisterregisseur hat ein Faible dafür, seine Charaktere Selbstmord begehen zu lassen - doch dies tut er im Stile einer deus ex machina. Es braucht ein Ende? Selbstmord. Es braucht Dramatik? Selbstmord. Ich weiss nicht weiter? Selbstmord. Natürlich kann man interpretieren, Shigeru beging auf dem "Höhepunkt" seines Lebens Suizid als ein Akt finaler Selbstdisziplin, aber es ist kein Ereignis, das natürlich aus dem Plot herauswächst. Es gibt keine Andeutungen auf solches Verhalten. Shigeru erscheint zwar passiv und weltfremd und in Japan mag die Idee eines solchen Suizids auch glaubhafter sein, doch ich glaubte es zu keiner Sekunde. Takako liebt Shigeru wirklich tief und er hat keine suizidalen Tendenzen. Im Nachhinein kann man sagen "ah, er tat das darum und deswegen" doch damit liest man etwas in die Story, was gar nicht da ist. Kurz gesagt: Ich finde das Ende daneben. Es passt stimmungsmässig, weil es eine lyrische Todespoesie entwickelt, aber charakterlich und inhaltlich ist es aufgedrückt.
Ich mochte den Film dafür wegen seiner Beziehung zwischen Shigeru und Takako. Die beiden sind herzerwärmend seltsam - und doch so normal. Als Shigeru einmal nicht mit dem Brett in den Bus darf, läuft er die Strecke, während Takako sie fährt. Kaum angekommen, rennt sie zurück, ihrem Geliebten entgegen. Ein so schöner Moment und natürlich gänzlich ohne Worte. Die zwei "Liebenden" sagen sich nichts und selbst ihre Gesichtsausdrücke verraten nicht allzuviel, doch ihre geheimnisvolle Beziehung entwickelt eine unglaubliche Wärme. Gefilmt ist sie wie ein Stummfilm aus der Ära Buster Keatons oder Charlie Chaplins. Dazu das Rauschen des Meeres und die Musik von Joe Hisaishi (die dominierenden Geräusche im Film) - und fertig ist ein meditatives, wunderbar luftiges Drama.
Das Ende hat den Film für mich zu einem gewissen Teil ruiniert und die Kommentare mancher Fans, die den Film zu einem Höhepunkt des minimalistischen japanischen Filmemachens erklärt haben, ebenso. "A Scene at the Sea" hat wenig zu sagen, wenig zu erzählen und wenig zu zeigen und ist deshalb weit davon entfernt, ein Meisterwerk zu sein - aber er tut dies auf eine derart schöne und berührende Art, dass man nicht anders kann, als sich in den Streifen zu verlieben.

Hier auf DVD erhältlich
Meine Disk (US): Code 1 NTSC. Japanisch 5.1. mit englischen Untertiteln. Widescreen (nicht anamorph).
Alternativer Titel: Ano natsu, ichiban shizukana umi
Regie: Takeshi Kitano

Drama

Humor *

Spannung *

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S t r a y   D o g   -   K e r b e r o s   P a n z e r   C o p s

Japan 1991 Ausführliche Kritik: hier.

 

T a l k i n g   H e a d

Japan 1991 Ausführliche Kritik: hier.

 

T e t s u o   I I :    B o d y   H a m m e r

Reviewed 2002

Japan 1992 Der Geschäftsmann Tomoo (Tomorowo Taguchi) führt ein glückliches Leben mit seiner Ehefrau Kana (Nobu Kanaoka) und seinem Sohn Minori - bis der Bub eines Tages von finsteren Gesellen entführt und getötet wird. Die Wut in Tomoo nimmt ein derart extremes Ausmass an, dass seine Rippen zu Metall werden und aus dem Körper bersten, sein Arm wird eine metallische Schusswaffe. Tomoo mutiert immer mehr zur metallischen Kampfmaschine. Und will Rache. Doch sein Gegner (Regisseur Shinya Tsukamoto) ist nicht von schlechten Eltern.
Mit "Tetsuo II: Body Hammer" setzt Kultregiseur Shinya Tsukamoto (Gemini) seinen Fetisch-Klassiker Tetstuo nicht wirklich fort, sondern präsentiert eine ähnliche Geschichte in neuem Kleid. Diesmal in Farbe und aufwändiger. Genau damit nimmt er seiner Kreation aber den Low-Budget-Look. Das fällt schon mal negativ ins Gewicht. Visuell kann Teil zwei so mit dem Vorgänger eigentlich gar nicht mithalten. Auch der Fetisch-Aspekt ist nicht mehr halb so geglückt, wie in Teil eins: "Tetsuo" zelebrierte die Fusion von Mensch und Maschine auf eine ebenso sexuelle wie verstörende Art. Metall als Erotikobjekt - entweder grenzgenial oder krankhaft. "Tetsuo II" nimmt den erotischen Aspekt leider völlig zurück und ersetzt das ganze durch eine Manga-esque Transformations-Story.
Japaner lieben eben Verwandlungen und "Tetsuo II" dreht sich eigentlich nur noch darum. Dann sollte das Ungetüm, in das sich Tomoo verwandelt, aber wenigstens überzeugen. Tut es nicht: Es sieht aus wie ein wandelnder Schrottplatz. Der Film hat tatsächlih ein paar kultige Ansätze, eine böse Rückblende am Schluss, ist frenetisch geschnitten und erschlägt die Zuschauer fast mit Lärm, Chaos und Zerstörung - aber nie auf dem Niveau des Vorgängers.

Auf DVD erhältlich
Ich habe die GB-Version (Code 2) auf japanisch mit englischen Untertiteln gesehen.
Alternativer Titel: Tetsuo 2
Regie: Shinya Tsukamoto

Sci-Fi-Horror

Gewalt * * *

Erotik *

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T o r a - S a n   C o n f e s s e s

Japan 1991 Ausführliche Kritik: hier.

 

T o r a - S a n   M a k e s   E x c u s e s

Japan 1992 Ausführliche Kritik: hier.

 

T r i p l e   C r o s s   ~    I t s u k a   g i r a g i r a s u r u s h i

Reviewed 2003

Japan 1992 Kanzaki (Keinchi Hagiwara), Shiba (Sonny Chiba) und Imura (Renji Ishibashi) waren einst die erfolgreichsten Bankräuber in Japan. Nun sind sie in die Jahre gekommen, ihr letzter Coup liegt ein Jahr zurück. Da tritt der junge Freak Kadomachi (Kazuya Kimura) an das Trio heran: Sie sollen den Geldtransporter eines Hotels überfallen, 200 Millionen Yen locken. Der Plan gelingt, doch die Beute ist bloss 50 Millionen. Imura, Shiba und Kadomachi bräuchten alle dringend das Geld. Es ist Kadomachi, der als erster reagiert. Er tötet Imura, verletzt Shiba und flieht mit dem Geld. Kanzaki heftet sich ihm an die Fersen und erkennt bald, dass der Junge mit Shibas ausgeflippter Freundin Mai (Keiko Oginome) unter einer Decke steckt ...
Mit seinen legendären Yakuza-Thrillern (Yakuza Graveyard, Graveyard of Honor, Cops Vs. Thugs) avancierte Kinji Fukasaku ïn den 70er-Jahren zu einem der wichtigsten modernen japanischen Regisseure. In den 80ern wurde auch in die Krise des japanischen Films gerissen und produzierte viel Müll. Seine Rückkehr in die obere Liga feierte er Anfang der 90er - unter anderem mit diesem Film, "Triple Cross". Der Film ist nicht nur deshalb interessant, sondern auch, weil er als Bindeglied zwischen eben den klassischen Yakuza-Filmen und jenen Yakuza-Exzessen eines Takashi Miike in den späteren 90ern zu sehen ist. Denn "Triple Cross" ist rasant, schräg und blutig.
Die Story erinnert an den (später gedrehten!) Jack-Nicholson-Thriller "Blood and Wine". Und gleich noch eine Nicholson-Referenz gibt es: Kanzaki sieht gegen Ende des Films aus, wie Jack in "Chinatown" (mit aufgeschlitzter Nase). Ansonsten ist der Film sehr japanisch. Coole Gangster, verfluchte Dialoge und eine durchgeknallte Killerbraut. Am Anfang schleppt man sich vielleicht noch durch ein paar Klischees, doch langweilig wird es dank Action und schwarzem Humor sowie der tollen Performance von Keinchi Hagiwara eigentlich nie. Zum Schluss wird das Ganze dann geradezu orgiastisch. Maschinengewehre, Armeen von Cops. Da geht richtig die Post ab. Leider wagt sich Fukasaku nie ganz aus dem Fenster, er dreht nie ganz durch - der Film bleibt immer knapp in den Grenzen der Konventionen. Und das ist letztendlich sein grösstes Manko. Wie gesagt, ohne diesen Film wären spätere Filme, die dann eben wirklich aus den Konventionen ausbrechen, gar nicht möglich (darunter Miike oder Fukasakus eigener Battle Royale), doch für sich gesehen hätte der Film besser sein können. Noch frecher, noch geladener. Aber sehenswert ist er auf jeden Fall.

Hier auf DVD erhältlich
Meine Disk (UK): Code 2 PAL. Japanisch stereo mit englischen UT. Widescreen (nicht anamorph)
Alternativer Titel: Istuka giragirasurushi; The Triple Cross; Double Cross
Regie: Kinji Fukasaku

Gangsterfilm

Gewalt * *

Spannung * *

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Y u m e j i

Reviewed 23.3.06

Japan 1991 Der Maler und Poet Takehisa Yumeji (Kenji Sawada) sucht nach der perfekten Schönheit und lebt dabei die Existenz eines Playboys und Träumers. Auf einer Reise nach Kanazawa, wo er seine Geliebte Hikono (Masumi Miyazaki) treffen will, verliebt er sich in die Witwe Tomoyo (Tomoko Mariya). Deren Gatte Wakiya (Yoshiro Harada) wurde vom Mörder Onimatsu (Kazuhiko Hasegawa) getötet und im See versenkt. Nun erwacht Wakiya von den Toten und setzt dem Liebespaar zu.
Sinnlich, bizarr und verspielt sind drei Attribute dieses dritten und letzten Teils von Seijun Suzukis Taisho-Trilogie. Doch ebenso wie bei den Vorgängern Kagero-Za und Zigeunerweisen gibt es eine andere Seite der Medaille: Der Film ist ebenso verwirrend, selbstverliebt und langweilig. Suzuki schert sich wenig darum, seinem Publikum einen kohärenten Film vorzulegen, sondern beschränkt sich abermals darauf, an den Stützen der involvierten Genres zu sägen und die Geschichte ad absurdum zu führen oder sie gleich ganz einer Abfolge bizarrer Situationen zu opfern.
"Yumeji" macht all dies noch eine Spur interessanter als die lethargischen Vorgänger, doch von einem guten Film kann man mitnichten sprechen. Vielmehr ist diese cineastische Spielwiese für alle, die nicht auf Suzukis Wellenlänge sind, ein enorm frustrierendes und ermüdendes Erlebnis. Mit selbstbeweihräuchernder Kunst-Ästhetik und halbgarer Mystery-Astmosphäre zwischen Buñuel und Lynch offenbart Suzuki sein Unvermögen, etwas wirklich Packendes auf die Beine zu stellen. Der ganze visuelle Exzess, die Meta-Ereignisse und Story-Schwenks dienen nur als Ablenker von dieser leider auf beinahe jeden Suzuki-Film anwendbaren Mängel-Katalog.
Würde dieses krude Zeugs, das im Übrigen auf eigenwillige Weise das Leben des Malers Takehisa Yumeji (1884-1934) interpretiert, eineinhalb Stunden dauern, man könnte sogar ein wenig Kult hineinlesen. Schliesslich bekommt man nicht alle Tage einen Film zu sehen, den man unter Dadaismus genauso gut einordnen könnte wie unter Popart-Fiebertraum. Doch nein, Suzuki dehnt ihn auf über zwei Stunden aus, wodurch alle Spannung flöten geht - und mit ihr das Interesse an den dünnen Ereignissen. Die Tashio-Trilogie endet also mit ihrem Höhepunkt. Das ist ein schwacher Trost angesichts der Tatsache, dass sie die Talsohle von Suzukis Schaffen darstellt.

Hier auf DVD erhältlich
Hier auf DVD erhältlich (Box)
Meine Disk (US): Code 1 NTSC. Japanisch 2.0 mit nicht ausblendbaren englischen Untertiteln. Letterboxed.
Regie: Seijun Suzuki

Mystery-
Liebesdrama

Spannung *

Erotik * *

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