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Anime
Japan 1992
Alternative Titel Shojo tsubaki; Midori, Das Kamelienmädchen; 少女椿

Regie Hiroshi Harada
Drehbuch Hiroshi Harada nach dem Manga von Suehiro Maruo

Länge 49 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung
ab 18

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik

©  Text Marco, molodezhnaja 15.5.08
©  Bilder CinéMalta, Screenshots molodezhnaja


STORY
Tokyo in den 50er-Jahren: Die 12-jährige Midori verliert ihre Mutter und wird dadurch zur Vollwaise. Der mysteriöse Mr. Arashi rettet sie aus ihrem Dilemma und nimmt sie mit in seinen Freakshow-Wanderzirkus. Dort wird die Kleine von den Artisten misshandelt und bald Teil von deren perversen Fantasien. Über die Jahre träumt Madori davon, nach Tokyo zurückzukehren, doch Rettung scheint keine in Sicht. Dies ändert sich mit dem Auftauchen des Zwergs und mächtigen Magiers Masanitsu. Er wird zum Star der Truppe und wirft rasch ein Auge auf Modori.

 

REVIEW
Zwischen Faszination und Abscheu, Genie und Wahnsinn, Tiefsinn und Trash - "Midori" ist kein leichter Film. Als Vorlage diente der Manga Midori, Das Kamelienmädchen des 1956 geborenen Suehiro Maruo, einem prominenten Künstler für Erotische Grotesken, sogenannte Ero-guros. Seine Stoffe sind geprägt von moralischen Grenzüberschreitungen wie Inzest und Verstümmelung, seine Lieblingsfiguren sind Freaks und Ausgestossene. Genau das zog den jungen Anime-Künstler
Hiroshi Harada an, der Maruo nach langer Überzeugungsarbeit dazu brachte, ihn einen "Midori"-Film zu drehen. Das Resultat weicht von der Vorlage ab, doch Harada verwässerte zumindest seine eigene Vision kaum, denn er arbeitete beinahe im Alleingang daran.

Fünf Jahre lang malte er an seinem Werk, das erklärt den etwas variierenden Stil im Film, der sich auch in unterschiedlich sorgfältig ausgearbeiteten Hintergründen manifestiert. Doch es handelt sich um einen waschechten Auteur-Anime, bei dem nur wenige externe Kräfte (darunter Psycho-Rocker J. A. Caesar für den Soundtrack) involviert waren. Umso tiefer in die Seelen der beiden Macher, Maruo und Harada, lässt der Film blicken. Er bietet 49 Minuten lang Abnormitäten und Exzesse, hart an der Grenze des Zumutbaren - und oft sogar darüber. In Japan konnte er den Film daher nur als Wander-Show zeigen, fast wie der Zirkus in seinem Film, aber im grossen Rahmen wurde das Werk gar nie veröffentlicht. Es wäre der Zensur zum Opfer gefallen.

Diese Form eines Releases war aber ganz im Sinne seines Schöpfers, der den Film als Teil der japanischen Underground-Kunst sah. Ein bisschen Bakshi, ein wenig Psychedelik, ein bisschen Anti-Establishment, ein wenig Punk, ein wenig Konsumkritik - dazu viel Gewalt und Sex. Mainstream kann man das beim besten Willen nicht nennen. Sonderlich zugänglich ist "Midori" denn auch nicht herausgekommen, schon der Prolog verwirrt die Zuschauer mehr, als er sie in die Story einführt, doch die surrealen Bilder geben bereits den perfekten Vorgeschmack auf das, was da kommt.

Etwas Schönes kann in dem Umfeld kaum gedeihen. Midori streichelt einmal drei süsse Welpen, eine Szene später werden diese zermantscht und zertreten. Selbst die kitschigsten Sequenzen im Blumenmeer sind nur von kurzer Dauer, sie weichen, wie alles im Film, dem Horror und dem Entsetzen. Nicht zuletzt aber auch dem Wahnsinn. Wenn "Midori" eine extreme "Aschenbrödel"-Variante ist mit den Freaks als böse Familie und Masanitsu als holder Prinz, so bleibt ein Happy End doch stets in weiter Ferne. Einzig die Flucht in den Wahnsinn, so deutet der Film an, scheint da noch möglich - doch auch andere Interpretationen sind möglich. Vieles hält Harada ja gerade absichtlich vage. Oder konfus. Miträtseln sei erlaubt.

Leicht verdauen lässt sich das alles nicht. Vor allem der zwar nicht gezeigte, aber doch klar angedeutete Kindsmissbrauch, hinterlässt seine Spuren. Wer aber auf "Unterhaltung" im Stile von Grand-Guignol steht, auf das Makabere, das Groteske und in seiner pervertierten Art auch Erotische, der wird hier mit einer wunderbar kaputten Show belohnt. Eine Welt voller Missbildungen und Verstümmelungen, die trotzdem irgendwie kunstvoll ist. Ein Kunstwerk des Schreckens, das vielleicht nur drei Sterne wirklich verdient hätte, aber wegen des schieren Einsatzes seines Regisseurs und des Wagemuts seiner Vision eine Aufrundung erfährt. Sehenswert? Für alle Experimentierfreudigen auf jeden Fall.

PS: Der französische Release von CinéMalta scheint legal zu sein, obwohl Regisseur Harada eine Verwertung auf Video ablehnte. Auf der DVD befindet sich auch ein Interview mit ihm, vielleicht hat er also seine Meinung geändert.

 

MEINE DVD
Frankreich, Code 2, PAL
Bild: 4:3
Ton: Japanisch mono mit englischen, französischen, deutschen, spanischen und italienischen Untertiteln.

 

BESTELLEN 
CinéMalta (F)

 

EXTERNE LINKS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

 


 

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