Mittellange Kritiken 2001
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Ich habe weder Platz noch Zeit, allen Filmen eine eigene Seite zu widmen. Andererseits sind Ein-Satz-Kritiken für viele Filme auch wieder zu schade. Deshalb hier, für ein paar ausgewählte Filme, mittel-lange Kritiken. Achtung: Warten, bis die Seite ganz geladen ist. Lange Wartezeit.
Die Filme:
3000 Miles to Graceland
Abril Despedaçado (Behind the Sun), American
Outlaws, Atanarjuat - The Fast Runner
A Beautiful Mind, Birthday Girl,
Bully
Charlotte Gray, Citizen Toxie: The Toxic
Avenger IV, Crush
Donnie Darko, Don's Plum, Driven
El Espinazo del Diablo / The Devil's Backbone
Freddy Got Fingered, From Hell
Ghosts of Mars, Ghost World, Gosford Park
Happy Campers
I Am Sam, Iris, Joe
Somebody, Joy Ride
K-PAX
Life as a House, The Lost
Skeleton of Cadavra
Mädchen Mädchen, Mulholland Drive,
The Musketeer
Not Another Teen Movie,
O, Osmosis Jones
Princess of Thieves
Rat Race
Storytelling
Texas Rangers, Trouble Every Day
Waking Life
Y tu mamá también
3000 Miles to Graceland USA 2001
Regie, Buch & Produktion: Demian
Lichtenstein
Mit: Kevin Costner, Kurt Russell, Courteney Cox-Arquette, Kevin Pollack, Christian
Slater, David Keye, David Arquette, Jon Lovitz, Ice-T
Der Image-Wechsel von Kevin Costner ging ja gründlich in die Hosen. Da spielt der Saubermann mal einen brutalen, zynischen Killer - und Publikum genauso wie Kritiker machen sich darüber lustig: "3000 Miles to Graceland" (deutscher Titel: "Crime Is King") wurde ein Megaflop. Nicht ganz verdient. Gut, die Macho-Allüren, die sexistischen Gags, die Überlänge, die Stilwichserei und die unnötige Brutalität schaden dem Film enorm, doch man kann sich unterhalten. So ist Courteney Cox sehr sexy (in einer Szene könnte ich schwören, es war ein Body-Double! Ist Courteney so heiss??), die Musik gut (logo bei dem dominierenden Elvis-Thema) und die Gewalt für alle, die erwachsene Thriller mögen, ja ganz gut platziert. Die Story dreht sich um 5 Typen, die während den Internationalen Elvis-Wochen in Las Vegas als Elvis verkleidet ein Casino ausrauben. Und der Film beginnt gleich mit einem Elvis-Gag: Kurt Russell kriegt von einen Buben eins ans Schienbein getreten - genau diese Rolle (die des Buben) spielte der 12-jährige Russell 1963 in dem Elvis-Film "It Happened at the World's Fair": Er kickte damals Elvis! Überhaupt ist die Besetzung mit Russell ein kleiner Insider-Gag, immerhin hat Russell den King schon einmal gespielt - in John Carpenters TV-Bio von 1979.
Doch letztendlich darf man sich nichts vormachen: "3000 Miles to Graceland" ist eine Enttäuschung. Sicher nicht der schlechteste Costner-Film, aber bei weitem auch nicht der Beste. Es ist schon etwas traurig, wenn man mit asehen muss, wie der Star solcher Klassefilme wie "JFK" oder "Dances With Wolves" sich um ein Tough-Guy-Image bemüht oder wie Christian Slater sichtlich gelangweilt in dem Film mitspielt. Wenn man wirklich nichts besseres zu tun hat, ist "3000 Miles to Graceland" 2 Stunden anspruchslose, gewalttätige Unterhaltung mit Elvis-Soundtrack. Nicht weniger - aber bei Gott auch nicht mehr.
Roger Ebert (USA) 1½/4
James Berardinelli (USA) ½/4
imdb
Abril Despedaçado / Behind the Sun Bras. 2001
Regie und Buch: Walter Salles
Produktion: Arthur Cohn
Mit: Rodrigo Santoro, José Dumont, Ravi Ramos Lacerda, Rita Assemany, Flavia Marco
Antonio
Walter Salles ("Central Sation") hat mit "Behind the Sun" (US-Titel) ein gut gemeintes, aber etwas allzu simpel gestricktes Drama abgeliefert, dessen Bilder jedoch für einige Schwächen mehr als entschädigen. Die lyrischen Aufnahmen sind einfach bezaubernd und lassen die 88 Minuten im Nu vorbeigehen. Auch die Akteure sind sehenswert. Tonio-Darsteller Rodrigo Santoro dürfte sich zum Frauenschwarm hochgearbeitet haben. Ihr müsst nicht einmal portugiesisch lernen, um ihn in seinem nächsten Film zu verstehen: Er spielt in "Charlie's Angels: Full Throttle" mit. Doch zurück zum Film: Die Handlung, die die Blutfehde zwischen zwei Familien anklagt, ist simpel genug und eigentlich stets voraussehbar. Die Tiefgründigkeit, die Salles glaubt, in seinem Film zu haben, ist nur Schein. Sowohl die Moral als auch die Umsetzung sind leicht zu durchschauen und auch nicht gerade kontrovers - wer unterstützt schon Familienfehden? Aber trotz der inhaltlichen Mittelmässigkeit ist "Behind the Sun" ein unterhaltsamer, sehenswerter und wie erwähnt sehr schöner Film. Zudem ist die DVD recht günstig ... also sicher einen Blick wert.
Roger Ebert (USA) 2/4
imdb
Regie: Les Mayfield
Mit: Colin Farrell, Scott Caan, Ali Larter, Gabriel Macht, Kathy Bates, Will
McCormack, Timothy Dalton, Gregory Smith, Harris Yulin, Ronny Cox
"American Outlaws" will den grossen amerikanischen Western, der so oft totgesagt wurde, nicht wirklich wieder aufleben lassen, sondern ihn für ein modernes Publikum tauglich machen - ganz wie der Bon-Jovi-Western "Young Guns", oder ähnlich wie es "A Knight's Tale" mit Historienfilmen getan hat. Nur geht das Abenteuer in den Händen von "Flubber"-Regisseur Les Mayfeld nie wirklich auf: Der Pop-Western ist zu wenig hip, um frisch zu wirken aber doch zu wenig edel, um als klassischer Western durchzugehen. So fällt der Film irgendwo zwischen Stuhl und Tisch. Zudem sind die Dialoge zum Teil echt mies, der Bombast-Soundtrack von Trevor Rabin unangebracht und die Schauspieler höchstens adäquat. Ich mag Colin Farrell wirklich - doch dies ist seine bis heute (ich sah den Film im Mai 2003) schlechteste Rolle. Viele Kinogänger haben bei Farrell das Gefühl, er werde von Hollywood gepusht, doch ich muss ihn in Schutz nehmen. Schon sein Debüt in "Tigerland" (das halt eben kaum jemand gesehen hat) ist famos und in Filmen wie Minority Report, Hart's War, Daredevil oder "Phone Booth" zeigt der kernige Ire, dass er ebenso gut aussieht, wie er spielen kann. Ich glaube, er hat sich seinen Superstar-Status verdient. Aber definitiv nicht wegen "American Outlaws".
In diesem Film wirkt er deplaziert. Wenn er Bartstoppeln hat (das ist glaub ich in einer einzigen Szene) ist er immerhin visuell glaubwürdig, aber sonst nimmt man dem Pretty Face den Cowboy einfach nicht ab. Kommt dazu, dass seine Dialoge wirklich schlecht sind und er in einem formelhaften Drehbuch gefangen ist. Man sieht den Superstar irgendwo durchschimmern, doch er bricht zu keiner Zeit in diesem Film wirklich aus. Seinen Partnern geht es nicht besser. Ali Larter (Final Destination 2), Ex-Bond Timothy Dalton und Scott Caan sind gefangen in Klischees und Kathy Bates ist sogar richtig schwach als die Mutter der James-Brüder. Ach ja, die Story. Die handelt mal wieder von den Raubzügen von Jesse James und der James-Younger-Gang. Gähn, das Thema kennt man. Deshalb versucht Mayfield, mit revisionistischen Ideen etwas Pepp reinzubringen. So sind Jesse & Co. eigentlich Robin Hoods, die daneben noch den Tod ihrer Mutter rächen (in Wahrheit verlor Mama James "nur" den Arm). Aber all diese Änderungen diskreditieren den Film bloss noch mehr, anstatt ihm mehr Schwung zu geben.
Gibt es also irgend einen Grund, sich "American Outlaw" anzusehen? Ja, ein paar wenige. So gibt es ein paar coole Sprüche zwischen den generell schlechten Dialogen, zwei drei hübsche Actionszenen, gute Kameraarbeit, einen coolen Soundtrack (die Songs, nicht Rabins Kompositionen) und ein paar gute Schiessereien. Es ist denn aber auch mehr der Gesamteindruck, der "American Outlaws" einigermassen erträglich macht - er ist nämlich nie komplett langweilig. Es läuft immer was. Und Farrell zieht mal sein Hemd ab. Ok, wer das wirklich braucht, der sollte dann doch "Tigerland" ansehen. Der zeigt Bad Boy Colin auch seinen Body - aber wenigstens tut er es für einen guten Film ...
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 1/4
BBC (GB) 2/5
James Berardinelli (USA) 1½/4
imdb
Atanarjuat - The Fast Runner CAN 2001
Regie, Produktion und Schnitt: Zacharias
Kunuk
Produktion, Kamera und Schnitt: Norman Cohn
Mit: Natar Ungalaaq, Sylvia Ivalu, Peter-Henry Arnatsiaq, Lucy Tulugarjuk, Madeline
Ivalu, Paul Qulitalik, Eugene Ipkarnak
Überbewertet. "Atanarjuat" ist ein beeindruckendes Werk und ich werde später ausführlich auf seine Qualitäten eingehen, doch zuerst muss ich loswereden, dass viele Kritiker den Film masslos überschätzen. Er wird als absolutes Meisterwerk gefeiert - doch ich vermute, die Kritiker waren einfach überwältigt, mal wieder etwas ganz Neues zu sehen. Jeden Tag schauen wir uns Filme an, deren Muster wir kennen, deren Stil wir kennen. Da freut man sich über Neues (ein Grund, weshalb ich so viele asiatische Filme konsumiere). Dabei liebt man letztendlich aber nicht unbedingt die Qualität des Films, sondern seinen Überraschunsgwert. Und da "Atanarjuat" die erste Grossproduktion mit (fast) ausschlisslich Inuits (=Eskimos) vor und hinter der Kamera ist, kriegt er sowieso noch einen Bonus. Nur dies erklärt die etlichen Maximalbewertungen für das Abenteuer-Drama.
Doch nun muss ich es endlich sagen: Das 162-Minuten-Epos fesselt. Es hat einige Mängel (wie etwa die Digitalkamera), die dem Werk aber einen dokumentarischen Anstrich geben. Erwartet kein Dogma-Experiment mit dämlicher Wackelkamera, sondern klassisch gefilmtes Kino - einfach mit Digitalkamera. Das gibt den grossartigen Aufnahmen einen seltsamen Kontrast zwischen Low-Quality-Ausrüstung und High-Quality-Bildern. Denn die eisige Szenerie ist schlicht atemberaubend. Vielleicht wäre sie auf klassischem Film noch viel schöner gewesen, aber eben, dann wäre der Hauch von Dok-Feeling weg. Auch die Darsteller, die hie und da unbestreitbar amateurhaft wirken, tragen zu dem Feeling bei. Aber glaubt mir, nach den ziemlich zähen und verwirrenden ersten 15 Minuten habt ihr spätestens zur Mitte des Films diese Mängel vergessen und seit voll in die Rachegeschichte, die auf einer alten Inuit-legende basiert, involviert. Einige Sequenzen, wie Atanarjuats splitternackte Flucht über die Eisschollen, bleiben einem im Gedächtnis haften und machen "Atanarjuat" zu einem glanzvollen Erlebnis.
Die Ehrlichkeit der Darbietungen, der gleichsam romantische und doch ungeschönte Blick ins Arktis-Leben, die rohe Auseinandersetzung mit Gewalt und Sex - das gibt es sonst eben nur noch in wenigen Filmen zu sehen und führte einige Rezensenten zu ihren Maximalbewertungen. Ich bleibe bei 3½ Sternen, weil es zwar ein packendes, wunderbar anzuschauendes Abenteuer-Epos ist, aber auch seine Längen, Trivialitäten und technischen Probleme hat. Ob diese sich letztendlich positiv auf den Filmgenuss auswirken oder nicht, sei hier mal beiseite gelassen. Die, die meinen, ja, es wirke sich positiv aus, werden von einem Meisterwerk reden. Die anderen dagegen von einem amateurhaften Langweiler. Also nicht zu sehr blenden lassen - aber der Film ist wirklich gut.
PS: Das Ende wurde gegenüber der mündlich überlieferten Inuit-Legende massiv verändert. Hier gibt es einen interessanten Artikel dazu: http://www.prospect.org/webfeatures/2003/02/shubow-j-02-28.html
Roger Ebert (USA) 4/4
TELE (CH) 4/4
imdb
Regie: Ron Howard
Musik: James Horner
Mit: Russell Crowe, Jennifer Connelly, Ed Harris, Christopher Plummer
Was für eine Enttäuschung. Dieser Film ist nun also der "Golden Globe"- und "Oscar"-Abräumer des Jahres? So'n Schmarrn, denn "A Beautiful Mind" ist zwar elegant inszeniert, mit guter Musik unterlegt und von allen Beteiligten gut gespielt - aber mehr nicht. Man hat nie das Gefühl, Regisseur Howard habe besondere Inspiration gespürt. Hier springt einfach nie der Funke zum Zuschauer über, alles bleibt kalkuliert und voraussehbar. Nicht viel besser als das "Krankheit der Woche"-Drama am TV. Das mindert auch Crowes Leistung. Er ist zwar gut, aber die Darstellung der Schizophrenie geradezu naiv. Die US-Kritiken für den Film sind jedenfalls meistens euphorisch und auch bei der "Oscar"-Verleihung räumte er ab. Traurig.
4 "Oscar"-Nominationen: Russell Crowe, Schnitt,
MakeUp, Musik
4 "Oscars" gewonnen: Film, Regie, Buch, Jennifer Connelly
Roger Ebert (USA) 4/4
Tele (CH) 2/4
James Berardinelli (USA) 3.5/4
imdb
Regie und Buch: Jez Butterworth
Mit: Nicole Kidman, Ben Chaplin, Mathieu Kassovitz, Vincent Cassel, Kate Lynn
Evans, Xander Armstrong
"Birthday Girl" zeigt Nicole Kidman mal von einer anderen Seite. Nicht so aristokratisch, wie in vielen ihrer Filme, sondern rauchend, fluchend und vor allem sexuell sehr fordernd. Das hört sich vielleicht albern an, aber ich fand sie nie geiler. Zum ersten mal sieht sie nicht aus, als ob sie auseinanderfällt, wenn man sie anfasst (nicht dass ich je die CHance dazu bekäme ...) - wie auch immer, "Birthday Girl" handelt vom biederen englischen Bankangestellten John (Ben Chaplin), der sich bei der Agentur "From Russia With Love" eine Mail-Order-Braut aus Russland bestellt: Nadia (Kidman). Entgegen den Anpreisungen raucht die Frau und spricht kein Wort englisch. John will sie "zurückgeben", doch als mit Hilfe seiner Pornosammlung seine sexuellen Vorlieben studiert (und einsetzt) und sich bemüht, seine Sprache zu lernen, behält er sie. Das Glück währt kurz: Als ihre "Cousins" Alexei (Voncent Cassel) und Yuri (Mathieu Kassovitz) auftauchen, gibts Zoff.
So gut die drei Männer sind, dies ist irgendwie Kidmans Show. Ich hatte zwar Mühe, mit ihrem Charakter noch viel Mitgefühl zu haben, weil sie im Laufe des Films so oft lügt und den Charakter wechselt - aber weils halt eben Nicole ist, klappt das schon. Und Ben Chaplin spielt ihren Partner so zurückhaltend, dass eben automatisch die Sympathien auf Nadia kanalisiert werden. Und dann ist da noch ihr süsser russischer Akzent. Im Normalfall sprechen Cassel, Kassovitz und Kidman sogar ausgiebig russisch miteinander. Respekt an die lernfreudigen Schauspieler. Leider, und das ist das grosse Manko des Films, nützt all der schauspielerische Einsatz und die leicht schräge Story nicht viel, wenn Regisseur Jez Butterworth nicht richtig weiss, wohin er mit dem Plot will. Alle Komponenten sind gut, doch "Birthday Girl" wächst nie über sich hinaus, ist nie ein wirklich sehr guter Film. Irgend etwas scheint ihn zurückzuhalten - und ich weiss nicht einmal, was es ist. Am ehesten die Handlung, aber das trifft es auch nicht exakt. Es ist eher eine unentschlossene Stimmung, ein Ungleichgewicht in der inszenatorischen Absicht. Dennoch: der Streifen ist gut für 90 Minuten Entertainment. Und Nicole ist drollig. Wo kann man sie gleich noch bestellen? ... Moment. www.fromrussiawithlove.com ... Mist, geht nicht. War aber 'nen Versuch wert.
Roger Ebert (USA) 2/4
James Berardinelli (USA) 2½/4
BBC (GB) 4/5
imdb
Regie: Larry Clark
Mit: Brad Renfro, Rachel Miner, Bijou Phillips, Michael Pitt, Nick Stahl, Leo
Fitzpatrick, Kelli Garner
Dieser Film basiert auf wahren Ereignissen, die sich im Jahr 1993 im Mittelklasse-Suburb Hollywood bei Miami (Florida) abgespielt haben. Larry Clark, Regisseur des kontroversen "Kids" (* * * ½), hat aus diesen Ereignissen und dem darauf basierenden Buch von Jim Schutze (hier bestellen!) ein extrem krasses Drama gedreht, das einen tiefen Einblick in gelangweilte Teenager-Seelen bietet. Die Geschichte dreht sich um Bobby Kent (Nick Stahl), einen Teenager, der seinen besten Freund Marty (Brad Renfro) ständig verprügelt und dessen Freundinnen vergewaltigt. In den Teenagern wächst der Gedanke auf Rache. Auf Mord. Sie trommeln ein paar gelangweilte Freunde zusammen und schreiten zur Tat. Doch "Bully" ist keine "Ein Mann sieht rot"-Rachefantasie, denn Clark nutzt den Akt nicht als Entertainment-Kick: Der Mord an Bobby ist extrem grausam, weil real wirkend - und die Kids entgehen ihrer Strafe nicht. Im Gegenteil: Wie zum Schluss geradezu kalt die Strafen eingeblendet werden, lässt es einem kalt den Rücken hinunter laufen. Diese Kids wurden nicht nur bestraft, sie wurden von der Justiz, die ein Exempel statuieren wurde, geradezu ausgeschaltet. Ganz im Vorbeigehen bringt Clark so noch Kritik an der US-Justiz UND den Erwachsenen unter, die sich am Schluss nur noch für ihren nachwuchs schämen, ohne zu sehen, dass sie als Erwachsenengesellschaft Mitschuld an dem Drama tragen.
Aber "Bully" ist keineswegs perfekt. Clark baut zum Beispiel eine Szene ein, in der die Kids im Kreis stehen und er in der Mitte mit der Kamera rotiert. Warum weiss kein Schwein, es macht einfach nur schwindlig. Eine kleine, unnötige Stilwichserei. Dann ist da auch noch Clarkes Voyeurismus: Er bewegt sich immer knapp am Abgrund. Den eigentlichen Mord beutet er nicht aus, aber mit dem Sex ist es ähnlich wie in "Kids". Er ist roh, ungeschönt - und eben ein wenig voyeuristisch. Die Kids betreiben den Sex (wie fast alles in dem Film) beinahe aus Langeweile und so ist er keineswegs erotisch. Aber Clark ist bald 60 und anscheinend besessen davon, Kinder (oder Teenager) beim Sex zu zeigen. In einer Szene bringt Bobby Marty dazu, auf einer Bühne zu tanzen, wo sich Buben für ältere Männer ausziehen. Und man wird das Gafühl nicht los, Clark geniesse es, mit der Kamera über die Bubenkörper zu streicheln. OK, er spielt vielleicht nur "Auge" für die Gäste im Saal - aber solche und ähnliche Momente ziehen sich durch Clarkes Oevre. Das ist nicht wirklich eine Kritik (was interessiert mich sein Sexleben ...), aber Voyeurismus und Realismus passen manchmal eben nicht ganz zusammen.
Zuletzt noch ein paar Gedanken zu Bobby: Er ist besessen von Homoerotik. Er zerrt Marty eben in diesen Homo-Schuppen, zeigt Ali (Bijou Phillips) einen Schwulenfilm, während er sie vergewaltigt und führt Derek (Daniel Franzese) einen Film mit einem masturbierenden Jungen vor, um ihn wütend auf Marty zu machen. Was will Clark damit zeigen? Dass Bobby heimlich schwul ist? Das funktioniert irgendwie nicht, denn für den Film passt es besser, wenn er Marty nicht aus sexuellen Gründen braucht, sondern, damit er jemanden dominieren kann. Also eher S/M. Na gut, ev. ist es beides. Aber dann sieht es so aus, als ob Bobbys unterdrückte Gefühle für Männer wären, die ihn zu dem Tyrannen machen, der er ist. Warum ist er dann so geil auf Ali, Lisa und Heather? Um es kurz zu machen: Diese Seite Bobbys bringt eher Konfusion als zusätzliche Tiefe.
Roger Ebert (USA) 4/4
James Berardinelli (USA) 3½/4
Tele (CH) 3/4
imdb
Regie: Gillian Armstrong
Mit: Cate Blanchett, Billy Crudup, Michael Gambon, Rupert Penry-Jones, James Fleet,
Ron Cook
Die wie immer sagenhafte Cate Blanchett spielt eine wackere Engländerin, die im Zweiten Weltkrieg nach Vichy-Frankreich geht, um der Résistance zu helfen und ihren abgeschossenen Freund zu suchen. Leider ist diese Handlung überfrachtet und komplett unglaubwürdig. So viele Fragen werden aufgeworfen und der Kriegshintergrund letztendlich auf ein billiges Liebesdreieck reduziert. Zudem schleppt sich der Film mit der Zeit ziemlich dahin, da helfen auch die superlativen Performances von Blanchett und Michael Gambon sowie die spektakulären Bilder nichts. "Charlotte Gray" war auch an den Kinokassen ein Desaster: Der Film spielte sein riesiges Budget nicht annähernd ein und ruinierte die Produktionsgesellschaft Film Four. Dafür wird er wohl in die Filmgeschichte eingehen - als Kunstwerk jedoch kaum.
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 2/4
BBC (GB) 2/5
James Berardinelli (USA) 2½/4
imdb
Citizen Toxie: The Toxic Avenger IV USA 2001
Regie, Buch & Produktion: Lloyd Kaufman
Mit: David Mattey, Heidi Sjursen, Paul Kyrmse, Joe Fleishaker, Ron Jeremy, Corey
Feldman, Lemmy, Michael Budinger, Julie Strain, Stan Lee
Die New Yorker Trash-Fabrik "Troma" ist sich über die Jahre immer treu geblieben - und ihre Fans wissen, dass mit jedem neuen Film von "Troma" ein Haufen Spass auf sie zukommt. "Citizen Toxie" ist da nicht anders. Und obwohl auch ich jenste "Troma"-Filme auf DVD habe und mit Fug und Recht behaupten kann, ich mag diese Schundwerke, kann ich "Citizen Toxie" nicht mit mehr als 2½ Sternen bewerten. Der Film ist Trash in jeder Hinsicht. Blut, Gedärme, Titten und Fürze in einem inszenatorisch dilettantischen Film. Aaaaber ... eine Menge Spass.
Wo sonst kriegt man schon einen schwarzen Nazi, einen deformierten Superhelden, Witze über Behinderte, sprechende Penisse (ja der aus "Tromeo und Juliet!", Porno-Antistar Ron Jeremy als Bürgermeister, Witze über Schwarze, einen 300-Kilo-Fleischkoloss als Stricher, Witze über "A Wizard of Oz", mörderische Abtreibungsgegner, einen Delphin-Superhelden, totgefahrene Grossmütter, einen Typen, der seinen Kopf durch den eigenen Arsch gezogen bekommt ... und so weiter. Die kranken Ideen in "Citizen Toxie" sind allein schon das Anschauen wert. In Sachen Gore ist Lloyd Kaufmans jüngste Zumutung etwa auf dem Level seines letzten Films "Terror Firmer" (* *), in Sachen "Qualität" etwa auf dem Niveau des ersten "Toxic Avengers" (* * ½). An den in meinem Augen immer noch besten "Troma"-Film "Tromeo & Juliet" (* * *) kommt Toxie 4 aber nicht ganz heran. Es hat ein paar Sequenzen, die echte Durchhänger sind. Alles, was passiert, nachdem Toxies böses Gegenstück "Noxious Offender" das Blutbad in Tromaville angerichtet hat, schleppt sich ziemlich dahin und der Film verliert arg an Tempo.
Aber was solls, "Troma"-Fans haben sich den Film wohl eh schon reingezogen, sich ein paar Bier gekauft und das Ding in bester Party-Manier angeschaut. Sex, Blut und tonnenweise Müll machen halt doch noch immer einen guten Trash-Film. Und Lloyd Kaufman ist der Fellini unter den Trashfilmern ...
Regie und Buch: John McKay
Mit: Andie MacDowell, Imelda Staunton, Anna Chancellor, Kenny Doughty, Bill
Paterson, Caroline Holdaway
"So süss", "so heiss", "Unglaublich", "Er lässt Brad Pitt alt aussehen" ... ok ok das stimmt dann aber doch nicht! Die Rede ist von Kenny Doughty, der, wenn man den User-Kommentaren der imdb glauben soll, der neue Pitt ist. Das mag ein wenig übertrieben sein, aber keine Frage, der Kerl sieht verdammt gut aus. Darum fliegt auch Kate, gespielt von Andie MacDowell auf ihn. Wo ist das Problem? Nun, sie ist über 40, er ist 25. Und ein ehemaliger Schüler von ihr. Und sie leben in einem kleinen englischen, konservativen Dorf. Also: Klatsch, Tratsch, Eifersucht. Und da sind noch Kates Freundinnen. Auch sie über 40, auch sie einsam, auch sie stets auf der Suche nach einem Mann mit Geld. Jed, so heisst Doughtys Charakter, passt Kates Freundinnen so ganz und gar nicht. Sie hoffen, es sei nur "eine Phase". Nix da: Kate hat den Sex ihres Lebens. Und der Schönling meint es ernst: Er will sie heiraten.
So weit, so gut. "Crush" ist eine Tragikomödie über die Liebesnöte von Frauen in den Wechseljahren. Denkt an "Bridget Jones's Diary" und legt noch 10 Jahre drauf. So lange der Film sich auf diesem Terrain bewegt, ist er sehr unterhaltsam. Voller Klischees, aber unterhaltsam. Auch recht witzig (ok, der "organ"-Witz wird zu oft wiederholt ... Jed ist Orgelspieler [engl. organ] und hat ein prächtiges ... eben) - das liegt vor allem eben an diesem Doughty. Er hat Charme, gutes Aussehen und gleichsam jugendliche Lockerheit wie Weisheit. Klar, blüht Kate da völlig auf (oh, noch ein Klischee!). Doch dann kommt die Mitte des Films. Und damit die Wende zum Drama. Wer den Streifen sehen will und sich alle Überraschungen bewahren will, sollte aufhören zu lesen. Also. Was passiert? Jed wird überfahren und stirbt. Mit ihm stirbt auch der Schwung. Nun schleppt sich "Crush" von Depression zu Depression, von Drama zu Drama, von Klischee zu Klischee. Es ist schade. Der Schluss ist dann völlig fad und die Charakter-Wende von Molly (Kates Freundin) zwar subversiv, aber nicht lohnend. Ok, nun rede ich in Rätseln für die, die "Crush" noch nicht gesehen haben. Also Kurzform: Flotte Angelegenheit. Bis Jed den Löffel abgibt. Ab da langweilig. Alles klar?
Roger Ebert (USA) 3/4
Tele (CH) 3/4
imdb
Regie und Buch: Richard Kelly
Executive Producer: Drew Barrymore u. a.
Mit: Jake Gyllenhaal, Mary McDonnell, Drew Barrymore, Jena Malone, Patrick Swayze, Maggie
Gyllenhaal, Katharine Ross
Es soll mich bitte niemand darum bitten, diesen Film zu
erklären - es ist nämlich fast unmöglich. Als ich die letzte halbe Stunde zum ersten
Mal sah, brach für mich alles zusammen. Der bis dahin geniale Film machte keinen Sinn
mehr und ich hasse so etwas. Doch der Unterschied zu Filmen, die *wirklich* keinen Sinn
machen ("Tell Me Something" ...), spürte ich, dass der hier funktioniert.
Vielleicht hat einfach jemand zuviel rausgeschnitten. So ist es in der Tat. Die Deleted
Scenes auf der DVD wären zum Teil dringend nötig für völliges Verständnis des Films.
So motiviert schaute ich mir die letzte halbe Stunde nochmals an - mit Audiokommentar. Es
machte mehr Sinn, aber noch immer nicht 100%. Egal. Ich ahnte immerhin, was Regiedebütant
Kelly wollte. So bleibt für mich "Donnie Darko" ein faszinierender Film mit
Anleihen bei Kurt Vonnegut ("Slaughterhouse 5"), "My Friend Harvey",
Terry Gilliam und David Lynch. Es ist ein Film, der Schizophrenie besser einsetzt als etwa
"A Beautiful Mind" (Randnotiz: Die Deleted Scenes machen klar, dass Donnie nie
krank war...) und genug Futter für Interpretationen bietet. Der Film ist in seinem Herzen
sogar zutiefst religiös - auch etwas, was erst die Deleted Scenes klar machen.
Letztendlich sollte man einen Film aber nach dem beurteilen, was da ist. Und da ist
zu wenig. Er schlittert am Meisterwerk vorbei, weil zu viel offen gelassen wurde.
Man muss hier unbedingt Dinge offen lassen, aber Kelly schnitt zu viel. Punkt und fertig -
darum nur 3½ Sterne. Die Vision dahinter hätte 4 Sterne gekriegt. Dennoch: Unbedingt
sehenswert als ein Mindfuck-Movie, das euch sicher eine Zeit lang hirnen lässt ... ach,
und Patrick Swayze als konservativer Kinderschänder? Yeah.
Roger Ebert (USA) 2½/4
James Berardinelli (USA) 3/4
imdb
Regie: R.D.Robb
Mit: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Kevin Connolly, Scott Bloom, Jenny Lewis,
Meadow Sisto
Tja, wenn es um Geld geht, saust
Freundschaft zum Fenster raus ... im Jahr 1995 drehten Tobey Maguire und Leonardo
DiCaprio, die bereits kleine Hollywood-Stars waren, mit ein paar ihrer Freunde einen
Independent-Film in Schwarzweiss. DiCaprio & Maguire traten bloss aus Freundschaft auf
- doch da machte Regisseur R.D. Robb aus dem Streifen einen Feature Film. Dieses Filmchen
soll ins Kino kommen? DiCaprio & Maguire, nun grössere Stars, klagten. Das setzte
"Don's Plum" lange auf Eis. Das Urteil: Don's Plum darf international vertrieben
werden - in den USA nicht.
Dieses Tohuwabohu hat zu Gerüchten geführt, wonach in "Don's Plum"
üble Sachen abgehen, die Maguire & DiCaprio peinlich sind. Das ist nicht wahr.
"Don's Plum" ist zwar roh, direkt und recht fies, aber etwa in der Tradition
anderer Hänger-Movies wie "Clerks" oder "SubUrbia" - bloss nicht so
gut. Die Kids schnorren mehr oder weniger den ganzen Film hindurch in ihrer kleinen Ecke.
Über Sex, Masturbation, Schwulensex, Sex mit Gemüse, Lesbensex, über Drogen, Essen,
Kunden, Liebe ... etc. Worüber 20-jährige bei exzessivem Kaffee-Genuss halt so reden.
Das ist manchmal witzig, manchmal derb. Aber selten wirklich geglückt. DiCaprio kommt als
Frechster und Attraktivster der Truppe am besten weg. Maguire ist eher peinlich und auch
die Regie-Einfälle sind eher plump. Nichts, was man nicht schon (besser) gesehen hat.
Für 90 Hänger-Minuten ist das Ganze OK, erwartet aber keinen Skandal. Leo-Fans seollten
dennoch vorsichtig sein: Ihr Idol (damals noch sehr jung) flucht wie ein Matrose, will
poppen, was ihm vor die Füsse kommt, beleidigt andauernd Frauen und kann ein wahres
Ekelpaket sein. Wie 20-Jährige halt so sind :)
Tele (CH) 2/4
imdb
Regie: Renny Harlin
Buch & Produktion: Sylvester Stallone
Mit: Sylvester Stallone, Kip Pardue, Til Schweiger, Burt Reynolds, Estella Warren,
Gina Gershon, Stacy Edwards, Robert Sean Leonard, Verona Feldbusch
Stallone wollte lange eine Bio über Ayrton Senna drehen. Als
daraus nix wurde, konzentrierte er sich auf den "definitiven" Formel-1-Film.
Doch der böse Bernie Eccleston gab ihm nicht die Erlaubnis, den Begriff "Formel
1" ins Drehbuch zu schreiben. Vielleicht versetzte das dem guten Stallone beim
Drehbuch-Kritzeln derart unter Schock, dass ihm für seinen Film "Driven" nichts
eingefallen ist. Die Story ist nämlich hohl. Ein paar Rennen, ein paar Duelle zwischen
dem Champ Beau Brandenburg (Til Schweiger) und dem Greenhorn Jimmy Bly (Kip Pardue), ein
wenig Frauen hin- und herschieben - und dazu noch ein Mentor (Stallone), ein Teamchef
(Reynolds) und eine Schlampe (Gershon). Super. Aber ist es wenigstens unterhaltsam?
Actionreich? Witzig? Regisseur Harlin stand bei mir nämlich recht hoch im Kurs, da auch
seine dümmsten Filme ("Deep Blue Sea"?) einfach verdammt viel Spass machen.
Aber auch hier Fehlanzeige: Die Unterhaltung kommt kaum auf (höchstens bei den Rennen),
Witz gibts nur unfreiwilligen und Action, tja die gibts auch nur während dem Rennen - und
wird mit billigen Digitaleffekten und ein paar Kameratricks erzeugt. Nichts, was einen vom
Hocker reisst.
Dazu noch Product Placement bis zum Abwinken, ein paar gehaltvolle Männerblicke,
ein 08/15-Soundtrack und ein Sly, der einfach nicht in die Story gehört (er spielt das
dritte Rad am Wagen) - und fertig ist ein Film, den man wirklich nicht gesehen haben muss.
Er taugt nicht mal als "guilty pleasure". Dazu ist er einafch zu öde. Na ja,
vielleicht gefällt er Formel-1-Fans ... ooops, sorry, ist ja nicht Formel-1. Sondern
irgend ein Mix aus Formel 1, Indy und Cart. Oder so. Ist ja auch egal. Auch egal, dass aus
Chicago schnell Toronto wird und der Deutschland-Ring mal bei Frankfurt steht, dann wieder
in Berlin. Habe ich eigentlich erwähnt, dass Verona Feldbusch dreimal und
"Blümchen" Jasmin Wagner einmal durchs Bild huscht? Tun sie. Genauso wie
Regisseur Harlin, Rennfahrer Villeneuve und Rennfahrer Alesi. Aber das macht die Sauce
auch nicht besser.
Roger Ebert (USA) 2½/4
James Berardinelli (USA) 2/4
Tele (CH) 2/4
imdb
El Espinazo del Diablo E/MEX 2001
Buch und Regie: Guillermo Del Toro
Executive Producer: Pedro Almodóvar
Mit: Fernando Tielve, Eduardo Noriega, Marisa Peredes, Federico Luppi, Iñigo
Garcés, Irene Visedo
Guillermo Del Toros (Blade 2) Gruseldrama "El Espinazo del Diablo", in den USA bekannt als "The Devil's Backbone", ist einfach wunderschönes Kino. Es ist gleichsam die Geschichte von Buben, die sich im bürgerkriegsgeplagten Spanien in einem Waisenhaus durchschlagen müssen und lernen, auf eigenen Beinen zu stehen - wie auch eine Geistergeschichte mit unheimlicher Musik und Bildern. Denn in dem Waisenhaus spukt ein kindlicher Geist. Del Toro und sein Kameramann Guillermo Navarro zaubern wunderbare Landschaftsbiler, dann wieder düstere Kellergewölbe, dann wieder die unheilvolle Einstellung von der riesigen Bombe, die im Hof steckt, aber nie explodiert ist. All dies erzeugt eine einzigartige Atmosphäre. Doch "Espinazo" ist mehr, als nur ein Bilderbogen. Er überzeugt mit superben Darstellungen von jung und alt und schafft es szenenweise, richtig gruselig zu sein. Interessanterweise steht der Horror-Aspekt aber nie im Vordergrund. Im Zentrum stehen vielmehr die jungen Protagonisten und die Ereignisse in dem Waisenhaus. Auf dem Weg wird "Espinazo" derart reichhaltig: Bürgerkrieg, Geist, Coming-of-Age - alles in einem einzigen Film. EInfach super. Bewegend, gruselig und wunderschön ...
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 3/4
imdb
Regie, Buch & Produktion:
Tom Green
Mit: Tom Green, Rip Torn, Marisa Coughlan, Eddie Kaye Thomas, Anthony
Michael Hall, Julie Hagerty, Drew Barrymore
Dies ist er also. Einer der am meisten verrissenen Filme der Kinogeschichte. Ausgezeichnet mit fünf Razzies, unter anderem für den schlechtesten Film 2001. Kann er so mies sein? Die Frage ging mir durch den Kopf. Ich bestellte die DVD (siehe an, sie wird als Aktion angeboten!) und malte mir allerlei Szenarien aus: Kritiker hassen einfach Tom Green, deshalb die Verrisse. Ist er so schlecht, dass er wieder grenzgenial ist? Und dann das. Was für eine masslose Enttäuschung. "Freddie Got Fingered" verdient nicht halb so viel Aufregung - aber er verdient alle 0-Stern-Reviews. Weil er einfach für allerschlechtestes Filmemachen steht.
Mich kann ein Film mit Humor eigentlich nicht erschüttern. Also auch das nicht: Tom Green rennt nach ein paar Minuten grundlos zu einem Pferd und wichst es ab. Okay. Er schneidet einen toten Hirsch auf und schlüpft hinein. Schräg. Er leckt die offene Wunde seines Freundes. Absurd. Er entbindet ein Baby, beisst die Nabelschnur durch und wirbeld das Kind durchs Zimmer bis die Wände blutig sind. Er besprüht seinen Vater (Rip Torn) mit Elefantensamen. Direkt aus dem Tier. Oh ja, ich weiss. Da denkt man "Au backe, sowas hab ich noch nie gesehen. Eklig! Muss ich sehen!!" Aber das ist ein Trugschluss. Wenn man sich von Grossout Humor angewidert fühlt, kann man sich bei "Freddy" ekeln und er ruft damit eine Reaktion hervor. Ich hab mich nicht geekelt, sondern habe höchstens gegähnt. Die Gags riecht man auf eine Meile und ihre Ausführung schiesst an der Pointe vorbei. Zugegeben, einige der Witze haben eine surreale, ja Dada-eske Qualität, doch das ist nur, wenn man sie für sich alleine stehend nimmt. Wenn man liest "Tom Green wichst einen Elefanten ab". Das erzeugt eine kurze Reaktion. Wenn das Ganze jedoch in einen grenzenlos doofen, unendlich langweiligen Film eingebunden wird, dann verschwindet aller Reiz.
Ich sehe, was Green wollte. Er wollte seinen eigene, absurde Vorstellung von Humor in einen Film tun und gleichzeitig all die Grossout-Filme ad absurdum führen. Nach dem Motto: "Toppt mal das ihr Idioten. Dies ist der Widerlichste Film, ich hab euch alle geschlagen!" Dies birgt eine unbestreitbare Verlockung und ich sehe, wie Green dies den Studiobossen gepitcht hat. Es ist auch nicht die Idee, die mich zu ½ Stern verleitet hat. Im Gegenteil! Den politisch korrekten Warmduschern eins auszuwischen, ist eigentlich herrlich und wenn man einen Green-Film sieht, erwartet man ja auch nicht weniger. Nein, ich störe mich an der Ausführung. "Freddy Got Fingered" ist nicht lustig. Nicht spannend. Nicht grotesk. Nicht gut gespielt. Nicht cineastisch. Nicht satirisch. Er ist nichts! Gewalt gegen Behinderte, gegen Kinder, gegen Babys. Witze über Behinderte, über Kinderschändung, über Ausländer, über Geeks - all das kann ich hinnehmen ("jeder hat ein Recht, verarscht zu werden", heisst es so schön), aber dann müssen die Gags sitzen. Wenn sie das nicht tun, ist der Effekt noch viel schlimmer, als bei einem nicht-beleidigenden Witz. Dann ist der Humor weg und übrig bleibt die Beleidigung. Ich hoffe, ich drücke mich einigermassen klar aus: Witze über Behinderte machen, ist in meinen Augen okay, weil das Nicht-Witze-Machen über eine Gruppe deren Ausgrenzung gleichkommt. Aber Behinderte beleidigen, ist nicht okay. Und wenn man eben den Humor aus einer beleidigenden Pointe absaugt, dann bleibt bloss die Beleidigung zurück. Macht Witze über mich - kein Problem, denn dann kann ich mitlachen. Beleidigt mich, und ich stehe als Depp da. Und das bringt Tom Green auf den Punkt: Er schreit, er flucht, er springt herum und beleidigt. Ist das Humor? Darüber soll sich jeder selbst Gedanken machen.
Und weil die Kritiker sich so schön über den Grossout-Aspekt des Films aufregen, den Teil, den ich eigentlich unterstützen könnte, hier noch ein paar Ausschnitte. Doch zuvopr nochmals die Warnung: Ich weiss "Tom Green wichst Elefant ab" tönt soo derb und damit soo geil. Aber es ist die Qual nicht wert. Den Schmerz, den man spürt, wenn sich Rip Torn erniedrigt. Oder wenn die Witze zu wüsten Beleidigungen werden. Oder wenn Tom Green minutenlang mit aufgehängten Würsten Musik macht. Oder wenn Rip Torn seinen Arsch zeigen muss. Diesen Schmerz könnt ihr euch ersparen ... und nein, der Film geht nicht als Trash durch. Denn ein guter Skateboardstunt und fünf Lacher unter 100 vergeigten Pointen ist nicht bloss ein schlechtes Verhältnis. Es ist eine Beleidigung der Zuschauer - von einem schlechten Schauspieler, schlechten Drehbuchautor und noch schlechteren Regisseur: Chapeau, Tom Green.
This isn't going to change the fact that this comedic train wreck is funny the way The Plague is cute. (BBC)
This motion picture is arguably the worst piece of cinematic crap I have ever experienced theatrically. [...] Words like abomination and travesty don't do this movie justice. Sitting through Freddy Got Fingered was one of the most depressing experiences in my 10 years of reviewing films. [...] I have gotten better entertainment value from a colonoscopy. (James Berardinelli)
This movie doesn't scrape the bottom of the barrel. This movie isn't the bottom of the barrel. This movie isn't below the bottom of the barrel. This movie doesn't deserve to be mentioned in the same sentence with barrels. (Roger Ebert)
It's a performance that screams "Look at me!" louder and bigger than an elephant dick. And every bit as subtle. (Salon)
It sounds promising in theory, but even promising theories need talent in practice. [...] I think perhaps I'm making Freddy Got Fingered sound more appealing than it is. It's like notes for a comedy by the village idiot. (Slate)
Roger Ebert (USA) 0/4
James Berardinelli (USA) 0/4
BBC (GB) 1/5
imdb
Regie: Albert & Allen Hughes
Musik: Trevor Jones
Mit: Johnny Depp, Heather Graham, Robbie Coltrane, Ian Holm, Ian Richardson, Leslie
Sharp
Die Jack-the-Ripper-Verfilmung der Hughes-Brüder wurde in der US-Presse zum Teil als zu blutig verschrien - a) ist das verständlich, schliesslich geht es um den bekanntesten Serienkiller aller Zeiten und b) ist es nicht mal wahr. Der Film wadet zwar in Gewalt, aber man bekommt sie nur selten zu Gesicht. Gegen Schluss etwas vermehrt - so etwa in einer wunderbaren Halsschnitt-Szene. Ansonsten ist "From Hell" düsteres Gothic-Horrorkino mit einigen Längen im Mittelteil, netten Spekulationen über Rippers Identität und ansonsten viel Faktentreue. Kein Film für schwache Mägen, aber durchaus sehenswert. Bestellt die Graphic Novel, auf der der Film basiert hier
Roger Ebert (USA) 3/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 3/4
imdb
Regie, Buch und Musik: John Carpenter
Effekte: Kurtzmann, Nicotero, Berger KNB
Mit: Natasha Henstridge, Ice Cube, David Statham, Clea DuVall, Pam Grier, Joanna Cassidy,
Duane Davis
John Carpenter war einmal der "Master of Terror" - nun ist er ein Abklatsch seiner selbst. Sein neuster Streich "Ghosts of Mars" ist nicht viel mehr als eine Kopie seines eigenen Klassikers "Assault on Precinct 13" (der wiederum ein pseudo-Remake von "Rio Bravo" ist) sowie seines Kultfilms "Escape From New York". Zu "Assault" passt die zusammengewürfelte Gruppe, die in einem Gefängnis von einer Horde bedroht wird - zu "Escape" passt die Ausstattung und der Schluss. Dass Carpenter sehr wohl weiss, dass er bei sich selbst und auf der Müllhalde der Sci-Fi-Geschichte klaut, zeigt u.a. Pam Griers Satz "Who Goes There?" Fand ich süss - denn dies ist der Originaltitel jenes Buchs, das Carpenter zu meinem Lieblings-Carpenter-Film "The Thing" verarbeitet hat.
Doch zurück zum Film: Zu Beginn ist die Musik noch gut, doch sobald Carpenter zur Gitarre greifft, wirds peinlich. Nicht minder ulkig sind die Mars-Fieslinge. Die Pseudo-Zombies sehen aus wie (und ich zitiere Cinema) "Marilyn-Manson-Fans, deren Gesichter sich in einen Mähdrescher verirrt haben". Köstlich. Auch trashig: Das Design (manchmal sieht man wirklich, dass es Pappe ist), die Story, die Schauspieler, die Dialoge. Alles ist einfach Humbug. Was den Scheiss rettet ist Carpenters Selbstironie. Ein paar Sprüche des alten Regie-Machos sind ganz OK und Ice Cubes Blick zum Schluss in die Kamera verrät, dass das hier wohl nicht ernst gemeint ist. Oder doch? Wenn ja ... dann such dir einen neuen Job, John.
Roger Ebert (USA) 3/4
James Berardinelli (USA) 1½/4
Tele (CH) 2/4
imdb
Regie: Terry Zwigoff
Buch: Terry Zwigoff und Daniel Cloves nach Cloves' Comicbuch
Mit: Tora Birch, Scarlett Johansson, Steve Buscemi, Brad Renfro, Illeana Douglas, Bob
Balaban, Teri Garr
Die Adaption der Comics von Daniel Cloven ist eine intelligente, sehr amüsante Satire auf die Anonymität und Konturlosigkeit der US-Konsumgesellschaft und gleichzeitig eine herrliche Betrachtung von Teenager-Lebensangst. Steve Buscemi spielt den liebenswerten Looser Seymour fantastisch, ebenso überzeugt Thora Birch, die nach "American Beauty" erstmals wieder richtig aufblüht. Des weiteren super: Bob Balaban als Dad und Illeana Douglas als Kunstlehrerin aus der Hölle. Sind nicht alle Kunst-Theoretiker wie Roberta? Ebenfalls mit dabei: Brad Renfro, Kinderstar aus "The Client", der später mit Drogenproblemen kämpfte und 2001 auch im genialen Bully mitspielte. In der gelungen Eröffnungssequenz tanzt Tora Birch zu einer Tanznummer aus dem Bollywood-Film Gumnaam.
1 "Oscar"-Nomination: Adaptiertes Drehbuch.
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 4/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 3/4
imdb
Regie: Robert Altman
Produktion & Story: Robert Altman & Bob Balaban
Mit: Maggie Smith, Emily Watson, Helen Mirren, Kelly Macdonald, Kristin Scott
Thomas, Michael Gambon, Jeremy Northam, Ryan Phillippe, Bob Balaban, Clive Owen, Richard
E. Grant, Stephen Fry, Derek Jacobi, Charles Dance, Alan Bates
Wow diese Stars. Nur Robert Altman ("The Player",
"Short Cuts") schafft es immer wieder, eine Starriege für seine Ensemble-Filme
zusammenzukriegen, die jeden anderen Regisseur vor Neid erblassen lässt. Altman weiss
aber eben auch, wie man mit so vielen Stars umgeht: Man ignoriert, dass sie Stars sind!
Hauptdarsteller gibt es eigentlich keine - es ist eine Armee von Nebendarstellern, niemand
sticht irgendwie hervor. Und Altman verwebt die Geschichten und Geschichtchen mit
Raffinesse und Finesse ineinander. Am Anfang hat man da schnell mal die Übersicht
verloren - aber Altman geht es da auch mehr um die Stimmung. Dies ist zudem Altmans erster
britischer Film und er spickt den Streifen mit der Garde britischer Edel-Mimen, allen
voran Helen Mirren und die köstliche Maggie Smith. Auch US-Darsteller kommen zum Zug, wie
etwa Altman-Partner Bob Balaban und Teenie-Idol Ryan Phillippe. Der hat einen ziemlichen
dicken schottischen Akzent - aber keine Angst, es macht zum Schluss alles Sinn.
Die Story? Nun, es ist eine Art Agatha-Christie-Ding (Ein Adeliger wird ermordet.
Wer von den anwesenden Gästen & Bediensteten war es?) - doch Altman ist der Mord
selbst (der passiert relativ spät) und auch das Motiv eher nebensächlich. Ihm geht es um
das Drumherum, wie die Leute reagieren. Ihm geht es auch um den harschen Gegesatz zwischen
Adel und Bediensteten. Dabei verschiesst er Giftpfeile genauso gegen britische
Aristrokraten wie kulturlose Amerikaner. Diesem Treiben schaut man gerne zu - auch wenn
137 Minuten doch ein wenig lange sind. Alles in allem ein deliziös inszeniertes,
fulminant gespieltes Schmunzelstück. Beim zweiten Mal schauen hat mich der Schluss mit
Helen Mirrens Szenen sogar zu Tränen gerührt. Nicht schlecht für einen Krimi,
oder?
6 "Oscar"-Nominationen: Film, Regie, Maggie Smith,
Helen Mirren, Kostüme, Ausstattung
1 "Oscar": Buch
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 4/4
Tele (CH) 4/4
James Berardinelli (USA) 3/4
imdb
Regie und Buch: Daniel Waters
Mit: Brad Renfro, Dominique Swain, Keram Malicki-Sanchez, Justin Long, Emily Bergl,
Jordan Bridges, Jaime King, Peter Stormare, Trevor Christensen
"Happy Campers" ist eine kleine Überraschung: Ein Teenie-Film, der in einem Sommerlager spielt und sich natürlich heftigst um Sex und fiese Spässe dreht - und dennoch die Beziehung der Charaktere und ihre Probleme mit der Liebe letztendlich in den Vordergrund stellt. Eine Teenie-Charakterstudie verpackt als Teenie-Posse. Sehr interessant, aber durchaus nachvollziehbar, wenn man sieht, dass Regiedebütant Daniel Waters der Autor des schwarzen Kult-Teenie-Streifens "Heathers" (1989) ist. "Happy Campers" beginnt wie einer dieser Sommercamp-Filme, die man aus den späten 70er (v.a. Horror) und frühen 80er (v.a. Liebeskomödien) kennt. Die Charaktere sind die üblichen Stereotypen: Der Homo, der Macho, der Schüchterne, die Sexbombe, der dicke Trottel und so weiter. Doch diese Personen muss man als Hommage sehen. Waters lehnt sich eng an die Konventionen des Camp-Films an, zieht noch ein wenig Material aus "Breakfast Club" ¨(1985) und "National Lampoon's Animal House" (1978) dazu und lässt seinen Film dahinplätschern. Im positiven Sinne. Eine Story gibt es nicht. So wechseln sich absurde Szenen mit sehr "erwachsenen" Szenen und solchen mit moralischem Gehalt ab. Absurd etwa, wenn Frösche hochgejagt werden. Erwachsen, wenn die Teenager in bester "Kids"-Manier über Sex quatschen ("was da raus kommt schmeckt wie versalzener Pfannkuchenteig!"). Und moralisch, wenn zum Schluss über den Wert der Liebe und Freundschaft sinniert wird. Am Ende hatte man wirklich das Gefühl, diese Kids hätten den Sommer ihres Lebens erlebt.
"Happy Campers" hat dennoch seine Schwächen. So sind die älteren Lagerleiter zwar toll herausgearbeitet, aber die Kiddies bleiben bis auf wenige Ausnahmen im Hintergrund. Zudem werden Pädophile an dem Film ihre Freude haben, da die 12-14-Jährigen des öfteren halbnackt herumlaufen und herumschmusen, bis die Balken sich biegen. Das ist ja okay in einem solchen Film, aber in meinen Augen verhalten sich die Kids etwas gar erwachsen. Nicht wegen dem Sex (sollen sie doch) aber eher mit dem Umgang mit Sex und dessen Allgegenwärtigkeit. Oder ist es schon so lange her, dass ich 14 war? Irgendwie wollten die Szenen mit den jüngeren Kids nicht ganz dieses "Wahrheits-Level" erreichen, wie die mit den Älteren. Etwas war falsch, etwas zu Hollywood. Die Älteren sind dagegen klasse. Die Beziehung zwischen Dominique Swain ("Lolita") und Brad Renfro (Bully), jene zwischen Jaime King und Jordan Bridges. Doch am besten gefiel mir "Jeepers Creepers"-Star Justin Long. Er ist "der Schüchterne" im Klischee-Katalog, aber er wirkt recht real und hat einen der besten Sätze im Film: "Alle Frauen sagen immer, sie stehen auf Humor. Ich bin der lustigste Kerl im Camp und habe noch nie eine weibliche Brust berührt!" Yep, endlich sagt mal jemand was zum "ich achte auf den Humor in einem Mann"-Klischee. Andere nette Sätze: "Don't get all breakfast club on me bitch!" (Swain zu Renfro) oder "Before you can be the love of someone's life, you have to have a life first" (Swain). "Happy Campers" ist nicht intellektuelles Kino, aber ein unterhaltsamer, witziger, frecher und sexuell aufgeladener Teen-Film, der es ganz nebenbei schafft, Weisheiten über das Leben und die Liebe einzustreuen. Ein schöner Mix.
Regie und Buch: Jessie Nelson
Mit: Sean Penn, Michelle Pfeiffer, Dakota Fanning, Dianne Wiest, Richard Schiff,
Laura Dern, Loretta Devine, Rosalind Chao
Bin ich ein böser Mensch, weil ich Behindertenfilme nicht mag? Ja, ok "Forrest Gump" und "Rain Man" sind sicher gut, aber mit A Beautiful Mind und "I Am Sam" kann ich bedeutend weniger anfangen. V.a., weil diese beiden Filme nicht ehrlich sind. Aber dazu später. Erst einmal zum Schauspiel: Wer einen Behinderten spielt, kommt bei den Kritikern, aber v.a. bei der "Oscar"-Jury gut an: Jack Nicholson ("As Good as It Gets"), Russell Crowe ("A Beautiful Mind"), Dustin Hoffman ("Rain Man"), Tom Hanks ("Forrest Gump") und nun Sean Penn für "I Am Sam" - nur ein paar Beispiele für Akteure, die für eine Behindertenrolle für den "Oscar" nominiert waren - oder ihn gar gewannen. Dabei ist es seit langem ein offenes Geheimnis, das eine solche Rolle für einen Schauspieler einfacher ist, da er die Emotionen herauslassen kann, da er Gefühle oft einfacher transportieren kann als mit subtilem Spiel. Schaut euch "The Score" an - da gibt Edward Norton dieses "Geheimnis" eindeutig preis. Und diese Überbewertung regt mich grässlich auf. Eine nuancierte Rolle wie etwa Tom Wilkinson in "In the Bedroom" verblasst in den Augen vieler Kritiker gegen solche Gestikulier-Rollen. Dies ist keine Attacke gegen Behinderte (Gott bewahre), sondern gegen manipulierbare Kritiker.
Schaut man mal über dies hinweg muss auch ich sagen, Sean Penn spielt sehr gut in "I Am Sam". Auch die anderen Akteure (v.a. Dakota Fanning als die kleine Lucy) spielen sehr gut. Inszeniert ist das Ganze auch relativ gefühlvoll. Doch nun zum Negativen: Viel zu lang, nervige Handkamera, voraussehbar, extrem manipulativ und (in die gleiche Kerbe geschlagen) unehrlich. Als Zuschauer weiss man stets, dass Sam eigentlich das Kind nicht grossziehen sollte. Wie übersteht das Mädchen die zynischen Klassenkameraden? Wie läuft ihre Pubertät ab? Ja, Sam gibt ihr Liebe - doch reicht das tatsächlich? "All You Need Is Love"? Jö. Aber stimmt das wirklich? Die Zuschauer müssen den gegnerischen Anwalt (Richard Schiff) hassen, doch eigentlich stimmt man ihm zu. Und so verliert das Drama seine Grundvoraussetzung und damit fällt die ganze Struktur in sich zusammen. Als ob Regisseur Nelson dies erkannt hat, bemüht er unendlich lästige Klischees: Nur Behinderte zeigen wahre Emotionen, Karrierefrauen können mit der Liebe ihrer Kinder nicht umgehen, Sozialämter sind böse, etc. etc. Mich ärgerte das gewaltig. Es gibt sicher viele Leute, die lassen sich übermannen (auch mir passierte es einmal) und man leidet mit Sam mit. Doch sobald der Verstand wieder einsetzt, geht der Film den Bach runter.
1 "Oscar"-Nomination: Sean Penn
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 2/4
Tele (CH) 2/4
James Berardinelli (USA) 2/4
imdb
Buch und Regie: Richard Eyre
Musik: James Horner
Executive Producers: Anthony Minghella, Sydney Pollack, Harvey Weinstein u. a.
Mit: Judi Dench, Jim Broadbent, Kate Winslet, Hugh Bonneville, Penelope Wilton
"Iris" ist ein zutiefst trauriger und frustrierender Film. Er konfrontiert einen mit der Endgültigkeit von Alzheimer und mit der Hilflosigkeit der Angehörigen gegenüber den Erkrankten. Alzheimer ist immer eine bedrückende Krankheit, doch im Falle der porträtierten Iris Murdoch (1919-1999) ist der Fall besonders tragisch: Iris war eine sexuell freie, geistig aktive Frau mit einem messerscharfen Intellekt. Sie hat den Pulitzer-Preis gewonnen, wurde zur Dame geschlagen und schrieb etliche erstklassige Romane. Solch eine Frau innerhalb von Monaten auf das geistige Level eines Kindes herabsinken zu sehen, ist qualvoll. Ebenso bedrückend ist es, ihrem treusorgenden Ehemann zuzusehen, der sich liebevoll abmüht, gegen die Krankheit anzukämpfen.
"Iris" hat seine Fehler - so wird u.a. der Hauptteil von Iris Murdochs Leben ausgeklammert, wir sehen sie nur in den 50ern (gespielt von Kate Winslet) und in den 90ern (Judi Dench). Ihre wichtigste literarische Phase wird geradezu ausgeblendet. Und ihr Gatte (gespielt von Hugh Bonneville und später von Jim Broadbent) erscheint als liebenswerter Tollpatsch, dabei könnte man leicht übersehen, dass John Bayley einer der angesehensten Literaturkritiker Amerikas war. Doch wo der Film als Biografie halbwegs versagt, überzeugt er auf emotionaler Ebene. Ich war jedenfalls in Tränen. Und er funktioniert schauspielerisch. Die vier wichtigsten Akteure spielen wunderbar und harmonieren herrlich. Alle bis auf Hugh Bonneville kamen zu verdienten "Oscar"-Nominationen, Jim Broadbent gewann letztendlich sogar die Statue als bester Nebendarsteller. Der Preis ist verdient, denn Broadbent ist einfach herzerweichend an Judi Denchs Seite. "Iris" ist ein Film für alle Liebhaber eines guten Dramas. Inhaltlich etwas verwässert, intellektuell etwas heruntergeschraubt, aber stets stimulierendes und vor allem bewegendes Kino.
1 "Oscar": Jim Broadbent
2 "Oscar"-Nominationen: Judi Dench, Kate Winslet
Roger Ebert (USA) 2/4
James Berardinelli (USA) 3½/4
Cinema (D) 4/5
imdb
Regie: John Pasquin
Mit: Tim Allen, James Belushi, Julie Brown, Hayden Panettiere, Kelly Lynch, Greg
Germann, Robert Joy, Patrick Warburton
Der Bürohengst Joe (Tim Allen) gerät auf dem Geschäftsparkplatz ein den Firmenmacho (Patrick Warburton) und wird vor den Augen seiner Tochter verprügelt. Er will Rache, trainiert und fordert den anderen zum Re-Match raus. Schlagartig wird Joe zum Helden der Firma ... so gewöhnlich die Ausgangslage, so gewöhnlich auch der Film. Wer Tim Allen mag, kann an diesem braven Vehikel wohl noch seine Freude haben, allen anderen gehen die zwei "K" bald auf die Nerven: Kitsch und Klischees. Gegen Schluss werden sie immer wichtiger und alles Interesse verfliegt. Dass der Film inhaltlich schwach bleibt, könnte man ihm ja noch verzeihen, wären die Gags nicht alle so abgestanden. Tim Allen und sein Gegner Patrick Warburton zeigten später, dass sie es besser können - in Barry Sonnenfelds Big Trouble.
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 1½/4
BBC (GB) 2/5
James Berardinelli (USA) 2/4
imdb
Regie: John Dahl
Mit: Paul Walker, Steve Zahn, Leelee Sobieski, Jessica Bowman, Stuart Jones,
Kenneth White
Um es einfach zu machen: "Joy Ride" ist die Teenie-Variation von Steven Spielbergs meisterlichem Highway-Thriller "Duel" von 1971. D.h.: Drei Teenager werden von einem mörderischen Truck-Fahrer terrorisiert, den man den Film hindurch nie sieht. Cool. Also wieso nicht nochmals "Duel" schauen? Nun, zum einen ist John Dahl ein Ästhet, ein Spezialist für Film-Noir-mässige Streifen (sein bislang bester: Der verdammt erotische "The Last Seduction" mit Linda Fiorentino), während Spielberg bei "Duel" einen minimalistischen Ansatz wählte. Zum anderen gibt es in "Joy Ride" mehr Humor, mehr Nebenhandlung - also auch hier weniger minimalistisch. Das ist nicht wirklich besser als "Duel", aber es ist ein neuer Ansatz. Spannend sind beide und allein das schon macht "Joy Ride" sehenswert. Ihr wollt mehr? Nun, die, die in "The Fast and the Furious" einen Narren am attraktiven Paul Walker gefressen haben, können sich freuen, dass er hier in einer Szene nackt in ein Restaurant gehen muss. Schöne blaue Augen kommen doch erst mit viel nackter Haut zur Geltung. Gut genug? Wenn nicht, dann lasst "Joy Ride" sein, denn man kann wirklich nicht mehr über ihn sagen, als dass er 90 Minuten verdammt gut unterhält. Mir reicht das alleweil. Die DVD bietet übrigens gleich 4 alternative Enden, eines davon satte 30 Minuten lang. Beinahe ein neuer Film!
Roger Ebert (USA) 3½/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 2½/4
imdb
Regie: Iain Softley
Mit: Kevin Spacey, Jeff Bridges, Mary McCormack, David Patrick Kelly, Alfre
Woodard, Saul Williams, Peter Gerety, Celia Weston
"K-PAX" ist ein Sci-Fi-Film der etwas anderen Art. Keine Raumschiffe, keine ferne Planeten, keine Aliens. Nun, das ist so nicht ganz wahr: Ein Alien hat der Film: Kevin Spacey. Er spielt Prot, der behauptet, vom fernen Planeten K-PAX zu stammen. Wer sowas sagt, landet natürlich in der Klapse - und wird im Falle von Prot von Dr. Mark Powell (Jeff Bridges) behandelt. Was "K-PAX" so interessant macht, ist, dass er bis zum Schluss offen lässt, ob Spacey wirklich ein Alien ist, oder ob er an Psychosen leidet.
Bis es soweit ist, muss sich der Zuschauer durch lange
Gespräche kämpfen, von denen die meisten dank den zwei starken Schauspielern sehr
unterhaltsam, tiefgründig oder witzig sind. Irgendwann ist das Thema dann aber ausgereizt
und dann kommen einem 121 Minuten etwas lang vor. Auch die melancholische Inszenierung
schlägt mit der Zeit leicht aufs Gemüt. Wären da nicht Spaceys Scherze, der Film würde
sehr schwermütig. Mehr über Inhalt und Stil kann oder will ich eigentlich nicht
verraten. Alle, die Sci-Fi gerne ohne viele FX serviert bekommen, werden an den Ideen, die
"K-PAX" bietet, ihre Freude haben.
Hier geht es mehr um Familie und "Mensch-Sein", als um ausserirdische
Existenzen. Also ein Billig-Signs?
Nicht ganz. Ich finde "Signs" einiges besser (auch wenn man von allen Ecken
[v.a. in der Schweiz] lesen kann, wie scheisse er ist) und man entdeckt bei Shyamalans
Werk doch andere Ansätze, als bei "K-PAX". Gemein haben beide, dass die
Sci-Fi-Story nur ein Aufhänger ist, dass viel Humor reinspielt und dass beide Filme im
Herzen sehr moralisch sind. Das gefällt halt nicht allen - und sollte eigentlich auch
Zyniker wie mich abschrecken. Aber beide sind gut gemacht und auch "K-PAX" auf
alle Fälle sehenswert.
Roger Ebert (USA) 3/4
James Berardinelli (USA) 3/4
imdb
Regie und Produktion: Irwin Winkler
Kamera: Vilmos Zsigmond
Mit: Kevin Kline, Kristin Scott Thomas, Hayden Christensen, Jena Malone, Mary
Steenburgen, Sam Robards, Scott Bakula, Ian Somerhalder
Grrr der Film hat mich eiskalt erwischt. Ich wollte gewappnet
sein, ich wollte dem Taschentuch-Gesülze widerstehen. Keine Chance: Zum Schluss rollten
die Tränen und ich fühlte mich manipuliert. Doch es war schön. Fangen wir vorne an.
Irwin Winkler ist einer der grossen Produzenten Hollywoods. Auf sein Konto geht u.a.
"Raging Bull". Als Regisseur war sein grösster Hit "The Net". Das
sagt doch schon viel, oder? Und tatsächlich ist Winkler der Schwachpunkt von "Life
as a House". Er bedient sich bei manchen Klischees und lässt die zu sentimentalen
Szenen zu lange ausplätschern. Und er repetiert sich, so dass der Film bei überlangen
124 Minuten stehen bleibt.
Doch ... Winkler hatte ein goldenes Händchen bei der Besetzung. Kevin Kline ist
wunderbar als allein lebender Architekt George in der Midlife-Crisis, der den Job verliert
und der vom Arzt die schockierende Nachricht kriegt, er werde bald sterben. Das Letzte,
was er in seinem Leben tun will, ist sein Haus am Ozean bauen. Dazu braucht er seinen Sohn
Sam (Hayden Christensen) - ein wunderbarer Klischee-Charakter: Sam ist ein rebellischer
16-jähriger Marilyn-Manson-Fan mit Piercing im Kinn (ja so stellt sich Hollywood heute
Rebellen vor. James Dean war gestern). Eine furchtbare Rolle - wäre sie nicht mit Hayden
besetzt. Zu ihm später. Und auch Kristin Scott Thomas, die ich nicht besonders mag, ist
herrlich als Georges Ex-Frau, die nicht mit Sam klar kommt.
Wie es ausgeht, kann sich jeder vernünftige Mensch ausmalen
... bei Hausbauen wachsen alle zusammen. Wunderschön. Doch eben, die Schauspieler holen
aus der Story und aus ihren Charakteren mehr raus, als eigentlich gerecht wäre. Nun
sollte ich Hayden erwähnen: Ich mag den Kerl wirklich. Wir Schweizer haben ihn ja zum
ersten mal als Anakin in Attack of the
Clones gesehen - und sein Spiel wurde von vielen Kritikern verrissen. Nicht von mir.
Ich fand ihn gut in "Star Wars". Steif, aber doch rebellisch. Verliebt, aber
doch verklemmt. Das passte in die Story. Und nun, mit "Life as a House" habe ich
die Bestätigung. Viele werden sagen, er sei besser als in "Star Wars" - mag
sein, aber es ist die selbe Rolle (nur umgekehrt - hin zum Guten anstatt zur dunklen Seite
der Macht), der selbe Hayden, die selbe Mimik. Er spielt diesen Typus Jugendlicher, der
trotz Rebellion gehemmt und verklemmt ist einfach göttlich. Ich hatte ungemein Spass,
seiner Mimik zuzusehen. Und dann trifft er auf Jenna Malone (als Nachbarstochter Alyssa)
und ich jubilierte. Die "Star Wars"-Romanze konnte nie so sein wie die zwischen
Sam und Alyssa, da Natalie Portmans Charakter eine Senatorin ist. Alyssa hingegen ist
impulsiv wie es junge Frauen nur in Hollywood-Filmen sind - und eben sie gerät an Hayden.
Mit herrlichen Resultaten. Die Szene in der Dusche etwa, als die beiden ganz
"freundschaftlich" duschen: Unbezahlbar. Jenna und Hayden gebührt hier ebenso
viel Lob wie den etablierten Kline und Thomas.
Bevor ich zum Schluss komme, noch ein paar Worte zum Humor. Hayden und Jenna
erzeugen viel Humor, aber auch der lakonische Kline. Der funktioniert. Es gibt hingegen
Humor, der liegt etwas quer - wie die Einführung des ollen Nachbarn, gespielt von Sam
Robards (A.I). Sein Sinn wird
erst zum Schluss klar und die Auflösung ist etwas, na ja, gesucht. Nur legt es Hayden den
besten Gag des Films in den Mund ... "we're only talking about 6 inches,
right?". Harhar, muss man im Zusammenhang gesehen haben. So, nun also genug. Lasst
den Zynismus bei Seite, nehmt die Taschentücher hervor, und lasst euch gehen. Heulen
werdet ihr ziemlich sicher, denn ihr werdet perfekt manipuliert. Bei mir war es die Szene,
as Kristin allein vor dem leeren Bett sitzt ... da gings nicht mehr. Ok, ich bin eine
Heulsuse ;)
Roger Ebert (USA) 2½/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 3/4
The Lost Skeleton of Cadavra USA 2001
Regie und Buch: Larry Blamire
Mit: Larry Blamire, Fay Masterson, Andrew Parks, Susan McConnell, Brian
Howe, Jennifer Blaire
"The Lost Skeleton of Cadavra" ist eine Parodie und Hommage auf/an die schlechten Sci-Fi-Filme der 50er-Jahre. Alle, die Ed Wood mögen, weil er so schlecht ist, werden an dem Film deshalb ihre Freude haben. Darsteller und Regisseur Larry Blamire strapaziert die Geduld zwar hie und da und streckt die ein-Gag-Idee über gar lange Zeit (89 Minuten), doch es ist Fun. Gedreht wurde der groteske Film in Lake Arrowhead und Bronson Canyon (Kalifornien), wo schon eines der Vorbilder, der über-üble "Robot Monster" (1953), entstanden ist. Den Look dieser Filme kriegt Blamire denn auch blendend hin. Auch einige der Dialoge passen wunderbar in die 50's. Die starke Betonung der Namen, den Wert, den Dr. Paul Armstrond darauf legt, dass er "Wissenschaft betreibt". Und so viel mehr. Es ist wirklich eine kleine Fundgrube der Absurditäten. Von den allzu gut sichtbaren Drähten, die das Skelett bewegen bis hin zu den Dialogen wie "Aliens? Us? Is this one of your Earth jokes?". Einfach schräg. Und man sieht die Liebe, die die Crew in das Projekt investiert hat. Man sieht, wie verzweifelt die Schauspieler versuchen, schlecht zu spielen.
Die Handlung kann man rauchen: ein Wissenschafter (Blamaire) findet einen Meteoriten aus Atompshärium und untersucht es in seinem Ferienhaus, während seine Frau Betty (Fay Masterson) ihn liebevoll verwöhnt. Doch zwei Aliens, die auf dem Planeten gelandet sind, brauchen das Gestein ebenso. Und ein irrer Forscher (Brian Howe) will es an sich nehmen, um das Skelett zu erwecken. Wie es in donnernder Stimme sagt "I have risen" ist einer der grössten Lacher, den ich im Film hatte. Zum Brüllen.
Das ganze Konzept hat ein Problem, das lässt sich nicht bestreiten: Es ist der Umstand, dass man weiss, wie "clever" alles sein soll. Oder wie Roger Ebert die New York Times zitiert: "It is a curious attribute of camp that it can only be found, not made." Schlechten Geschmack selbst zu machen, ist schwer und es knorzt auch hier öfters gewaltig, wenn man die Zahnräder des Drehbuch- und Inszenierungsprozesses sieht. Wenn das Gerüst der Parodie offensichtlich wird. Doch was solls. Der sinnliche Katzen-Tanz der bezaubernden Jennifer Blair ("Part human, part four different forest animals, and she can dance!"), der groteske Alien-Besuch bei Dr. Armstrong, der "epische" Kampf zwischen Mutant und Skelett, Dialoge wie "sometimes my wife forgets that she is not an alien from outer space" oder schreckliche Musik und Kamerafahrten machen "The Lost Skeleton of Cadavra" zu einem Leckerbissen für Trash-Fans. Etwas bemüht - aber witzig.
Schaut euch hier den Trailer an: http://imdb.com/title/tt0307109/trailers - der ist eigentlich fast besser als der Film, weil er alles zeigt, was die Macher mit dem Werk versucht haben. Zudem ist er kurz und die Texteinblendungen sind zum Brüllen. "From the company that gave you Zombies of Mora Tau and Lawrence of Arabia". Priceless.
Roger Ebert (USA) 1½/4
imdb
Regie: Dennis Gansel
Mit: Diana Amft, Karoline Herfurth, Felicitas Woll, Andreas Christ, Max Riemelt,
Florian Lukas, Arzu Bazman, Max Richter, Frederic Welter
"Mädchen, Mädchen" ist die deutsche Girlie-Antwort auf "American Pie". Es geht vordergründig um manchmal vulgäre, manchmal schlüpfrige Themen - doch den Filmemacher liegen die Charaktere letztendlich mehr am Herzen, als dies in schwächeren Komödien oft der Fall ist. Dort lacht man über das Opfer, hier lacht man mit ihm. In der Erkenntnis, dass einem so was auch passieren könnte. Na ja, nicht immer, aber die Charaktere sind nicht zum Abschuss freigegeben sondern sind echte Menschen mit echten Problemen. Und deshalb sorgt man sich auch um sie und deshalb machen sie mehr Spass. Die Ausgangslage ist einfach: Drei Girls haben noch nie 'nen Orgasmus gehabt und versuchen nun, einen zu kriegen. Die berühmteste Szene zeigt Diana Amft auf dem Fahrrad ... bis es "klick" macht. Erinnert ein wenig an Meg Ryan in "When Harry Met Sally". Es gibt noch andere solcher Szenen und was sie aus dem üblichen Teeniefilm-Brei herausstehen lässt, ist, dass sie sich um die Mädchen drehen.
Zögerlicher geht das Ganze deshalb zwar nicht zu und her (Pissen mit Ständer, Papa muss Penis-Ring entfernen etc.), weshalb "Mädchen, Mädchen" ja so eine schöne Mixtur aus Teenagerkomödie und Vulgärklamotte geworden ist. Die Mischung passt und nur manchmal sind die Pointen allzu offensichtlich, die Szenen allzu voraussehbar. Spass wird man aber garantiert dabei haben ...
Regie und Buch: David Lynch
Musik: Angelo Badalmenti
Mit: Naomi Watts, Laura Harring, Justin Theroux, Ann Miller, Dan Hedaya, Mark Pellegrino,
Robert Forster, Billy Ray Cyrus
Gleich vorweg: "Mulholland Drive" ist nicht gut. Warum dann 3½ Sterne? Warum Regie-Preis in Cannes? Warum "Oscar"-Nomination für beste Regie? Weil das Werk extrem faszinierend ist. Vorweg, für alle die es nicht wissen: "Mulholland Drive" war als Serie gedacht, doch der Sender ABC empfand den Pilotfilm als zu düster. Das Projekt wurde auf Eis gelegt. Französische Investoren haben jedoch dann das Geld aufgebracht, damit Lynch aus seinem Pilotfilm einen Kinofilm schneiden kann. Ein paar neu gedrehte Szenen und umgeschnittene Sequenzen später war der Film da und sorgte für verwirrte Gehirne - und grossartige Kritiken. Sogar Roger Ebert, ein Lynch-Hasser der ersten Stunde (er gab allen Lynch-Filmen ausser "The Straight Story", also sogar "Blue Velvet" und "The Elephant Man", den Daumen runter!) fand den Film genial.
Ich zähle mich auch nicht gerade zu Lynchs Fans. "The Straight Story", der untypischste Lynch, ist in meinen Augen sein weitaus bester. "Dune", der meist-verrissene von ihm, kommt bei mir auf Platz 2. Gefolgt von "Blue Velvet". "Wild at Heart", "Lost Highway", "The Elephant Man", "Eeaserhead" und "Mulholland Drive" sind dann alle etwa gleichauf. Meiner Meinung nach sind all seine Filme faszinierend, doch das Verwirrende, das Seltsame setzt er viel zu plakativ ein. Seine TV-Serie "Twin Peaks" war in dieser Hinsicht genial, weil das Grauen subtil war. Der Anfang von "Blue Velvet" ebenfalls. Doch danach sank "Velvet" stark ab. Auch "Lost Highway" - und nun auch "Mulholland Drive". Der Grund ist einfach: Da ja der Pilotfilm nie alle Rätsel lösen wollte, kann ein Film, basierend auf diesem Material, das natürlich auch nicht. Sehr viel bleibt offen. Doch nicht nur das: Die letzten 45 Minuten haben keinen anderen Sinn, als die Zuschauer zu verwirren. Das ist zwar interessant, aber letztendlich bloss eine Seifenblase. Leer, leerer, Lynch. Ich weiss, viele dichten ihm Tiefgang an. Ich glaube jedoch, er ist einfach ein wenig krank im Kopf und lässt das in seinen Filmen aus. Das finde ich dagegen faszinierend. Darum 3½ Sterne.
Die Musik, die Inszenierung, die Schauspieler - die Atmosphäre. Alles extrem packend. Doch am Schluss fragt man sich schon "wofür"? Klar, der Film hat einen für Lynch-Verhältnisse geradezu abschliessenden Schluss (oder Kreislauf, wie etwa "Lost Highway") - aber es bleibt eine Albtraumsituation. Eine Fieber-Vision. Genau wie eine solche ist sie faszinierend, aber man wünscht sich doch, sie gehe vorbei. Schliesslich soll es keinen Sinn machen. Ja toll. "Plan 9 From Outer Space" macht auch keinen Sinn und ist einer der schlechtesten Filme aller Zeiten. Selbstbeweihräuchernder "Mindfuck" alleine macht kein Meisterwerk. Nochmals: "Mulholland Drive" ist faszinierend, ja einmalig (weil mutig) - aber nicht wirklich gut. Komplizierte Kritik? Nun ja, also passt sie zum Film ...
Roger Ebert (USA) 4/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 2/4
imdb
Regie und Kamera: Peter Hyams
Mit: Justin Chambers, Tim Roth, Mena Suvari, Catherine Deneuve, Stephen Rea, Nick
Moran
Unnötig. Das ist mit Sicherheit das erste Wort, das mir zu Peter Hyams "The Musketeer" einfällt. Ganz wie die andere kürzlich erschienene Dumas-Verfilmung The Count of Monte Cristo hat man bei "The Musketeer" das Gefühl, es gäbe nix, was diesen erneuten Effort eigentlich rechtfertigt. Gut, es hat neue Stars und ein wenig Hongkong-Action, aber ist das wirklich alles? Seis drum, der Film ist da. Wie ist er? Na ja, nichts Besonderes. Fast 2 Stunden anspruchslose Abenteuer-Unterhaltung. Aber wie Film Total zu dem Thema sagt: "Es gibt keine schlechten Musketier-Filme". Stimmt. Also was rettet "The Musketeer", der doch immerhin einer der schlechteren Musketier-Filme überhaupt ist? Dazu später. Erst das Schlechte:
Hauptdarsteller Justin Chambers, Ex-Model und "Wedding Planner"-Co-Star, ist viel zu blass. Die Story ist bekannt. Die von Hongkong-Choreograf Xin Xin Xiong ("Black mask", "Once Upon a Time in China") entwickelten Stunts sind ja hübsch, aber gehören irgendwie nicht in den Film. Und eben: Er ist zu lang. 2 Sterne. Ungenügend. Aaaaaber ... da ist noch Tim Roth. Er kaut genüsslich auf jeder Szene rum und hat sichtlich Spass bei der Sache. Also noch ein halber Stern. Ganz knapp genügend. Das sagt wohl genug: Wer sich knapp zwei Stunden abenteuerlich ablenken lassen will, kann "The Musketeer" eine Chance geben. Alle anderen sollten sich eine andere Dumas-Verfilmung suchen. Genug Auswahl haben sie ja ...
Roger Ebert (USA) 2½/4
Tele (CH) 2/4
James Berardinelli (USA) 2/4
imdb
Not Another Teen Movie USA 2001
Regie: Joel Gallen
Mit: Chyler Leigh, Chris Evans, Jaime Pressly, Mia Kirshner, Randy Quaid, Eric
Christian Olsen, Cody McMains, Mr. T., Mollie Ringwald
"Not Another Teen Movie" ist all denen zu empfehlen, die den Humor von "Scary Movie" mögen, d.h. hemmungslose Filmzitate und viel derben Humor & Sex. Bei "Not Another Teen Movie" wäre es von Vorteil, wenn man die Originale kennt - denn sonst machen viele Gags keinen Sinn. Die schlampige Inzest-Schwester sagt in einer Szene etwa "You can put it anywhere" - für nicht Eingeweihte einfach eine Anspielung auf Anal-Sex, für alle, die "Cruel Intentions" gesehen haben, eine hübsche Hommage. "Cruel Intentions" ist einer der wichtigsten Gag-Lieferanten neben "She's All That" und "American Pie". Aber auch "Breakfast Club", "Road Trip", "10 Things I Hate About You" und sogar "Almost Famous" kommen dran. Das ist oftmals sehr lustig, meistens aber recht plump. Gute Lacher bergen etwa die Musical-Nummer, die Untertitel der Austauschstudentin, die Filmzitate etc. Und auch der Auftritt der süssen Lacey Chabert ist cool. Sie spielt eine Kopie von Jennifer Love Hewitt ("Heartbreakes"), die (welch Zufall) Chaberts Co-Star in der TV-Serie "Party of Five" war. Ach, und bervor ichs vergesse, die Art, wie die Charaktere sich ihrer Klischees bewusst sind, ist köstlich. Ein Beispiel: Beim "hässlichen Entlein" wird x-mal hervorgehoben, wie hässlich doch Brille und Pferdeschwänzchen sind - dies ist eine Ohrfeige für Filme wie "She's All That" oder "Pricess Diaries", wo das vermeintlich hässliche Entlein von Anfang an süss ist - aber einfach mit Brille und seltsamer Frisur "verschandelt" sein soll. Und apropos süss: Die Frauen in sind äusserst heiss hier. Die Typen sind weniger attraktiv (Chris Evans geht noch am ehesten als schön durch) ... aber die Frauen. Der Regisseur würdigt ihre Auftritte dann auch jedesmal mit einem Slo-Mo-Auftritt. Auch das ist bereits wieder selbstironisch. Also ... ich schreibe wirres Zeugs ... und fasse mich kurz: Packt Bier & Chips und lacht ein wenig. Mehr kann man von diesen 88 Minuten nicht erwarten ...
Bestellt die DVD hier.
Roger Ebert (USA) 2/4
Tele (CH) 2/4
James Berardinelli (USA) 1½/4
imdb
Regie: Tim Blake Nelson
Buch: Brad Kaaya nach William Shakespeare
Mit: Mekhi Phifer, Josh Hartnett, Julia Stiles, Andrew Keegan, Martin Sheen, Josh Heard
Das ist so eine Sache mit Shakespeare: Ich mag den Kerl nicht. Ich habe etwa 20 seiner Stücke gelesen und keines hat mich wirklich überzeugt. Seltsamerweise ist das mit Filmen, basierend auf den Stücken des Barden, eine ganz andere Sache. Die Filme sind (mit Ausnahmen wie Laurence Oliviers "Hamlet") meistens sehr gut, dies gilt auch für eher lockere Teenie-Adaptionen, die in den letzten Jahren entstanden sind. "10 Things I Hate About You" (nach "Taming of the Shrew") mit Heath Ledger und Julia Stiles etwa ist ein überzeugender Film. Ebenfalls mit Julia Stiles kommt nun "O" - basierend auf Shakespeares Eifersuchts-Thriller "Othello".
Nach den Massakern an der Columbine High School und in Littleton war die US-Öffentlichkeit nicht sonderlich empfänglich für Jugendgewalt, weshalb "O", der "Othello" an eine Highschool versetzt, mehrfach verschoben worden. Und tatsächlich birgt insbesondere der Schluss (wer Shakespeare kennt, weiss, dass am Schluss oft ein Massaker passiert) viel Zündstoff. Aber das ändert nichts an der Qualität des Films: Es ist trotz Längen eine hervorragende Adaption, stark gespielt vom Lead-Trio Phifer/Hartnett/Stiles. Die Verlegung an die Schule passt superb - und der Schluss fährt richtig ein. Ich habe sogar eine Träne vergossen, etwas, was mir beim Lesen vom Shakespeare echt noch nie passiert ist. "O" ist also sicherlich zu empfehlen. Der Schluss ist krass, aber man kann nicht von einem "Blutbad" reden, wie manche Kritiker dem Film vorgeworfen haben. Uns selbst wenn: Shakespeare ist nun mal brutal. Immerhin darin kannte der Typ sich aus ...
Roger Ebert (USA) 3/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 3/4
imdb
Regie: Bobby & Peter Farrelly, Piet
Kroom, Tom Sito
Mit: Bill Murray, Elena Franklin, Chris Elliott, Molly Shannon
Sprecher: Chris Rock, David Hyde Pierce, Laurence Fishburne, William Shatner,
Brandy, Ron Howard
Erinnert ihr euch an die französische Zeichentrickserie "Es war einmal ... das Leben" [1986]? Ich habe als Kind die Serie genauso wie ihre Ableger "... der Mensch" etc. regelrecht verschlungen. In "... das Leben" geht es um unseren Körper. Die Hauptrolle spielen Zellen, Bakterien, Organe etc. Auf spielerische Art wird Kindern und jungen Erwachsenen der Körper erklärt. Faszinierende Sache. "Osmosis Jones" setzt genau da an - doch da die Farrelly-Brüder ("There's Something About Mary") als Produzenten dahinter stecken, kann man darauf gefasst sein, dass diesmal speziell auf Furz- und Kotzmechansmen gesetzt wird. Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht. Die Farrellys drehten nämlich nur die Realfilm-Sequenzen mit Bill Murray, der den wirklich ekligen Frank spielt, ein Mann, der Hygiene und gesundes Essen ablehnt. Die wahre Show geht in seinem Körper ab: Da spielen die animierten Szenen und die machen echt Spass. Es gibt etliche kleine Gags für Hobby-Biologen (Anwälte wohnen in den Hämorrhoiden, William Sahtner wird ausgefurzt!) und eine Story, die unterhält. Nichts Hochstehendes, nichts Neues - aber alle, die ihren Gaudi an "Es war einmal ...", Joe Dantes "Innerspace" oder Richard Fleischers "The Fantastic Voyage" hatten, werden auch diesem Comedy-Revival der menschlichen Körperfunktionen etwas abgewinnen können. Und die Farrellys halten sich mit Grossout-Humor tatsächlich ziemlich zurück ...
Roger Ebert (USA) 3/4
imdb
Regie: Peter Hewitt
Mit: Keira Knightley, Malcolm McDowell, Stephen Moyer, Stuart Wilson, Del Synnott,
Jonathan Hyde
Mit Bend It Like Beckham machte sie auf sich aufmerksam und mit dem Kassenknüller Pirates of the Carribean empfahl sie sich als Star: Keira Knightley. Die süsse Britin hat aber nicht mit diesen beiden Filmen den Weg ins Film-Business gefunden, sondern schon früher. 2001 drehte sie im zarten Alter von 16 Jahren dieses TV-Abenteuerfilmchen für Disney. "Princess of Thieves" - wie der Titel bereits andeutet spielt Keira darin die Tochter von Robin Hood. Sie kämpft mit Prinz Philip (Stephen Moyer) gegen den bösen Sheriff von Nottingham (Malcolm McDowell) und Prinz John (Jonathan Hyde). Keira hat mit den schwereren Dialogen noch etwas Mühe (je "betonter" sie spricht, desto mehr rutscht ihr Kinn nach vorne), aber sie hat genug Power um in dem Girlie-Emanzipations-Streifen zu glänzen. Die anderen Darsteller kann man vergessen. Auch in Sachen Ausstattung oder Optik hat der Film nicht viel zu bieten. Die meisten Sets sehen klein aus, selbst Massenszenen oder Schlachten wirken zahm und statisch - aber was erwartet man auch anderes von einem Disney-TV-Film? Na also ... immerhin hat der Film die liebliche Keira. Und das rechtfertigt ja schon mal einen Blick, oder?
Regie und Produktion: Jerry Zucker
Mit: Rowan Atkinson, Seth Green, John Cleese, Whoopi Goldberg, Cuba Gooding Jr.,
Jon Lovitz, Breckin Meyer, Kathy Najimy, Wayne Knight, Kathy Bates
Jerry Zucker, sein Bruder David sowie Jim Abrahams zeichnen
für einige der genialsten Komödien aller Zeiten verantwortlich - u.a. "Naked
Gun" und "Airplane". Nach der Trennung des Trios versuchte sich Jerry an
ernsteren Stoffen wie "Ghost" und "First Knight". Mit "Rat
Race", einem Remake der Stanley-Kramer-Komödie "It's a Mad Mad Mad Mad
World" kehrt Jerry Zucker nun zu Comedy zurück. Nicht ganz mit dem Erfolg aus
ZAZ-Zeiten ... aber nach manchen Szenen hatte ich dennoch Tränen vor Lachen in den Augen.
Die ganze Handlung von Barbie-Museum bis Veteranen-Auftritt (also Jon Lovitzs Story) ist
ein Heuler. Mehr verrat ich nicht :)
Die Halb-, Ex- und Fast-Stars übertrumpfen sich gegenseitig in abstrusen
Fortbewegungsmethoden und dabei ist klar, das mancher Gag gründlich in die Hosen geht.
Mir egal, die guten habens für mich wettgemacht. Erwartet keine Nonstop-Gagparade à la
ZAZ ("Rat Race" ist mehr Story, weniger Pointen), aber Fun ist dennoch
garantiert. Zudem sollten Hunde- und Kuh-Liebhaber dem Film vielleicht fern bleiben. Den
geliebten Tierchen gehts nämlich genauso an den Kragen wie einem Spenderherzen, einem
Raketenauto - und Hitlers Limousine. Ja, erwartet sinnfreien, politisch inkorrekten Humor.
Ich hatte den Gaudi ...
James Berardinelli (USA) 2½/4
BBC (GB) 4/5
Total Film (GB) 1/5
Cinema (D) 4/5
imdb
Regie und Buch: Todd Solondz
Mit: Selma Blair, Mark Webber, John Goodman, Leo Fitzpatrick, Paul Giamatti, Julie
Hagerty, Franka Potente, Conan O'Brien, Steve Railsback
Dass Todd Solondz die amerikanische Vorstadt-Gesellschaft
sezieren kann, wissen wir spätestens seit "Happiness" (* * * *). Dies tut er
auch in "Storytelling", einer Tragikomödie, die mehr oder weniger aus zwei
separaten Filmen besteht - der eine untertitelt "Fiction", der andere
"Nonfiction". "Fiction" ist der kürzere und spritzigere. Darin
zerbricht die Liebe von Selma Blair ("Cruel Intentions") zum verkrüppelten Leo
Fitzpatrick ("Kids", Bully), nur
um einer Pseudo-Vergewaltigung durch ihren schwarzen Literatur-Lehrer Platz zu machen.
Keine grosse Story, aber mit ein paar fiesen Details.
Die zweite Story ist zwar die langsamere, aber in meinen Augen bessere. Paul
Giamatti (Planet of the Apes) und seine
Cutterin Franka Potente ("Lola Rennt", The Bourne Identity) drehen darin einen Dok-Film über einen
desillusionierten Highschool-Boy, der von seinen Eltern (John Goodman & Julie
"Airport" Hagerty) nicht verstanden wird. Nun wird die Familie von einer ganzen
Serie von Desastern heimgesucht. Und die sind recht derb. Doch nicht derb genug, um
wirklich zu schocken. Dennoch steckt die Episode voller fieser Details und ein paar echt
gelungenen Szenen - wie die meisten mit Haushälterin Consuela oder die mit John Goodman.
Dennoch: "Storytelling" ist kein so grosser Wurf wie "Happiness". Zu
langsam inszeniert, zu wenig giftig und letztendlich inhaltlich etwas zu leer.
Die MPAA wollte dem Film übrigens aus unersichtlichen Gründen ein NC-17-Rating
verpassen. Die Sexszene zwischen Blair und dem Lehrer müsse entschärft werden. Solondz
wies das Rating zurück und brachte die DVD-Version "Unrated" heraus (die auch
international lief). In der US-Kinoversion zensierte er die Szene mit einem auffälligen
roten Block. Als wolle er sagen "Jack Valenti und seine MPAA sind Arschlöcher".
Damit hat er recht :)
Roger Ebert (USA) 3½/4
James Berardinelli (USA) 2/4
imdb
Regie: Steve Miner
Musik: Trevor Rabin
Mit: James Van Der Beek, Dylan McDermott, Ashton Kutcher, Usher Raymond, Robert
Patrick, Rachael Leigh Cook, Tom Skerritt, Alfred Molina, Leonor Varela
Erst American Outlaws, dann "Texas Rangers". Beide versuchten, mit einem jungen Cast einen frischen Western zu machen. Das Resultat war aber in beiden Fällen erstaunlich altbacken und floppte an den Kinokassen. "Texas Rangers" ist streng genommen der erste der beiden, weil er bereits 1999 abgedreht wurde, aber das Studio Dimension berühmt ist für das lange Aufschieben von Filmstarts - und das Werk von "Halloween H20"-Regisseur Steve Miner so erst 2001 in ein paar Dutzend Lichtspielhäuser kam. Seine 2½ Sterne kriegt der Film nur knapp, weil ich das Westerngenre nun mal gern hab, Trevor Rabins heroische Musik mochte und mich an den saftig grünen Bildern ergötzte. Damit hörts dann aber bald mal auf. Ansonsten bietet der Film viel Schiessereien und ist mit bloss 86 Minuten angenehm kurz.
Doch eben ... er hat soviel Ballast. Da ist zum einen die historische Inkorrektheit. Der Film spielt nach dem US-Bürgerkrieg 1875 in Texas. Der böse John King Fisher (brutal: Alfred Molina) terrorisiert das Land und klaut das Vieh. Also stellt der Bürgerkriegsveteran Leander McNelly (Dylan McDermott) eine Truppe zusammen - die Texas Rangers. Mit dabei James Van Der Beek, Ashton Kutcher, R&B-Star Usher Raymond und T2-Bösewicht Robert Patrick. Bloss: Die Texas Rangers wurde in Wahrheit schon vor dem Krieg gegründet. Und benutzen die Kerle da tatsächlich Dynamit? Das wurde doch erst 1898 erfunden? Na ja, das kann man verschmerzen, schliesslich ist der Film vorwiegend auf Action aus. Die ist okay. Dann zu den Akteuren. James Van Der Beek ist blass, Ashton Kutcher irritierend, Rachael Leigh Cook unpassend, Usher unspektakulär und Dylan McDermott akzeptabel. Niemand glänzt wirklich. Besonders Leigh Cook passt von den Jungen einfach nicht in den Film. Aber das fällt nicht einmal so auf, weil "Texas Rangers" eh so holprig gemacht ist. Angesichts von Ashton Kutchers Mitwirken könnte man den Film eigentlich "Dude, Where's My Cow?" nennen. Damit würde der Titel auch ungefähr das intellektuelle Niveau des Streifens treffen ...
Regie und Buch: Claire Denis
Mit: Vincent Gallo, Tricia Vessey, Béatrice Dalle, Alex Descas, Florence Loiret,
Nicolas Duvauchelle, Raphaël Neal
101 Minuten
Wieso? Wieso machen Leute solche Filme? Wieso gibt es
Schauspieler, die dabei mitmachen? Wieso? Nun, "Trouble Every Day" hat zumindest
mein Weltbild wieder in Ordnung gebracht. Nach dem wunderbaren "Amelie" und dem
recht guten "Le pacte des loups" dachte ich, die Franzosen könnten endlich
unterhaltsame Filme machen. Dann kam "TED" - und wow, war der schlecht. Nicht
einfach schlecht in einem Steven-Seagal-Sinn, sondern wirklich bodenlos, abgrundtief
schlecht. Das Schlimme dabei ist, dass Regisseurin Denis glaubt, sie mache etwas
Intelligentes. Sie glaubt, sie hebe das Vampirgenre auf ein neues Level. Ja - auf das der
völligen Langeweile. Das ist nicht schockierend, nicht clever, nicht spannend, nicht
tiefsinnig. Nur schrecklich banal. Die Story hat riesige Löcher und Denis ist stolz, dass
sie sie hat. Das macht ihn wohl anspruchsvoller (harhar!). Es geht um ein New Yorker
Ehepaar, das nach Paris kommt. Bald verweigert er (Vincent Gallo) ihr (Tricia Vessey) den
Sex. Denn er wird unter Extase zum Tier. Er zerfleischt sein Opfer. Nun braucht er Blut.
Er hofft auf einen Doktor (Alex Descas), dass der ein Medikament entwickelt hat.
Fehlanzeige: Dessen Frau (Béatrice Dalle - vielleicht die, die Gallo angesteckt hat? Who
cares) ist selber ein solches blutgeiles Monster ... also: Blut und Sex. Was gibts
Besseres? Nun, "TED" ist der vielleicht einzige Film, der Sex und Blut
langweilig erscheinen lässt. Die blutigen Szenen sind extrem exzessiv. In Cannes fiel
eine Frau in Ohnmacht! Ein Beispiel:
Dalle hat Sex mit einem jungen Mann. Erst sieht man die Kamera ewig lang die Brust
des Mannes abfahren. Man sieht jedes Haar, jedes Pickel. Das ist kurz noch cool, mal die
menschliche Haut so studieren zu können. Doch es dauert ewig. Dann kommt der Sex. Sehr
direkt, sehr roh (und nicht erotisch - denn fast alle in dem Film sind hässlich). Und
auch ewig lang. Dann beisst sie zu. Und das Blut strömt literweise. Auch das: ewig lange.
Solche Szenen hätte man in einen guten Film packen können. Aber nein, dazwischen sieht
man Gallo rauchen. Gallo einen Hund kaufen. Gallo rauchen. Gähn!!! Die letzte
Sex/Fress-Szene ist am exzessivsten. Gallo vergewaltigt die Hotel-Angestellte regelrecht.
Ich war mir nicht sicher, ob ich die Szene lächerlich, peinlich, verstörend,
schockierend oder einfach nur billig finden sollte. Nun, sie hat wenigstens einen Punch,
den der Rest des Films nicht hat. Sinn macht sie jedoch kaum. Ok, Gallo rettet seine Frau,
weil er nun Blut gesoffen hat. Er darf wieder Sex mit seiner Frau haben. Juhui. Das war
der ganze Film? Scheiss drauf.
Noch etwas muss ich loswerden: Horrorfilme sind meistens intelligenter, als ihnen zugetraut wird. Dann kommt so eine artsy-fartsy-Regisseurin und verkündet gross, sie wolle einmal einen intelligenten Horrorfilm machen. Das ist eine so arrogante Einstellung. Und es ist eben besonders peinlich, wenn das Resultat so hohl ist, wie "TED". Schlechte Filme können reizvoll sein - aber schlechte Filme, die meinen, sie seien so extrem intelligent, so viel besser als die "anderen" - das sind die übelsten, die, die ich am meisten hasse: Gescheitscheisserfilme. Um es kurz zu machen: Vergesst den Film. Boykottiert ihn. Solchen Schrott brauchen wir nicht auf der Leinwand - und wir brauchen keine Kritiker, die danach dem Film Intelligenz attestieren wollen. Glaubt es: Solche wird es geben. Solche, die schreiben werden "endlich ein intelligenter Horror-Ansatz". Up your ass.
Regie und Buch: Richard Linklater
Mit: Wiley Wiggins, Richard Linklarer, Ethan Hawke, Julie Delpy, Steven Soderbergh,
Nicky Katt
Der Film wird von allen Seiten gelobt. So richtig anfreunden kann ich mich mit den Lobhudeleien nicht - ich stimme mit den englischen Kritikern überein (Total 3/5, Empire 3/5), die meinen, trotz Ideenreichtum und faszinierendem Stil hätte man mehr erwarten können. Der Film von Richard Linklater ("Dazed and Confused") wurde real auf Digitalkamera gedreht, danach wurde ein spezielles Verfahren eingesetzt, um die Szenen nachzuzeichnen. Es entstand ein sehr psychedelischer Animationsstil, der, wenn man sich an ihn gewöhnt hat, etwas Faszinierendes, etwas Flüchtiges und sehr Surreales hat. Wie ein Traum eben ... und damit sind wir beim zentralen Thema: Traum vs. Leben. Die Charaktere, die ins Bild huschen und wieder verschwinden, philosophieren alle über Leben, Tod, Traum, Zeit. Tiefsinniges Gerede, das mich persönlich auf Dauer zu langweilen begann. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies ein Kultfilm unter kiffenden Philosophiestudenten wird. "Waking Life" ist sicher für alle einen Blick wert, allein schon seiner Ambitionen wegen - bei mir wird er nun im DVD-Regal verschwinden. Ich gebe ihm gute 3 Sterne, werde ihn aber ziemlich sicher nie mehr anschauen.
Roger Ebert (USA) 4/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 3½/4
imdb
Regie und Buch: Alfonso Cuarón
Mit: Gael García Bernal, Diego Luna, Maribel Verdú, Juan Carlos Remolina,
Regisseur Alfonso Cuarón wird den dritten "Harry Potter" drehen. Gut, schliesslich zeichnet der Mann für das wunderschöne Kinderdrama "A Little Princess" verantwortlich. Und für "Y tu mamá también". Wer den Film gesehen hat, wird plötzlich die Angst nicht los, dass Harry, Ron und Hermione sich gegenseitig die Kleider wegzaubern werden und einen magischen Dreier beginnen - denn der Film ("Yu tu...", nicht "Harry Potter") ist ein sexuell aufgeheiztes, wunderbar gefilmtes und trotz Oberflächlichkeiten tiefgründiges Roadmovie aus Mexiko, das von der US-Zensurbehörde ein NC-17-Rating angedroht bekam und fürs Kino auf ein R runtergeschnitten werden musste.
Die Story dreht sich um zwei mexikanische Teenager, deren
Freundinnen Ferien in Italien machen. Zu dieser Zeit lernen sie die 28-jährige Spanierin
Luisa (Maribel Verdú) kennen, die gerade erfahren hat, dass ihr Gatte sie betrügt. Sie
begibt sich mit den beiden Freunden auf eine Autofahrt zu einem fiktiven Strand. Unterwegs
kommen sie sich nah. Sehr nah. Und die Freundschaft wird bald auf eine harte Probe
gestellt. Es passieren die Dinge, die Roadmovies nun halt mal so passieren - relativ
konventionell. Cuarón benutzt aber drei interessante Werkzeuge:
Erstens Sex. Nicht die verklemmte Art von US-Teeniekomödien - sondern eine
ziemlich rohe Art. Lustvoll und doch entzaubernd. Und einfach sehr offen. Der meiste Sex
passiert in den Dialogen, doch es hat auch explizite Bettszenen. Weiter unten gehe ich
noch auf eine dritte Eigenart ein - gespickt mit Spoilern.
Zweitens ein Erzähler. Ein lakonischer Sprecher liefert Hintergrund-Informationen
zu den Charakteren und zu Ereignissen, die an bestimmten Orten unterwegs passiert sind
oder passieren werden. Mich erinnerte die Technik ein wenig an "Lola rennt", wo
innert Sekunden das Leben von Nebencharakteren durchgespult wurde. Hier geschieht es
langsamer - aber mit ähnlichem Effekt.
Und zuletzt ein ambivalenter Blick auf Mexiko. Zum einen
zeigt er das Mexiko der Lebenslust und Freundlichkeit, zum anderen das der Korruption und
Polizeimacht. Er tut dies auf ganz subtile und unaufdringliche Art. Ein Grossteil des
Lobes muss auch an die Darsteller und den Kameramann gehen. Letzterer ist Emmanuel
Lubezki, Kameramann von Tim Burton ("Sleepy Hollow") sowie früheren Filmen von
Alfonso Cuarón und Alfonso Arau ("A Walk in the Clouds"). Die Fusion von
schönen Bildern, subtiler sozialer Kritik und sexy Teenager-Abenteuer ist also höchst
sehenswert. Und der unerwartet traurig-triste Schluss drückt dem Ganzen einen wunderbaren
Stempel auf. Auf ein zwei weitere Dinge kann ich nur mit Spoilern eingehen - also nur
weiter lesen, wenn ihr den Film gesehen habt.
Ok? Also ... da ist zum einen Luisa. Man sieht sie zweimal im Film weinen und beide
Male denkt man, dies sei, weil ihr Mann fremd gegangen ist. Erst am Schluss, als man
erfährt, dass sie an Krebs gestorben ist und die ganze Zeit wusste, dass sie sterben
musste, erscheinen diese Szenen in neuem Licht. Der ganze Charakter erscheint in neuem
Licht und lässt einen den Film nochmals durch den Kopf gehen. Das andere ist ein
bisexueller Unterton. Im Auto sagt Luisa zu den Freunden einmal, "eigentlich wollt
ihr ja eh nur einander ficken" - das ist vielleicht nicht wahr, kriegt aber am
Schluss, nachdem die zwei sich beim flotten Dreier innig geküsst (und vielleicht auch
mehr) haben, eine neue Dimension. Dass die Jungs sich danach nie mehr wieder sehen, lässt
einen schliessen, dass Luisa vielleicht doch nicht unrecht hatte ...
1 "Oscar"-Nomination: Drehbuch
Roger Ebert (USA) 4/4
James Berardinelli (USA) 2½/4
Tele (CH) 3/4
imdb