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Horrordrama
Japan 2006
Alternativer Titel Sakebi; J-Horror Theatre #4;

Regie Kiyoshi Kurosawa
Drehbuch Kiyoshi Kurosawa
Darsteller Koji Yakusho, Manami Konishi, Tsuyoshi Ihara, Riona Hazuki, Jo Odagiri

Länge 104 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung
ab 14

   

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
. .

©  Text Marco, molodezhnaja 10.8.07
©  Bilder Lionsgate, Screenshots molodezhnaja


STORY
Im Hafengebiet von Tokio wird eine Frau (Riona Hazuki) im roten Kleid ermordet. Die Polizei findet in ihrer Lunge Salzwasser. Am Tatort entdeckt der ermittelnde Polizist Nobori Yoshioka (Koji Yakusho) zudem einen Mantelknopf - genau der, der an seinem eigenen schwarzen Mantel fehlt. In Yoshioka reift der Verdacht, dass er selber der Täter sein könnte, er mag sich aber an nichts erinnern. Als ein Arzt kurz darauf seinen Sohn tötet und die Ermittlungen sich in seine Richtungen bewegen, scheint Yoshioka aus dem Schneider. Doch nun bekommt er immer öfters Besuch von der toten Frau in rot.

 

REVIEW
Auch nach dem enttäuschenden Loft halte ich Kiyoshi Kurosawa für einen überaus begabten Regisseur. Er hat ein ganz besonderes Gespür dafür, Stimmungen zu erzeugen und aus einem alltäglichen Bild etwas Übersinnliches zu destillieren oder gar etwas Unheimliches. Etwas Verstörendes. Zudem setzt sich kaum ein japanischer Regisseur mit jedem Film so intensiv mit fundamentalen Themen wie Entfremdung, Existenzangst und Vereinsamung auseinander. Das Problem ist jedoch: Kurosawa ist nicht annähernd ein so guter Autor wie er ein Regisseur ist. An Pulse, seinem noch immer besten Film, gibt es diesbezüglich wenig zu meckern, doch schon seine zweitbeste Arbeit Cure
habe ich bis heute nicht komplett entschlüsselt. Der Handlungsbogen ist klar, doch manche Details, die wichtig zu sein scheinen, blieben ungelöst.

Nach Pulse verschärfte sich dieses Problem noch. Kurosawa hält sich nicht mehr mit einer konventionellen Geschichte auf, ähnlich einem David Lynch setzt er andere Prioritäten als Logik, doch wo dies bei Lynch ein bewusster Akt ist, bin ich mir bei Kurosawa nicht so sicher. Vielmehr übernimmt sich der Regisseur, spinnt komplexe Geschichten und vergisst die wirklich gelungene Verknüpfung. Ein Paradebeispiel dafür ist sein neuer, "Retribution", der vierte Teil der J-Horror-Theatre-Reihe nach Infection, Premonition und Reincarnation. Kurosawa erzählt dabei im Vordergrund die Story von einem Cop, der selbst der Mann sein könnte, den er jagt: der Mörder einer Frau in rot.

Doch damit längst nicht genug. Yoshiokas Leben mit seiner Freundin Harue Nimura (Manami Konishi) scheint einen Knacks zu haben, welchen, erfahren wir erst spät. Ein Arzt kommt ins Spiel, der seinen Sohn umbringt, weil er vom Weg abgekommen ist. Und dann ist da noch ein ökologisch angehauchtes Thema, bei Kurosawa auch immer wieder beliebt, siehe Charisma, welches darauf abzielt, dass die Menschen immer mehr Flächen ins Meer bauen und die Natur sich nun diese künstlichen Ländereien per Erdbeben zurück erkämpft. All diese Ideen für sich wären spannender Stoff, doch Kurosawa denkt sie nicht zu Ende und mischt sie stattdessen. Ich habe auch im Nachhinein meine liebe Mühe damit, alle Stränge miteinander so zu verknüpfen, wie sich der Filmemacher dies vorgestellt hat. So ist mir auch nach längerem Überlegen nicht klar, was die Story mit der Ehefrau mit jener mit der Frau in Rot zu tun hat. Einer der vielen Twists gegen Schluss bietet dahingehend vielleicht einen Hinweis, aber mir ist der entgangen. Oder er ist nicht da. Oder es ist nicht wichtig. Bei Kurosawa weiss man nie.

Überhaupt wirkt hier so viel gesucht. Charaktere tun nicht etwas, weil Menschen so etwas tun würden, sondern weil ihnen das labyrinthische Skript es vorschreibt. Menschen handeln seltsam, Ereignisse passieren unmotiviert, selbst Geister agieren hier irrational und ungewohnt. Kurosawa spielt damit durchaus angenehm mit den gängigen J-Horror-Klischees und lässt u.a. seine Geister anders bewegen und handeln als gewohnt. Doch selbst damit langt er ab und zu daneben, etwa, wenn die Frau in rot zu ihren unfreiwillig komischen Flugstunden ansetzt.

"Retribution" ist letztendlich durch und durch Kurosawa. kryptisch, deprimierend, nüchtern, abstrakt, toll gefilmt. Ein durchaus faszinierend inszeniertes Horrordrama, das seine vielen Handlungsfäden jedoch aus der Hand verliert und zum Schluss gleichsam irritiert wie frustriert. In Erinnerung bleiben starke Einzelszenen wie etwa der in einem Shot gedrehte Dachsprung des Doktors und auch Kurosawas Lieblingsstar Koji Yakusho liefert einmal mehr eine charismatische Darbietung ab - doch etwas fehlt bei diesem nicht ganz durchdachten Puzzle. Es fehlen die Scharniere, die Verknüpfungen, das, was uns am Schluss ein "Aha!" entlockt. Vor lauter Twists habe ich jedenfalls die Übersicht verloren und mir fehlt die Lust, die Details, die mir entgangen sind, bei einem zweiten Durchgang zu suchen.

Filme, die beim zweiten Mal anschauen neue Aspekte hervor bringen, sind reizvoll. Filme, die ein zweites Mal anschauen erzwingen, weil sie einfach keinen Sinn machen, sind dagegen ein Frust. "Ist der Film zu wirr, bist du zu blöd" scheint dann das Motto zu sein, dabei liegt der Grund für die Verwirrung oft beim sich selbst überschätzten Autorenfilmer. Kurosawa läuft Gefahr, da dazu zu gehören. "Retribution" (schon der Titel selbst kann sich auf vieles beziehen) ist sicher kein Absturz, doch er zeigt einmal mehr, dass der talentierte Kurosawa seinen künstlerischen Höhepunkt wohl mit Pulse erreichte und sich seither nur noch zitiert, wiederholt und ins Abseits inszeniert. Deuten lässt sich immer viel bei seinen Filmen, so auch bei "Retribution", doch das macht sie leider nicht automatisch gut.

J-Horror Theater Vol. 1: Infection - 2004, Masayuki Ochiai
J-Horror Theater Vol. 2: Premonition - 2004, Norio Tsuruta
J-Horror Theater Vol. 3: Reincarnation - 2005, Takashi Shimizu
J-Horror Theater Vol. 4:
Retribution - 2006, Kiyoshi Kurosawa
J-Horror Theater Vol. 5:
Kaidan - 2007, Hideo Nakata
J-Horror Theatre Vol. 6: Kyofu - 2010,
Hiroshi Takahashi

 

MEINE DVD
HK, Code 3, NTSC
Bild: Anamorphic Widescreen
Ton: Japanisch2.0 mit englischen und chinesischen Untertiteln.

 

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