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2007
> SAAWARIYA
Liebesdrama. Indien. Hindi
Alternative Titel
Beloved; सावरिया, ساوریا,
Geliebte (Übersetzung)
Regie
Sanjay Leela Bhansali
Drehbuch Sanjay Leela
Bhansali, Prakash Kapadia nach der Kurzgeschichte "White Nights" von
Dostojewski
Produktion Sanjay Leela
Bhansali
Songs Monty Sharma
Kamera Ravi K. Chandran
Choreografie Saroj Khan, Bhushan Lakhandri, Ganesh Hedge, Pappu Maalu,
Longinus, Geeta Kapoor, Tobby Fernandes
Darsteller Ranbir Kapoor, Sonam
Kapoor, Rani Mukherjee,
Salman Khan, Zohra Sehgal, Begum Para
Länge 138 Min.
Kinostart 9.11.2007
Box office classification Flop
Molodezhnaja Altersempfehlung o.A.
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
©
Text Marco, molodezhnaja 9.5.08
© Bilder Sony,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Der Träumer Ranbir Raj (Ranbir Kapoor) kommt in eine Stadt, um dort mit seinen
Gesang- und Musikkünsten zu etwas Geld zu kommen. Als erstes freundet er sich
mit der Prostituierten Gulabji (Rani Mukherjee) an, die ihn einen
Rock-Star-Engel nennt und ihn an die alte Lilian (Zohra Sehgal) vermittelt. Bei
ihr kommt Ranbir unter und wird noch gleich ihr Ersatzsohn. Gleichzeitig findet
er einen Job in der Bar "RK". Eines Nachts erblickt er auf einer der Brücken der
Stadt
die schöne Sakina (Sonam Kapoor) - und verliebt sich
Hals über Kopf in sie. Doch als er der stets traurigen Frau seine Gefühle
beichten will, erklärt sie ihm, dass sie einen anderen liebt. Er heisst Imaan
(Salman Khan) und versprach ihr einst, sie auf dieser Brücke wieder zu treffen.
Seither wartet sie auf ihn, wie benommen vor Sehnsucht. Ranbir nimmt sich vor,
sie aufzuheitern oder vielleicht sogar zu verführen. Die beiden verbringen vier
schöne Nächte in der Stadt und kommen sich tatsächlich näher.
REVIEW
Sanjay Leela Bhansali lebte stets eine starke Affinität zur Bühne aus. Seine
Filme haben oft etwas Theatralisches - und es kommt nicht von ungefähr, dass der
Mann ab März 2008 in Paris eine Oper namens "Padmavati" inszenierte. Er liebt
die Bühne, er liebt das Künstliche. Das geht hin und wieder zu Lasten der
Emotionen, denn obwohl grosse Gefühle im Spiel sind, wirkt alles eine Spur zu
arrangiert, um echt zu bewegen - bestes Beispiel
Devdas, der mich nie so sehr mitnahm, wie er hätte können. Mit "Saawariya"
setzt Bhansali diesen Trend fort, nein, er setzt ihm die Krone auf. Das ist
nicht mehr wirklich ein Film, sondern eher ein Arrangement irgendwo zwischen
"Moulin Rouge",
Dostojewski, Visconti und 50er-Jahre-Bollywood. Ein mutiger Mix, den jemand erst
einmal bezahlen musste. Das übernahm der japanische Unterhaltungsgigant Sony,
dessen US-Studio "Columbia" den Film produzierte. Eine Premiere in Bollywood.
Mit diesem Budget, es soll 40cr (rund 10 Millionen Dollar) betragen haben, kann Bhansali klotzen, statt nur zu kleckern. Er baute ein grosses Stadt-Set, das der feuchte Traum jedes Ausstatters sein dürfte. Wo in Indien soll diese Stadt liegen? Das haben tatsächlich manche Kritiker gefragt. Meine Antwort: über den Wolken. Es handelt sich um eine Fantasiestadt, ein Mix aus Venedig, Paris, Rom und Filmi-Mumbai. Ebenso real wie das Paris von "Moulin Rouge" oder jenes in "Amélie". Romantisch-verkitscht abstrahierte Variationen des Originals. Und nach diesem Rezept funktioniert der ganze Film: Er nimmt etwas Reales - und abstrahiert es. Eine Stadt. Die Liebe. Dostojewski.
Dessen Erzähltung "Weisse Nächte" aus dem Jahr 1848 diente "Saawariya" als Vorlage und die Struktur blieb erhalten. Nur entfernte Bhansali fast allen Tiefgang und alle Dramatik, ihm war weniger an den zerrissenen Figuren und den Nuancen gelegen, denn an der Story an sich. So behält er zwar ganz vage die Idee, dass Sakinas Angebeteter Imaan gar nicht real sein könnte und die Frau in ihrer Verzweiflung nur noch einem Geist nachträumt - doch tatsächlich widmen tut sich Bhansali dieser Möglichkeit nicht. Bei ihm ist alles simpler. Und doch braucht er beinahe zweieinhalb Stunden, um die gestauchte Story zu erzählen, da er zwei entgegengesetzte Richtungen einschlägt: Vereinfachung bei der Handlung, Ausstaffierung beim Setting. So kommen denn auch fast 10 Lieder zum Einsatz und jedes Bild wird lange ausgeschmückt und zelebriert.
Da stellt sich nun endlich mal die Frage: Taugt dieser Ansatz was? Indische Kritiker fanden unisono "nein". Das Publikum schloss sich ihrer Meinung an, der Film floppte. Tatsächlich ist er nicht richtig geglückt, er ist etwas zu klinisch, zu konstruiert, zu banal - doch den ganzen Hass hat er nicht verdient. Es handelte sich wohl auch um die Last falscher Erwartungen. "Saawariya" ist sehr untypisch für einen Bollywoodfilm, indem er eine hochliterarische Vorlage nimmt und dieser oft folgt - besonders beim Ende, welches viele Zuschauer vor den Kopf stiess. Die Beschränkung auf wenige Figuren ist ebenso ungewöhnlich, auch die an sich knappe Story und das Setting in dieser Niemandswelt.
Doch darin liegt doch auch die Faszination des Films. Sein deutlichstes Vorbild dürfte "Moulin Rouge" sein, dessen Klasse er in keiner Sekunde erreicht, dessen Ausstattung und Pop-Kitsch-Liebe er aber anpeilt. Manches gelingt ihm denn auch ganz gut, so sind die Sets mit ihrem Blaustich ansprechend. Mir gefielen die vielen Schilder und Schriftzüge, die jede Komposition bereicherten. Der Film dürfte etwas heller sein, doch er spielt primär nachts, so dass die leuchtenden Farben zu stark gebleicht werden. Das ist schade, ebenso die Fixierung auf blau: Ein paar andere Farben hätten gut getan. Nichtsdestotrotz gefiel mir die Optik von Ravi K. Chandran (Fanaa, Paheli), da verzeih ich auch, dass Bhansali sich hin und wieder selbst beweihräuchert und schon wieder auf das Schnee-Motiv zurückgreift, wie in Black.
Ebenso souverän die Musik. Es sind zu viele Stücke und nicht alle sind gut - doch "Saawariya" möchte ein waschechtes Musical sein und dazu gehören eben auch viele Lieder. Darunter hat es gesangliche wie inszenatorische Kleinode, die Laune machen. Und letztendlich ist sicher auch die Geschichte nicht schlecht. Sie erzählt vom Egoismus der grossen Liebe, davon, dass man vor Verblendung nichts mehr anderes sehen will, dass man aber trotzdem liebt, mit aller Kraft. Alle lieben hier mit hoher Intensität den falschen: Gulabji den Ranbir, er die Sakina und sie den Imaan. Eine teuflische Kette, die für manch dramatischen Moment sorgt, der auch sicher berühren würde, wenn Bhansali nicht alles mit seinem Kitsch, den ich ja an sich mag, ertränkt. Auf zu viele Emotionen sollte man nicht hoffen, sondern einfach auf ein poetisches Arrangement.
Dass darin Schauspieler untergehen können, ist klar. Tun sie aber nur zum Teil. Im Fokus stehen natürlich die Star-Kids: Ranbir Kapoor und Sonam Kapoor. Er ist der Sohn von Altstar Rishi Kapoor, sie die Tochter von Anil Kapoor - zwei verschiedene Kapoor-Clans, aber beide sozusagen auf Knopfdruck berühmt. Ranbir bekommt von beiden mehr Platz und er nutzt ihn ganz gut. In "Jab Se Tere Naina" beweist er, dass er nicht den Body seines Vaters geerbt hat, sondern einen knackigen Hintern vorzeigen kann und richtig durchtrainiert ist. Da beneidet man ihn fast drum. Weniger hingegen um seine Nase. Die ist ein Haken. Natürlich muss nicht jeder Schauspieler aussehen wie ein Model - ein Philip Seymour Hoffman ist in Hollywood stets grandios, aber kaum jemand würde ihn "schön" nennen. Bei den Helden Bollywoods sieht es etwas anders aus, sie werden als Traummänner zelebriert und sollten dem Bild auch entsprechen. Kleine Mankos dürfen sein, selbst die drei grossen Khans haben ihre (ganz böse übertrieben, der Illustration wegen: Aamir ist klein und hat Glupschaugen, Shahrukh hat eine deftige Nase und Salman sieht aus wie zugekifft).
Doch im Fall von Ranbir ist es etwas viel. Wenn er leiden soll, dann zieht er die Ecken seines rot schimmernden Mundes nach unten und sieht mit der wuchtigen Nase aus wie ein gequälter Clown. Das ist kein typisches Star-Gesicht; erst das, was er vom Hals an abwärts bietet, hat auf Anhieb Star-Niveau. Doch der Junge besitzt Charme, ein wenig jedenfalls. Tanzen tut er etwas zu sehr wie Hrithik Roshan und schauspielern gar stark wie Raj Kapoor. Letzteres fällt vor allem in der frühen Szene mit Rani und dem Ball auf, in der er seinen Opa fast schon kopiert. Das leuchtet wegen seinen Genen ja ein und sie stehen sicher nicht zufällig vor der RK-Bar, doch Ranbir sollte seinen eigenen Stil entwickeln, nur dann hat er eine Chance. Kurzum: Ein passables Debüt, aber für mich keine grosse Leuchte am Star-Himmel.
Dasselbe gilt für Sonam, die zwar ein klassisch-schöneres Gesicht hat als ihr Co-Star, die mir aber eine Spur zu flüchtig wirkt. Zu glatt, zu wenig von innen heraus spielend. Auch das aber sicher kein übles Debüt, beide zusammen agieren bisweilen ganz putzig. Und sicher besser als Salman Khan, der für ein paar Minuten in die Kamera gähnt. So langweilig war er in letzter Zeit selten und auch wenn er Melancholie versprühen soll, gibt es keine Rechtfertigung dafür, dies so angeödet zu tun. Das macht es auch arg unglaubwürdig, dass Sakina ihn über so lange Zeit anhimmelt und Ranbirs Liebe abweist. Besser kommt Rani Mukherjee weg, die eine stattliche Nebenrolle absolviert und als einzige im Cast natürlich spielt. Sie zeigt die beste Leistung und das trotz einiger grässlicher Texte, die absichtlich falsches Englisch einsetzen.
Doch auf all diese positiven Aspekte sprangen die Kritiker nicht an. Sie stellten Fragen, die nur absurd wirken. Wie eben: Wo spielt das? Oder wieso lässt Rani Ranbir fallen, als er eines nachts zu ihr geht. Haben die den Film überhaupt gesehen? Ranis Gulabji liebt ihn. Und er kommt zu ihr, gefrustet von seinem drohenden Liebesverlust, und will für sie zahlen. Gulabji will ihn aber sicher nicht als Freier, also kommt es zum Debakel. Auch das Finale liess viele perplex zurück, doch es stimmt mit der Vorlage überein und ist an sich schon so anwendbar. Mir persönlich ging es auch zu schnell, doch richtig anlasten mag ich das dem Film auch wieder nicht.
Kurz und gut: Der Film ging an Kritik und Publikum vorbei - ganz einfach, weil viele nichts damit anfangen konnten. Er ist wirklich nicht besonders gut, dazu ertrinken die Emotionen zu oft im Zuckerguss, er hat Längen und Spannungsdefizite, die beiden Jungstars wirken etwas oberflächlich. Doch diesen Mankos zum Trotz offenbart sich ein durchaus sehenswerter Film mit grossartiger Ausstattung und einer interessanten, wenn auch nicht immer erfolgreichen Bollywood-Neuinterpretation von Dostojewskis Klassiker. An Luchino Viscontis "Le notti bianche" (1957) kommt "Saawariya" als Adaption nie und nimmer heran, doch er wählt auch eine andere Strategie. Die der Abstrahierung, des Kitschs, der Popkultur-Kunst. Den "Moulin Rouge"-Weg eben. Und den mag ich an sich. Bhansali tritt auf dem Weg oft in eine Pfütze, doch immerhin geht er ihn. Das verdient, mit äusserst knappen 3 Sternen, deutlich mehr Respekt als all jene, die lustlos die neusten Proll-Komödien à la Welcome oder Partner abkurbeln. "Saawariya" ist damit zwar Bhansalis schwächster Film, aber noch lange kein schlechter.
SONGS
1) Saawariya - Schönes Titellied, angenehm gesungen und
später im Film als Reprise wieder aufgenommen (Shail Hada).
2) Pari - Unspektakuläre Ballade (Kunal Ganjawala)
3) Masha-Allah - Sanftes Liebeslied v.a. im Refrain
sehr gefühlvoll (Kunal Ganjawala, Shreya Ghoshal)
4) Jab Se Tere Naina - Netter Song, v.a. wegen dem
Badetuch "legendär". Und Ranbir zeigt seinen knackigen Body (Shaan).
5) Thode Badmash - Lieblich, aber ohne Ecken und
Kanten (Shreya Ghoshal)
6) Chhabeela - Ranis Nummer, etwas flotter als der
Rest und dank den Trommeln nicht gar so eintönig (AlkaYagnik)
7) Yoon Shabnami -Wenig einprägsames, aber witzig
arrangiertes Liebeslied (Parthiv Gohil)
8) Jaan-e-Jaan - Schöne Bilder,
schwache Ballade (Kunal Ganjawala, Shreya Ghoshal)
Nicht im Film: "Sawar Gayi", "Daras Bina Nahin Chain" (nur Hintergrundmusik)
MEINE DVD
Sony (USA), Code 1, NTSC
Bild:
Anamorphic Widescreen
Ton:
Hindi 5.1 mit englischen, französischen, spanischen, portugiesischen,
chinesischen und koreanischen Untertiteln (Film und Songs).
Disk Rating * * * ½ (Für Bollywood-Verhältnisse
bestechend scharf. Ton auch überzeugend. Einziges Manko: Bild wirkt zu dunkel,
viele schwarze Flächen ohne Struktur. Das blau dürfte satter sein. Kein
Song-Menü).
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EXTERNE REVIEWS
imdb
Bollywood Hungama (1½/5)
BBC (2/5)
Rediff.com
(1½/5)
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