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Liebeskomödie. GB/USA. Englisch
Alternative Titel Balle Balle Amritsar to L.A. (Hindi), Liebe lieber Indisch (Deutsch)

Regie Gurinder Chadha
Drehbuch Gurinder Chadha, Paul Mayeda Berges nach dem Roman von Jane Austen
Produktion Gurinder Chadha, Deepak Nayar
Songs Anu Malik
Kamera Santosh Sivan
Darsteller Aishwarya Rai, Martin Henderson, David Gillies,
Naveen Andrews, Namrata Shirodkar, Anupam Kher, Indira Varma
Länge 112 Min.

US-Kinostart 11.02.2005
CH-Kinostart
17.02.2005

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik

©  Text Marco, molodezhnaja 11.1.05
©  Bilder Monopole-Pathé, Screenshots molodezhnaja


STORY
Familie Bakshi lebt in der Stadt Amritsar im indischen Punjab. Papa (Anupam Kher) und Mama (Nadira Babbar) sind mit vier Töchtern gesegnet: Jaya (Namrata Shirodkar), Lalita (Aishwarya Rai), Maya (Meghna Kotari) und Lucky (Nitin Chandra Ganatra). Deshalb ist Mutter ununterbrochen damit beschäftigt, die Mädchen in den Hafen der Ehe zu verführen. Erstes Opfer ist die älteste, Jaya. Sie soll beim Besuch von Balraj (Naveen Andrews), eines reichen amerikanischen Inders, verkuppelt werden. Die Sache läuft gut, die zwei verstehen sich blendend. In Balrajs Schlepptau sind auch seine Schwester Kiran (Indira Varma) und sein bester Freund, der steinreiche US-Hoterlier Will Darcy (Martin Henderson). Darcys Augen fallen bald auf Lalita, doch die weist ihn brüsk zurück. Der eingeschnappte Darcy zieht nach Goa weiter, Jaya und Lalita gehen mit. Dort verguckt sich Lalita in den hübschen Johnny Wickham (Daniel Gilles). Dass er Darcys Erzfeind ist, gefällt Lalita gleich doppelt gut, denn sie hasst den eingebildeten Darcy mittlerweile. Wieder zurück in Amritsar gibts aber Probleme: Mama hat den US-Inder Kholi (Nitin Ganatra) eingeladen, einen ungehobelten und unattraktiven Mann, um ihn mit Lalita zu verkuppeln!

 

REVIEW
Gurinder Chadha wollte bereits 1997 einen Bollywood-Film dehen, doch die Gelder versiegten und der Traum platzte. Nach dem globalen Erfolg von Bend It Like Beckham packte sie die Sache erneut an. Diesmal jedoch mit einem westlichen Einschlag. Die Vorlage sollte Britisch sein, die Stars Amerikaner, Briten und Inder, die Sprache Englisch. Hollywood trifft auf Bollywood. Der Zeitpunkt dafür konnte beim momentan ansteigenden Bollywood-Interesse kaum günstiger sein. Und Frau Chadha bekam auch den Star, den sie wollte: Indiens Glamour-Girl und Miss World 1994, Aishwarya Rai in ihrem ersten komplett englischsprachigen Film. Ihr zur Seite wollte Frau Chadha Johnny Depp stellen, musste sich aber mit Martin Henderson begnügen. Auch hinter der Kamera kam eine illustre internationale Schar zusammen, angeführt von Star-Kameramann Santosh Sivan und Bollywood-Komponist Anu Malik.

Und gerade wegen diesem immensen Talent-Aufgebot ist "Bride & Prejudice" eine kleine Enttäuschung. Er ist holprig im Vergleich zum schwungvollen Bend It Like Beckham, er kriegt die in englisch gesungenen Bollywood-Songs nicht richtig hin und der Plot ist nichts Umwerfendes. Der Film amüsiert, ist farbenfroh und fröhlich, doch es fehlt der letzte Kick, damit er auch Bollywood-Muffel richtig packen könnte. Ich sags mal anders: Wer Bollywood will, sollte lieber zum "real thing" greifen. Bollywood-Filme gibt es wie Sand am Meer - und viele davon sind um Klassen besser als "Brirde and Prejudice". Der ist letztendlich nur ein Mittelding, das sich nicht richtig entscheiden kann zwischen Bollywood-Hommage, Bollywood-Satire und westlichem Liebes-Geplänkel.

Die Vorlage von Jane Austen wäre eigentlich ideal. Eindeutige Jane-Austen-Adaptionen gibt es Indien nicht viele (u.a. Aishwaryas Kandukondain Kandukondain), doch die meisten Plots könnte man irgendwie auf die britische Schreiberin zurückführen. Nicht zuletzt den Bollywood-Megahit Hum Aapke Hain Koun, bei dem es um nichts anderes geht als das Umwerben und das Heiraten in einer etwas verklemmten Gesellschaft. Und was ist "Pride and Prejudice" anderes als genau das? Hätte Gurinder Chadha einfach eine indische Adaption des Romans gedreht, er wäre vielleicht besser geworden. Die Drehort-Wechsel und westlichen Einflüsse schaden "Bride & Prejudice" letztendlich nur, da sie nicht zwingend sind und den (dünnen) Plot kaum voranbringen. Austens Romane sind ja böse gesagt von der Handlung her auf Groschenroman-Niveau. Es sind die Charaktere und die Ironie, die es ausmachen. Wenn man das falsch anpackt, bleibt eher der Groschenroman-Anstrich zurück. Und genau den hat "Bride and Prejudice":

Der Plot kommt am Anfang einfach nicht voran. Immer wieder etwas Blicke austauschen, dann folgt bereits der nächste Song. Ich bin jedes Mal im Kinosessel aufgejuckt, als wieder fette Punjabi-Rhythmen ertönten, doch die Songs führen den Plot nicht weiter. Nach einer halben Stunde steht man eigentlich immer noch am Anfang. Immer wieder ähnliche Szenen, ähnliche Setups - und dann gleich ein Song. Das wäre okay, wenn die Dialoge dazwischen Pepp hätten, doch das haben sie oft nicht. Aishwaryas Holzhammer-Feminismus und lachhafter Patriotismus wirken eher holprig. Ihr Feminismus besteht darin, Darcy als reichen Schnösel abzutun und ihr Patriotismus äussert sich in Sätzen wie "das ist nicht das richtige Indien" - als ob Bollywood das richtige zeigen würde. Oder "Bride & Prejudice". Leider ist der Satz nicht ironisch gemeint, sondern bierernst. Und das wird noch übler, wenn später Gurinder Chadha andere Kulturen "vergewaltigt" und man schreien möchte "das sind nicht die richtigen USA". Wenn am Strand ein Gospel-Chor singt (eine der schrecklichsten Szenen des Films) oder Mexikaner Musik machen, dann verfällt Gurinder Chadha jenem Multikulti-Konfessionsladen, den sie anzuklagen versucht. Anders gesagt: Jegliche Form von Tiefgang, sei er soziopolitisch, geschlechterpolitisch oder familienpolitisch fällt flach auf die Nase.

Damit ist leider noch nicht alle Kritik abgehandelt. Auch der Humor klickt nicht immer. Inder in lustigen Dialekten sprechen zu hören, ist mit der Zeit nicht mehr soo lustig. Wieso nicht den Film in Hindi drehen? Das wäre so viel besser gewesen. Vor allem in den Songs. Der erste ("Balle Balle") ist herrlich, doch die englischen Dialoge der späteren Lieder sind oft eine Zumutung. Anu Malik und seine Texter beherrschen Hindi-Songs und Lyrics, doch bei diesen hier steht man manchmal Kopf. Immerhin ist der Rhythmus geil. Und gefilmt sind sie sehr dynamisch. Hinter der Kamera stand schliesslich Santosh Sivan. Der Kameramann hat mich aber doch ziemlich enttäuscht. Er ist der beste seines Fachs in Indien, ein Regisseur von Meisterwerken (The Terrorist, Asoka) und liefert solch profane Bilder? Nicht schlechte, bloss so mittelmässige ...

Aber eben: Davon solltet ihr euch nicht zu sehr abschrecken lassen. "Bride & Prejudice" ist zwar holprig, etwas moralisierend und erreicht nie das freudvolle Level des "echten" Bollywood, aber es gibt viel zu mögen. Eben die Songs, die reissen aus dem Stuhl. Die Kostüme sind eine Wucht, die Ausstattung gelungen. Die Lauflänge mit 112 Minuten gerade richtig. Dann gibts etliche kleine Bollywood-Zückerchen, unter anderem ein Kuch Kuch Hota Hai-Poster mit Megastar Shahrukh Khan, den Chadha für einen Gastautritt wollte. Leider lehnte er ab.

Und natürlich ist da Aishwarya Rai. Sie hat für die Rolle 10 Kilo zugenommen, um natürlich zu wirken - und selbst mit ein, zwei Pölsterchen ist sie einfach umwerfend. Vor allem in den Tänzen, schliesslich ist sie klassisch trainiert. Sie darf das Tanzbein fast zu selten schwingen. Gurinder filmt sie abseits der Tänze oft bei gutem Licht und erreicht einige der schönsten Anblicke von ihr, die man jemals gesehen hat. Ihr Englisch ist süss, ihr Schauspiel zwar Bollywood-mässig überkandidelt, aber es passt zur Rolle. Wenn sie ernst sein muss und mit den Augen rollt, ist sie vielleicht unfreiwillig komisch, doch dennoch lohnt ihretwegen der Film allemal. Die Co-Stars sind sehr unterschiedlich: Miss India 1993 Namrata Shirodkar (Charas, Insaaf) macht als Jaya eine tolle Figur und spielt  mit Humor und Würde. Ihr Filmschatz Naveen Andrews ("The English Patient") ist okay. Bend It Like Beckham-Papa Anupam Kher ist die Wärme in Person und kommt leider viel zu wenig vor. Seine Filmgattin Nadira Babbar hat viele Lacher auf ihrer Seite, ebenso Nitin Chandra Ganatra. Daniel Gillies (Spider-Man 2) hat nicht gerade viel zu tun und Ashs Filmschwestern sind süss. Damit bleibt Martin Henderson. Ich mag ihn nicht. In The Ring war er einer der Schwachpunkt und Torque war ein einziger grosser Schwachpunkt. Auch hier ist er Fehl am Platz. Er hat den Charme eines Stück Holzes und entwickelt mit Ash null Chemie. Er ist sogar zu einem Grossteil daran Schuld, dass der Film nicht richtig vorankommt. Mit einem Charme-Bolzen wie Shahrukh Khan wäre die erste halbe Stunde viel flotter, der Film besser ... ach, es nützt nichts, zu träumen.

Wäre der Film also eine rein indische Produktion, er wäre weniger erfolgreich - aber besser. Die Sprache schöner, die Songs weniger klebrig, Martin Henderson aus dem Spiel. Beim Versuch, das Beste aus beiden Welten zu wollen, erreicht "Bride & Prejudice" manchmal schlicht das glatte Gegenteil. Es ist ein netter Film und Dank Aishwarya eine Augenweide, doch wie bereits erwähnt: Wer Bollywood will, der sollte sich an das echte Bollywood halten. Wenn "Bride & Prejudice" etwas Gutes hätte, wäre es, dass noch mehr Leute auf den Geschmack des "Originals" kommen würden. Lang lebe das echte Bollywood. Und die echte Aishwarya Rai, die aus diesem Film eindeutig am besten wegkommt. Wer sie im Westen bisher nicht kannte, wird sie so schnell nicht wieder vergessen.

PS: Ich habe den Film nicht in meine Bollywood-Rubrik aufgenommen, weil er eine britisch-amerikanische Co-Produktion ist und Englisch gesprochen wird. Er ist aber ansteuerbar durch die alle indischen Filme-Liste.

 

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