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Historienepos. USA/GB/D/E 2005
Alternativer Titel Das Königreich der Himmel

Regie Ridley Scott
Drehbuch William Monahan
Produktion Ridley Scott
Ausführende Produzenten Branko Lustig, Terry Needham, Lisa Ellzey
Musik Harry Gregson-Williams
Kamera John Mathieson
Darsteller Orlando Bloom, Eva Green, Jeremy Irons, Liam Neeson, Marton Csokas, David Thewlis
Brendan Gleeson, Ghassan Massoud, Alexander Siddig
Länge 145 Min.

US-Kinostart 06.05.2005
CH-Kinostart
06.05.2005

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik

©  Text Marco, molodezhnaja 27.4.05
©  Bilder 20th Century Fox


STORY
Frankreich im 12. Jahrhundert: Der einfache Schmied Balian (Orlando Bloom) hat gerade seine Frau durch Suizid verloren, als ein Reiter mit seinen Leuten auftaucht. Es ist Lord Godfrey (Liam Neeson), ein Kreuzritter, der seinen Sohn sucht: Bailan. Nach kurzem Zögern zeigt sich der Sprössling einverstanden, dem Vater nach Jerusalem zu folgen. Unterwegs werden sie attackiert, worauf Godfrey stirbt und seinem Sohn den Titel vererbt. Dies mit der Auflage, Gutes zu tun und nicht der Kirche, sondern der Tugend zu gehorchen. Auf dem Mittelmeer sinkt Bailans Schiff, aber er gelangt trotzdem in die Heilige Stadt. Dort regiert der leprakranke christliche König Baldwin IV (Edward Norton), der einen brüchigen Frieden zwischen Muslimen und Christen aufgebaut hat. In der Stadt trifft Balian auf die geheimnisvolle Schwester des Königs, Sybilla (Eva Green), und den loyalen Berater Tiberius (Jeremy Irons). Auf der anderen Seite stehen Sybillas Mann, der Tempelritter Guy de Lusignan (Marton Csokas), und seine rechte Hand Reynald (Brendan Gleeson), die um jeden Preis einen Krieg gegen den moslemischen Anführer Saladin (Ghassan Massoud) anzetteln wollen. Balian, der bald die Gunst des Königs verdient, versucht, den Krieg zu verhindern - aber nur mit ehrenhaften Mitteln.
 

 

REVIEW
Nach Gladiator dachte wohl die halbe Regie-führende Welt, auch sie können mit einem Historienfilm Geld und Auszeichnungen scheffeln. Sei es der alemannische Handwerker Petersen (Troy), der Musikvideo-Regisseur Antoine Fuqua (King Arthur) und selbst Verschwörungstheoretiker Oliver Stone (Alexander). Sie alle mussten erkennen, dass auch mit viel Geld die Sache nicht so einfach ist, wie man es sich vielleicht vorstellt. Ich mochte alle oben genannten Nachzügler ein wenig besser, als es Kritik und Publikum weltweit taten, wohl einfach, weil historische Epen meinen Blutdruck steigern. Aber trotzdem waren alle Post-Gladiatoren im Vergleich zweitklassig. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Fuqua fehlte wohl das Talent, Petersen die Inspiration und Stone eine Droge zur Eindämmung des Egos.

In so einer Situation braucht es vielleicht Ridley Scott, um die Welt wieder ins Lot zu bringen. Mr. Gladiator kommt, um in dem Genre aufzuräumen, dem er 2000 zur Blutauffrischung verholfen hat. So hoch stecken jedenfalls die Erwartungen der Massen. Und Scott kann sie nicht erfüllen. Aber: nicht verzagen. Sein Gladiator-Nachschlag „Kingdom of Heaven“ ist stattliches Epen-Kino, welches beweist, dass Scott mehr Fantasie im kleinen Finger hat, als Wolfgang Petersen im Rest seines Körpers. Petersen ist ein Techniker, ein Ingenieur, der ein paar wirklich geniale Filme gemacht hat und bei seinen weniger gelungenen grundsolide rangeht – aber ohne grosse Inspiration. Bei Scott scheint es umgekehrt. Manchmal versinkt er in seiner Vorstellungskraft, lullt die Zuschauer mit Musik, Bildern und Esoterik ein, so dass man den Faden verlieren oder einschlafen kann. In „Kingdom of Heaven“ dürfte man den Faden kaum verlieren. Aber eingelullt wird man bis zum Gehtnichtmehr.

Vor allem am Anfang. Die erste halbe Stunde ist etwas schleppend. Liam Neesons Kampf- und Politik-Training seines Filmsohnes Orlando Bloom ist nicht nur holprig geschnitten, sondern auch nicht sehr spannend. Geschweige denn glaubwürdig. Orlando hilft der Sache auch nicht gerade, wenn er mit unumstösslicher Ausdrucksschwäche seiner Bestimmung entgegen reitet. Mit Neesons Tod – der früh eintritt, deshalb taugt das kaum als Spoiler – wird der Film seltsamerweise besser. Seltsam, weil Neeson einer der besten im Team ist. Aber fortan bekommt der Film mehr Dynamik. Ein paar Unglaubwürdigkeiten muss man noch schlucken (Balians Ankunft im Nahen Osten ist besonders lächerlich), doch danach gehts los.

Selbst bis dahin kann man eines kaum wegdiskutieren: Ridley Scott und sein Kameramann John Mathieson erschufen betörende Bilder. Die Schneeflocken in Frankreich sind sicher nicht das letzte Element, das Erinnerungen an Gladiator wachruft, aber sie sind einfach schön. Die Farben, die Musik – eine Symphonie wie wir sie von Scott erwarten. Im Heiligen Land angelangt kann Scott mit Spezialeffekten, epischen Kamerafahrten und dergleichen auftrumpfen, was wir von einem Epos erwarten.

Doch eigentlich möchte man auch Plot geliefert bekommen. Kein Problem. Intrigen, Liebe, Krieg, Verschwörung, Tragödie – alles drin. Der Vorteil von Gladiator war, dass er all das auch hatte, aber der Fokus auf einer Person lag, die für sich kämpfte. Ein Einzelkämpfer hat Power und da Scott sein Meisterwerk als klassischen Dreiakter mit Rache-Thematik anlegte, wirkte diese Power doppelt. „Kingdom of Heaven“ hat einen Helden, der für alle kämpfen will. Und keine Drei-Akt-Struktur. Er wirkt vielmehr zerfahrenener, weniger zielstrebig. Das gibt bei der Dramaturgie Abzug. Aber die Handlung hat trotzdem viele Reize. Die Botschaft ist klar: Können wir nicht alle in Frieden leben? In der heutigen Zeit eine besonders aktuelle Frage, zumal sich „Kingdom of Heaven“ ja um Religionskriege dreht. Um ja niemandem auf die Füsse zu treten, sind die Muslime im Film ehrenwerte Krieger, die Christen stattliche Kerle – und nur die bösen Bischöfe sowie ein paar Templer-Sektenbrüder torpedieren den Frieden. Religion wird nur als Institution angegriffen, aber nie als Glaubens-Überzeugung. Na was solls. Die Botschaft kommt trotzdem klipp und klar rüber. Und bei Scott wirkt sie auch nicht zu aufgedrückt, denn verpackt in etwas abgehobener Ästhetik kommt auch diese Botschaft gut daher. Scott hat das Talent, intelligente Ansätze massentauglich und in leicht konsumierbaren Häppchen zu präsentieren, die das Hirn motivieren aber nie überfordern. Die Parallelen zur heutigen Situation sind dabei unübersehbar, doch bis auf oben genannte pauschale Konfliktlösung hat auch Scott keine Antworten. Deshalb ist „Kingdom of Heaven“ auch kein primär politischer Film, sondern (logo) ein historischer. Wie weit er an den Fakten dran ist, interessiert mich diesmal keine Bohne. „Kingdom of Heaven“ ist so sehr als historische Allegorie aufgebaut, dass der Wahrheitsgehalt ähnlich egal ist wie bei Gladiator. Es geht um Orlando und seine Erlösung im semi-religiösen Sinn. Der Rest ist historische Staffage.

Mit superlativen Bildern, solidem und gut gemeintem Plot und nach schleppender Anfangsphase galoppierendem Erzähltempo bleibt primär die Frage nach den Schauspielern. Orlando Bloom ist zu Beginn nicht gut. Man kanns kaum anders ausdrücken. Doch er wächst in seinen Part hinein und überzeugt mit jeder Minute mehr. Die schöne Eva Green aus Bertoluccis The Dreamers überzeugt ebenso wie Neeson und der für einmal nicht chargierende Jeremy Irons. Dafür dreht Brendan „Ich spiele gerne das Arschloch“ Gleeson gehörig an der schaut-mich-an-ich-bin-ein-Schurke-Schraube und auch Marton Csosaks ist als Fiesling zu snobistisch, um jemals nur ansatzweise mit ihm mitzufühlen à la Joaquin Phoenix in Gladiator. Ghassan Massoud ist okay als gutherziger Feldherr und König. Und dann ist da Edward Norton. Man sieht ihn nie und ich hab ehrlich gesagt nicht gewusst, dass er es ist, bis ich die imdb konsultiert habe. Er steckt unter der Maske des leprakranken Königs und schafft es, mit seiner Stimme Gefühle zu erzeugen – was bei maskierten Figuren immer eine Knacknuss ist.

Ein letzter Charakter ist, wie bei Scott meistens der Fall, die Musik. Bei Troy merkte man, dass James Horner den Score in Windeseile verfassen musste. In den Tönen von „Kingdom of Heaven“ steckt mehr Nachdruck. Ich mag Harry Gregson-Williams vor allem für seine Soundtracks zu animierten Filmen (Shrek, Chicken Run, "Antz") und seine Kooperationen mit Bruckheimer ("The Rock", "Armageddon"). Hier darf er etwas orientalisch sein, Chöre mischen sich mit arabischen Klängen, christliche Hymnen mit orchestralen Noten. Sehr schön, wenn auch etwas zu sehr gespickt mit Ethno-Klischees und Gladiator-Plagiaten.

Sieh an. Ich habe es tatsächlich geschafft, einen historischen Schlachtenfilm bis zum Schluss zu besprechen, ohne auf die Schlachten einzugehen. Die werden immer wie deftiger, je weiter der Film voranschreitet. Nichts Neues auch hier, aber solide gemachte Fights ohne CGI-Überwältigungstaktik. Die Truppen wirken echt, die Belagerung Jerusalems, die an jene von Minas Tirith erinnert, ist spektakulär (der Action-Höhepunkt des Films) und auch Blut spritzt immer mal wieder in wohl dosierten Mengen. Die Fixierung von Kameramann Mathieson auf den Shutter-Effekt, der jedes Einzelbild scharf macht, ist etwas übertrieben. Die Kampfszenen wirken dadurch Strobo-haft. Der Effekt wurde in letzter Zeit zu oft verwendet und ist vor allem bei historischen Stoffen nicht ganz mein Ding. Aber das ist ein kleiner Grund zum Nörgeln.

„Kingdom of Heaven“ ist für Fans des epischen, schwelgerischen Kinos auf jeden Fall einen Besuch wert. Die Präsentation ist hervorragend, Ridley Scotts Ästhetik unantastbar, die Kämpfe spektakulär, die Musik wuchtig und die Akteure solide. Es gibt zu viele Zufälle am Anfang und manche Unglaubwürdigkeiten später (niemals würde Guy seinen grössten Fehler im Film begehen; kam vor Orlando niemand auf die Idee, nach Wasser in der Wüste zu graben?), auch die Botschaft wirkt nicht sehr zeitgetreu und allzu politisch korrekt verwässert, aber all dies sind kleine Defizite. Das grösste ist eines, das Scott sich selber eingebrockt hat: Gladiator. Der „Oscar“-Abräumer ist einfach der bessere Film. Und Scott geht sogar soweit, vieles zu kopieren. Die etwas unnahbare schöne Frau, Shots, in denen Leute die Türe aufstossen und die Kamera von hinten filmt, Kamerafahrten über die Wände eines Gebäudes und danach nach unten – ja selbst bei einem Song anlässlich einer Beerdigung hatte ich das Gefühl, ich kenne den aus Gladiator. Das Motto ist „been there, done that“. So sehr sich Scott und seine Crew anstrengen, viel Neues haben sie Genre nicht hinzuzufügen. Der Film ist spektakulär und sehenswert, aber er wird niemals denselben Film-kulturellen Impact hinterlassen, wie es Gladiator getan hat. Und weil diese Kritik schon jetzt viel zu lang ist, schweige ich endlich.

 

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EXTERNE INFOS & REVIEWS 
imdb.com
Roger Ebert 3½/4
James Berardinelli 3/4
Slant Magazine 2/4

 

 


 

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