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Bergdrama. D 1938
Alternativer Titel
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Regie Luis Trenker
Drehbuch Luis Trenker, Hanns Sassmann, Richard Billinger
Frei nach dem Roman "Kampf ums Matterhorn" von Carl Haensel
Produktion Heinrich Schier
Musik Giuseppe Becce
Kamera Sepp Allgeier, Albert Benitz, Otto Martini, Walter Riml, Klaus von Rautenfeld
Darsteller Luis Trenker, Herbert Dirmoser, Heidemarie Hatheyer, Peter Elsholtz, Lucie Höflich
Länge 94 Min.

Kinostart 6.1.1938

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
. .

©  Text Marco, molodezhnaja 31.8.09
©  Bilder Film 101, Screenshots molodezhnaja


STORY
Der italienische Bergsteiger Jean-Antoine Carrel (Luis Trenker) und sein englischer Kollege Edward Whymper (Herbert Dirmoser) verbindet eine Männerfreundschaft. Wenn sie die Gipfel der Alpen bezwingen, sind sie glücklich. Doch die von Italien und der Schweiz angestrebte Erstbesteigung des Matterhorns 1865 macht sie zu Rivalen: Whymper möchte von Zermatt aus aufbrechen, doch das kränkt den Nationalstolz von Carrel, der von seinem Heimatdorf Breuil aus starten will. Gerade als Carrel sich überwunden hat, mit Whymper doch von Zermatt aus loszumarschieren und dafür sogar den Groll seiner Landsleute auf sich zu nehmen, nimmt eine Intrige ihren Lauf. An deren Ende steht der Bruch: Beide Bergsteiger brechen mit eigenen Seilschaften auf. Wer kommt als erstes an?

 

REVIEW
Verflucht seien sie, die Studien von Siegfried Kracauer und Lotte Eisner. Zwar griffen die beiden Filmhistoriker und -Kritiker in ihren Standardwerken viele interessante Themen auf, doch zeigte sich im kollektiven Nachkriegs-Schock eine all zu grosse Bereitschaft, jede noch so kleine soziologische Verknüpfung zwischen Film und Politik für bare Münze zu nehmen. Kracauers Sachbuch heisst "Von Caligari bis Hitler" und dessen Botschaft ist selbst all jenen Kritikern bewusst, die das stellenweise tendenziöse Buch nur vom Hörensagen kennen. Viele Zusammenhänge, die Kracauer aufzählt, sind offensichtlich. Andere sind rein spekulativ. Und am Ende bleibt doch nichts anderes, als jedes Werk für sich zu betrachten, auch eines von 1938.

Natürlich nicht ganz für sich - die historische Einbettung will und kann niemand ausser Acht lassen. "Der Berg ruft", Luis Trenkers neunte Regiearbeit, ist denn auch ganz klar ein Produkt ihrer Zeit. Während die jüdischen Regisseure und die kontroversen Filmemacher Deutschland längst verlassen hatten, genossen die Heimatfilmer Narrenfreiheit, schliesslich zelebrierten sie in ihren Werken jene Tugenden, mit denen sich auch die Nationalsozialisten anfreunden konnten. Männerfreundschaft, Ehre, Wettkampf, Tüchtigkeit, Bezwingung der Natur. Es handelte sich freilich nur selten um von den Nazis in Auftrag gegebene Werke, sondern Weiterführungen des Bergfilms aus den 20er-Jahren. Damals war die NSDAP eine 3%-Partei, doch, wie auch Kracauer feststellt, der protofaschistische Nährboden bereits vorhanden. Macht das jeden Bergfilm pauschal zum faschistischen Wegweiser?

Mitnichten. Die Vorlage von "Der Berg ruft" zum Beispiel stammt aus dem Jahr 1928 und basiert seine Bergsteigergeschichte auf tatsächlichen Ereignissen um die Erstbesteigung des Matterhorns 1865. Von Faschismus war damals keine Spur, die vermittelten Werte spiegeln sich aber sowohl im Buch wie in der Filmadaption. Ist die Besteigung an sich faschistisch? Das Buch? Oder nur der Film, weil er von 1938 stammt? Die Frage ist rhetorisch gestellt und es lohnt sich daher auch gleich, ein paar Aspekte aufzulisten, die an "Der Berg ruft" (dem Film) ganz und gar nicht faschistisch scheinen. Der Engländer und der Südtiroler, die es beide auf den Berg abgesehen haben, sind eigentlich Freunde. Und die grantigen Bergler passen auch nicht wirklich ins Bild einer führertreuen Truppe. Zudem kämpfen hier Italiener, Schweizer und Engländer. Von Deutschen keine Spur.

Und so deutet wohl jeder, wie er deuten will: Die Besteigung des Matterhorns als Bezwingung des schönsten und bekanntesten Bergs der Welt? Oder doch lieber als Annexion eines neutralen Stücks Land? (Siehe auch Sturm auf die Eigernordwand). Vereint Freundschaft die Kletterer aus dem Südtirol und aus England oder geht es doch eher darum, die Überlegenheit der deutschsprachigen Kraxler zu zeigen? Gedankenspiele lassen sich viele durchführen. Manche fruchtbar, andere weniger. Völlig lächerlich wird es etwa, wenn Manuela Fiedler in ihrer Untersuchung "Heimat im deutschen Film" postuliert "Der Gedanke der Auslese im sportlichen Wettkampf, die für den NS-Film typische Verbindung von Frauenfeindlichkeit und Männerbündelei, die straffe Aufteilung in elitäre Führerpersönlichkeiten und negative Rollen weisen den Film als zeitgenössisches Produkt aus."

Aufteilung in elitäre Führerpersönlichkeiten und negative Rollen? Ist das nicht in nahezu jedem Film so? Elitärer Bond, negative Schurken. Elitärer Robin Hood, negativer Sheriff von Nottingham. Und die typische Frauenfeindlichkeit ist als solche auch eher ein Hirngespinst - eine Leni Riefenstahl durfte etwa in Die weisse Hölle am Piz Palü oder Das blaue Licht klettern wie sie wollte. Und wenn hier das Frauchen in Trachten gezeigt wird, entspricht das weniger einem NS-Bild als einem Gesellschaftsbild an sich. In der ganzen westlichen Welt. Die Emanzipation ist noch ein paar Jahre entfernt. Bleibt der sportliche Wettkampf, dieser faschistischste aller Sündenfälle. Wird Zeit, dass wir die Olympischen Spiele dicht machen, die UEFA auflösen und die Skigebiete der Welt sperren. Dort lodert der Faschismus ...

Bei aller ironischen Relativierung: Ja, "Der Berg ruft" passt fraglos ins Konzept der Nazis. Aber er ist keine Propaganda. Ist er denn gut? Mit Trenkers bestem Film, Der verlorene Sohn, kann er weder visuell noch inhaltlich mithalten. Und weil Trenker an den eher faden Menschen mehr Interesse zeigt als an der imposanten Natur, gibt der Film auch weniger her als die klassischen Bergdramen des Bergfilm-Pioniers und Trenker-Mentors Arnold Fanck (Der heilige Berg, Die weisse Hölle am Piz Palü, Stürme über dem Montblanc). Immerhin schafft es Trenker, das schöne Matterhorn wie ein mythisches Monument erscheinen zu lassen. Und wenn Wolken es umschweben, Winde es martern, dann symbolisiert es jene Urgewalt, die den Bergfilm so kraftvoll macht. Der Berg an sich ist das Faszinierende. Und er steht noch, mächtig und berühmter denn je, während das Tausendjährige Reich in der Asche der Geschichte versunken ist.

Dass Trenker das Thema mag, zeigt sich auch darin, dass er schon 1928 dieselbe Rolle im Stummfilm "Der Kampf ums Matterhorn" von Nunzio Malasomma (Der Ruf des Nordens) spielte. Doch er war nie ganz glücklich mit der Adaption, die etliche fiktive Elemente einbaute. Deshalb übernahm er in "Der Berg ruft" selbst die Regie und blieb einigermassen nahe an den Fakten. So rüttelt er auch nie daran, dass der Engländer das Matterhorn als erster besteigt, von neutraler Schweizer Seite aus. Wenn er sich wirklich bei den Nazis hätte anbiedern wollen, hätte dies anders ausgesehen. Aber der Trenker'sche Bergbursch ist an Politik nicht interessiert. Sondern am persönlichen Ehrgeiz. Und gegen Filmende vor allem von Freundschaft. Zu einem Engländer.

Heute noch begeistern an dem Film primär die Bergsteigerszenen und die Aufnahmen im alpinen Umfeld. Manchmal setzt Trenker dabei auf optische Tricks, doch genau so oft ist das Gezeigte "the real deal". Gedreht wurde denn auch in Zermatt und Umgebung, das Matterhorn stets im Blickfeld. Figurenzeichnung und Dialoge sind dagegen eher rudimentär, dasselbe gilt für manche Nebendarsteller. Weniger zu nörgeln gibt es an Trenkers flotter Inszenierung, die nur selten Langeweile aufkommen lässt. Weil er überzeugt war von seinem Stoff drehte er parallel eine englische Fassung, in der Joan Gardner die Rolle von Carrels Freundin übernimmt, in der deutschen Fassung verkörpert von der Debütantin Heidemarie Hatheyer. Ein Jahr später begann der Krieg und an solch eine Zusammenarbeit war nicht mehr zu denken.

 

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EXTERNE REVIEWS 
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SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit PowerDVD 9, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint


 

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