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Bergdrama. Schweiz 1943
Alternativer Titel -
Regie Eduard Probst
Drehbuch Eduard Probst, Louis Mattlé nach Ideen von Maurice Zermatten
Produktion Eduard Probst
Musik Gian Battista Mantegazzi
Kamera Georges C. Stilly
Schnitt Georges C. Stilly
Darsteller Geny Spielmann, Madeleine Koebel, Antoinette Steidle, Doris
Raggen, Emil Gyr
Länge 93 Min. (DVD: 78 Min.)
Kinostart 1942
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. |
©
Text Marco, molodezhnaja 5.12.09
© Bilder Praesens Film,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Der alte Oberwalliser Bergführer
Lorenz starb bei der Rettung zweier Touristen. Sein Sohn Stephan Lorenz (Geny
Spielmann) trat seine Nachfolge an und sieht seine Zukunft geregelt. Auch
privat, denn er ist mit Antsch (Madeleine Koebel) liiert, der Tochter des
Gemeindeammanns (Emil Gyr). Auf einer Bergtour verliebt er sich jedoch in die
Zürcherin Rita (Doris Raggen), die in ihm einen Ferienflirt sieht und ihn
verführt. Die Dorfbewohner schauen mit Verachtung auf diese Affäre, worauf
Stephan zu Rita in die Stadt zieht. Doch dort wird ihm bewusst, dass es mit
Ritas Versprechungen nicht viel auf sich hat.
REVIEW
Die Schweiz spielt auf dem Kontinent gerne eine
Sonderrolle. Das gilt nicht nur für die europäische Integration, sondern auch
für die Entwicklung des Films: Zwar gab es früh Kinos und internationale
Koproduktionen mit den Nachbarländern (v.a. Deutschland und Frankreich), doch
eine eigene Filmindustrie wollte während der Stummfilmzeit nicht
aufblühen. Erst mit Beginn der 30er-Jahre setzte ein kleiner Boom ein.
Starthilfe kam unter anderem aus Russland, etwa durch Sergei Eisensteins
Abtreibungsdrama "Frauennot - Frauenglück" (1929), bald darauf folgte der
propagandistische Support der NSDAP oder der künstlerische Input ausländischer
Regisseure wie des Wieners Leopold Lindtberg.
Doch erst mit der Lancierung der geistigen Landesverteidigung (1937-1945) wurde der Film als wichtiges Medium aktiv gefördert und es entstanden einige mehr oder weniger klassische Frühwerke des eidgenössischen Films. So etwa Wachtmeister Studer, Gilberte de Courgenay und Landammann Stauffacher. Ebenso in jene Zeit gehört Eduard Probsts "Bergführer Lorenz", der während des Zweiten Weltkriegs in Produktion ging und etliche Elemente der damaligen Ideologie miteinbezieht. So werden etwa die Bewohner der Berge als rustikales Völkchen zelebriert, dem nichts etwas anhaben kann. Ganz dem späteren Réduit-Gedanken entsprechend, der die Alpen als Bollwerk gegen den Kriegstreiber im Norden und Süden sah.
Selbstverständlich kommt die grösste künstlerische Inspiration jedoch aus dem Ausland: "Bergführer Lorenz" ist ein klassischer Bergfilm, also einzuordnen in jenen Filmtrend, der in Deutschland Werke wie Die weisse Hölle vom Piz Palü, Der heilige Berg und Der Berg ruft hervorbrachte. Regisseure wie Arnold Fanck oder Luis Trenker drehten diese lange Zeit primär in der Schweiz und es war an der Zeit, dass auch ein Schweizer Filmemacher die eigenen Berge ins beste Licht rücken konnte. Der Mann dafür war Eduard Probst (1906-1970), ein Zürcher Architekt, Schriftsteller und Filmemacher, der in Berlin bei der UFA und der Terra Film seine Erfahrungen mit dem Metier sammelte.
Als Handlungsvorlage diente Probst eine unveröffentlichte Erzählung des Walliser Schriftstellers Maurice Zermatten, die nicht alleine der Bergsteigerei huldigt, sondern auch die Moralkeule schwingt und eine klassische Dreiecksromanze zum Inhalt hat. Es ist dieser Bereich, der "Bergführer Lorenz" spannend macht. Die Alpenszenen an sich sind solide, die mit vergleichsweise grossem Aufwand inszenierten Bergsequenzen rücken stolze Gipfel ins Bild und beeindrucken mit Aufnahmen wie jenen des Aletschgletschers oder der Walliser Alpen (etwa Riederalp und Bettmeralp). Doch das kennt man von Fank & Co. Und erst noch besser. Selbst die Fackelträger bei der Rettungsmission sehen aus wie aus einem Fanck-Film.
Nein, es ist die Liebesgeschichte, die aufhorchen lässt. Unser Held wird nämlich von einer Femme fatale verführt - und dann erst noch mit groben Geschütz. Sie geifert ihn regelrecht an und liegt lasziv vor ihm auf dem Heuhaufen. "Si söttet öppis azieh" (sie sollten etwas anziehen) meint er schüchtern - doch er kann den erotischen Reizen der Frau aus der Stadt nicht widerstehen. Die Gesichter nähern sich und es folgt der Cut auf den lodernden Kamin. War das damals schon ein Klischee? Egal. Wir haben soeben eine ziemlich heisse Beinahe-Sexszene in einem Schweizer Film von 1943 gesehen.
Es ist nicht alleine die Erotik, die in diesem Zusammenhang interessant ist, sondern der Kontext. Der Bergmann wird verführt von der Verlockungen der Stadt. Sie will ihn zu sich holen, zu Unterhaltung, Tanz und urbanen Freuden. Da können die kargen Berge nicht mithalten - die reale Abwanderung in die Zentren zeigt dies. "Bergführer Lorenz" versucht darum mit dieser Parabel, den Berglern die moralische Oberhand zuzusprechen und so mitzuhelfen, dass der Stolz der Alpenbewohner gestärkt wird. Während des Weltkriegs kam jenen Menschen schliesslich eine bedeutende Rolle zu: Sie hielten die Infrastruktur in der Réduit-Region aufrecht und machten mit bei der sogenannten Anbauschlacht, der Steigerung des innerschweizerischen Lebensmittelanbaus ab 1940.
Das sind spannende Aspekte eines an sich simplen Films. Doch machen sie alleine ihn schon sehenswert? Taugt er auch cineastisch? Er ist auf alle Fälle nicht ganz so übel, wie ihn zeitgenössische Kritiker hinstellten. Die Bildsprache bedient sich klassischer Bergfilm-Motive und macht dies nicht schlecht. Die Montage ist flüssig, bisweilen etwas holprig, was aber auch daran liegen könnte, dass die Originalversion eine Viertelstunde länger ist als die noch existierende Schweizer Fassung (die französische wiederum ist etwas länger). Damit bleiben die Schauspieler. Nahezu alle agieren steif und ungelenk, ein Eindruck, der durch eine schlechte Nachsynchronisation noch verstärkt ist. Schweizer Kinofilme haben noch heute Probleme, die Sprache echt klingen zu lassen, und wenn sich wie hier auch noch der Mund dazu falsch bewegt, dann ist es mit allem Realismus dahin.
Macht nicht so viel. "Bergführer Lorenz" ist ein solides Frühwerk des Schweizer Kinos und sozusagen unsere Antwort auf Luis Trenkers überlegenen Der verlorene Sohn (1934). Die schauspielerische Amateurtruppe, aus der danach keiner eine Filmkarriere starten konnte, agiert mehr als steif und die Story birgt wenig Überraschungen. Doch die Bergwelt, die überraschend erotische Anfangsphase ebenso wie der Propaganda-Aspekt und der Unterhaltungswert sorgen dafür, dass man sich nicht ständig langweilt oder angesichts der unfreiwilligen Komik fremdschämen muss. Beim Release 1943 und dem Deutschlandstart 1950 half das freilich nichts: "Bergführer Lorenz" floppte und Probsts Produktionsfirma musste Konkurs anmelden.
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1advd (Liefert aus der Schweiz)
EXTERNE REVIEWS
imdb.com
Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint
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