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2005
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Drama. Kanada / Indien /
Sri Lanka. Hindi
Alternativer Titel
Der Fluss des Lebens
Regie
Deepa Mehta
Drehbuch Deepa Mehta
Produktion David Hamilton
Songs A.R. Rahman
Musik Mychael Danna
Kamera Giles Nuttgens
Darsteller Lisa Ray, Seema Biswas, Sarala,
John Abraham,
Kulbhushan Kharbanda,
Waheeda Rehman, Raghuvir Yadav,
Vinay Pathak, Rishma Malik, Vudila Javalgekar
Länge 117 Min.
Kinostart 4.11.2005
(Schweiz: 27.4.2006)
Trade classification -
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 12
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . | . |
© Text Marco,
molodezhnaja 9.3.06
© Bilder Mongrel Media,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Benares, 1938: Die achtjährige Chuyia (Sarala) erfährt, dass ihr Ehemann
gestorben ist - dabei hatte sie noch nicht einmal realisiert, dass sie
zwangsverheiratet wurde. Als Witwe wird sie darum nach streng hinduistischer Tradition
in ein Ashram für Witwen abgeschoben. Ihre Haare werden abrasiert, sie darf nur
einen weissen Sari tragen und wird von der Gesellschaft wie eine Aussätzige
behandelt. Im Ashram trifft sie auf eine Vielzahl von Frauen, die ihr Schicksal
teilen - darunter die gläubige Shakuntala (Seema Biswas), die verbitterte
Anführerin Madhumati (Manorma), die alte
Patiraji (Vidula Javalgekar) und die hübsche Kalyani
(Lisa Ray), die als einzige lange Haare hat. Der Grund: Sie wird jeweils über
den Ganges gebracht, wo sie sich prostituieren muss, um den Ashram zu
finanzieren. Doch da verguckt sich der Gandhi-Anhänger Narayana (John Abraham)
in Kalyani und verspricht, sie zu heiraten. Ein Tabubruch.
REVIEW
Mit "Water" vollendet Deepa Mehta ihre
"Elemente"-Trilogie. Rückblickend sind deren Episoden perfekt benannt:
Fire war ein flammender Appell für die Rechte
der Frauen, heissblütig und kontrovers. Earth
handelte von der Suche nach Heimat, von der Spaltung Indiens und dem Verlust von
Wurzeln. "Water" wiederum spiegelt die Inszenierung wieder: Ein relativ
gemütlich fliessender Film über die Unterdrückung von Frauen und speziell von
Witwen in einer patriarchalisch organisierten Religionsauslegung. Das
reinigende, heilige Wasser des Ganges fliesst sinnbildlich stetig und
unaufhaltsam, wohl als Sinnbild für die Religion, in deren Fluss man sich
einordnet. Einordnen muss.
Von den drei Filmen ist "Water" der am reifsten inszenierte, doch in meinen Augen auch der Schwächste. Ihm fehlt eben das Feuer von Fire, ihm fehlen die Emotionen von Earth. Deepa Mehta konstruiert ihre Geschichte vielmehr extrem präzise, macht im Verlauf der Erzählung aber ein paar Fehler, welche die emotionale Kraft schwächen. Vielschichtig bleibt er allemal - und spannend, v.a. auch wenn man seine Entstehungsgeschichte einbezieht.
Mehta wollte den Film bereits im Jahr 2000 mit Shabana Azmi und Nandita Das drehen. Doch radikale Hindus hatten ihr Drehbuch in die Finger bekommen und fehlinterpretiert. Da Mehta ja bereits mit Fire für landesweite Hindu-Proteste sorgte, brauchte es dieses Mal nicht viel, bis die Schmierkampagne in Morddrohungen gipfelte und die in Kanada lebende Mehta den Film absagte.
Erst rund 5 Jahre später wagte sie einen neuen Versuch und drehte heimlich in Sri Lanka unter dem falschen Arbeitstitel "River Moon". Da liegt vielleicht ein grundsätzliches Problem mit dem Film: Er soll in der heiligen nordindischen Stadt Benares (dem heutigen Varanasi) spielen, doch obwohl die Ausstatter famose Arbeit leisteten, ist doch jederzeit deutlich sichtbar, dass in den Tropen gedreht wurde. Die Authentizität leidet massiv. Das kann man Mehta natürlich nicht wirklich vorwerfen, da sie Opfer der Umstände wurde, doch es nagt ein wenig am Gesamteindruck des Films.
Und eben nicht nur das. Da wäre auch die Liebesgeschichte zwischen Bollywood-Star John Abraham und Lisa Ray. Für John ist es ein mutiger Karriereschritt und er spielt zurückhaltend - wenn auch unspektakulär. Die Kanadierin Lisa Ray (Bollywood/Hollywood) überrascht in einer traditionelleren Rolle. Doch zwischen den beiden funkt es nicht. Das Skript lässt die beiden sich schneller verlieben als in einem Bollywood-Film, weshalb man nie die Beziehung zwischen den beiden richtig ernst nimmt. Der emotionale Eindruck der späteren Szenen der beiden verblasst dadurch leicht.
Dazu muss man sagen, dass Mehta den Film subtil als Dreiakter strukturiert hat: Das erste Drittel gehört Chuyia und ihrem Herantasten an diese neue Welt. Das zweite gehört Kalyani und ihrem versuchten Ausbruch aus dieser Gefangenschaft. Und das letzte gehört Shakuntala und ihrem Kampf zwischen Glaube und Gewissen. Die Dreiteilung ist nicht aufdringlich, doch da der Mittelteil von der Lovestory abhängt, fällt diese zweite "Episode" eben etwas ab und offenbart die Struktur stärker, als es Mehta vielleicht wollte. Das erste Drittel mit der wunderbar spontanen Sarala ist dagegen toll. Das Mädchen stammt aus Sri Lanka und spricht nur Singhalesisch. Deshalb musste es die Dialoge phonetisch lernen, was ihre Performance noch eindrücklicher macht.
Mehta arrangiert es so, dass sie die wichtigsten Personen bereits früh kennen lernt und wir gewappnet sind, wenn sie plötzlich mehr ins Zentrum rücken. So eben auch Shakuntala, gespielt von Seema Biswas. Man kennt sie aus Bandit Queen, danach lieferte sie weitgehend schwache Leistungen. Mit "Water" holt sie alles wieder auf und zeigt sich von der besten Seite. Überhaupt ist das Ensemble eine Stärke des Films. Manches sind Laiendarsteller, anderes gestandene Mimen. John ist wie erwähnt okay, Waheeda Rehman etwas steif in einer unwichtigen Mutter-Rolle.
Ebenso souverän auch die Musik von Hollywood-Komponist Mychael Danna und die als Hintergrund-Musik eingefädelten Lieder von A.R. Rahman. Giles Nuttgens filmt das Ganze superb und Deepa Mehta inszeniert mit routinierter und präziser Ruhe. Denn sie hat etwas zu erzählen, das merkt man. Das Feuer aus Fire ist zwar äusserlich weg, doch das Thema nicht minder flammend. Die Anklage an die patriarchalische Tradition, Frauen zu unterdrücken und nach dem Tod des Mannes als wertlos abzustempeln, ja sie aus finanziellen Gründen einfach abzuschieben, ist messerscharf. Die kleine Chuyia beobachtet alles mit naiver Offenheit, weshalb ihre Fragen doppelte Kraft bekommen. Etwa, als sie einen Priester (gespielt vom immer überzeugenden Kulbhushan Kharbanda) fragt, ob es auch solche Abschiebe-Häuser für Männer gibt.
Interessant übrigens die Reaktion der Frauen auf diese Frage: Sie lachen nicht, sie sind entrüstet. Denn, so erklärt der Film, auch die Frauen sind gefangen in dieser Religion und Tradition. Sie glauben fest daran, dass der Mann ihnen überlegen ist und dass sie sühnen müssen, wenn der Gatte vor ihnen stirbt. Das Tragische ist eigentlich weniger, dass die Gesellschaft diese Männer-Domination aufrecht hält, sondern die, dass selbst die unterdrückten Frauen dies als normal und Gottgegeben anschauen. Derart tief sitzt der Glaube, derart lange hat sich die verlogene Tradition in die Gesellschaft eingemeisselt.
Mehta packt dies alles mutig an und nicht gar so polemisch, wie man es vielleicht hätte befürchten können. Und sie belässt es nicht dabei. Dass Chuyia erst acht Jahre alt ist, wirft auch ein entlarvendes Licht auf die Kindhochzeiten. Themen wie Prostitution werden aufgegriffen, Missbrauch ebenso. Harter Stoff, der nicht so deutlich gezeigt wird wie in Fire, aber nicht weniger einfährt. Distanzierend wirkt höchstens, dass der Film 1938 spielt und die Attacke ins Leere zielt: Die Angeklagten können sich so nämlich herauswinden, dass sich die Situation gebessert habe. Hat sie das? Wohl eben nicht in allen Bereichen - darum bleibt "Water" ein wichtiger Film.
Mit superedler Bildsprache, fliessender Inszenierung und starken Schauspielern ist "Water" bereits ein sicherer Wert. Da er inhaltlich zum Nachdenken anregt und vielschichtig an die Thematik herangeht, macht ihn doppelt wertvoll. Mich persönlich liess er deutlich kälter als die beiden Vorgänger, doch als Abschluss einer tollen Trilogie ist "Water" starkes Kino. Nur schade werde ich nie die Version mit Nandita Das sehen können. Irgendwie habe ich das Gefühl (bei allem Respekt vor Lisa Rays Leistung), dass der Film mit ihr noch besser geworden wäre.
MEINE DVD
Mongrel (CAN), Code 1, NTSC
Anamorphic Widescreen
Hindi Dolby Digital 5.1, 2.0, DTS und Französisch 5.1 mit englischen Untertiteln
(Songs nicht untertitelt)
Disk Rating * * * ½ (Scharfes Bild, Film mit
Audiokommentar. Schade sind die Lieder nicht untertitelt. Bonus-Disk mit
englischer Filmfassung * und vielen Extras)
* Englische Fassung: Simultan gefilmt mit der Hindi-Fassung,
präsentiert ohne Untertitel.
Da die Akteure teilweise mit starkem Akzent sprechen, wirkt die Fassung
bemühter. Manche Finessen in den Dialogen gehen zudem verloren.
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