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Kunstdrama
Thailand / Frankreich / Österreich 2006
Alternative Titel Sang sattawat; Intimacy and Turbulence;
แสงศตวรรษ

Regie und Buch Apichatpong Weerasethakul
Darsteller Nantarat Sawaddikul, Jaruchai Iamaram, Sophon Pukanok, Jenjira Pongpas,
Arkanae Cherkam, Sakda Kaewbuadee, Nu Nimsomboon,
Sin Kaewpakpin

Länge 106 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung
ab 6

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
. . .

©  Text Marco, molodezhnaja 12.3.08
©  Bilder Strand, Screenshots molodezhnaja


STORY
Ein Spital im ländlichen Thailand:
Dr. Toey (Nantarat Sawaddikul) befragt den Armee-Arzt Dr. Nohng (Jaruchai Iamaram) über sein Studium und sein Denken aus. Im Krankenhaus tummeln sich noch mehr Gestalten, darunter ein singender Zahnarzt (Arkanae Cherkam), ein alter Mönch (Sin Kaewpakpin), der von Hühnern träumt, sowie ein Mönch (Sakda Kaewbuadee), der DJ werden wollte. In einem grösseren Spital in der Stadt tauchen derweil die gleichen Figuren auf - und führen ähnliche Gespräche.

 

REVIEW
"Vom Regisseur von Blissfully Yours und Tropical Malady" steht auf dem DVD-Cover. Ich habe bislang gedacht, diese Taglines sollen helfen, einen Film zu verkaufen. Wieso sollte also jemand mit Geschäftsinteressen, zwei der tranigsten Kunstfilme der letzten Jahre als Referenz angeben? Das ist wie Werben bei Uwe Boll: "Vom Regisseur von House of the Dead und BloodRayne". Antiwerbung pur. Spass Beiseite: Die beiden Filme des thailändischen Kunstszene-Lieblings Apichatpong Weerasethakul haben ihre Fans. Viele sogar, was ich nicht verstehen kann, handelt es sich doch um selbstverliebte, sterbenslangweilige Gescheitscheisserfilme vor schön, aber statisch abgefilmter Kulisse. Wahre Paradebeispiele für mein Arthaus 1x1. Doch trotzdem weckte Weerasethakuls Neuer Interesse bei mir. Visuell hat der Mann eh eine ganz spezielle Herangehensweise und vielleicht würde er es ja mal schaffen, vor diesem Hintergrund doch noch einen guten Film zu drehen.

"Syndromes of a Century" ist nicht dieser Film. Aber er ist besser als die anderen hypnotisch-meditativen Werke des Regisseurs. Der Grund? Er wirkt entspannter, weniger darauf aus, ums Verrecken mit neuartigen und künstlerisch fragwürdigen Ideen auf sich aufmerksam zu machen. So findet der Vorspann zum Beispiel ganz gewöhnlich in der Anfangsphase statt, begleitet von Gerede im Hintergrund, aber immerhin - für Weerasethakul schon fast normal. Nicht nehmen lässt er sich die Doppelstruktur der Handlung. Wie in Tropical Malady spaltet er den Film entzwei, diesmal jedoch mit etwas mehr Sinn, sofern man überhaupt dieses Wort gebrauchen sollte. Der Film wirkt nämlich wie gespiegelt: Was in der ersten Phase passiert, findet sein Äquivalent in der zweiten. Gross etwas aussagen tut Weerasethakul dadurch nicht. Er setzt Stadt und Land in Kontrast, aber damit hat es sich. Die erste Hälfte, die wärmere, grüne und saftige, widmet er seiner Mutter. Die zweite, die kühle, sterile und weisse, seinem Vater.

Beide Eltern waren Ärzte und ursprünglich sollte der Film unter dem Namen "Intimacy and Turbulence" tatsächlich eine Biographie werden über die Zeit, als die Eltern sich kennenlernten. Während des Castings änderte der Regisseur seine Meinung und drehte ein Werk, das nur noch vage mit seinen Eltern zu tun hat. Die Erinnerungen an sie spielen aber trotzdem eine wichtige Rolle. So spürt sich der ganze Film an wie Erinnerungen, weshalb sie ein ungeheures Gefühl für Ort und Zeit entwickeln. Dieser schwer zu umschreibende Eindruck, dass man einer Szene wirklich beiwohnt, die so passiert ist. Man hört das Zirpen der Insekten, das Rauschen der Bäume und das Aufschlagen der Schuhe in den Spitalkorridoren. Dieses Gefühl, vor Ort zu sein, gehört zum faszinierendsten Aspekt des Films.

Doch wie immer macht Weerasethakul nicht viel aus seinem Talent. Die Absicht ist 100% Zen: Führt zu nichts, bringt nichts, soll nichts sagen - und gerade dadurch erleuchten. Doch der letzte Teil passiert nicht. Vielmehr wohnt man den Szenen bei, die etwas willkürlich aneinander gereiht sind, amüsiert sich bisweilen über die Dialoge oder Figuren (Mönch will DJ sein, Mönch will Schlafpillen, Arzt fragt, ob man lieber Dreiecke oder Kreise mag etc.) - doch einen echten Prozess löst das alles beim Zuschauer nicht aus. Es ist ein Einlullen mit Alltagsmomenten, kombiniert mit ein paar bizarren Geschehnissen, was der Regisseur tut. Fast zwei Stunden lang. Hin und wieder unterbricht ein Meta-Moment, wie etwa eine Frau, die unheimlich direkt in die Kamera starrt, den Fluss, doch auch das ist nur Spielerei. Zen? Kunstfilm-Gedöns? Zelebrierte Langeweile? Fokusfreies Schwadronieren eines abgehobenen Regisseurs? Die Übergänge sind fliessend.

"Syndromes and a Century" erzeugte bei mir immerhin nicht die Wut, wie es der ärgerliche Tropical Malady tat. Er ist näher am schönen, aber belanglosen Blissfully Yours, dessen Erotik hier (bis auf einen erigierten Penis in der Hose) jedoch ausgeblendet wird. Vielmehr sorgte das humorvoll gedachte Drama bei mir für Schulterzucken. Ein Film, der nichts soll und nichts will, der hat sicher seine Reize, doch diese beschränken sich auf die einer Einschlafhilfe oder eines meditativen Bilderbands. Gegen Schluss löst sich das Ganze, nicht unironisch, in Rauch auf, begleitet von unheimlicher Musik. Und danach wird getanzt. Ende. Aus. Zuschauer verdutzt, Ziel erreicht.

Man kann das alles als eine grosse Farce anschauen, doch Weerasethakul meint seine Sache ernst. In Interviews philosophiert er darüber, dass sein Film ein Werk über Erinnerungen und Liebe sei. Es könnte auch einer über Fusspilz sein, es macht keinen Unterschied. Man kann dem Mann einfach alles abkaufen, denn ein Film, der nichts ist und nichts will, den kann man mit Interpretationen und Deutungen füttern, bis er platzt. Zen ist gut und recht, aber wenn es als Vorwand herhalten muss, damit ein paar Kunstsudenten ihre Gedankengänge über einen Film stülpen können, dann entzieht sich dies meinem Verständnis. Sicher, "Syndromes and a Century" ist ein von der Stimmung her beachtliches Werk, seine Klänge (v.a. auf dem Land) üben eine Trance-artige Kraft aus und seine starren Kompositionen mit wenigen Tracking Shots erzeugen einen gediegenen Grundton. Doch nach zwei Stunden dramaturgischem Plätschern und cineastischem Flüstern lässt einen das Werk in der Luft hängen und kommt sich dabei noch saumässig innovativ und rebellisch vor. Typisch Weerasethakul eben: Experimentell und selbstverliebt. Stimmig und langweilig.

Nichtsdestotrotz: Sieht man von The Adventure of Iron Pussy ab, der nicht als typischer Weerasethakul-Film durchgeht, ist dies der bislang beste Film des Regisseurs. Dem katastrophalen Mysterious Objects at Noon, dem mühsamen Tropical Malady und dem schleppenden Blissfully Yours mehr oder weniger deutlich überlegen. Bei mir lösen seine simplen Kontraste, seine vagen Ideen und von einlullender Inszenierung überdeckten Belanglosigkeiten aber immer noch sehr wenig aus. Es mag unter all den Kunstfilm-Zwängen das Herz eines Humanisten und eines Zenmeisters schlagen. Doch es ist bedeckt mit mehreren Lagen Langeweile und Trivialitäten. Vielleicht in voller Absicht, aber das alleine macht ihn noch nicht gut. Mit dieser Meinung dürfte ich aber wieder alleine dastehen, denn die internationale Kunstfilmkritik frisst Weerasethakul aus der Hand. Das Löblichste, was ich sagen kann: Er wird langsam besser. Nur ist das kein Wunder, wenn er vorher ranziges Zeug à la Mysterious Objects at Noon produziert hat.

 

MEINE DVD
USA, Code 1, NTSC
Bild: Anamorphic Widescreen
Ton: Thai 2.0 mit nicht ausblendbaren englischen Untertiteln Untertiteln.

 

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SCREENSHOTS

 


 

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