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> DER SCHATZ
Drama. Deutschland 1923
Alternativer Titel
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Regie G.W. Pabst
Drehbuch G.W. Pabst, Willy Hennings nach der Novelle von Rudolph Hans
Bartsch
Produktion Carl Froelich
Kamera Otto Tober
Darsteller Albert Steinrück, Werner Krauss, Hans Brausewetter, Lucie
Mannheim, Ilka Grüning
Länge 79 Min.
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. |
© Text Marco,
molodezhnaja 11.7.09
© Bilder Arthaus,
Screenshots molodezhnaja
STORY
In einer slowenischen Glockengiesserei lebt der Meister Svetocar Badalic
(Albert Steinrück) mit der Familie und seinem Altgesellen Svetelenz
(Werner Krauss). Einer Erzählung zufolge haben die Türken, die anno 1683 die
Gegend verwüsteten, im Haus einen Schatz verstreckt. Um Beate (Lucie Mannheim),
die Tochter des Meisters, für sich zu gewinnen, macht sich der Geselle auf,
diesen sagenumwobenen Schatz zu finden. Doch ausgerechnet jetzt trifft der junge
Goldschmied Arno (Hans Brausewetter) ein, in den sich Beate prompt verliebt. In
Svetelenz entbrennt die Eifersucht. Als er mit Arnos Hilfe den Schatz findet,
versucht er, den Nebenbuhler auszuschalten.
REVIEW
G.W. Pabst ist der Vorkämpfer der Neuen Sachlichkeit im
Kino der Weimarer Republik. Mit Filmen wie Tagebuch einer Verlorenen,
Die freudlose Gasse
oder Kameradschaft frönt er einem Mix aus
sozialem Realismus und massentauglichem Melodrama. Wenn man zynisch ist, kann
man den Grund für Pabsts Vorliebe für diesen Filmstil schon früher entdecken -
nämlich in seinem Regiedebüt "Der Schatz" von 1923. Jenes abenteuerliche Drama
mit märchenhaftem Einschlag war visuell zum Grossteil im Expressionismus
verwurzelt, mit ausgefallenen Sets, exaltiertem Schauspiel und bedrohlicher
Beleuchtung. Doch der Film war kein Erfolg und auch künstlerisch gibt es ein
paar Dinge zu bemängeln. Pabsts Reaktion? Na dann tragen wir diesen ollen
Expressionismus halt zu
Grabe und wenden uns Neuem zu.
Diesen Schritt wagte er mit Die freudlose Gasse zwei Jahre später und landete seinen ersten Grosserfolg. Der Weg war vorgegeben. Schade ist dies trotzdem, denn allen Makeln zum Trotz ist "Der Schatz" durchaus ein faszinierendes Werk und es wäre spannend zu sehen, was Pabst im Kontext des Expressionismus' noch fertiggebracht hätte. So bleibt sein Exkurs in diesen so typischen Stil des Weimarer Kinos ein Unikum. Und alles, was Seltenheitswert hat, gewinnt dadurch bereits an Faszination. "Der Schatz" bietet aber noch mehr als schieren Kuriositätscharakter.
Da sind natürlich die Bilder des wenig bekannten Kameramanns Otto Tober, die elaboriert mit Licht und Schatten hantieren. Mehr noch die Ausstattung, hier beigesteuert von Robert Herlth ("Buddenbrook") und Walter Röhrig (Faust). Höhepunkte von deren Schaffen sind das Haus, das wie ein natürlich gewachsenes Lebewesen wirkt, und die Labyrinth-artigen Katakomben, durch die sich Svetelenz mit seiner Wünschelrute fortbewegt. Eindrücklich auch Pabsts Regie, die alles zusammenhält, und geschickt mit der Doppelung von Motiven und Figuren arbeitet. Fast jedes Ding hat hier seinen Gegenpart. Das unterstreicht er manchmal auf etwas holprige Weise (ein Schnitt etwa zeigt beide Schatzsucher im Tunnel, wenn uns die Dualität der Szenen längst bewusst ist), doch meistens funktioniert das System bravourös. Selbst die treibende Kraft des Films, nämlich die Schatzsuche, passiert doppelt - indem die Männer das Gold und die junge Frau anpeilen.
Gespielt werden die beiden gegensätzlichen Sucher vom energischen Hans Brausewetter und dem tollen Werner Krauss, einem Vorzeigeschauspieler des Expressionismus (z.B. in "Das Cabinet des Dr. Caligari", 1919), bevor er sich alle Integrität durch eine Hauptrolle im Nazi-Propagandafilm "Jud Süss" (1940) ruinierte. Beide haben ihre ungeheuer theatralischen Momente, dürfen ihre Augen aufreissen und mit grossen Gesten artikulieren, aber sie passen bestens in diesen kaum je subtilen Film. Sinnvoll auch die Besetzung von Albert Steinrück, bekannt als Rabbi im Klassiker Der Golem, wie er in die Welt kam (1920), der hier das Archaische repräsentiert.
Das macht ihn auch zum Handlanger des Hauses, das fast ein Eigenleben entwickelt - passend zu seinem organischen, gedungenen Aussehen. "Der Schatz" kann daher wie eine Umkehr von Fritz Langs "Die Nibelungen" (1924) gelesen werden, in dem die geraden Linien und die zivilisierte Moderne des ersten Teils im zweiten Teil dem Chaos und dem Archaischen anheimfallen. Hier ist es umgekehrt, wenn buchstäblich das Alte zusammenbricht. Oder, wenn man so will: Der Expressionismus des Gedrängten und Verwinkelten dem romantischen bis erotischen Melodrama Platz macht. Ebenso bieten sich sexuelle und psychoanalytische Lesungen an, noch etwas weniger als in Pabsts Psychoanalyse-Werk Geheimnisse einer Seele (1925), aber dennoch erkennbar.
Das sind viele verschiedene Einflüsse - thematisch wie visuell: Der märchenhafte Charakter, die versteckte Psychoanalyse, die Dualität der Charaktere, der Kampf des Alten gegen das Neuen, der Kontrast des jugendlich Romantischen und des Rauschs von Macht und Reichtum. Und all dies in einem durchaus simpel gestrickten Kinoabenteuer. Vielleicht wird die dünne Handlung dadurch überladen, vielleicht wirkt der Film daher auch etwas unfokussiert - selbst der Expressionismus ist hier nicht einzige Stilvorlage, eine weitere kommt aus dem naturalistischeren Kino Schwedens. Doch dieses breit gefächerte Spektrum an Ideen und Stilen versorgt den "Schatz" auch mit einem Spannungsfeld, dem man sich schwer entziehen kann.
Kommt dazu, dass die Architektur sowieso einen Blick wert ist, die Schauspieler überzeugend agieren, bei einer Lauflänge von nur 80 Minuten für Kurzweil gesorgt ist - und der abwechslungsreiche Soundtrack von Max Deutsch (1892-1982) schon fast als Symphonie ohne die Bilder funktionieren würde, mit ihnen aber eine gloriose Einheit bildet. "Der Schatz" mag nicht G.W. Pabsts bester Film sein, vielmehr trägt das moralisierende Märchen seine Nähte und seine Brüche offen zur Schau. Doch gerade das macht es faszinierender, als es manch glatt poliertes Werk je sein kann.
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EXTERNE INFOS & REVIEWS
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