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> TAGEBUCH EINER VERLORENEN
Drama. Deutschland 1929
Alternativer Titel
Diary of a Lost Girl
Regie G.W. Pabst
Drehbuch Rudolf Leonhardt nach einem Roman von Margarete Böhme
Produktion G.W. Pabst
Kamera Sepp Allgeier
Darsteller Louise Brooks, Josef Rovensky, Vera Pawlowa, Franziska Kinz,
Fritz Rasp, Arnold Korff
Länge 107 Min.
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
© Text Marco,
molodezhnaja 28.6.09
© Bilder Eureka!,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Der reiche Apotheker Robert Henning (Josef Rovenský) hat einen hohen
Verschleiss an Bediensteten. Er vergreift sich sexuell an ihnen und feuert sie
danach. Sein jüngstes Opfer ist Elisabeth (Sybille Schmitz), die sich bald
darauf das Leben nimmt. Als Ersatz kommt Meta (Franziska Kinz) ins Haus, die
Henning bald um den Finger gewickelt hat und ihn heiratet. Hennings Tochter
Marie, genannt Thymian (Louise Brooks), ist schockiert und vertraut ihr Leid dem
Tagebuch an, das sie von Tante Frieda (Vera Pawlowa) zur Konfirmation bekommen
hat. Derweil stürzt sie sich in die Arme von Meinert (Fritz Rasp), dem
Assistenten ihres Vaters. Der vergewaltigt sie beim ersten Date und hinterlässt
sie schwanger! Die entrüstete Familie gibt das Baby weg und steckt Thymian in
ein Erziehungsheim. Dort überredet Herzog Nikolaus Osdorff (André Roanne), der
unlängst von seinem Onkel (Arnold Korff) enterbt wurde, sie zur Flucht. Mit der
gutherzigen Erika (Edith Meinhard) bricht Thymian aus und landet in Nikolaus'
Bordell.
REVIEW
Die in Kansas geborene Louise Brooks verliess
Hollywood 1929 und landete in Berlin, wo Regisseur Georg Wilhelm Pabst sie für
"Die Büchse der Pandora" anheuerte. Das Stummfilmdrama war 1929 ein Erfolg und
seine gewagte Erotik lässt es auch heute noch knistern. Ein Superstar war
geboren. Pabst verlor daher auch keine Zeit und doppelte mit seiner damals
22-jährigen neuen Muse noch im selben Jahr mit dem Melodrama "Das Tagebuch einer
Verlorenen" nach - ihrer letzten Zusammenarbeit, bevor Brooks nach einem
Zwischenstopp in Frankreich in die USA zurückkehrte, wo sie keine Erfolge mehr
landen konnte, bald darauf bankrott anmelden musste und sich 1938 aus dem
Filmgeschäft komplett zurückzog.
Daher wird sie auf immer primär mit jenen zwei Filmen assoziiert werden, die sie mit Pabst gedreht hat. "Die Büchse der Pandora" ist davon der bessere, doch auch "Tagebuch einer Verlorenen" hat seine Qualitäten. Die Story, die auf einem Roman von Margarete Böhme aus dem Jahr 1905 basiert und 1918 bereits von Rochard Oswald verfilmt wurde, ist Melodrama pur: Auf Brooks' Figur Thymian prasseln Leid und Missgeschick noch so herein. Vergewaltigung, Baby weg, von der Familie verstossen, gequält im Jugendheim. Doch ausgerechnet im Bordell findet sie wieder Hoffnung und Gemeinschaft. Das war einer der Gründe, warum die deutsche Zensur gleich zweimal zur Schere griff und den "moralisch verwerflichen Film" zurechtstutzte.
In seiner integralen Fassung ist er heute freilich nicht mehr anrüchig - doch er bietet immerhin ein wenig subversiven Umgang mit gesellschaftlichen Konventionen und Erotik, wenngleich auch züchtiger und weniger visionär als "Die Büchse der Pandora". Als Schuldige für Thymians Niedergang wird die dekadente und korrupte Gesellschaft der Weimarer Republik ausgemacht. Pabst plädiert dafür, diese Ordnung durch eine neue der Liebe und Würde zu ersetzen ("Ein wenig mehr Liebe und niemand kann verloren sein auf dieser Welt"), diametral verschieden also von den Argumenten, mit der später Hitler und die Nazis die Weimarer Republik dann tatsächlich zu Fall brachten.
Während das herrlich dick aufgetragene Melodrama des Films 80 Jahre nach Erscheinen fast schon eine Neuentdeckung wert ist, bleibt der Inhalt nichtsdestotrotz die Schwäche des Werks. Zu verkitscht, zu plump. Technisch dagegen hat "Tagebuch einer Verlorenen" mehr zu bieten. Der letzte Stummfilm von Pabst setzt geschickt Licht und Schatten ein, spielt in ansprechenden Dekors von Emil Hasler ("M", "Münchhausen", Frau im Mond) und Erno Metzner ("Die Büchse der Pandora") - und bietet mit Louise Brooks eine Hauptdarstellerin von Weltformat. Ihr unvergleichlicher Haarschnitt und ihr engelsgleiches Auftreten machen den Film alleine schon sehenswert. Mir persönlich ist diese Zeit der "Neuen Sachlichkeit" (ca. 1920-1933), in der sich die Regisseure nach dem grandiosen Expressionismus Zurückhaltung in Inhalt und Form auferlegten, nie so lieb wie die Ära davor. Aber wenn es schon ein Werk aus dieser Stilrichtung sein muss, in der Pabst federführend war, dann fährt man mit "Tagebuch einer Verlorenen" ganz gut.
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EXTERNE INFOS & REVIEWS
imdb.com
Screenshots der DVD mit PowerDVD 8, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint
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