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Dokumentarfilm. Deutschland, 1938
Alternative Titel Olympia - Fest der Völker; Olympia - Fest der Schönheit

Regie Leni Riefenstahl
Drehbuch Leni Riefenstahl
Produktion Leni Riefenstahl
Musik Herbert Windt, Walter Gronostay
Kamera Wilfried Basse, Werner Bundhausen, Leo De Lafrue, Josef Dietze, E. Epkins, Hans Ertl,
Walter Frentz, Hans Karl Gottschalk, Richard Groschopp, Willy Hameister, Wolf Hart,
Hasso Hartnagel, Walter Hege, Paul Holzki, Albert Höcht, Carl Junghans, Herbert Kebelmann,
Sepp Ketterer, Albert Kling, Ernst Kunstmann, Leo de Laforgue, E. Lambertini, Gustav Lantschner,
Otto Lantschner, Waldemar Lembke, Georg Lemke, C. A. Linke, Kurt Neubert, Erich Nitzschmann,
Albert Schattmann, Hans Scheib, Wilhelm Schmidt, Hugo O. Schulze, Leo Schwedler,Alfred Siegert,
W. Siehm, Ernst Sorge, Károly Vass, Willy Zielke, Andor von Barsy, Franz von Friedl,
Heinz von Jaworsky, Hugo von Kaweczynski, Alexander von Lagorio, H. von Stwolinski, E. von der Heyden
Schnitt Leni Riefenstahl
Darsteller Jesse Owens, Sohn Kee-chung, Henri Nannen, Adolf Hitler, Josef Goebbels, Rudolf Hess
Länge 115 Min. + 88 Min.

Kinostart 20.4.1938

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
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©  Text Marco, molodezhnaja 28.1.10
©  Bilder Kinowelt, Screenshots molodezhnaja


STORY
Vom 1. bis 16. August 1936 finden in Berlin die 11. Olympischen Sommerspiele der Moderne statt. Fast 4000 Athleten aus 49 Nationen treten an. Nach dem Einzug der Athleten geht es zum Wettkampf, bei dem das Deutsche Reich noch vor den USA am meisten Medaillen holt. Zu den grossen Siegern gehört etwa Jesse Owens, der schnellste Mann der Welt, der gleich vier Medaillen gewann.

 

REVIEW
Mit dem Namen Leni Riefenstahl (1902-2003) assoziieren wir Propaganda. Dass die ehemalige Tänzerin zuvor in melodramatischen Bergfilmen wie Stürme über dem Mont Blanc oder Die weisse Hölle vom Piz Palü auftrat und ihre eigene Regiearbeit Das blaue Licht relativ wertfrei daherkam, geht angesichts von "Triumph des Willens" verständlicherweise unter. Jene Berichterstattung zum Parteitag der Nationalsozialisten 1934 in Nürnberg ist nicht nur technisch beeindruckend, sie ruft auch auf alle Zeit in Erinnerung, mit welchem Pomp sich die neuen Machthaber feiern liessen und mit welcher Show sie eine Dekade einleiteten, die der Welt Judenvernichtung und Weltkrieg brachte.

Wenn man sich "Olympia" anschaut, sucht man denn auch in jeder Einstellung nach nationalsozialistischer Ästhetik, in jedem Wort nach Propaganda. Man wundert sich, wenn der Sprecher bei jedem Afroamerikaner hervorhebt, dass der Mann schwarz ist - auch wenn dergleichen keinesfalls rein Nazi-Ideologie widerspiegelt, sondern eher den Umstand, das sich Global noch keine Sensibilisierung gegenüber Rassismus durchgesetzt hat. Der Film ist in vielen Belangen tatsächlich eine nüchterne Dokumentation der Ereignisse. Doch eben nicht nur. Er beinhaltet Propaganda. Und er zelebriert jenen Bombast, mit dem die Nazis ihr Volk in Euphorie schaukelten.

Joseph Goebbels war bewusst, dass man den Film so auffassen würde. Daher ordnete er die Gründung einer Produktionsgesellschaft durch Riefenstahl und ihren Bruder an. In die schoss die Regierung zwar die grosse Summe von über einer Million Reichsmark ein, doch es sollte der Anschein von Unparteilichkeit erweckt werden. Schliesslich hatte Adolf Hitler erklärt, das Reich werde die Werte der olympischen Idee hochhalten und die Spiele (die 1931 noch vor der Machtergreifung an Berlin gingen) nicht für Indoktrination missbrauchen. Dabei handelte es sich freilich um Heuchelei, denn die Nazis taten alles, um sich ins beste Licht zu rücken: Im Inland als Weltmacht mit grossen Sportlern. Im Ausland als friedliebende Nation mit Sportsgeist.

All dieser Ballast macht "Olympia" zu schwerer Kost - wenn Hitler im Publikum applaudiert und seine Mannen grüsst, wenn das Publikum euphorisch den Arm zum Hitlergruss hebt (der ironischerweise aus dem Saluto romano hervorging, dem Olympischen Gruss). All das formt den Film jedoch zum Zeitbild. Ob man die kriegerische Rhetorik, die auch heute noch in Sportkommentaren zu finden ist, die Mode der verschiedenen Nationen oder die Gewichtung der Sportarten und ihrer Teilnehmer anschaut: Alles vermittelt ein Bild jener Ära gefiltert durch das Auge einer talentierten Filmemacherin und die Ideologie der Nazis. Das sorgt für eine höchst interessante Vermischung aus geschichtlich relevantem Werk, cineastisch wegweisender Produktion und natürlich sportlicher Leistung.

Für mich ist die historisch-politische Seite des Werks das Spannendste. Jede Geste, jeden Satz kann man auf die Goldwaage legen. Interpretieren. Analysieren. Und nochmals neu interpretieren. Vieles ist gewollt oder ungewollt zweideutig - wenn Riefenstahl etwa ganz am Anfang in einer brillanten Montage die Akropolis zeigt und zu griechischen Statuen überblendet, die wiederum zu lebenden Athleten werden, dann soll dies die Tradition der Spiele hervorheben, den Geist Olympias, der in die Moderne gelangt ist. Auf der anderen Seite ist die Zelebrierung des Körperkults und die klassizistische Architektur auch eines von vielen Markenzeichen der Nazis. Will uns nun die Anfangssequenz ersteres oder letzteres suggerieren?

Und das bringt mich zum Cineastischen, denn was Riefenstahl hier zeigt, ist grosses Kino. Mit immensem Aufwand, Dutzenden von Kameramännern und nie dagewesenem Zugang direkt zu den Sportlern liefert sie Bilder von sensationeller Kraft. Der erste Teil des halbierten "Olympia", der den Untertitel "Fest der Völker" trägt, ist der behäbigere und stilisiertere. Nach der Widmung an die Jugend der Welt folgt gut zehn Minuten lang jene Montage, bei der die Statuen in Sportler aus Fleisch und Blut übergehen. Dann wirds olympisch mit dem Fackellauf von Athen bis Berlin. Und nach einer Viertelstunde mit solcherlei Zurschaustellung cineastischer Möglichkeiten gelangen wir mit dem von Hitlergrüssen begleiteten Einzug der Sportler auch endlich zum Wettkampfteil.

Der ist für mich der unspannendste Aspekt. Riefenstahl revolutionierte zwar die Inszenierung des Sports hier fundamental und vieles, was wir heute in Sportsendungen als ganz Normal hinnehmen, hat sie in Pionierarbeit vorgelegt - doch zum einen ist Sport nicht so mein Ding. Und zum anderen ist Sport aus der Konserve etwas fad. Man möchte mitfiebern, man möchte von den Resultaten überrascht werden. Darum ist ja Sport fast immer live. Es zählt das Dabeisein. Derart in einen Dokfilm eingebunden schwindet die Spannung indes gegen null. Man kann staunen, mit welch primitivem Werkzeug die Sportler loslegten. Oder welche Leistungen (gut oder schlecht) damals top waren. Aber das hat eher Kuriositäts-Charakter.

Letztendlich juckt mich eher weniger, ob die Deutschen im Hammerwerfen einen Doppelsieg errungen haben. Oder irgendein Rittmeister mit seinem Pferd obsiegt hat. Und wenn das alles das Interesse nicht weckt, dann kommen einem die 203 Minuten recht lang vor. Vor allem "Fest der Völker" zieht sich hin. Der zweite Teil "Fest der Schönheit" ist etwas kürzer - und flotter. Die Anfangsszene zeigt nackige Sportler beim fröhlichen Spiel. Und nackige Kerle unter der Dusche. Szenen wie diese unterstützen die These, die Riefenstahl nach dem Krieg etablieren wollte: Dass sie nicht auf Nazi-Kult auswar, sondern sich als erste feministische Filmemacherin sah, die den Körper (auch den männlichen) zum Fetisch machte. Besonders feministisch ist dies freilich nicht, wenn schon, dann hat daran eher die homosexuelle Zuschauergruppe ihre Freude.

Denn Riefenstahl zeigt etliche sexualisierte Aufnahmen, etwa beim Marathon der Männer am Ende von Teil eins, bei dem sie ganz nahe an einen Läufer mit blossem Oberkörper herangeht und seine schwitzenden Muskeln zelebriert. Sexy Sache, wenn auch nicht gerade auf den Begriff "Feminismus" gemünzt. Dass Riefenstahl einfach die Schönheit der Sportler zeigen wollte, nehme ich ihr dagegen ab. Es geht hier nicht um Ariertum, sondern um einen weiter gefassten Körperkult. So musste sie den schwarzen Supersportler Jesse Owens, der garantiert nicht in die Rassenlehre der Nazis passt, wegen seinen Siegen mehrfach zeigen - und man hat nicht das Gefühl, sie mache es ungern. Auch jener Marathon-Läufer mit knackigem Body ist dunkelhäutig.

Der Film gibt den weissen und japanischen Sportlern mehr Fokus, das lässt sich nicht bestreiten, doch das liegt mit auch am geringeren Anteil dunkelhäutiger Athleten als bei heutigen Spielen. Man kann in das Zeigen und Auslassen auch zu viel hineininterpretieren. Dass Riefenstahl zum Beispiel den dramatischen Stockverlust der deutschen Frauenstaffel zeigt - inklusive Hitlers grosser Enttäuschung - demonstriert zum Beispiel, dass es nicht alleine darum geht, den Kampf- und Siegeswillen der "mächtigen Deutschen" zu zeigen.

Im zweiten Teil mündet dann das Zelebrieren der Körperschönheit in die am herausragendsten inszeniere Sportart: das Turmspringen der Männer. Wo Riefenstahl jeweils die Kamera hatte, lässt sich fast nicht mehr sagen, wenn das Bild sich dreht und wir mit dem Springenden elegant rotieren. Diese Sprünge in Zeitlupe wirken wie ein Ballet, ungemein dynamisch eingefangen und einfach schön. Ein glorioser Abschluss für einen Film wie diesen, der der Schönheit des Sports huldigen möchte. Der zweite Teil, in dem Hitler kaum mehr vorkommt, ist wohl auch der, der sich besser einem heutigen Publikum öffnet.

Und wie bewertet man solch ein Werk? Ganz nüchtern. Das Gezeigte hat Pioniercharakter, Riefenstahl inszeniert vorbildlich - auch wenn ihr "Olympia" nicht denselben Sog entwickelt wie Kon Ichikawas "Tokyo Olympiad" von 1965. Als ästhetische Spielerei, als Zeitdokument und als Sportbericht ist dies ein wahrlich bemerkenswertes Teil. Der Propagandacharakter ist zurückgenommen und für einen aufgeklärten Menschen praktischerweise auch sofort zu erblicken. Das macht ihn weniger gefährlich als historisch spannend. Darum das Fazit: "Olympia" ist virtuos und wichtig, aber auch etwas lang und fragmentarisch. Ein Meilenstein der Filmgeschichte, fraglos, aber einer mit wenig Wiederholungsreiz. Man schaut sich die besten Szenen an und ist froh, sie gesehen zu haben. Aber echtes Verlangen, gleich nochmals von vorne loszulegen, löst der Film nicht aus.

 

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EXTERNE REVIEWS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint


 

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