The Last Samurai (2003)

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US-Start: 05.12.2003
CH-Start: 08.01.2004


Regie: Edward Zwick
Buch: John Logan, Edward Zwick, Marshall Herskovitz
Produktion: Tom Cruise, Edward Zwick, Paula Wagner, Tom Engelman, Marshall Herskovitz, Scott Kroof
Kamera: John Toll
Musik: Hans Zommer
Cast: Tom Cruise, Ken Watanabe, Tony Goldwyn, Billy Conolly, William Atherton, Togo Igawa, Shin Koyamada, Masato Harada, Koyuki
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Kritiken:
James Berardinelli (USA)
3½/4 ... The Last Samurai already has a spot reserved on my end-of-the-year Top 10 list.
Roger Ebert (USA) 3½/4 ...
Beautifully designed, intelligently written, acted with conviction, it's an uncommonly thoughtful epic.
(c) Warner Bros.

 

Review:

16.12.03

Japan ist "in". Sushi-Buden spriessen wie Pilze aus dem Boden, japanische Mode beeinflusst die westlichen Modeschöpfer, japanische Filme beglücken weltweit die Fankreise. Da passt es, dass Lost in Translation einen westlichen Blick auf das Land der aufhehenden Sonne wirft - und "The Last Samurai" einen ebenso westlichen auf eine wichtige historische Periode des Landes: Das ausgehende 19. Jahrhundert, als in Japan der Kampf zwischen Tradition und Moderne offen entbrannte. Wer Kurosawas Filme oder auch andere japanische Werke kennt, wird so manches Kapitel in Edward Zwicks Epos bereits kennen, doch für die amerikanischen Zuschauer bietet "The Last Samurai" die ideale Plattform, um mit den Gepflogenheiten der Samurai, den Konflikten Japans und der Politik dieses Zeitraumes zu vermitteln. Das hört sich sehr trocken an - ist es aber nicht. Zwick verpackt den Tiefgang in ein mitreissendes Epos mit grandiosen Schlachtszenen, starken Bildern und guten Akteuren.

Tom Cruise ist Captain Nathan Algren, der von Albträumen geplagt wird und dem Alkohol verfallen ist. Seit sein Vorgesetzter Bagley (Tony Goldwyn) die Zerstörung eines unschuldigen Indianderdorfes anordnete, hat Algren den Glauben an das Militär und den Krieg verloren. Ausgerechnet er wird nun 1876 angeheuert, um die japanische Armee auf Vordermann zu bringen. Der reiche Omura (Masato Harada) holt ihn und Bagley nach Japan. Ihr Gegner heisst Katsumoto (Ken Watanabe, Space Travelers). Er ist dem jungen Kaiser Meiji (Shichinosuke Nakamura) bedingungslos ergeben, kann aber nicht mitansehen, wie er das Land verwestlicht und Leuten wie Omura die Niederwalzung alter Traditionen erlaubt. Mit anderen Samurai hat sich der landesweit angesehene Katsumoto verschanzt und verwickelt das Land in einen Bürgerkrieg. Algren soll ihn stoppen. Doch schon beim ersten, schlecht vorbereiteten Angriff, wird er selbst geschnappt und von Katsumoto in sein Dorf in den Bergen verschleppt. Dort muss er im Haus der schönen Taka (Koyuki, Kaïro) überwintern, deren Mann er in der Schlacht getötet hat. Algren lernt nach und nach die Regeln und Traditionen der Saurai kennen - und wird Katsumotos Freund.

Soweit die Ausgangslage. Am ehesten ruft sie Erinnerungen an Costners "Dances With Wolves" und Leans "Lawrence of Arabia" wach - und tatsächlich gibt es etliche Parallelen. Der westliche Mann, der von der einheimischen Zivilisation überwältigt und absorbiert wird. Zwick folgt dieser Idee, ausgearbeitet von Gladiator-Autor John Logan, und setzt dabei die Sympathien klar fest: Sie liegen bei Katsumoto. Zwick ist Patriot, das weiss man seit "Courage Under Fire" oder "Glory". Doch mehr noch ist Zwick ein Wertkonservativer. Und für jeden, der in der heutigen Welt noch Moral und Ehre sucht, sind die Samurai ein erster Anhaltspunkt. Ich bin nicht der Meinung, die Glorifizierung der Samurai sei sinnvoll - schliesslich ist die Feudalherrschaft und die Teils brutalen Regeln alles andere als nachahmenswert - doch die Konsequenz ihrer Traditionen, ihr unumstössliches Wertesystem, das fasziniert. Und Zwick baut darauf auf. Er respektiert Katsumoto wie es auch Algren tut. Für Ehre und Herrscher zu sterben, das braucht Überzeugung. Und für jemanden, dessen Geist schwach geworden ist (wie Algrens) ist das ein noch überwältigender Anblick.

Ken Watanabe ist dabei der grosse Star. Mit der Authorität eines Toshiro Mifune dominiert er jede Szene. Tom Cruise ist dagegen ziemlich schwach und hätte eigentlich einem Schauspieler wie Russell Crowe oder Johnny Depp weichen sollen. Cruise verwechselt die Kunst des Schauspiels manchmal mit der Kunst, etwas ganz ganz fest anzustarren. Also ist Watanabe der klare Held des Films. Deshalb beziehe ich auch den Titel "Last Samurai" auf ihn, wenngleich man ihn auch auf Cruise übertragen kann. Er schwört nämlich dem Trinken (etwas gar easy) ab und kämpft auf der Seite der Samurai. Er bleibt aber stets nur der Beobachter, der Helfer und der Anhänger. Es ist nicht so, dass Zwick in imperialistischer Tradition einen Ami nach Japan schickt, damit der das Land verwestlicht - nein, Cruise wird veröstlicht. Amerika und damit die heranbrausende Moderne, das sind die Feindbilder! Für einen amerikanischen Film sehr mutig. Am stärksten wird diese fast paranoide absolute Ablehnung der Moderne beim Schlusskampf, als die tapferen Samurai in fatalistischster Weise in den sicheren Tod reiten und die Maschinengewehre der Gegner alles niedermähen. Eine starke Kritik an der modernen Kriegsführung. Als Pazifist lehne ich jede Form von Krieg ab, aber der Unterschied eines Mann-zu-Mann-Kampfs und einem Knopfdrücker im Pentagon, der kann auch mir nicht entgehen. Wiederum lenkt Zwick alle Sympathie auf die Samurai.

Leider nimmt das manchmal exzessive Formen an. Die Schlussbotschaft, dass Japan Moderne und Tradition vereinen sollte (was auch heute nur zaghaft gelingt - wenn überhaupt), die hätte klarer sein sollen. Stattdessen lässt Zwick viel zu viel Pathos einfliessen, macht seinen Kaiser revisionistisch ("ich schenke dein Vermögen dem Volk") und drückt dem Film einen unnötigen Hollywood-Stempel auf. Der Film hätte auf dem Schlachtfeld mit einem Epilog enden sollen. Er wäre glatt ein 4-Stern-Film.

So kann man nicht anders, als den Film für seine Qualitäten zu bewundern und die Probleme, von denen es neben Cruise, dem Ende und einer gewissen Repetitivität doch einige hat, zu verdrängen. Da sind die Akteure: Neben Watanabe brilliert Koyuki in einer subtilen Rolle als Taka, oder auch die Darsteller der anderen Samurai und deren Kinder. Ebenso beeindruckend die Bilder des "Oscar"-gekrönten Kameramanns John Toll, der die saftigen Hügel Neuseelands spielend wie Japan aussehen lässt. Die Musik von Hans Zimmer ist extrem wuchtig und sehr gut. Die Effekte sind gut eingesetzt. Die Schlachten sind nicht auf modern gemacht, nicht einmal so blutig wie "Braveheart" - aber sie strahlen eine gewissen Realismus aus und huldigen gleichzeitig dem Kino Akira Kurosawas. Zwick ist klar ein Kurosawa-Fan, was etwa die "Rashomon"-Struktur von "Courage Under Fire" verrät. Hier zollt er den Samurai-Filmen von "Seven Samurai" bis Ran Tribut.

Aspekte, die man als negativ anschauen kann, aber in meinen Augen keine sind, gibt es auch. Da wäre etwa das Finale auf dem Schlachtfeld, als die Japaner niederknien. Einer, der nichts kappiert hat, denkt, sie knien vor dem Amerikaner Cruise (die meisten Amis werdens wohl so sehen), doch sie knien vielmehr vor dem angesehenen Katsumoto und dem wofür er steht. Die Werte, für die er gekämpft hat - dann trifft "Last Samurai" auf ihn zu. Sie knien aber vielleicht auch für die Tradition und dass Cruise sie angenommen hat. Mehr oder weniger das Erbe weiterträgt. Dann würde der Titel "Last Samurai" auf Cruise zutreffen. Dass es beide sein können, finde ich reizvoll - aber niemals käme mir in den Sinn, sie knien vor Cruise und damit vor Amerika. Aber glaubt mir, es wird Kritiker geben, die das so interpretieren und damit gleich den ganzen Film in den falschen Hals kriegen.

"The Last Samurai" hat grossartige Einzelszenen (Algren entschuldigt sich bei Taka, Algren spielt mit Takas Kindern, Taka kleidet Algren ein, Katsumotos Gespräche mit Algren, die Schlachten, das Niederknien ...) und ist als Ganzes von epischer Breite ohne Tiefgang zu opfern. Er hat Probleme, kleine und grosse, aber "The Last Samurai" ist dennoch tolles Kino. Ganz knapp an den 4 Sternen vorbei (vor allem wegen dem Ende) - aber ohne Zweifel sehenswert. Ein Oscar-Kandidat, gar keine Frage!



page created: 13.5.03  ~  last updated 16.12.03

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