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Drama
Japan 2007
Alternative Titel Kaabee; Kabei; Kabei: Our Mother;
母べえ

Regie Yoji Yamada
Drehbuch Yoji Yamada und
Emiko Hiramatsu nach der Autobiographie von Teruyo Nogami
Darsteller Sayuri Yoshinaga, Tadanobu Asano, Mirai Shida, Miku Sato, Rei Dan,
Keiko Toda, Tsurube Shofukutei, Umenosuke Nakamura, Mitsugoro Bando

Länge 133 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung
o.A.

 

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
. .

©  Text Marco, molodezhnaja 9.8.08
©  Bilder Shochiku, Screenshots molodezhnaja


STORY
Japan 1940:
Kayo Nogami (Yoshinaga Sayuri) und ihr Ehemann Shigeru (Bando Mitsugoro), von ihren beiden Töchtern liebevoll "Kabei" und "Tobei" genannt, leben bescheiden, aber glücklich - bis eines Tages die Polizei Shigeru abführt: Der Professor habe anti-japanisches Gedankengut verbreitet und seine Schriften zeugen von Verrat. Er wird eingesperrt in eine dunkle Zelle, Kayo bekommt lange Zeit nicht einmal ein Besuchsrecht. Fortan muss sie die beiden Sprösslinge, die neunjährige Teruyo (Miku Sato) und die zwölfjährige Hatsuko (Mirai Shida), alleine durchbringen. Hilfe bekommt sie in dieser schwierigen Zeit nur von ihrer Schwester Hisako (Rei Dan) und Shigerus Student Toru Yamazaki (Tadanobu Asano).

 

REVIEW
Die Worte "Regie Yoji Yamada" erzeugen bei mir mittlerweile tiefen Respekt. Die Art von Verehrung, die andere für Filmemacher wie Yasujiro Ozu oder Kenji Mizoguchi reservieren, hege ich für Yamada. Seine Inszenierung mag weniger poetisch sein als jene von Mizoguchi, seine Geschichten etwas offensichtlicher und manipulativer als jene von Ozu, doch dieser mittlerweile 76-jährige Filmemacher schafft es bei mir, ähnlich wie es in Asien nur noch Zhang Yimou fertig bringt, mit kleinsten Gesten, Gefühlen und Gesprächen direkt ins Herz zu zielen. Sein Mittel dazu ist simpel: Schlechte Dinge geschehen guten Menschen. Darauf lässt sich auch das Konzept von "Kabei: Our Mother" reduzieren. Doch es funktioniert einfach himmlisch. Ich lag an mehreren Stellen in Tränen. Die Kritik schreibe ich mit geröteten und verklebten Augen. Und mein Respekt ist noch weiter gewachsen.

"Kobei" ist Yamadas erstes Werk nach seiner international gefeierten Samurai-Trilogie, deren erster Beitrag Twilight Samurai zu den schönsten japanischen Filmen dieses Jahrzehnts zählt. Die Handlung des neuen Films rückt aber nicht gänzlich in die Gegenwart vor, sondern in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Nach der prägnanten Samurai-Ära also eine weitere für Japan prägende Zeit. Und auch thematisch bleibt Yamada den drei Vorläufern treu, indem er abermals eine einfache Familie und ihr erlittenes Leid ins Zentrum rückt. Als Poet der kleinen Leute lässt er guten Menschen Böses widerfahren. Das alleine würde ein schlechter Regisseur zum Melodrama ausschlachten, doch bei Yamada ist oft nicht der tragische Umstand an sich das Bewegende, sondern die Reaktion der Protagonisten. Sie versuchen gefasst zu bleiben und sich gegenseitig zu stärken. Sie suchen Kraft im Moment grössten Verlusts. Wie Yamada dies hinbekommt, ist oft von herzzerreissender Schlichtheit.

Simpel auch seine Umsetzung: Die Aufnahmen im Innern des Hauses nutzen Wände und einfache Flächen zur Bildgestaltung, im Freien sorgen Gärten und pseudo-idyllische Nachbarschaften für einen kleinen visuellen Kick. Das meiste ist aber geprägt von Alltagsästhetik, leicht nostalgisch verklärt vielleicht, aber stets glaubhaft. Die Montage passt sich der Geschichte an, fliesst bedächtig und lässt sich viel Zeit, damit die Figuren sich entfalten können. In jenen liegt nämlich, wie so oft bei Yamada, die eigentliche Stärke: Seine Menschen sind geniale Kreationen, oft sehr lebensnah, aber in ihrer Güte vielfach fast übertrieben. Wenn die Mutter zu Toru sagt, er habe ein gutes Herz, dann ist das unumstösslich Fakt. Denn wer einmal als gutmütig etabliert ist, der bleibt es bei Yamada auch. An Charakterentwicklung hin zum Bösen ist er nur selten interessiert. Das mag in der heutigen zynischen Zeit falsch und kitschig klingen, doch in Yamadas Universum passt es.

Das Böse hat in "Kabei" indes auch seinen Platz: Die japanische Elite freut sich regelrecht auf den Krieg, die Nationalisten zelebrieren Siege in Asien und viele einfachen Leute lassen sich vom vermeintlich stolzen Kreuzzug Japans anstacheln. Zudem wird der Führerkult zelebriert, indem der Kaiser heilig und allmächtig zur Symbolfigur der japanischen Welteroberung stilisiert wird. Darunter leiden tun im Verlauf des Krieges fast alle. Die Familie Nogami erwischt es nur früher. Manche Kritiker warfen Yamada vor, er behandle die japanischen Kriegsgräuel verklärt, doch das stimmt nur zum Teil: Der Krieg an sich bleibt ausgeblendet, Yamada interessiert sich mehr für das Leid, das Japans Nationalismus- und Kriegskurs für die einfachen Leute nach sich zog. Und darin ist er in seiner Anklage ziemlich direkt.

Damit die Sache nicht zu trist wird, gestattet sich der Altmeister auch immer wieder Ironie. Etwa wenn Toru beim ersten Besuch die Füsse einschlafen, er beim Aufstehen umkippt und die Löcher in seinen Socken sichtbar werden. Oder wenn beim Treffen der Nachbarschaft diskutiert wird, ob man sich nun in Richtung des Kaisers oder des Kaiserpalasts verbeugen muss. Oder wenn der trottelige Onkel auftaucht, der stark an die von Yoji Yamada entwickelte Kultfigur Tora-San erinnert, mit der er 46 (!) Filme drehte. Oder wenn der halbtaube Toru auf dem Fahrrad mit dem schwerhörigen Doktor spricht - beides übrigens zwei absolut gutherzige Menschen. Sie versuchen, sich in der schweren Zeit ihre Güte und Menschlichkeit zu bewahren, aber gleichzeitig so unauffällig wie möglich zu bleiben, um nicht dem System zum Opfer zu fallen, wie es Shigeru passiert ist.

Den Toru spielt Independentstar Tadanobu Asano mit beachtlicher Wandlungsfähigkeit als unscheinbaren Weichling. Eine ungewöhnliche, aber funktionierende Besetzung. Ebenso gut die beiden Kinder, verkörpert von Miku Sato und Mirai Shida. Die zwei sind einfach liebreizend und wie wacker sie der Mutter helfen und die Inhaftierung des Vaters bedauern, geht schnell ans Herz. Doch die wichtigste Figur bleibt natürlich die titelgebende Mutter: Kabei, gespielt von der Veteranin Sayuti Yoshinaga (Tora-San's Dear Old Home). Mit viel Demut und unerschütterlicher Willenskraft trotzt diese Frau allen Widrigkeiten, sei es den Vorwürfen ihres Vaters, den Unterstellungen der Nachbarn oder dem Mangel an Essen. Sie verbeugt sich unterwürfig, sie wirkt schwach, sie fällt in Ohnmacht, doch nie gibt sie auf. Es ist diese Ergebenheit an die Familie, die einem rasch an die Nieren geht.

Erst ganz am Ende, wenn Yamada sich der Melodramatik verschreibt und zwischen einer Rückblende und einem Epilog zu offensichtlich auf die Gefühls-Tube drückt, fällt "Kabei" etwas ab. Davor ist er ein kleines Meisterwerk, ein neuer Erfolg für einen Filmemacher, der mit Einfachheit und Herzlichkeit Menschen zeichnet, die es so in der Realität vielleicht nicht mehr gibt oder gar nie gab, aber deren Emotionen so authentisch wirken, so bewegend, dass man gar nicht anders kann, als sich auf ihre Seite zu schlagen. Ich für meinen Teil war nach wenigen Minuten bereits voll in Yamadas Geschichte drin, litt mit Mutter und Töchtern und freute mich bei jedem noch so kleinen Glücksmoment. Was für ein tieftrauriger und doch leichter und stets liebevoller Film.

 

MEINE DVD
Japan, Code 2, NTSC
Bild: Anamorphic Widescreen
Ton: Japanisch 5.1 und 2.0 mit englischen und japanischen Untertiteln.

 

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SCREENSHOTS

 


 

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