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2012
> JAB TAK HAI JAAN
Liebesdrama. Indien. Hindi
Alternativer Titel Solang
ich lebe - Jab Tak Hai Jaan
Regie
Yash Chopra
Drehbuch Aditya Chopra, Devika Bhagat
Produktion
Aditya Chopra
Songs A.R. Rahman
Kamera Anil Mehta
Choreografie
Vaibhavi Merchant
Darsteller Shahrukh Khan,
Katrina Kaif, Anushka Sharma,
Rishi Kapoor,
Neetu Singh, Anupam Kher, Sarika, Sharib Hashmi, Bikramjeet Kanwarpal
Länge 176 Min.
Kinostart
13.11.2012
Box office classification Hit
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 6
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
©
Text Marco, molodezhnaja 18.11.2012
© Bilder Yashraj,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Major Samar Anand (Shahrukh Khan) arbeitet als Bomben-Entschärfer der indischen
Armee in Kaschmir. Er ist bekannt als "Mann, der nicht sterben kann", denn er
macht seine Arbeit immer ohne Schutzanzug und ohne den Hauch von Todesangst. Als
er die übermütige Dokfilmerin Akira Rai (Anushka Sharma) vor dem Ertrinken
rettet, kommt sie in den Besitz seines Tagebuchs - und sie liest es. Es erklärt,
warum Samar ebenso todessehnsüchtig wie einsam ist: Im Jahr 2002 verliebte er
sich, damals 25-jährig, in Meera (Katrina Kaif). Er schlug sich in London mit
allerlei Gelegenheitsjobs durch, sie war als Tochter eines reichen Unternehmers
(Anupam Kher) nicht auf Arbeit angewiesen. Damit er besser Englisch lernen und
sie ihrem Papa ein Punjabi-Lied vorsingen konnte, gingen sie einen Deal ein.
Beim gemeinsamen Üben funkte es - obwohl Meera bereits mit einem Engländer
verlobt war. Es kam noch schlimmer.
REVIEW
Religion ist unnötig und schädlich. Nicht nur im täglichen Leben, sondern auch
für Drehbücher, wie sich nun herausstellt. "Jab Tak Hai Jaan" wäre nämlich ein
gutes bis sehr gutes Werk, je nachdem wie man die Schauspieler und das Melodrama
darin mag, aber die Verflechtung mit Glaubensfragen bricht ihm fast das Genick.
Meera wird nämlich als sehr religiös gezeichnet, christlich im vorliegenden
Fall, aber es ist an sich egal, welcher Glaubensrichtung sie angehört.
Jedenfalls liebt sie ihren Samar so sehr, dass sie Jesus einen ihrer
berüchtigten Deals vorträgt: Er solle in einer kritischen Situation Samars Leben
retten, dafür verspricht sie, Samar nie wieder zu sehen. Was für ein Quatsch.
Mag sein, dass es Leute gibt, die mit ihrem Gott kuriose Deals machen. Mag sein, dass manche Zuschauer das schlucken, mag sein, dass sich Chopra da von etwas älteren Vorlagen wie Graham Greenes katholischen Roman "The End of the Affair" oder Muslim Socials aus Indien inspirieren liess. Aber es ist wirklich einer der schwächsten Kniffe, um zwei Liebende voneinander fern zu halten, den ich je in Bollywood gesehen habe. Wir sind als Fans vieles gewohnt, Konflikte zwischen den Eltern, verschiedene Klassenzugehörigkeit, verschiedene Religion - manchmal wirkte das konstruiert, aber immer wirklich wie eine Hürde, die es zu meistern gilt, bevor das Happy End kommen kann. In "Jab Tak Hai Jaan" gibt es keine Hürde. Es gibt nur eine bescheuerte Frau, die mit ihrem Gott einen bescheuerten Deal gemacht hat. Scheiss Deal. Scheiss Religion. Scheiss Film?
Nein eben nicht, und das ist ja das Dilemma. Denn was Yash Chopra hier vorlegt, lässt sich in nahezu allen anderen Belangen sehen, ja ist sogar richtig gut. Für Chopra war es bekanntermassen der letzte Film, denn der Altmeister verstarb am 21. Oktober 2012, nicht einmal einen Monat vor Filmstart. Das verleiht dem ganzen Unterfangen einen zusätzlichen Hauch von Wehmut und beraubte ihn übrigens (als ersten Chopra-Film seit Ewigkeiten) einer Sequenz in der Schweiz, denn diese wäre noch zu drehen gewesen, aber Sohn & Produzent Aditya Chopra beschloss, sie lieber fallen zu lassen, als sie ohne seinen Vater zu machen.
Was erstaunt: Man sieht hier nie, dass ein 80-jähriger Mann Regie führt. Vieles wirkt erstaunlich frisch, immer inszenatorisch auf der Höhe der Zeit, selbst eine Club-Tanzszene, die eher zu "Step Up" als zu Bollywood passen würde, kommt gut rüber. Vor allem die erste Stunde hat denn auch ganz generell einen locker-leichten Touch, vom Humor bis zur Bildsprache. Mag sein, dass das London-Setting seinen Teil dazu beiträgt, aber nicht nur. Es kommt mehr dazu. Etwa der voreheliche Sex - früher ein Schocker, heute in den Händen eines "jungen Regisseurs" eben nicht mehr. Ja Shahrukh Khan küsst sogar erstmals auf die Lippen. So weit ist Bollywood nun doch schon, dass in einem Film seines bekanntesten und mainstreamigsten Regisseurs mit dem wohl bekanntesten Star so etwas kein Tabu mehr ist. Respekt Mr. Chopra. Und keine Angst, nie wirkt das auch nur im kleinsten Masse schlüpfrig, höchstens harmlos.
Modern, frisch und doch nicht unaufdringlich ist noch mehr: Die Bildsprache von Chopra-Veteran Anil Mehta zum Beispiel. Mehta arbeitet mit grossen Panoramen, mit wuchtigen Aufnahmen, aber verzichtet auf Exzesse oder Angeberei. Er stellt das Bild immer in den Dienst der Story. Ebenso A.R. Rahman. Ja, der Oscarpreisträger schrieb den Soundtrack. Das alleine ist schon sensationell: Chopra plus Rahman. Letzterer lieferte zwar nicht seinen besten Score ab, aber es gibt mindestens zwei ganz tolle Stücke (mir gefielen besonders der Stimmungsmacher "Jiya Re" und "Ishq Shava") und sie passen bestens zu den Figuren.
Bei diesen Figuren wären drei zu nennen, alle anderen sind nur Nebenfiguren - da können sie selbst so charmant spielen wie Rishi Kapoor oder so amüsant wie Samars Kumpels in der Armee. Hier zählen nur Shahrukh Khan, Katrina Kaif und Anushka Sharma. Vor allem Shahrukh, der faktisch eine Doppelrolle spielt. Der junge Samar ist lebensfroh und sein Charme steckt an. Dass Khan einen 25-Jährigen (!) spielt, nimmt man erstaunlich schnell hin. Mindestens so gut ist er zehn Filmjahre später als Major mit Stoppelbart. Da ist er cool und männlich - immer noch zwölf Jahre unter seinem echten Alter versteht sich. Und selbst dass eine im Film 21-Jährige wie Anushka Sharma auf ihn abfährt, akzeptiert man.
Sharma ist eigentlich nur fünftes Rad am Wagen, aber sie baut wenigstens die Möglichkeit einer neuen Romanze auf. Ihr freches Vokabular dürfte ein paar konservative Zuschauer schocken, aber sie meistert diesen Part der jungen Draufgängerin bestens. Das sexy Girl nehm ich ihr nicht vollends ab, sie hat zwar den Körper dafür, aber das Gesicht ist zu brav - aber Sharma, die einst von Chopras Sohn Aditya für Rab Ne Bana Di Jodi entdeckt wurde, spielt darüber hinweg, selbst wenn sie Hotpants und Shirt im kühlen Kashmir trägt. Mühe hat sie indes bei den emotionalen Szenen. Dasselbe gilt indes für die eigentliche Hauptdarstellerin Katrina Kaif. Sie trägt Klamotten wie ein Model, sie spielt lockere Szenen mit Bravour, aber wenn sie echt tragisch sein soll, dann fällt ihr eines Auge seltsam zu und ansonsten bringt sie irgendwie keine Mimik rüber, man sieht keinen inneren Tumult.
Wenn man zurückdenkt an Romantikdarstellerinnen früherer Tage, dann kommen einem Frauen mit ausdrucksstarken Gesichtern in den Sinn, die einen mit einer Träne oder nur einem Augenaufschlag leiden liessen. Man mag etwa von Kajol halten, was man will, aber die kann das. Katrina Kaif kann es nicht. Und dementsprechend unterkühlt wirkt ihre Chemie mit Shahrukh. Schlimmer noch: Da ja das Drehbuch-Grundproblem des Jesus-Deals unglaubwürdig ist, nehmen wir auch das angebliche Leid der Protagonisten nicht ab. Und ohne das Leid kein Drama, ohne Drama keine Tränen, ohne Tränen keine Rührung. Es ist so: "Jab Tak Hai Jaan" lässt erstaunlich kalt, und wenn Shahrukh gegen Ende so etwas sagt wie "warum ist dir das nicht früher eingefallen?" dann kann man innerlich applaudieren. 176 Minuten, um eine nicht existierende Hürde zu meistern, tsts.
Daher eben mein Dilemma. Technisch ist "Jab Tak Hai Jaan" famos, die Akteure zeigen auch gute Leistungen, vor allem Shahrukh Khan, die Musik ist toll, die Kamera sowieso, die Lied-Choreografie macht immer immens gute Laune. Und die Bomben-Entschärfungs-Szenen sind fast schon spannend. Kleinere Abzüge wie bei den beiden Aktricen kann man verschmerzen, ebenso dass es keine ikonenhaften Szenen gibt (selbst Shahrukh mit Hut erinnert eher an DDLJ als visuelle Akzente zu setzen, die man auch in zehn Jahren noch erkennen würde). Aber auf der anderen Seite macht der an den Haaren herbeigezogene Konflikt so viel zunichte, an Goodwill ebenso wie an Emotionen, dass ich eigentlich 3 Sterne geben wollte. Etwas Gnade sei allerdings angebracht, schliesslich ist dies das letzte Werk eines grossen Regisseurs. Des Mr. Romance des indischen Kinos, der eine lange und abwechslungsreiche Karriere hinter sich hatte und selbst im Alter noch frisch inszenieren konnte. Das verdient etwas mehr Lob und natürlich auch meinen Dank für viele schöne Stunden.
SONGS
(Album-Reihenfolge, nicht Film-Reihenfolge!)
1) Challa - Typisch relaxter Rahman-Sound zum Immerwiederhören. Nicht speziell,
aber geschmeidig (Rabbi Shergill).
2) Heer - Sehr schön gesungen, aber nicht wirklich etwas Besonderes (Harshdeep
Kaur).
3) Ishq Shava - Einer meiner Favoriten, weil er den Beat immer wieder variiert,
ebenso wie die Instrumente. Das kann Rahman wie kein zweiter (Raghav Mathur,
Shilpa Rao).
4) Jab Tak Hai Jaan - Das Titellied wird für den Abspann aufgehoben. Schön, vor
allem im Refrain, aber nicht speziell genug (Javed Ali, Shakthisree Gopalan).
5) Jiya Re - Mein Lieblingsstück, vor allem wie im Refrain der Gesang sich so
schön hochschraubt, lässt mitwippen (Neeti Mohan).
6) Saans - Noch ein "gut gesungen, aber ansonsten nicht der Brüller"-Track
(Mohit Chauhan, Shreya Ghoshal).
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EXTERNE REVIEWS
imdb.com
Bollywood Hungama (4/5)
Rediff (3/5)
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