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> THE GREAT ECSTASY OF ROBERT CARMICHAEL

 


 

Drama. GB 2005
Alternativer Titel -

Regie Thomas Clay
Drehbuch Thomas Clay, Joseph Lang
Produktion Joseph Lang
Musik Jonathan Henry Harvey, Amy Purcell
Kamera Yorgos Arvanitis
Schnitt David Wigram
Darsteller Dan Spencer, Danny Dyer, Lesley Manville, Ryan Winsley, Charles Mnene
Länge 93 Min.

Kinostart 20.10.2006 (GB)
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 18

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco, molodezhnaja 8.5.10
©  Bilder Tartan, Screenshots molodezhnaja


STORY
Die idyllische südenglische Küstenstadt Newhaven nach dem Stürz Saddam Husseins: Der introvertierte Schüler und Nachwuchs-Cellist
Robert Carmichael (Daniel Spencer) verbringt immer mehr Zeit mit dem gewalttätigen Joe (Ryan Winsley) und seinen Kumpanen. Er konsumiert Drogen, langweilt sich in den Tag hinein. Als Joes Cousin
Larry (Danny Dyer) vom Knast in die Stadt zurückkehrt, eskaliert die Situation.

 

REVIEW
Das Schockkino von heute lässt sich in zwei Kategorien aufteilen: Auf der einen Seite die Ins-Gesicht-Schocker, Horror, Sex, Gewalt, alles ausgerichtet auf ein Zielpublikum mit starkem Magen. Auf der anderen Seite die als anspruchsvolles Filmhandwerk getarnten Magenschläge, also alles von Michael Hanekes "Funny Games" bis zu Gaspar Noés Irréversible. Mit seinem Regiedebüt "The Great Ecstasy of Robert Carmichael" reiht sich der 24-jährige Brite Thomas Clay (Soi Cowboy) in die zweite Gruppe ein.

Dazu hantiert er genüsslich mit Gegensätzen: Teenager Robert spielt klassische Musik auf seinem Cello und onaniert beim Lesen von Marquis de Sade. Der Handlungsort ist idyllisch und friedlich, doch es passieren die brutalsten Dinge. Und Robert kommt aus einem Haus, in dem die Mutter ihn liebevoll erziehen wollte, er aber doch auf die falsche Bahn gerät - sozusagen die männliche Version von "Thirteen". Doch anders als bei jenem gibt es bei "Robert Carmichael" keine Erlösung. Kein Happyend. Im Gegenteil.

Denn nach einer gepflegt inszenierten und fast schon langsamen Auftaktphase schleicht sich das Unbehagen nur Stück für Stück ein. Selbst die erste ganz grosse Gewaltszene passiert ausserhalb des Bilds nach etwa 40 Minuten: Ein paar Männer vergewaltigen ein Mädchen im Nebenzimmer, während vorne lauter Techno läuft und der Rest der Jungs passiv in den Sofas lungert. Und dazu hören wir vom Fernseher die Reden von Tony Blair und George W. Bush zum Irakkrieg,

Das offenbart die wohl wichtigste Absicht in "Robert Carmichael": Unsere Abstumpfung gegenüber Gewalt - welcher Natur auch immer. Während ein Teil der Welt um Leben und Tod kämpft, konsumieren wir diese Gewalt häppchenweise im Fernseher. Die Passivität gegenüber dem brutalen Date Rape, der uns nur über die Schreie des Mädchens vermittelt wird, unterstreicht diese Idee. Ebenso ein paar Sequenzen später der junge Kumpel, der einen Ego-Shooter spielt.

Keine Angst, es werden keine psychologisch unbrauchbaren Kausalitäten herbeigeredet im Stil von "Kids, die gamen, neigen zu Gewalt". Vielmehr ist eine Abhärtung gegenüber Gewalt in nahezu jeder Szene sichtbar. Manchmal erkennt man es, manchmal nicht so deutlich. Diese Aussage wirkt etwas aufgedrückt, aber durchaus im Geiste des oben genannten Haneke. Doch dann kommt das Ende, das die Absichten des Films beinahe untergräbt, denn es ist so sackbrutal, dass die meisten Menschen wegschauen. Und wer die Augen offen halten kann, der nimmt den Film nunmehr als Schocker wahr. Die kritischen Gedanken gehen vergessen.

Der Nihilismus von "The Great Ecstasy of Robert Carmichael" bekommt gerade durch seine eigene Schock-Absicht eine Selbstgefälligkeit, die ihn zum leichten Ziel für Kritik macht. Doch den Film deswegen komplett abzulehnen, wäre ein Fehler, denn er funktioniert auf zwei Ebenen ganz gut. Die eine ist die anspruchsvolle, die bereits erklärt wurde. Die Kontraste, die Denkanstösse, die statische, aber kühl-brillante Bildarbeit von Kameramann Giorgos Arvanitis ("Anatomie de l'enfer"). Und der Soundtrack, der in den Credits kühn als von "Purcell-Harvey-Elgar" angekündigt wird, also von den beiden Komponisten plus Edward Elgar, dem Schöpfer der weltberühmten "Pomp and Circumstance"-Märsche.

Manche mögen diesen Teil des Films als langweilig abtun, klassische Musik ist schliesslich nicht der Tempomacher. Statische Bilder reissen nicht vom Hocker. Doch der Alltag der ziellosen Jugendlichen ist eindrücklich eingefangen, Sozialneid und Monotonie prägen etliche der Szenen. Wirklich mitleiden kann man indes nie, dazu behält der Film eine zu künstliche Distanz, doch es wirkt anregend, wie der Film sich der Welt nähert. Auf der anderen Seite funktioniert der Film durchaus auch als Schocker. Man kann einen Film nicht per se abweisen, weil er brutal ist, was ihn abwertet, sind höchstens die plakative Natur des Ganzen, die falsche Aussage dahinter oder etwa die ungenügende Erklärung.

Genau in den Bereichen hatte ich Mühe mit ähnlichen "wir zeigen alles"-Brutalofilmen wie "Irréversible" oder Lukas Moodyssons A Hole in My Heart. Bei "The Great Ecstasy of Robert Carmichael" sind diese Gründe für die Ablehnung auch da und sogar noch klarer zu lokalisieren: Thomas Clay versucht, die Gewalt aus der Belanglosigkeit heraus zu entwickeln, unterschlägt dabei aber die Motivation des Protagonisten. Im Finale nämlich brechen die Kids in ein nobles Haus ein und es kommt zum Gewaltexzess. Gerade wegen dieser Sequenz wurden auch (etwas weiter hergeholte) Vergleiche mit zwei der besten Gewaltfilme überhaupt gezogen, Stanley Kubricks "A Clockwork Orange" und Ingmar Bergmans "Jungfrauenquelle".

Der Aktivste bei diesen Greueltaten ist unser Protagonist. Warum? Hat sich Gewalt in ihm aufgestaut? Sind kultivierte schüchterne Jungs im Innern alles kleine Brutalos? Der Film schert sich nicht drum. Alles, was wir sehen, ist das: Robert wird von den Mädels ausgelacht und gemieden. Und später onaniert er eben zu De Sade. Das wärs. Das ist die ganze Charakterzeichnung. Und sorry, die alleine lässt keine logische Weiterführung zu den Taten in der Schlussphase zu. Clays Versuch, aus der Banalität und dem Alltäglichen dann solch eine Explosion zu erzwingen, wirkt falsch. Manipulativ und vor allem reisserisch.

Die erste Filmhälfte nahm ich daher als Darstellung von Teenager-Langeweile und unterschwelliger Gewalt durchaus wohlwollend an. Die zweite Hälfte jedoch verliert ihren Gehalt, der Symbolismus (vor allem die Kriegsparallele) wirkt gekünstelt, der Film gibt rein inhaltlich seine Kraft ab. Dafür gewinnt er Wert als reiner Schocker. Ich werde manchmal gerne durchgeschüttelt, und was "Robert Carmichael" zeigt, das schüttelt auf alle Fälle. Ziel erreicht? Zum Teil. Durch das Erreichen am Ende opfert er die Aussagen am Anfang. Nicht der ideale Deal.

Das unterkühlte Drama ist für Kinofans mit starkem Magen sicherlich einen Blick wert. Die Inszenierung ist für einen Debütanten sicher, die Inhalte sind durchaus diskutierbar und daher spannend. Der Film wirkt schizophren, ja zynisch, seine Absichten bleiben sketchhaft, die Kriegsmontagen zum Blutvergiessen sind lächerlich und ihm fehlt die Dauerwirkung jener Filme, mit denen die Kritiker ihn vergleichen - vom Geniestreich "Clockwork Orange" über  "Funny Games" und "Jungfrauenquelle" bis "Irréversible". Doch als eingangs beschriebenen Kick in die Magengrube erreicht Thomas Clay sein Ziel.

 

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EXTERNE REVIEWS 
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SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint


 

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