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Tragikomödie

Japan 1968
Alternative Titel Koshikei; 絞死刑

Regie, Drehbuch Nagisa Oshima
Darsteller Yu Do-yun, Kei Sato, Fumio Watanabe, Rokko Toura, Masao Adachi, Nagisa Oshima (Erzähler)

Länge 118 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung
ab 16

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco Spiess, molodezhnaja 9.10.2016
©  Bilder Criterion, Screenshots molodezhnaja


STORY
Der koreanischstämmige Student R (Yu Do-yun) hat zwei Japanerinnen vergewaltigt und getötet. Dafür wurde er zum Tode verurteilt. Doch das Erhängen funktioniert nicht wie gewünscht: Auch nach der amtlich vorgeschriebenen Zeit, bis zu welcher der Herzstillstand hätte eintreten müssen, schlägt Rs Herz noch. Er lebt also. Aber weil er das Gedächtnis verloren hat, kann er nicht mehr exekutiert werden, da nach japanischem Gesetz die volle Zurechnungsfähigkeit vorliegen muss. Um R "exekutionsfähig" zu machen, beginnen die Polizisten und der Gefängnispriester, die Schandtaten Rs nachzuspielen und ihn in jene Situationen zurückzuversetzen.

 

REVIEW
Nagisa Oshima selbst sagte von sich, er sei kein Mann von Geschichten und Inszenierung, sondern von Themen. Das ist etwas übertrieben, denn vor allem in Sachen Inszenierung ist er durchaus wagemutig, innovativ und manchmal auch richtig stark - man denke nur an das Schnittgewitter von Violence at High Noon. Aber im Kern ist die Aussage korrekt - und damit ist auch Oshimas wohl grösstes Problem als Regisseur gleich angesprochen: Weil ihm das Thema wichtiger ist als der Film an sich, kommen dabei manchmal didaktische Lehrstücke heraus, die schlicht langweilig und trocken sind, siehe etwa Night and Fog in Japan. Das ist bei "Death by Hanging" zum Glück nicht der Fall.

Und das, obwohl das Thema ganz klar vorgelegt wird: Oshima ist gegen die Todesstrafe, das macht er als Erzähler des Films gleich in den ersten Minuten klar. Und auch danach weicht er von seinem Thema nicht eine Sekunde ab, alles dreht sich um die Perversion und die Unmenschlichkeit dieser Bestrafungsform - aber nicht trocken und lehrmeisterlich, sondern oft in Form von staubtrockener Satire. Ein wenig fühlt man sich in manchen Szenen an Stanley Kubricks "A Clockwork Orange" erinnert, wenn der eigentlich Kriminelle inmitten der ehrenwerten Gesellschaft fast schon am normalsten erscheint.

Der Film beschreitet einen kuriosen Weg bis dahin. Er beginnt ungeheuer nüchtern fast wie eine Dokumentation. Wenn der Erzähler die Zuschauer direkt anspricht, bekommt man das Gefühl eines Brecht'schen Theaters, die Figuren Teil eines Arrangements. Die Nüchternheit kippt aber, sobald es ums eigentliche Hängen geht. Da hat man plötzlich ein ungutes Gefühl. Oshima jedoch dreht dann den Film noch einmal um, wenn die versammelten Männer anfangen, die kriminellen Taten von R nachzuspielen. Dabei setzen sie selbst kriminelle Energien frei, suhlen sich in Anti-koreanischen Vorurteilen, in xenophobem Denken und in Sexismus. Sie sind richtige Schweine.

Die Szenen sind genial, etwas vom Besten, was Oshima je gemacht hat. Aber: Oshima weiss meistens nicht, wann er aufhören soll. Und so zieht sich all dies auch hier ewig lang dahin, es gibt zwar Location-Wechsel (ins Freie), aber man bekommt das Gefühl, als solle einem die Botschaft regelrecht eingehämmert werden. 30 Minuten wegschneiden kein Problem - und das ist eine ziemlich vernichtende Aussage für einen Film, der die Zuschauer ja auch bei der Stange halten soll.

Der Überlänge zum Trotz ist "Death by Hanging" einer von Oshimas besseren Filmen. Der wichtige, aber notorisch überlobhudelte Regisseur, verpackt die im Kern wahre Geschichte des koreanischen Killers Ri Chin-u in eine bissige Satire und eine treffsichere Anklage. An die Todesstrafe einerseits und an eine verlogene Gesellschaft andererseits. Eine Gesellschaft, die lieber ihre Auswüchse exekutiert, als ihre tiefgreifenden Probleme aufarbeitet. Visuell ist das hochkonzentriert, schauspielerisch solide (u.a. stehen auch Co-Drehbuchautor Toshio Ishido und Underground-Regisseur Masao Adachi vor der Kamera) und inhaltlich potent. Also auf jeden Fall sehenswert.

 

EXTERNE LINKS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit VLC 2.2.1., verkleinert und geschärft mit Photoshop CS2


 

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