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> SOS EISBERG
Abenteuerdrama. Deutschland 1933
Alternative Titel
S.O.S. Eisberg; SOS Iceberg
Regie Arnold Fanck
Drehbuch Arnold Fanck nach Motiven von Friedrich Wolf
Produktion Deutsche Universal Film
Kamera Hans Schneeberger, Richard Angst
Darsteller Gustav Diessl, Leni Riefenstahl, Sepp Rist, Ernst Udet, Gibson
Gowland
Länge 86 Min.
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . | . |
© Text Marco,
molodezhnaja 14.8.09
© Bilder UFA,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Die Grönland-Expedition von Professor Karl Lorenz (Gustav
Diessl) ist verschollen. Als Beweise auftauchen, dass
Lorenz noch lebt, stellt Dr. Johannes Krafft (Sepp
Rist) zum wiederholten Mal eine Rettungsmission zusammen.
Am Karajak-Gletscher findet er Aufzeichnungen, die besagen, dass Lorenz eine
Siedlung der Inuit erreichen wollte. Doch beim Versuch, dieser Spur zu folgen,
geraten auch Krafft und seine Männer ins tückische Packeis. Sie finden Lorenz -
und sind nun mit ihm gefangen. Mit einem Funkgerät rufen sie nach Hilfe. Lorenz'
Ehefrau Hella (Leni Riefenstahl), eine Schülerin des Piloten ernst Udet (Ernst
Udet), macht sich im Flugzeug auf den Weg. Bei der Landung im Eismeer havariert
auch sie und sie bleibt mit den anderen verschollen. Wer kann nun noch helfen?
REVIEW
War der Tonfilm Mitschuld am Tod des Bergfilms? Die
offizielle Lesart ist die, dass der Bergfilm, der in den 20er-Jahren seinen Boom
erlebte, mit dem Machtaufstieg der Nazis in Goebbels Propagandamaschine aufging,
woraus ihm nach dem Krieg der Galgen geknüpft wurde. Die Interpretation vom
Bergfilm als ideologischem Nährboden für den Nazikult, wie sie etwa Siegfried
Kracauer vertrat, erledigte ihr Übriges, um das Genre zu ächten. Ein kleines
Revival folgte erst in den Wirtschaftswunderjahren unter Einbindung in den
kitschigen Heimatfilm. Doch warum die Flaute schon in den 30er-Jahren? War es
Zufall, dass der Tonfilm auch in jener Zeit aufkam?
Ich behaupte nein, denn die grossen Bergdramen von Arnold Fanck und Co. zogen ihre Wucht gerade aus der Dialogfreiheit. Es musste nicht gesprochen werden, die Bilder erledigten alle Arbeit. Mit Aufkommen der Sprachaufzeichnung entstand jedoch der Bedarf nach Dialogen - und der Bergjargon ist einfach kein echter Brüller. Schlimmer noch: Manche der Bergfilm-Stars waren unterdurchschnittliche Mimen und dies legte der Tonfilm knallhart offen. Zu sehen und hören ist das auch in "SOS Eisberg", der immer dann am besten ist, wenn niemand den Mund aufmacht. Der Film ist zwar streng genommen kein Bergfilm, entstand jedoch in derselben Tradition und unter der Ägide führender Bergfilm-Köpfe.
Auf dem Regiestuhl sass denn auch der Pionier, Dr. Arnold Fanck, der auf die bewährte Hilfe seiner alpinen Kameramänner setzen konnte und vor der Kamera seine Standardcrew rekrutierte. So versammelte sich das Trio aus Die weisse Hölle vom Piz Palü - Leni Riefenstahl, Gustav Diessl, Ernst Udet - zusammen mit Sepp Rist aus "Stürme über dem Mont Blanc". Wie schlagen sie sich? Und vor allem: Wie hören sie sich an? Leni spricht etwas zögerlich und spielt theatralisch, doch sie kommt in ihrer letzten Hauptrolle vor ihrer Rekrutierung als Nazi-Propaganda-Regisseurin nicht schlecht weg. Gustav Diessl kriegt als kerniger Abenteurer die Auszeichnung als bester Mann im Cast. Ganz anders Sepp Rist, der vor allem in den Anfangsszenen ungeheuer steif spielt. Und Ernst Udet mag ein tollkühner Flieger gewesen ein, doch als Schauspieler taugt er nichts.
Kein Wunder also, enttäuschten viele der Schnee-und-Eis-Abenteuer in der Tonfilmzeit - wenn auch nicht "SOS Eisberg", der die eingangs aufgebaute Theorie höchstens als Ausnahme der Regel stützen könnte. Er war tatsächlich erfolgreich, im Inland wie im Ausland, wo eine parallel in Englisch gefilmte Fassung auf den Markt kam. Der Erfolg ist durchaus verdient, denn der Pseudo-Bergfilm hat Klasse. Fanck inszenierte ihn mit gewohnter Routine und Faible für Naturaufnahmen (entstanden im grönländischen Uummannaq und zum kleinen Teil in der Schweiz). Die Eiskompositionen im kalten Wasser entfalten eine mystische, ja fremdartige Magie, die Wolken strahlen bedrohliche Kraft aus. Fanck setzt Nahaufnahmen von markanten Gesichtern ein, koppelt sie mit epischen Landschaftsaufnahmen und Tieraufnahmen, und dazwischen immer nur kleine Fetzen an Dialogen und Spielszenen. Dieser Mix unterhält ganz gut, trotz Längen im Mittelteil.
Die Story? dünn wie Papier. Die Glaubwürdigkeit: nicht vorhanden - hier schwimmt man ewig lang durch Eiswasser oder Top-Piloten bauen läppische Unfälle. Die Dialoge: eine fade Leistung. Und die Schauspieler: eher wackere Abenteurer als echte Mimen. Doch diese Defizite rücken angesichts der eindrücklichen Bilder aus der Arktis in den Hintergrund. Fanck drehte hier ein bemerkenswertes Naturschauspiel, in dem wie zufällig noch ein paar Menschen herumwuseln. Da dürfen sich nicht nur Nostalgiker dran laben, sondern auch hartgesottene Cineasten, die diesem Werk garantiert mehr abgewinnen können als dem davor entstandenen Arktisfilm Ruf des Nordens mit Bergfilmer-Vizekönig Luis Trenker. Vielleicht sollte ich angesichts dessen die Idee mit dem Tonfilm als Ursache für den Niedergang also nochmals überdenken. Waren es halt doch die Nazis. Mal wieder.
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EXTERNE INFOS & REVIEWS
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