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Kriegsfilm. USA/D/F 2009
Alternative Titel
-

Regie Quentin Tarantino
Drehbuch Quentin Tarantino
Produktion Laurence Bender
Ausführende Produzenten Erica Steinberg, Lloyd Phillips
Kamera Robert Richardson
Darsteller Brad Pitt, Christoph Waltz, Mélanie Laurent, Daniel Brühl, Eli Roth, Michael Fassbender,
Diane Kruger, Til Schweiger, Gedeon Burkhard, Sylvester Groth, Jacky Ido, B.J. Novak, Omar Doom,
August Diehl, Denis Menochet, Martin Wuttke, Mike Myers, Julie Dreyfus, Rod Taylor, Christian Berkel,
Richard Sammel, Sönke Möhring, Alexander Fehling, Ken Duken, Samuel L. Jackson (Erzähler)
Länge 160 Min.

US-Kinostart 21.08.2009
CH-Kinostart
20.08.2009

 

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco, molodezhnaja 4.8.09
©  Bilder Universal, Screenshots molodezhnaja


STORY
Im von den Nazis besetzten Frankreich sucht der deutsche Oberst Hans Landa (Christoph Waltz) nach Juden. Auf einem abgelegenen Hof wird der als "Judenjäger" berüchtigte Offizier fündig und metzelt die ganze Familie Dreyfus nieder. Nur Tochter Shosanna (Mélanie Laurent) überlebt und flieht nach Paris, wo sie unter dem Namen Emmanuelle ein kleines Kino leitet. Derweil stellt der amerikanische Leutnant Aldo Raine (Brad Pitt) eine Truppe zusammen, bestehend aus jüdischen Soldaten. Ihr Ziel: Nazis zu töten. Und um sich gegenseitig anzustacheln, machen sie es sich zum Ziel, je 100 Skalps von getöteten Nazis zu sammeln. Die kleine Truppe erlangt wegen ihrer brutalen Methoden bald Berühmtheit - selbst Adolf Hitler (Martin Wuttke) erfährt von ihnen. Während er noch darüber brütet, wie er die Mannen loswerden kann, verliebt sich in Paris der deutsche Star-Soldat Fredrick Zoller (Daniel Brühl) in Shosanna. Er überredet Reichsminister Joseph Goebbels (Sylvester Groth) dazu, die Premiere seines neuen Films in Shosannas Kino zu verlegen. Das wiederum weckt die Aufmerksamkeit von Aldo, der mit Hilfe der deutschen Schauspiel-Diva Bridget von Hammersmark (Diane Krüger) an die Premiere gelangen will.

 

REVIEW
Quentin Tarantino wird heute nicht mehr durch alle Ränge geliebt wie nach "Pulp Fiction". Für manche ist er zu geschwätzig, zu selbstverliebt, zu arrogant. Oder er kriegt an die Ohren geschleudert, dass er keine eigene Vision hat, sondern nur an allen Ecken klaut - was freilich nicht zutrifft: Er macht aus Bekanntem etwas ganz Eigenes. Ich für meinen Teil halte ihn weiterhin sehr hoch. Das liegt daran, dass wir beide dasselbe Hobby haben. Und eine breite Palette an Film mögen. In "Inglourious Basterds" zollt der Mann dem italienischen Nazi-Exploitationfilm ebenso Tribut wie dem Italowestern oder G.W. Pabst und Leni Riefenstahl. Und dafür muss man ihn doch einfach lieben.

Sein neuer Film? Eine ziemliche Wucht. Rund 160 Minuten lang und in keiner Sekunde langweilig. Ein meisterhaftes "was wäre wenn"-Szenario vor Weltkriegskulisse, ebenso intelligent wie trashig, ebenso virtuos wie schludrig, ebenso spannend wie witzig. Hier ist ein Meister am Werk, daran besteht gar kein Zweifel. Selbst sein Casting ist absolut brillant - selten zuvor gab es so viele deutsche Stars in einem amerikanischen Film und alle sind toll. Ganz besonders der Österreicher Christoph Waltz, der einen der besten Nazis der letzten Jahre abgibt. Seine Dialoge in vier Sprachen: brillant und verspielt. Seine Mimik: zwischen eiskalt und süffisant. Oder kurz: Er ist der beste Mann im Film und verdient alle Preise, die er kriegt - allen voran die Auszeichnung für den besten Schauspieler in Cannes.

Bei Brad Pitt hatte ich nach den ersten Trailern meine Bedenken, doch mein Lieblingsstar wischt sie weg. Ja er chargiert, ja er legt sich einen dicken Akzent zu, der manchmal einstudiert wirkt, doch das ist genau der Sinn: Er soll eine Karikatur der Schleifer aus Kriegsfilmen sein, die Karikatur eines Hillbillys. Denn in "Inglourious Basterds" sind alles Karikaturen, sind Typen, von Adolf Hitler über Aldo bis Landa. Und doch nimmt man sie alle bei Bedarf ernst, leidet mit ihnen, lässt sich mitreissen. Schwächstes Glied in der Schauspielkette dürfte "Hostel"-Regisseur Eli Roth sein, der den Part nur wegen der Freundschaft zu Tarantino bekam. Ansonsten alles makellos: von der wunderbaren Mélanie Laurent über Michael Fassbinder (als tougher Filmkritiker) bis hin zu all den Deutschen. Til Schweiger wird zum Glück seinem Nachnamen gerecht, Daniel Brühl ist sehenswert leichtfüssig, Diane Krüger gibt bestens die Diva, Gedeon Burkhard strotzt vor Charisma, Sylvester Groth brilliert als Goebbels - schon zum zweiten Mal nach Dani Levys "Mein Führer".

Nur kurz, aber souverän vertreten: Rob Steiger spielt Churchill, Samuel L. Jackson agiert in Rückblenden als Erzähler und Mike Myers gibt einen britischen Offizier. Maggie Cheungs Szene als Emmanuelles Tante fiel leider der Schere zum Opfer. Doch auch ohne sie ist es ein herrliches Ensemble mit fulminanten Szenen. Und Tarantino ist sich nicht zu schade, jeden zu opfern. Das heisst, jeder kann krepieren hier - selbst historische Persönlichkeiten. Das macht die Sache so überraschend.

Der Film bricht sowieso ständig mit Konventionen. Ein paar Beispiele: Die eigentlichen Helden, die "Basterds", werden kaum gross eingeführt, während die am besten ausgeleuchteten Figuren Nazis sind. Mit einem Nazi, der von Eli Roth den Kopf eingeschlagen bekommt, kriegt man richtig Mitleid. Eli fragt, wofür er seinen Orden bekommen hat: "Fürs Judenmeucheln?". Der Offizier antwortet: "Nein, für Mut". Er schaut Eli an und geht in den brutalen Tod ohne zu zucken. Wer behauptet, "Inglourious Basterds" glorifiziere das Kaputtschlagen von Nazis, hat den Film nicht richtig gesehen. Denn sieht man vom Finale ab, das unter dem Motto "blutige jüdische Rache" steht, ist die Figurenzeichnung oft erstaunlich nuanciert für ein Werk dieser Art.

All die bravourösen Momente aufzuzählen, ist unmöglich du würde den Spass verderben. Darum seien nur ein paar aufgelistet. Die ganze Anfangssequenz im Italowestern-Stil ("Once Upon a Time in Nazi-Opccupied France") etwa. Oder die ganzen Kinoreferenzen, an konkrete Filme ("Le corbeau", Die weisse Hölle vom Piz Palü), an Regisseure (Fulci, Margheriti, Pabst), oder an das Kino an sich - glänzend daher die ganze Schlussphase im Kino, aus der ich einen Moment herauspicke: Shosanna sieht auf der Leinwand eine Szene, in der Daniel Brühls Charakter inne hält und menschlich wird. Das bewegt sie dazu, ihn etwas freundlicher zu behandeln. Und das wiederum hat Folgen. Die Macht der Bilder, eingepackt in eine kleine, feine Sequenz. Witziger, aber in dieselbe Kerbe schlagend, ist der Moment, als Adolf Hitler entzückt aufschreit, der gezeigte Film sei fantastisch - obwohl man nur eine Endlos-Schiesserei sieht, bei der Amerikaner das Zeitliche segnen (dieser Film im Film würde übrigens von Eli Roth inszeniert).

Das ist nur eine von vielen witzigen Szenen. Zu lachen gibt es extrem viel. Mit Waltz, mit Groths Goebbels, mit Pitt. Herrlich etwa, wie Tarantino mit Akzenten spielt. Für einmal sprechen die Deutschen hier kein verkorktes Hollywood-Deutsch, sondern echtes Deutsch (das übrigens von Tom Tykwer übersetzt wurde). Und als ein Charakter dieses perfekte Deutsch mal nicht präzise hinkriegt, fällt das sofort auf. Noch besser ein spätere Szene, in der Brad Pitt sein erstes Wort auf Italienisch sagt. Unbezahlbar - ich bin fast vom Stuhl gefallen vor Lachen. Den Ausgleich dazu bildet die teils extreme Gewalt, die nur selten, aber dafür konzentriert zum Einsatz kommt. Skalpieren, Erschiessen, Aufschlitzen - und die in ihrer Plötzlichkeit vielleicht erschreckendste Würgeszene seit langem.

Wird "Inglourious Basterds" überall ankommen? Wohl kaum. Manche meinen, Tarantino wiederhole sich - so wirkt die Kapiteleinteilung hier eher unnötig, die plakative Benennung der Figuren ist uneinheitlich und nicht immer passend. Andere bemängeln den typischen Ideenklau, von einzelnen Szenen bis zur Musik. Und dann wirds jene geben, die Überlänge reklamieren, sich politisch korrekt äussern oder Actionmangel ausmachen. Fast alles Humbug. Schon seit langem nicht mehr haben sich 160 Minuten so kurz angefühlt. Und selten zuvor sind Tarantinos Dialoge so perfekt ineinander geflossen. Sie klingen nicht gekünstelt, wie man es von Tarantino-Wortgefechten gewohnt ist, sondern echt und doch raffiniert. Das alleine schon macht den Film temporeich.

Und immer wenn man denkt, der Film verlasse sich ganz auf Schauspieler und ihre Dialoge, reisst eine furiose Actionszene aus dem Trott. Oder Witz. Dieser Mix ist toll und wer damit nichts anfangen kann, der schwingt nicht auf derselben Welle von universeller Filmliebhaberei, wie es Tarantino tut. Er mag Kunst ebenso wie Kommerz ebenso wie Schund. Das fliesst hier ein und vereint sich zu einem Meisterwerk, das 4½ Sterne verdient hat. Für mich ist "Inglourious Basterds" damit Tarantinos drittbester Film nach "Pulp Fiction" und Kill Bill, Volume 1. Und je länger ich über ihn nachdenke, um so mehr liebe ich ihn.

 

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EXTERNE INFOS & REVIEWS 
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