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Thriller

Südkorea 2016
Alternative Titel Ahgassi; Die Taschendiebin; 아가씨

Regie Park Chan-wook
Drehbuch
Park Chan-wook, Chung Seo-kyung nach dem Roman von
Darsteller Kim Min-hee, Kim Tae-ri, Ha Jung-woo, Jo Jin-woong, Moon So-ri, Kim Hae-suk

Zuschauer 4'287'600
Länge
139 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung
ab 16

   

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco Spiess, molodezhnaja 24.11.2016
©  Bilder CJ Entertainment, Screenshots molodezhnaja


STORY
Im japanisch besetzten Korea der 1930er-Jahre: Graf Fujiwara (Ha Jung-woo) heuert die junge koreanische Taschendiebin Sook-hee (Kim Tae-ri) an. Sie soll als Kammerzofe für japanische Lady Hideko (Kim Min-hee) arbeiten. Sie ist eine reiche Erbin, die als Geliebte des sadistischen Kouzuki (Jo Jin-woong) in dessen Anwesen lebt. Damit schlüpft sie in die Schuhe ihrer Tante, die ebenfalls Geliebte Kouzukis war. Und wie die Tante muss nun auch Lady Hideko die gefälschten erotischen Geschichten Kouzukis einem adeligen Publikum vortragen. Graf Fujiwara will sie aus diesem Leben herausholen und gleichzeitig ihr Vermögen krallen. Darum soll Sook-hee sie beeinflussen. Doch die junge Frau verliebt sich in Hideko.

 

REVIEW
"The Handmaiden" ist vieles auf einmal: Eine typische Übers-Ohr-Hau-Geschichte, in der nahezu niemand das tut, was er vorgibt, und gegenseitig intrigiert wird, bis sich die Balken biegen. Ein gediegenes Historiengemälde, nicht unerwartet, basiert die Story doch auf dem in viktorianischen Zeiten angesiedelten Roman "Fingersmith" (2002) der Waliserin Sarah Winters. Dann ist der Film aber auch eine erotische Vierecksgeschichte. Ein Liebesfilm mit lesbischen bis feministischen Untertönen. Und nicht zuletzt, schliesslich heisst der Regisseur Park Chan-wook, ein Eintauchen in eine kaputte Welt aus Sex und Gewalt.

Wie Park die Balance aus all dem hält, ist bemerkenswert. "The Handmaiden" braucht seine Zeit, bis er in die Gänge kommt, doch selbst die etwas lange Exposition am Anfang peppt Park mit süffisantem Witz und einer dynamischen Kamera auf. Später bedient er sich einer Erzählweise, die voll auf Perspektivwechsel setzt: Part 1 ist ganz aus subjektiver Sicht von Sook-hee erzählt, die sich mit ihren flinken Fingern und selbstsicheren Sexualität als das aktive Element der Handlung sieht.

Erst Teil 2, in dem Hideko übernimmt, macht klar, dass die Rollenverteilung eine andere war. Es gibt als Illustration eine ausgiebige Sexszene, die jeweils aus der Sicht der Frau gezeigt wird, die gerade als Erzählerin fungiert, und die Wirkung ist beide Male frappant anders, obwohl die Szene beim zweiten Anlauf nur etwas länger dauert. Das erste Mal wirkt wie eine Entdeckungsreise, mit einem Lolli, um die Lippen anzusüssen. Beim zweiten Mal indes gehts direkter zur Sache, deutlich roher und heisser.

Dass nichts ist, was es scheint, wird rasch klar, und geübte Intrigenfilm-Kenner werden den einen oder anderen Twist erahnen können. Aber da Park, wie eingangs erwähnt, mehrere Filme in einen bringt, ist das gar nicht so relevant. Die Story, so gelungen sie ist, dient lediglich als Aufhänger für einen Film über Fantasien und Obsessionen, sozusagen die (gelungenere) koreanische Antwort auf Parks Hollywood-Debüt "Stoker". Und es ist ein Werk über Macht. Nicht nur versuchen alle Figuren, diese gegeneinander auszuspielen, sie kommt auch gesellschaftlich zum Zug: Männer fühlen sich Frauen überleben, Koreaner fühlen sich den Japanern unterlegen. Immer wieder sorgen diese Machtgefälle für eine interessante Dynamik.

Gefilmt ist das alles in ausladend schönen Bildern. Die Optik von Park und seinem Stammkameramann Chung Chung-hoon ist oft symmetrisch und präzise angeordnet, umso mehr fallen forcierte Zooms und schnelle Schwenks auf, die immer wieder eingestreut werden, um eine Szene zu dramatisieren. Dass hier eine digitale Kamera zum Einsatz kam, merkt man kaum, so veredelt sind die Kompositionen. Merchant-Ivory mit einem Hauch von Wahnsinn, Sex und Gewalt. Letztere übrigens auch chronologisch gesehen zuletzt.

Die psychologische Gewalt, sozusagen als Folge der erwähnten Machtgefälle, ist den ganzen Film hindurch spürbar. Dass sie sich irgendwann auch in (überraschend kurz zum Einsatz kommender) physischer Gewalt entladen muss, nimmt man bei Park Chan-wook eigentlich geradezu an. Manche Kritiker empfanden, als würde Park mit den ersten zwei Dritteln ein neues Kapitel in seinem Schaffen aufschlagen, sozusagen zur ruhigen, klassizistischen Regie finden, nur um dann wieder in sein "pubertäreres" altes Ich zurückzufallen.

Das ist aber so nicht korrekt, denn den pubertären Park gibt es auch vorher schon, wenn er sich genussvoll dem Sex widmet und Witz einbaut. Und die Reife wiederum besteht darin, genau zu wissen, wann er das gediegene Ambiente, das eh jederzeit zu bersten droht, einbrechen lassen soll, um dem Exzess und der Überzeichnung Platz zu machen, welche man von ihm geradezu erwartet. Denn man kann "The Handmaiden" durchaus als Schundliteratur im Korsett eines Kostümfilms betrachten, dann überraschen Stilwechsel nicht mehr so sehr, sondern erscheinen vielmehr konsequent.

In Cannes wurde der Film jedenfalls beklatscht und auch rund um den Globus zeigten sich die meisten Kritiker wohlwollend. Mir gefiel er auch sehr gut, aber er hat seine Längen und wirkt daher eine Spur repetitiv. Auch betritt er nicht gerade Neuland, hat doch das erst noch ähnlich betitelte Remake von The Housemaid ähnliche Elemente vorzuweisen. An die grossen Park-Werke wie seinen Klassiker Oldboy reicht "The Handmaiden" daher nicht heran. Das hindert das Werk freilich nicht daran, abermals zu beweisen, dass wir mit Park Chan-wook einen versierten Filmemacher vor uns haben, der ebenso gekonnt stilvolles und tiefgründiges Kino sowie hemmungsloses Exploitationkino drehen kann. Oder wie hier: beides gleichzeitig.

  

EXTERNE LINKS 
imdb.com

Hancinema

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit VLC 2.2.1., verkleinert und geschärft mit Photoshop CS2


 

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