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Anime
Japan 1995
Alternative Titel Kokaku Kidotai; 攻殻機動隊
Regie Mamoru Oshii
Drehbuch Kazunori Ito nach dem Manga von Masamune Shirow
Länge 83 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 16
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
©
Text Marco Spiess, molodezhnaja 29.3.2017
© Bilder Production I.G,, Screenshots molodezhnaja
STORY
Im Jahr 2029 lassen die meisten Menschen ihre Körper mit
cybernetischer Technologie aufwerten. Sogar das Gehirn lässt sich mechanisieren,
als menschliches Element bleibt nur der "Ghost", die Seele des Menschen. Das
nutzt der Terrorist Puppet Master für sich aus: Er hackt sich über den
künstlichen Shell hinweg und greift so auf den Ghost des Trägers zu, um diesen
zu manipulieren. Als der Puppet Master sich mehrere Politiker vorknöpft, wird
die Sektion 9 eingeschaltet. Das Ass im Ärmel dieser Behörde gegen
Cyberkriminalität ist Major Motoko Kusanagi, die fast komplett synthetisch ist,
und dadurch ungeheure Kräfte hat. Sie und ihr Partner Batou finden heraus, dass
der Puppet Master im Netzwerk entstanden ist und ohne einen dazugehörigen Körper
einen Ghost gebildet hat.
REVIEW
Mamoru Oshii machte sich in den 80ern einen
Namen mit seiner "Patlabor"-TV-Serie sowie seinen Beiträgen zum Kerberos-Kosmos
- dem soliden The Red Spectacles und dem
horrend missglückten Stray Dog etwa. Letztere zwei
sind zwar Realfilme, aber auch tief verwurzelt in der Anime-Optik, die Oshii
früh aus dem Effeff lernte. 1995 konnte er genau dies zum Höhepunkt seines
künstlerischen Schaffens nutzen, dem Anime "Ghost in the Shell". Basierend auf
einem 1989er-Manga von Masamune Shirow schuf Oshii einen Eckpfeiler der
japanischen Trickfilmkunst, der mit seiner Optik und seinen Ideen nicht zuletzt
die Wachowskis für ihren Hit "Matrix" inspirierte.
Doch auch "Ghost in the Shell" ist nicht aus dem Nichts entstanden: Er zerrt von Jahrzenten japanischer Cyberpunk-Stoffe, bedient sich grosszügig bei visuellen Ideen von Ridley Scotts "Blade Runner" und vereint all dies mit dem Oshii-typischen Hang zu Spiritualismus und Technosprache. Das macht den Film bisweilen etwas konfus, etwas, was etwa beim US-Realfilm-Remake von 2017 ausgebügelt wurde - doch gerade dieses Wirre gehört bei Oshii dazu und macht seine Filme so vielseitig deutbar. Dagegen wirkt das Remake geradezu stromlinienförmig.
Die Themen, mit denen Oshii jongliert, sind höchst reizvoll: Was macht einen Menschen aus? Was ist Realität, wenn es möglich ist, Menschen mit einer falschen Realität zu speisen? Wie weit darf der technologische Fortschritt das Menschliche verändern? Fragen, die Jahrzehnte nach dem Film noch immer aktuell sind, und damals sogar noch eine Stufe revolutionärer. Doch so spannend all dies auch ist: Ich persönlich feiere "Ghost in the Shell" noch mehr wegen seiner Präsentation. Jedes Bild ist einprägsam, jede Szene exakt arrangiert, und die Musik von Maestro Kenji Kawaii, der für das Leitthema bulgarische Volksmusik mir altjapanischen Einflüssen kombinierte, hebt all dies noch in höhere Sphären.
Die Bildmontage zur Halbstundemarke zum Beispiel, die Impressionen aus der Stadt mit der Kawaiis Leitthema unterlegt, ist etwas vom Beeindruckendsten, was das Anime-Kino hervorgebracht hat: gleichzeitig wunderschön und doch melancholisch, ja bedrohlich. Wie Oshii die Stadt zeigt, als düsterer Moloch, der nur durch neon-grelle Werbung aufgehellt wird, ist schlicht famos. Und das weiss er auch, weshalb er diesen Bildern viel Raum gönnt, ja sogar Zeitlupe einsetzt, damit wir Zuschauer sie noch besser aufnehmen können. Überraschend also, dass der Film dennoch nur knackige 80 Minuten lang ist.
Der Film hat durchaus seine Probleme, etwa zu viele Parteien, die mit ihren schwammigen Absichten mitmischeln (Aussenministerium, Sektion 9, Sektion 6). Oder auch die etwas mangelhafte Hintergrundgeschichte von Protagonistin Kusanagi. Doch als inhaltlich wie audiovisuell wegweisendes und stilprägendes Werk kommt "Ghost in the Shell" auf jeden Fall Klassiker-Status zu. Dass etliche seiner Datennetz- und Cyber-Enhancement-Ansätze heute aktueller denn je sind, untermauert diesen Anspruch nur noch.
EXTERNE LINKS
imdb.com
Screenshots der DVD mit VLC, verkleinert und geschärft mit Picture Converter und Paint.net
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