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Drama. USA 1930
Alternativer Titel Unser täglich Brot - Die Frau aus Chicago
Regie Friedrich Wilhelm Murnau
Drehbuch Berthold Viertel, Marion Orth nach einem Stück von Elliott
Lester
Produktion William Fox
Musik Arthur Kay
Kamera Ernest Palmer
Schnitt Katharine Hilliker, H.H. Caldwell
Darsteller Charles Farrell, Mary Duncan, David Torrence, Edith Yorke
Länge 89 Min.
Kinostart 16.2.1930
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
©
Text Marco, molodezhnaja 20.4.10
© Bilder Eureka,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Lem (Charles Farrell) ist der Spross des strengen Farmers Tustine (David
Torrence) aus Minnesota. Um die Weizenernte des Jahres zu verkaufen, reist Lem
nach Chicago. Doch dort sind die Marktpreise gefallen und Lem muss den Weizen
unter dem vom Vater geforderten Betrag verkaufen. Der frustrierte Lem findet
Mitgefühl bei der Kellnerin Kate (Mary Duncan), in die er sich verliebt. Er
nimmt sie mit nach Minnesota, wo es zum Streit mit dem Vater kommt: Der will die
Hochzeit verhindern, da er das Stadtmädchen für eine Betrügerin hält. Noch
schlimmer verhält sich Lems Bruder Mac (Richard Alexander). Der versucht erst,
Kate zu verführen, und nutzt später ihre Gutmütigkeit aus, um sie zu erpressen.
REVIEW
Als der deutsche Meisterregisseur Friedrich
Wilhelm Murnau im Jahr 1926 nach Hollywood zog, verlor Europa einen seiner
besten Filmemacher. Doch anders als heute, als so mancher ausländischer
Filmkünstler im Kommerzmekka seine Seele verkauft, konnte sich Murnau bei seinem
Studio Fox anfänglich souverän durchsetzen - und drehte mit "Sunrise" einen
Klassiker, den nicht wenige Kritiker zu den besten Filmen aller Zeiten zählen.
Was für ein Start. Dass es danach nur noch abwärts gehen konnte, war fast allen
klar, bloss wie hart der Fall war, das offenbarte sich erst in den folgenden
vier Jahren.
Seine zweite US-Produktion "4 Devils" bekam nachträglich Tonszenen eingebaut, mit denen Murnau nichts zu tun haben wollte. Schlimmer noch: Der Film gilt heute als verschollen. Auch bei "City Girl" musste Murnau das Zepter aus der Hand geben, vor allem dahingehend, dass William Fox den Stummfilm gerne zum Tonfilm ummodelliert hätte. Das passierte auch - ohne Murnau. Es existieren deshalb auch mehrere Versionen mit Laufzeiten von bis zu zweieinhalb Stunden. Weit entfernt also vom einmaligen Status von "Sunrise", an den "City Life" hätte anknüpfen sollen.
Der frustrierte Murnau schmiss den Vertrag, düste ab in die Südsee, drehte Tabu - und verstarb noch vor der Premiere. Nun hatte nicht nur Europa einer seiner besten verloren, sondern die Welt. Und rückblickend wird jeder von Murnaus Filmen zu etwas ganz Speziellem. Das gilt freilich auch für "City Life", der immer wieder als etwas schwächere Ausgabe von "Sunrise" angeschaut wurde, und erst in den letzten Jahren künstlerische Reputation gewinnen konnte. Und das ist auch gut so! Selbst wenn Murnau den Erfolg seines besten US-Films nicht wiederholen konnte, so haben wir es hier doch mit Stummfilmkino allerhöchster Klasse zu tun!
Als Vorlage diente Murnau das Bühnenstück "The Mud Turtle" von Elliott Lester aus dem Jahr 1925. Daraus wollte er eine "Symphonie an das Getreide" drehen, doch von dieser Idee blieb nur der Rumpfgedanke übrig. Was Murnau doch noch tut, ist einen Kontrast aufzubauen, zwischen dem Leben in der Stadt und jenem auf dem Lande. Dies jedoch nicht auf moralistische Weise, sondern in einer nüchternen Betrachtung. Jeder Ort hat seine Vorzüge, die Stadt mit ihrem Leben, mit ihrer pulsierenden sozialen Vernetzung, mit ihrer Modernität.
Das Land mit seinen Werten, seiner Urtümlichkeit, seiner Produktion. Manchmal äussert sich der Kontrast in einem einzelnen Cut: Wenn etwa Lems Vater auf dem Lande ein Stück Brot schneidet, dann handelt es sich um einen Mann, der die Frucht seiner Ernte verdient zu sich nimmt. Der nächste Shot zeigt das mechanisierte Schneiden eines Brotes in der Stadt. Leblos, kalt, normiert. Und das Brot, dieses dank Bibel & Co. fast schon mythisch aufgeladene Mahl, wird zur Begleiterscheinung bei irgendeinem profanen Gefuttere.
Die Gegensätze tischt Murnau in der Optik und in der Montage auf. Überhaupt scheint "City Girl" noch deutlicher von einem Cutter veredelt, als andere seiner Werke. Jeder Schnitt erzeugt eine Wirkung, jeder Wechsel der Einstellung wirkt noch wohl überlegter als eh schon üblich bei Murnau. Darob geht die Wichtigkeit der Kamera aber noch lange nicht vergessen. Man beachte etwa das wilde Treiben in Kates Cafe. Oder die weiten Getreidefelder auf dem Land. Oder die bisweilen leicht expressionistisch anmutende Innenausstattung des Bauernhauses, von dem man meist nur Treppe, Wände, Fenster und Türen sieht.
Murnaus Gespür für Bildgestaltung ist hier mindestens so überwältigend wie in "Sunrise" und Tabu. Vor allem mit "Sunrise" hat der Look gewolltermassen einiges gemein. Und es ist stets eine Freude, diese Bilder zu betrachten. Sie sind von einer einfachen, aber hochpräzisen Schönheit. Dasselbe kann man leider über zwei Aspekte des Films nicht uneingeschränkt sagen: Zum einen die Schauspieler. So trat "Sunshine"- und "4 Devils"-Star Janet Gaynor nicht an, stattdessen zwang das Studio Murnau die weniger talentierte Mary Duncan (The River) auf. Sie hat viel Energie, aber chargiert bisweilen und es fehlt ihr an Nuancierung.
Auch einige der anderen jüngeren Akteure haben diese Probleme. Charles Farrell etwa wirkt überschminkt. Wirklich stark sind indes die Eltern, vor allem der Vater, der mit seinem grantigen Gesicht selbst wortlos alles aussagt, was gesagt werden muss. Der zweite Punkt der "nicht ganz meisterhaft"-Kategorie ist die Geschichte. Die entwickelt sich durchaus mit Tempo, doch es fehlen ihr die grossen mitreissenden Züge. Vielmehr vereint sie ein paar Ideen. Die Szenen in der Stadt. Die Romanze. Das Drama der Bauern. Das Drama der Weltwirtschaftskrise. Viele Themen und viele davon reizvoll. Doch nie entwickelt man dieselbe Zuneigung zu den Charakteren wie etwa in "Sunrise" und gegen Ende fällt das Interesse ab.
Dennoch kommt "City Girl" beinahe an einige von Murnaus besseren Werke vom Range eines Faust oder Tabu heran. Er wirkt extrem amerikanisch, kein Vergleich etwa zu Murnaus Tartüff, der nur 5 Jahre davor entstand ist. Doch Murnau setzt sein präzises Auge und sein künstlerisches Flair hier virtuos ein, um eine Americana zu erzählen, ein Epos über die arbeitenden Amerikaner, ihre Nöte, ihre Aufopferung. Und das ist allemal grosses Kino, allen Sörgelchen und Produktionsproblemen zum Trotz. Wenn man solch präzise komponierte Filme sieht, wird einem klar, warum so viele Filmkünstler den Untergang des Stummfilms damals bedauerten. Der Tonfilm brauchte Jahre, um rein optisch an dieses Niveau anzuknüpfen.
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EXTERNE REVIEWS
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