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Fantasykomödie. USA 2005
Alternativer Titel
Die Gebrüder Grimm
Regie Terry Gilliam
Drehbuch Ehren Kruger
Produktion Daniel Bobker, Charles Roven
Ausführende Produzenten John D. Schofield, Harvey und Bob Weinstein
Musik Dario Marianelli
Kamera Newton Thomas Sigel
Darsteller Matt Damon, Heath Ledger, Lena Headey, Peter Stormare,
Jonathan Pryce, Monica Bellucci
Länge 118 Min.
US-Kinostart
26.08.2005
CH-Kinostart 06.10.2005
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
© Text Marco,
molodezhnaja 31.8.05
© Bilder Dimension / MGM
STORY
Die Brüder Will Grimm (Matt Damon) und Jake Grimm (Heath Ledger) ziehen Ende des
18. Jahrhunderts durch Europa und verdienen Geld mit dem Eliminieren von
übersinnlicher Gefahr. Was niemand ahnt: Die zwei sind Betrüger. Sie bauen mit
zwei Helfern aufwändige Erscheinungen auf, die sie dann gegen Bezahlung
beseitigen. Doch nach ihrer neusten Hexenvertreibung werden sie im besetzten
Deutschland von den Franzosen verhaftet. Der Anführer Delatombe (Jonathan Pryce)
will von einer Todesstrafe für die Scharlatane absehen, wenn sie für ihn ein
Rätsel in einem Provinzdorf lösen. Dort sind bereits mehrere Kinder im Wald
verschwunden. Begleitet vom irren italienischen Foltermeister Cavaldi (Peter
Stormare) machen sich die Brüder an die Arbeit. Unterstützung bekommen sie von
der örtlichen Jägerin Angelika (Lena Headey), die sich im Wald auskennt. Den
Brüdern wird schnell klar, dass hier keine Betrüger am Werk sind, sondern ein
Fluch auf dem Gebiet lastet. Der Wald scheint zu leben und jemand entführt
Kinder. Zu welchem Zweck? Und wie können zwei zitternde Amateure die
unheimlichen Ereignisse aufhalten?
REVIEW
"The Brothers Grimm" ist ein Film, den man nicht
tot reden sollte. Man muss ihn geniessen. Terry Gilliam war stets ein
Filmemacher, der sich cineastisch Freiheiten nahm, der gerne mal einen
uneinheitlichen Film produzierte - aber das Gefühl im Kino zählt. Und da trumpft
Gilliam viel öfters auf, als er versagt. Auch bei diesem in den USA weitgehend
mittelmässig besprochenem Fantasyfilm. Es ist, das muss man leider ohne
Umschweife sagen, der unpersönlichste Film von Gilliam. Es fehlt weitgehend an
den für ihn so typischen surrealen Puppenfiguren, die Kamera bleibt beinahe
dezent und der Einsatz von CGI rückt den Film in die Nähe konventioneller
Hollywood-Ware.
Aber der Gilliam-Touch ist da. Vor allem beim Humor. Manchmal rabenschwarz, dann einfallsreich und meistens absolut albern. Das werden viele Zuschauer nicht goutieren können, aber Gilliam bleibt ein Schalk. Und die meisten seiner humorvollen Einfälle haben mich schmunzeln lassen. Hauptverantwortlich für den infantilsten Humor des Films ist Peter Stormare. Sein Chargieren, sein Akzent und sein grenzdebiles Verhalten sind in der Tat nicht immer leicht zu schlucken, aber seine Figur macht früh klar, dass wir uns hier nicht auf schwermütigem "Lord of the Rings"-Territorium bewegen, sondern dass gelacht werden darf. Auch Angesichts des Horrors, der noch kommt. Ebenso auf der Fun-Schiene sind die Stars: Matt Damon und Heath Ledger. Ihr stark amerikanisierter Humor ist gefällig, auch wenn der Australier Ledger mit seinem nervösen Gestikulieren hin und wieder auch die Grenzen des Aushaltbaren geht.
Am meisten Lacher verbucht jedoch bei Jonathan Pryce. Sein süffisant-arrogantes Gerede mit herrlisch französischem Akzent ist ein Genuss, vor allem für jemanden wie mich, der an jedem Tag mindestens ein Inspector-Clouseau-Quote in Peter-Sellers-Französisch fallen lässt. Welches passt hier? "Is dere anybody hiding in de darg?" aus "The Pink Panther Strikes Again". Billige Überleitung, aber es versteckt sich wirklich manches im Dunkeln. Wäre nämlich der Humor nicht stets präsent, "The Brothers Grimm" ginge als Horror durch. Im Wald gibt es finstere Höhlen und mysteriöse Figuren, Wolfsmenschen, Hexen und märchenhafte Kreaturen. Diese Ausgangslage ist primär jene der Märchen, schliesslich erzählt der Film aus dem frühen Leben der Brüder Grimm - doch Gilliam wählt die unheimlichen Momente aus deren Geschichtensammlungen. Das Rotkäppchen alleine im Wald (visuell sehr schön), Rapunzel im Turm gefangen, Hänsel und Gretel allein im Wald - manche Elemente erinnern an M. Night Shyamalans The Village, der mit ähnlichen Motiven spielt. Gilliam nutzt sie als grimmigen, märchenhaften Horror.
Das erlaubt ihm einige schreckliche Erscheinungen wie ein durch mit Spinnen gefüttertes Pferd, das zu Untaten fähig ist, oder ein Mini-Golem, der ein Kind in sich hinein zieht. Gilliam weiss, wie man Albträume erzeugt. Ein wenig Bedauern kommt schon auf, dass jede Spannung durch eine Pointe wieder ruiniert wird. Aber das ist das Konzept: Schaudern und Lachen. Beides ist möglich in diesem Film.
Technisch gibt es, wie eingangs erwähnt, manches zu bemängeln. Massgeblich die uneinheitliche Stimmung, die durch den Horror-Fantasy-Humor-Mix entsteht. Aber auch der Plot, der zu breit gewalzt wird, wo doch gar nicht viel Material da ist (Ehren Kruger ist nicht erste Wahl als Drehbuchautor). Die Schauspieler agieren zu individuell und tragen weiter zum diffusen Gefühl bei. Die Musik ist etwas zu aufdringlich und die Kameraarbeit nicht ganz so innovativ, wie erhofft. Das liegt wohl daran, dass Harvey Weinstein persönlich den "Fear and Loathing in Las Vegas"-Filmer Nicola Pecorini gefeuert hat und der Mainstream-tauglichere Newton Thomas Sigel (X2) einsprang. Das trägt zum Gefühl bei, der Film sei gelackter als Gilliam-üblich und habe nicht seinen typischen Stempel. Und last but not least: Manche CGI-Tricks sind furchtbar schlecht. Das "schwangere" Pferd zum Beispiel, oder so etwas Simples wie Gretels fliegendes Kopftuch, sind schwach. Gerade Gilliam, der früher so brillante Modelle eingesetzt hat, griff bei der Trick-Wahl daneben.
Doch allen Defiziten zum Trotz ist "The Brothers Grimm" ein sehenswertes Werk. Aufwändig inszeniert in Sets, die Erinnerungen an den besseren "Sleepy Hollow" wach rufen, edel besetzt mit internationalen Stars (Monica Bellucci hat eine eher kleine Rolle), gespickt mit unheimlichen und witzigen Szenen und dauernd fähig, ein Schmunzeln auf die Lippen zu zaubern, gibt man sich diesem etwas durchgeknallten, etwas uneinheitlichen und etwas unterentwickelten Fantasyfilm gerne hin. Gilliam nach sieben Jahren (unfreiwilliger) Pause in den Regiestuhl eines Spielfilms zurückkehren zu sehen, ist sowieso ein Anlass zur Freude.
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Roger Ebert (2/4)
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