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Sci-Fi-Film. USA 2009
Alternativer Titel Avatar - Aufbruch nach Pandora
Regie James Cameron
Drehbuch James Cameron
Produktion James Cameron, Jon Landau
Musik James Horner
Kamera Mauro Fiore
Schnitt John Refoua, Stephen Rivkin
Darsteller Sam Worthington, Zoe Saldana, Sigourney Weaver, Stephen Lang,
Michelle Rodriguez, Joel Moore, Giovanni Ribisi, CCH Pounder, Wes Studi,
Laz Alonso
Länge 162 Min.
Kinostart (CH) 17.12.2009
Kinostart (US) 18.12.2009
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. |
©
Text Marco, molodezhnaja 14.12.09
© Bilder 20th Century Fox,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Das Jahr 2154: Der ehemalige Korporal
Jake Sully (Sam Worthington) übernimmt den Job seines Zwillingsbruders, eines
verstorbenen Wissenschafters. Der war in ein Projekt auf dem fernen Mond Pandora
involviert, bei dem Menschen genetisch gezüchtete Abbilder ihrer selbst steuern
können, sogenannte Avatare. Und weil dies nur mit gleichen Genen funktioniert,
muss der an den Rollstuhl gefesselte Jake einspringen, sonst wäre der teure
Avatar seines Bruders unbrauchbar. Der Avatar besteht aus DNA von Jakes Bruder
und solcher der Na'vi, auf Pandora lebenden Aliens von über 3 Meter Grösse. Die
naturverbundenen, blauen Wesen leben auf einem riesigen Baum, der jedoch genau
auf dem reichsten Vorkommen des wertvollen Materials
Unobtanium
steht. Auf das hat es der Konzern RDA abgesehen, der hofft, die Avatare können
mit den Na'vi einen Deal aushandeln, damit sie freiwillig umziehen. Ansonsten
müsste die Armee unter Oberst Quaritch (Stephen Lang) eingreifen. Der
kriegslüsterne Offizier verlangt von Jake denn auch Informationen über die
Verteidigungsmöglichkeiten der Na'vi. Davon wissen Projektleiterin Grace
(Sigourney Weaver) und ihre Leute jedoch nichts, als sie Jake in seinen Avatar
transferieren. Nunmehr im Körper eines Na'vi trifft Jake auf die Kriegerin
Neytiri (Zoe Saldana). Die wird von den Anführern ihres Volkes damit betraut,
Jake in die Geheimnisse des Lebens auf Pandora einzuweisen.
REVIEW
Gottlob
gibt es James Cameron. Ob "Avatar" das Kino nachhaltig revolutioniert, muss sich
erst zeigen. Und es wird sicher Leute geben, an denen dieser grandiose
Science-Fiction-Event abperlt. Doch eines lässt sich nicht
wegdiskutieren: Cameron nimmt das von Sequelitis und Remake-Fieber verseuchte
Unterhaltungskino und gibt ihm eine Vitaminspritze mit etwas, das man früher mal
Vision nannte. Statt einer Fortsetzung X kriegen wir den künstlerisch kaum
verwässerten Einblick in den Kopf eines Geschichtenerzählers, eines
Action-Auteurs. Kein Drehbuchkomitee hat den massentauglichsten Handlungsansatz
gesucht, kein Produktionskollektiv reingepfuscht. Nein, wir kriegen, was Big Jim
sich ausgedacht hat. Und welch glorioses Erlebnis ist es, für einmal wieder
spektakulärste Hollywood-Unterhaltung vorgesetzt zu bekommen, bei der man danach
nicht enttäuscht ist. Nicht nach Rechtfertigungen suchen muss, warum man sich
von gehobenem Mittelmass unterhalten lässt.
Wobei "vorgesetzt bekommen" nicht ganz korrekt ist. "Avatar" kaut nicht nur vor, er zieht uns hinein. Denn Cameron, der Prophet der modernen 3D-Renaissance, bringt nun endlich seinen eigenen Beitrag zu dieser lange angekündigten Revolution. Die Idee dazu hatte er schon kurz nach seinem Blockbuster "Titanic", doch da die Technik noch nicht so weit war, stellte er die Pläne zurück und drehte 12 Jahre lang (!) keinen Spielfilm. Dafür hat er nun alle Mittel in der Hand, die er braucht, um seine Vision einer fantastischen Welt auf die Leinwand zu bringen. Wer angesichts der dargebotenen Tricks nicht grosse Augen bekommt, hat das Staunen verlernt. Die Tricks stehen jedoch vollständig im Dienst der Geschichte. Eine simple Geschichte fürwahr, aber eine, die mitreisst und uns die Augen öffnet für eine neue Dimension dessen, was möglich ist. Für eine vertraute und doch fremde Umgebung, in die wir eintauchen, sie aufsaugen und uns betören lassen von ihrer grenzenlosen Schönheit und Sinnlichkeit.
Dieses Pandora ist die eigentliche Story. Fliegende Berge, kuriose Kreaturen, ein mysterisches Öko-System, eine faszinierende Natur. Jedes Element musste erschaffen werden, primär am Computer. Und obwohl alles künstlich ist, nehmen wir bald alles für bare Münze. Und erstarren vor Ehrfurcht. Vor diesem Hintergrund erzählt Cameron einen Plot, der schon im Vorfeld als "Der mit dem Wolf tanzt", "Pocahontas" oder "FernGully" abgetan wurde. Diese Parallelen sind in der Tat da, ganz generell zum Indianerfilm um "noble Wilde", mehr noch zu Frank Herberts Klassiker "Dune". Doch wer allein wegen diesen entdeckten Gemeinsamkeiten glaubt, Camerons Einfallsreichtum offengelegt zu haben, der tickt grundlegend falsch. Denn für Cameron ist dieses als Handlungsgerüst universelle Thema vom entwurzelten Menschen, der in einer fremden Zivilisation neue Denkweisen erlernt, lediglich Triebfeder. Der Mann ist nämlich ein Geschichtenerzähler erster Güte. Drehbuch nicht komplex? Völlig egal! Das Geheimnis liegt in der Dramaturgie, der Art des Erzählens, des Vorankommens der Story und deren Kraft, uns mitzunehmen.
Mir kann kein Mensch erklären "Casablanca" oder "Romeo & Julia" seien ungeheuer komplexe Geschichten. Es sind vielmehr simple Handlungen, die durch ihre Figuren, ihre Einzelszenen und vor allem ihre Kraft, uns zu fesseln, so unsterblich sind. Ich will das Skript von "Avatar" nicht auf die Stufe der genannten Werke stellen - aber es auf keinen Fall als Schwachpunkt des Films verhätscheln, wie es all jene tun, die das Haar in der Suppe suchen. Denn Schwachpunkt ist es nicht. Es ist ein gelungenes Skript mit Power, mit Witz, mit Herz, mit Drive. Und wenn in über 160 Minuten ein paar Dialogzeilen kitschig wirken, dann fuck it, ist das verdammt wenig. Von mir kriegt das Drehbuch jedenfalls den Daumen noch. Alles andere ist falsch verstandene Gewichtung. Eigentlich sollten wir dankbar sein, dass Cameron die Komplexität zurückschraubt zugunsten einfacherer Variabeln wie Gefühl und Spannung. Denn diese werden erlebt, nicht eingetrichtert. Und es bleibt Spielraum in unserem Gehirn, die Bilder und Pandora aufzusaugen.
Erleben ist hier zentral. Mit offenen Augen an den Film herangehen - nicht umsonst beginnt er mit geschlossenen Augen und endet mit offenen. "Avatar" muss man sich hingeben und sich entführen lassen. Dass ein zynischer Kritiker mit gespitztem Bleistift und einem träfen Artikeltitel im Kopf dabei aussen vor gelassen werden kann, erklärt sich von selbst. Und mir tun sie leid. Alle anderen dürfen dafür einen der besten Filme des Jahres erleben. Was zieht besonders? Die Effekte freilich. Was Peter Jacksons WETA mit Hilfe weiterer Trickschmieden (u.a. ILM) auf die Beine gestellt hat, ist schlicht phänomenal. Es fällt manchmal schwer, zu unterscheiden, was real ist und was nicht. Und darum gibt man auf, darauf zu achten. Zum Glück. Dann ist man bereit, die Bits und Bytes nicht als solche zu betrachten, sondern als Medium zum Erschaffen dieser bestechenden Welt. Und in der kann man von fliegenden Bergen in die Tiefe tauchen, durch bizarre Wälder rasen oder auf kilometer hohe Bäume klettern - alles in gloriosem 3D zum direkt erleben.
Die über 3 Meter grossen Na'vi bewegen sich so natürlich wie sich drei Meter hohe fragile Kreaturen nun mal bewegen - anders gesagt: Ich weiss nicht wie. Aber Cameron macht sie plausibel. Macht sie zu echten Figuren. Nach gut 20 Minuten hat man sie akzeptiert und schlägt sich im Nu auf ihre Seite, wenn der Krieg losgeht. Grosse Charaktertiefe erhält kaum eine dieser blauen Riesenmiezen, doch es ist Camerons Talent zu verdanken, dass selbst ein schwach angerissener Charakter im Konstrukt der Handlung funktioniert. Und wenn man mit diesen Bit-Viechern mitleidet, vielleicht sogar feuchte Augen kriegt, wenn eines das Zeitliche segnet, dann zeigt dies, wie effektiv der Film ist.
Das ist das zweite grosse Plus: seine Emotionen. In der ersten grossen Vernichtungssequenz kriegt man echte Wut im Hals, Wut auf die Menschen und ihre Raffgier. Und man leidet mit wie nur selten im Blockbusterkino. Damit sind die Hebel gestellt für das grosse Finale, in dem man sich wünscht, jeder Mensch würde so brutal wie möglich verrecken. Ja "Avatar" schürt Hass auf unseren Expansionswillen, auf unsere Aggressionen, auf unsere Verachtung für die Natur. Alle Sympathie gehört den Blauen, den Wilden, den Indianern, der Natur. Bösewichter sind die Menschen. Und insofern lässt sich der Film tatsächlich auf die Erde übertragen, als Manifest gegen die Zerstörung der Natur durch den Menschen, als Plädoyer gegen Krieg und Imperialismus. "Avatar" ist dahingehend eindringlicher als jeder Klimagipfel es je sein kann.
Dies alles mündet im Schlussbouquet - ein weiteres Top-Argument für den Film. In Zeiten, in denen fast jeder grosse Film enttäuschend endet, dreht Cameron nochmals auf, feuert aus allen Rohren, und trifft höher als andere Regisseure überhaupt zu zielen wagen. Er ist und bleibt der Meister des dritten Akts. Die Action ist ungeheuer rasant, aber nie hektisch. Cameron filmt aus der Distanz und geht bei Bedarf nah ran. Da bei 3D das Auge länger braucht, um sich anzupassen, kann er nicht mit dem Tempo eines Michael Bay schneiden - und nutzt dies zu seinem Vorteil. Cameron war und ist der beste Dirigent gross angelegter Action, denn er weiss, wie man die Dramatik eines Kampfs aufbaut, er weiss, wie er die Emotionen für die Kriegsparteien erzeugt und er weiss, wie er die Geographie des Schlachtfelds klar macht. Und dann gehts los, mit voller Power, mit ungeheurer Raffinesse. Die letzte halbe Stunde gehört zum Genialsten, was das Actionkino seit Jahrzehnten gesehen hat.
Mittendrin sind auf der einen Seite die Na'vi, toll animiert auf den noch beeindruckender animierten Flug-Geschöpfen (vielleicht meine Lieblinge unter den Kreaturen). Die überraschend heisse Neytiri etwa, oder der etwas blasse, aber als Zugang zur Story bestens geeignete Jake. Cameron hat die Na'vi per Emotion Capture, einer Verbesserung des bisherigen Motion-Capture-Verfahrens, erschaffen, und überträgt die Mimik der Akteure direkt auf die Figur. Nur ganz selten wirkt das etwas ungelenk, meistens jedoch überzeugend. Vor allem Neytiri ist grandios, wofür auch viel Lob Zoe Saldana (Star Trek) gebührt. Sie macht aus ihrer blauen Figur ein Wesen, das real wirkt. Und sexy noch dazu.
Sam Worthington ist etwas weniger greifbar, für einen Cameron-Helden etwas dünn. Ausgeglichen wird dies durch starke Nebenfiguren wie jene von Sigourney Weaver und Michelle Rodriguez - eine typische Cameron-Powerfrau. Und natürlich ist da noch Stephen Lang als wahres Soldatenekel. Kaum einer kriegt knallharte Marines besser hin als Cameron, und wo sie in "Aliens" noch auf unserer Seite kämpften, dürfen wir sie diesmal leidenschaftlich hassen. Vor allem Langs Oberst Quaritch. Eine herrliche Figur. Giovanni Ribisis Manager-Typ ist dagegen ein weniger auffälliger Schurke. Das brachte ihm einige Kritik ein, bloss auch die wenig sinnig. Cameron nutzt schliesslich immer etwa dieselben Stereotypen, wenn man so will. "Aliens" ist einer der besten Filme aller Zeiten und hat auch einen schmierigen Manager-Typ, auch Floskeln speiende Soldaten, auch einen berühmten "Bitch"-Satz, auch einen heldenhaften Abgang gegen Ende. Etliche Parallelen. Wer sucht, der findet. Nur wertet das "Avatar" zu keiner Sekunde ab.
Wenn ich etwas benörgeln müsste, dann etwa das Lied im Abspann - total unpassend und zu sehr auf einen Song-Oscar à la "My Heart Will Go On" schielend. Auch James Horners Soundtrack ist nur okay, mir gefielen die Flugklänge sehr gut, die orchestralen und die militaristischen auch, hingegen greift er etwas zu plump auf Weltmusik-Kitsch zurück. Kitsch, bevor jemand meint, das sei das nächste Minus, gehört übrigens zum grossen Plus. Wer angesichts dieser bunten und kitschigen Welt nicht etwas schwelgen kann, der verpasst was. Nein, ins Negativ-Register kommt vielmehr die eine oder andere Kürzung, die Cameron vorgenommen hat. Mit über 160 Minuten fühlt sich "Avatar" nie lang an, ähnlich wie der andere Kandidat um den besten Film des Jahres (Inglourious Basterds) und er hätte spielend über 3 Stunden dauern können. Vor allem die industriell verwüstete Erde, die Jake anspricht, hätte Cameron zeigen können. Im Skript war sie drin, sozusagen als Gegenpol zum saftig-farbigen Pandora, doch nun sieht man die Erde in keiner einzigen Einstellung, der Fokus geht schnurstracks Richtung Pandora. Schade. Und wenn Cameron sich schon für diese Anfangsszenen mehr Zeit genommen hätte, wäre auch noch etwas mehr Hintergrundinformation über die Erde drin gelegen - wie die Welt organisiert ist, ob RDA einzig von den Amerikanern gestützt wird, was man anhand der ausschliesslich amerikanischen Soldaten schliessen könnte. Man kann sich vieles zusammenreimen, doch da gibts am ehesten Lücken.
Das sind, man merkt es, kleinste Mankos. "Avatar" ist vollumfänglich ein umwerfender Unterhaltungsfilm. Augen auf und reinziehen lassen, sich betören lassen von einer Welt, die von der Artenvielfalt der Weltmeere inspiriert ist und einen willkommenen Kontrapunkt zu den immer monochromer und grauer werdenden Sci-Fi-Filmen der Moderne setzt. Eine Welt voller Abenteuer, Gefahr, Action, Witz und Herz. In der der alte Kampf Gut gegen Böse in mitreissendster nur vorstellbarer Form präsentiert wird. Ich bin fürwahr kein Esoteriker, ich verabscheue in der Realität dieses Gedöns - doch hier in einer sinnlichen Fantasie funktioniert sie bestens, weil innerhalb dieser spirituell verbundenen Ökosphäre die zwischengeschöpfliche Energie sogar wissenschaftlich messbar scheint. Bei uns ist Esoterik Humbug, in jener Fantasiewelt hingegen ist sie echt und zentral für die Existenz an sich. Sie funktioniert als Bestandteil der nie subtilen, aber dramaturgisch einwandfreien Naturverbundenheitsgeschichte.
Die ersten Zyniker haben bereits Stellung bezogen. Ein 250 Millionen Dollar teurer Event mit Kitsch, blauen Aliens und einer Handlung, die sich erdreistet, nicht das Niveau von "Krieg und Frieden" zu erreichen, gibt natürlich ein leichtes Ziel ab. Versenken, drauf rumtrampeln und gut fühlen. Dabei sind all jene Nörgeler lediglich zerfressen von Verweigerung. Kaum einer wird einen besseren Actionfilm der letzten Jahre nennen. Und kaum einer wird erklären, warum es denn so schlimm sein soll, wenn der Plot jenem von "Der mit dem Wolf tanzt" ähnelt. Das letzte Mal, als ich hinschaute, gewann der einen Oscar. Es spricht aus den meisten dieser Kritiken vielmehr die gallige Zunge der Berufszyniker. "Avatar" ist nicht für sie. Es ist gewaltiges Kino für jene, die die Augen offen haben und deren Herz noch nicht verkümmert ist. Der "Star Wars" für eine neue Generation. Auf einer Welt wie keine andere vor ihr. Sie abblocken? Sie nicht an sich ranlassen? Man kann manche Menschen eben nicht zum Glück zwingen. Ich jedenfalls habe mich im Kino schon lange nicht mehr so gut gefühlt
"Avatar" ist ein Meisterwerk. Packende und bewegende Sci-Fi erster Güte vom besten Actionregisseur aller Zeiten und einem der besten Regisseure überhaupt. Wer das verpasst, den soll der Zorn des Kinogotts treffen.
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