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Historien-Actionfilm. USA
2007
Alternative Titel
-
Regie Zack Snyder
Drehbuch Zack Snyder, Kurt Johnstad, Michael Gordon nach Graphic Novel
von Frank Miller, Lynn Varley
Produktion Mark Canton, Bernie Goldman, Jeffrey Silver, Gianni Nunari
Musik Tyler Bates
Kamera Larry Fong
Darsteller Gerard Butler, Lena Headey, Dominic West, David Wenham,
Vincent Regan,
Michael Fassbender, Tom Wisdom, Rodrigo Santoro, Andrew Tiernan, Andrew Pleavin
Länge 117 Min.
US-Kinostart
09.03.2007
CH-Kinostart 05.04.2007
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
© Text Marco,
molodezhnaja 7.3.07
© Bilder Warner Bros.,
Screenshots molodezhnaja
STORY
480 vor Christus: König Leonidas (Gerard Butler) herrscht über die
griechische Stadt Sparta, eine Nation von Kriegern, die ihre Schwächlinge
aussortiert und die Starken von Kind auf zum Töten trainiert. Als die Nachricht
eintrifft, der persische König Xerxes I (Rodrigo Santoro) wolle Sparta und ganz
Griechenland unterwerfen, konsultiert Leonidas den Rat der mutierten Wahrsager.
Sie lehnen einen Feldzug ab, weshalb Leonidas seine Königin Gorgo (Lena Headey)
alleine zurück lässt und mit 300 seiner stärksten Männer (u.a. David Wenham) gen
Norden zieht, um die 200'000 Perser in den zentralgriechischen Thermopylen
aufzuhalten. Die Chancen auf einen Sieg sind gering, doch die Spartaner sind
Krieger wie keine anderen - und bereit, jederzeit ihr Leben zu opfern.
REVIEW
Während Sin City fast alles
richtig dabei machte, einen Comic von Frank Miller auf die Leinwand zu bringen,
macht "300" ziemlich viel falsch. Es ist kein schlechter Film, bloss ein
uninspirierter und handwerklich schwacher. Regisseur Zack Snyder (Dawn
of the Dead) scheint weder das Gespür noch das Flair, geschweige denn das
Talent eines Robert Rodriguez zu besitzen. Doch selbstverständlich kann man
nicht von jeder Comicverfilmung verlangen, so gut zu sein, wie
Sin City. Was ich mir von "300" jedoch mindestens
erhofft hatte, war etwas maskuline, martialische Action mit stilisierten
Bildern, heissem Soundtrack und muskelbepackten Protagonisten. Einen Film mit
eisernen Eiern. Das
versprach
der Trailer - und in gewissem Sinne bekommt man
genau das. Bloss leider in der leidenschaftslosesten Ausführung, laut und hohl
in Inhalt und Machart.
Immerhin wird es der Film zum Kultstatus in der Gay-Community bringen: In Sparta stehen wahrlich die besten Fitnessstudios des alten Griechenlands, davon zeugen die verschärften Sixpacks der 300 Mannsbilder, die, meinem angeknacksten Ego zu liebe, hoffentlich digital noch verstärkt wurden. Doch hier treten so oder so einige echte Testosteronbolzen zur Schlacht an, die jedes Gramm ihres fettfreien Körpers gerne ins Gewühl werfen und sich mit Körpersäften besudeln. Ihr Gegner ist ein gepiercter 2.50-Meter-Schönling mit dem Gang einer Laufsteg-Diva, getragen von Hunderten unterwürfiger Kerle, die sich primär vor ihm niederknien müssen. In einem Film wie diesem klingt der Befehl "auf die Knie" überaus sexuell.
Versteht nicht falsch: Das ist einer der Pluspunkte von "300". Wer getraut sich noch, in weichgespülten Zeiten, in denen sexy Werbung verboten und Männlichkeit als Gefahr wahrgenommen wird, pures Machismo und die martialische Seite der Männlichkeit so auf die Leinwand zu bringen? Daran dürfen sich Heteros und Homos gleichermassen erfreuen. Und Frauen wohl letztendlich auch, so lange ihnen keine Pflanzenkulturen auf dem Wollpullover wachsen. "300" zelebriert den Mann, den Macho, die Muskeln. Und das ist per se ja noch nichts Schlimmes. Nein, Schönheitskult ist nicht pauschal faschistoid.
Dieses Wort könnte eher auf andere Bereiche des Films angewendet werden - oder eher: auf die gezeigte Kultur in Sparta. Das "Aussortieren" nicht perfekter Menschen gleich nach der Geburt ist pures Züchten von Übermenschen, die dann in ein faschistisches Kriegersystem eingegliedert werden. Kann man so zeigen, Paul Verhoeven präsentierte Ähnliches in "Starship Troopers" und nutzte dies als Ausgangspunkt einer beissenden Satire. In "300" ist indes nichts zu Lachen (höchstens unfreiwillig) und dieses Sparta wird auch gar nicht negativ gezeichnet. Sollen wir dieses System mögen? Selbst zu einer wertneutralen Herangehensweise war ich bereit. Aber warum zum Henker schreit dann unser Held alle paar Minuten das Wort Freiheit? Vielleicht verstehe ich unter Freiheit das Falsche - denn gekillt zu werden, wenn man nicht dem körperlichen Ideal entspricht, mit Sieben fürs Töten zwangsrekrutiert zu werden und später in einem Militärstaat zu leben, klingt für mich nicht nach Freiheit.
Trotzdem will der Film alle paar Minuten Glauben machen, diese Kerle kämpfen für Freedom, Liberty and Justice. So ein Mumpitz! Wenn der König erklärt hätte, er kämpfe dafür, dass er daheim mit seinen knackigen Untergebenen wrestlen kann, dann hätte ichs ihm geglaubt. Er kämpfe dafür, dass er daheim seine verboten heisse Königin flach legen kann, ich hätte es ihm geglaubt. Er kämpfe dafür, dass er seine Führungsrolle in dem kleinen Fascho-Staat behalten dürfe, ich hätte es geglaubt. Aber Freiheit?
Das ist beileibe nicht die einzige Inkonsequenz im Aufbau. So zeigt König Leonidas am Anfang, dass er keine Skrupel kennt, wenn ihn jemand beleidigt und provoziert, weshalb er einen Boten des persischen Königs schnurstracks in den Tod schickt. Später, als er dem König selbst Auge in Auge gegenübersteht, vergisst er dieses Prinzip wohl und lässt den Gegenüber leben. Wieso denkt er da plötzlich an Kriegerehre, die ihm am Anfang des Films fremd war, als er einen Boten stellvertretend für dessen Herrscher eliminierte? "300" ist voller solcher ungemütlicher Fragen, voller kleiner Logikproblemchen und schlechter Strategieplanung. Ich beschwere mich nicht über historische Inkorrektheiten, denn der Stoff ist mehr oder weniger ein Fantasyfilm, nur noch lose inspiriert von der Schlacht bei den Thermopylen. Aber wenigstens intern sollte die Story dicht sein.
Nun kann man sich fragen: Der Film ist dumm, logikfrei und unglaubwürdig - aber haben wir das nicht gewusst? Das ist so, doch man kann sinnfreies Macho-Entertainment auch gut machen. "300" hingegen verpasst viele Chancen dazu. So ist die Einstiegsphase richtig langweilig, Gerard Butler tut nichts ausser laut Schreien und entwickelt dabei wenig Charisma. Die Dialoge sind ein Graus - was auf Papier funktioniert, wirkt im Kino lachhaft, das gilt auch für das pathetische Voiceover. Nun kommts noch deftiger: Die Schlachten sind schwach. Visuell bemüht spielen sie vor fadem CGI-Hintergrund, wechselnd zwischen Zeitlupe und normaler Geschwindigkeit. Das Blut spritzt in sterilem CGI, das Ganze ist einfach nie richtig fleischig. Ich bin in einem Film wie diesem ein grosser Verfechter von Gemetzel und Gore, doch hier liess mich das künstlich-leblose Zeug völlig kalt. Die Super-Bubis spiessen die persischen Weicheier auf und nie kommt dabei richtig Freude auf, weil Snyder alles als einen Mix aus Computerspiel und Rockvideo inszeniert. Ohne Verständnis für Raum und Zeit, geschweige denn für Stil und Spannungsaufbau.
Gibts denn neben all diesem Negativen auch was zu mögen? Auf jeden Fall - und ich meine nicht nur die Sixpack der Jungs oder das im Stil eines animierten Bildschirmhintergrunds herumfliegende Orakel-Mädchen mit seinem anknabberwürdigen Busen und den stilvoll frei gelegten Nippeln. Nein, "300" hat auch sonst was auf dem Kasten. Da ist das unverschämte over-the-top-Feeling. Das ständige Schreien nervt zwar, doch wie kompromisslos auf Gross, Grösser, Gigantisch gesetzt wird, ist eben schon geil. Wuchtige Körper, blutige Schlachten, schamlose Oberflächlichkeit, pathetischer Heroismus - das fügt sich zu einem Spektakel zusammen. Einige der Bilder sind von eindrücklicher Dichte und manche Shots scheinen 1:1 dem Comic entliehen. In Frank Millers Texten finden sich ein paar nette Einfälle, wie die Referenz an das berühmte Gedicht von Simonides ("Go tell the Spartans, passerby, that here, by Spartan law, we lie"). Dann gibts auch ein paar gute Schauspieler in dem Getümmel, ironischerweise ist die wichtigste Frau, Lena Headey, die beste darunter. Ihre Performance hat sogar mehr Kraft als jene von Gerard Butler.
Des Weiteren geht die Musik richtig ab, die Lauflänge stimmt, ein paar Sprüche auch (à la "Wenn die Buben liebenden Athener sich schon wehren, dann sicher auch die Spartaner"). Und die ganzen Missbildungen und Mutanten verleihen der Szenerie ein Fantasy-Ambiente, das einen stets daran erinnert, die ganze Sause nicht zu ernst zu nehmen. Tat ich nicht. Doch leider fehlt dem Macho-Fascho-Testosteron-Knallbonbon doch noch einiges zum Guilty Pleasure oder zur kultverdächtigen Stil-Ikone wie Sin City. "300" ist heftig und kompromisslos, aber das alleine macht ihn noch nicht gut. Hier wäre die Chance gewesen, eine Art "Conan" für das neue Jahrtausend zu drehen: Eine Story über harte Kerle, angetrieben von pompöser Musik, getrieben von Sex und Gewalt. Doch das Resultat hat nicht halb so viel Fleisch am Knochen wie "Conan", sondern ist ein uninspiriertes, synthetisches, emotionsloses Rockvideo mit Computerpower und viel Männerfleisch.
PS: All die, die hier eine politische Parabel erblicken (und die wird es geben), schlage ich schon mal im Voraus mit Abscheu. Die westlichen, weissen Griechen gegen die östlichen Perser - ja, das muss doch eine Botschaft sein, oder? Quatsch. Zum einen ist der heutige Führer Persiens (a.k.a. Iran) nicht gepierct, zweieinhalb Meter gross und verdammt sexy, soweit ich mich erinnere. Zum anderen liegt dem Ganzen ja doch noch eine historische Begebenheit zugrunde. Und last but not least: Genauso gut, wie man irgendwelche Assoziiationen Sparta=Westen und Persien=Iran/Irak/xyz machen kann, gehts auch umgekehrt: Sparta=irakische Widerständler, Perser=amerikanische Invasoren. Die Interpretations-Spannbreite ist gigantisch, der Nutzen aber gering. Was lernen wir daraus? Der politische Gehalt dieses Films ist gleich null. Zero. Nada. Und die Feuillton-Kritiker, die jetzt schon ihre Anti-Bush-Feder schwingen, solltens lieber abklemmen, bevor sie sich blamieren.
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