> molodezhnaja Hauptseite
> filme U

> UNITED 93

 


 

Dokudrama. USA 2006
Alternative Titel Flug 93

Regie Paul Greengrass
Drehbuch Paul Greengrass
Produktion Tim Bevan, Eric Fellner, Lloyd Levin
Musik John Powell
Kamera Barry Ackroyd
Darsteller
Cheyenne Jackson, David Alan Basche, Christian Clemenson, JJ Johnson,
Polly Adams, Khalid Abdalla, Lewis Alsamari, Omar Berdouni, Jamie Harding, Ben Sliney

Länge 111 Min.

US-Kinostart 28.04.2006
CH-Kinostart
01.06.200
6

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
. . .

©  Text Marco, molodezhnaja Mai 06
©  Bilder
Universal


STORY
11. September 2001: 44 Menschen besteigen den Flug 93 der United Airlines von Newark nach San Francisco. Vier davon sind Anhänger der Al-Qaida, welche die 757 als Bombe missbrauchen wollen, um damit das Kapitol zu zerstören. Als zwei Flugzeuge mit anderen Hijackern das World Trade Center treffen und ein dritter Jet ins Pentagon stürzt, kapern die vier Terroristen die United 93. Die verängstigen Passagiere bekommen bald darauf per Telefon mit, dass sie im vierten entführten Jet sitzen - und was mit den anderen dreien passiert ist.

 

REVIEW
In Zeiten schneller News, Millionen von Blogs und sich täglich überhäufenden Nachrichten haben es Verschwörungstheorien leicht, sich in die Köpfe der Menschen zu schleichen. Heute sind besonders wir Europäer erschreckend schnell bereit, jede Konspirationsidee aufzusaugen, wenn sie nur gegen Amerika gerichtet ist. Vor allem das linke Europa übertrumpft sich in stumpfinnig antiamerikanischer Rhetorik, getrieben von der Sympathie für den Underdog. Dass der Underdog in diesem Fall verblendete Kreaturen sind, die im Namen eines Gottes der freiheitlich-demokratisch-sekulären Welt den Krieg erklärt haben, scheint dabei nicht zu stören.

Gerade darum kommt "United 93" zur richtigen Zeit. Er erinnert uns daran, was die nackten Tatsachen sind. Dass wir am 11. September alle schockiert vor dem TV sassen und Zeugen eines nicht nachvollziehbaren Lebenshasses geworden sind. Es brauchte nur Monate und einen unbegründeten Krieg, um dieses Drama in zu pervertieren. Busch ist Schuld. Gottes Strafe. Der Fall des Kapitalismus. Weiss der Teufel, welche demagogischen Fallstricke sich die Menschen gerne um den Hals binden wollten. "United 93" schiebt das alles beiseite und zeigt nochmals, worum es damals ging. Nicht als grosse politische Rückschau, nicht als alles erklärende Doku, und schon gar nicht als nach Erklärungen suchende Hollywood-Aufarbeitung. Sondern als beklemmendes Dokudrama, besetzt mit Laiendarstellern und inszeniert ohne Pomp und Show. Vielleicht nicht die nackte Wahrheit, aber die erschreckende und nie wegzudiskutierende Essenz der Gräueltaten von damals.

Die erste Hälfte des Films widmet der Brite Paul Greengrass (The Bourne Supremacy) mehreren Ebenen: Den Passagieren, die "United 93" von Newark nach San Francisco besteigen, den Leuten in den Luftraum-Kontrollzentren, den Leuten in der Luftwaffenbasis. Wir wissen da schon, was passieren wird, aber wenn Air-Control-Chef Ben Sliney (spielt sich selbst) auf CNN umschaltet und das Drama sich nochmals zu entfalten beginnt, läuft es einem von selbst nochmals eiskalt den Rücken herunter. Mit erbarmungsloser Intensität schildert Greengrass die Verzweiflung und die Hektik am Boden. Er zeigt die Ohnmacht des Militärs, deutet das Versagen der Hierarchie (bis hin zum Commander in Chief, George W. Bush) an und dokumentiert, wie in dem Chaos Fehler passieren konnten - so wechselt der Flugzeugtyp eines Kurses von 767 zu 757, die Kampfjets werden in die falsche Richtung geschickt und die American Airlines 11 taucht zur allgemeinen Verwunderung weg und wieder auf.

Die zweite Hälfte widmet sich dagegen primär der Verzweiflung an Bord. In dieser 757 sitzen normale Menschen, die in eine Situation geraten, in die niemand jemals kommen will. Dass sie etwas unternehmen, macht sie zu Helden, doch Greengrass zelebriert sie nicht als heroische Übermenschen, sondern als Menschen in Angst. Als Menschen, die wissen, dass sie handeln müssen. Genau darin steckt natürlich schon ein politischer Weckruf: Die Bedrohung durch den radikalen Islam ist noch lange nicht vorbei und sie ist auch nicht vorbei, wenn Bush sein Amt 2009 abgeben wird - selbst wenn sich das so viele Europäer einbilden.

"United 93" tischt diesen Gedanken nicht direkt auf, sondern er ist automatisch Teil des nüchternen, packenden Films. Die letzten 15 Minuten sind an Intensität kaum zu überbieten. Greengrass hat die Zuschauer sogar soweit, dass man selbst den Attentätern an die Gurgel springen will. Das macht das Dokudrama aufpeitschend und niederschmetternd zugleich, denn natürlich will man sich nicht in dieser blutgeilen Gefühlslage erwischen. Man möchte darauf hinweisen, dass der Terror Ursachen hat, dass es die soziale Ungerechtigkeit und die amerikanische Hegemonie zuerst zu bekämpfen gilt. Doch im Zentrum des Sturms kommt es darauf nicht an und darum ist der Film natürlich ungemütlich. Vielleicht sollte man ihn gerade deshalb nicht als politisches Statement sehen. Er birgt eines in sich, das ist nicht zu umgehen, aber primär handelt es sich um ein perfekt inszeniertes, hochspannendes Drama, das Emotionen gekonnt schürt und doch stets auf möglichst wertungsfreie Art daherkommt.

Als Gegner von "United 93" formieren sich zwei Lager: Die einen sind die, die meinen, der Film komme zu früh. Dabei geht vergessen, dass Kunst nie zu früh kommen kann. Der Mensch braucht als Einzelner vielleicht Distanz zu einem Drama wie diesem, doch der künstlerische Verarbeitungsprozess setzt unmittelbar nach dem Ereignis ein. "United 93" ist längst nicht das erste Kunstwerk über 9/11, das erschienen ist. Filme, Theater, Bücher und andere Kunstformen haben sich dem Thema längst in mehr oder weniger prominenter Form angenommen. "United 93" ist jedoch der Film, der am unmittelbarsten sein Publikum zurückversetzt zu jenem schrecklichen Tag. Das hebt ihn aus der Masse. Aber zu früh kommt er nicht. Angesichts der eingangs erwähnten Verwässerung kommt er eher zu spät.

Die andere Gegnerschaft findet sich natürlich bei denen, die diese Konspirationstheorien und antiamerikanischen Thesen verbreiten. Sie wollen nicht zurück zu jenem Tag, sie wollen das behandeln, was dazwischen passiert ist: Irak, Afghanistan, Guantanamo - das passt besser in ihre Agenda. Sie wollen Busch-Schelte, Tony-Haue und Israel-Prügel. Sie wollen nicht daran erinnern, dass vier radikale Moslems ein Flugzeug bestiegen, um die freie Welt anzugreifen oder ihr ihre pervertierte Form von Glauben aufzuzwingen. Es sei unnötig, das Klischee vom bombenden Moslem filmisch zu zementieren. Macht "United 93" das? Notgedrungen ja, denn es waren keine radikalen Buddhisten, die die Attacken flogen. Aber muss man darum die Sache totschweigen? Es ist ein zweischneidiges Schwert, schliesslich liegt es im Interesse von niemandem, anti-islamische Gefühle zu generieren, die wiederum moderate Moslems in die Defensive drängen. Aber Schweigen ist in diesem Fall der falsche Weg. Radikalisierung innerhalb jeder Religionen ist gefährlich. Und je öfter man durch einen Film wie diesem, der frei ist von der Polemik, die das Thema umgibt, daran erinnert wird, umso besser. "United 93" erinnert daran, nicht reisserisch, nicht belehrend, sondern auf persönliche, aufwühlende und dramaturgisch virtuose Art. Er erinnert daran, dass Menschen in Not zu Helden werden können. Und dass der Drang nach Leben hoffentlich auch in Zukunft stärker bleibt, als die Sehnsucht nach dem Paradies. Das macht ihn zu einem der besseren Filme dieses Jahres.

 

BESTELLEN 
-

 

EXTERNE INFOS & REVIEWS 
imdb.com

Roger Ebert (4/4)
James Berardinelli (4/4)

 


 

created by molodezhnaja
all rights reserved.

 

 

 

 

 

 

Seite optimiert für Internet Explorer 6.0