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Gangsterfilm

Japan 2014
Alternative Titel
Tokyo Tribes; Tokyo Toraibu;トウキョウ トライブ トゥー

Regie und Drehbuch Sion Sono
Darsteller Ryohei Suzuki, Young Dais, Nana Seino, Shota Sometani, Yosuke Kubozuka, Shota Sometani,
Riki Takeuchi, Ryuta Sato, Kikoto Sakaguchi, Shoko Nakagawa, Takuya Ishida, Shunsuke Daito

Länge 120 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung
ab 18

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik

©  Text Marco Spiess, molodezhnaja 8.2.2016
©  Bilder Nikkatsu, Screenshots molodezhnaja


STORY
Das Tokio der Zukunft ist zerfallen. 23 Gangs kontrollieren die Stadt, jede hat ihren eigenen Bezirk. Im Stadtteil Bukuru zum Beispiel regieren die Bukuro Wu-Ronz unter dem sadistischen Mera (Ryohei Suzuki), Sohn des Gangsterbosses Lord Buppa (Riki Takeuchi). Obwohl Mera gerade damit beschäftigt ist, sich die Shinjuku Hands, Shibuya Saru und Nerimuthafuckaz vom Hals zu halten, widmet er sich lieber einer persönlichen Vendetta: Gegen die friedfertige Gang Musashino Saru und deren Anführer Kai (Young Dais). Um ihn in eine Falle zu locken, entführt er Erika (Nana Seino). Die junge Frau ist die Tochter eines mächtigen Satanisten, der sie für ein Ritual bräuchte.

 

REVIEW
Dass Sion Sono ein durchgeknallter Filmemacher ist, hat sich bereits herumgesprochen. In einer Zeit, in der selbst ein Takashi Miike sich mehr und mehr zurücknimmt, bildet er sozusagen die Speerspitze des japanischen Exzess-Kinos. Dass man es damit auch mal übertreiben kann, zeigt "Tokyo Tribe". Die Adaption des Mangas von Santa Inoue ist ein Frontalangriff auf die Sinne der Zuschauer, und wird leider bald einmal zur Durchhalteübung. Das Gangster-Rapmusical ist zwar mit zwei Stunden nur halb so lang wie Sonos Magnum Opus Love Exposure fühlt sich aber mindestens so lang an ...

Dabei verspricht "Tokyo Tribe" auf den ersten Blick eine Art Proto-Kultfilm: Mangavorlage, Neonlichter, Graffitis, Glitzer, Gewalt, Sex, meistens Rap statt Dialoge, etliche Filmzitate. Und ganz generell viel Wahnsinn. Doch die Abstumpfungserscheinungen angesichts des Bombardements an kalkuliertem Exzess sind immens. Keine Figur interessiert einen, kein Bild bleibt haften, obwohl Sono alles tut, um jeder Einstellung seinen Stempel aufzudrücken. Die Menge seiner Tricks ist extrem.

So haben etliche Szenen zum Beispiel so viele Lens Flares, dass selbst JJ Abrams vor Neid erblassen würde. Die Ausleuchtung jedes Bildes ist experimentell, viele Shots dauern mehrere Minuten, bis ein erlösender Cut kommt. Dazu gibts etliche Referenzen, nicht zuletzt an Stanley Kubricks Meisterwerk "A Clockwork Orange": Die lebenden Möbel von Buppas zweitem Sohn sehen aus wie das Dekor der Korova Milk Bar, das Bukuro-Quartier ähnelt dem Markt, auf dem Alex & Co einkaufen. Oh und Mera hat Beethoven als Klingelton, aber Klassik gibts bei Sono ja eh oft.

Die Reizüberflutung ist Programm, visuell wie akustisch. Eine echte Story kann sich darunter indes nicht entwickeln. Als Gerüst diente wohl Walter Hills Kultfilm "The Warriors", aber stark segmentiert und weil der Plot oft per Rap vorankommt, entwickelt sich auch kein echter Erzählfluss. Rap ist eh nicht meine Lieblingsmusikrichtung, und hier sind weder Lyrics noch Beats richtig toll, was dieses Problem noch potenziert.

Die Akteure sind immerhin mit Einsatz dabei, sei es der jugendliche Erzähler MC (Shota Sometani), sei es die kampfstarke Nana Seino oder der genussvoll sadistische Ryohei Suzuki. Nur Kultfilm-Veteran Riki Takeuchi ist echt unausstehlich. Als kannibalischer Boss chargiert bis zum Gehtnichtmehr, rappt katastrophal und schreit in der Gegend rum. Jede Sekunde mit ihm ist eine zuviel. Damit repräsentiert er aber eigentlich am besten den Film als Ganzes: Kult und Exzess auf Teufel komm raus, auch wenn dies zu Lasten von Dramaturgie und letztendlich auch Unterhaltungswert geht.

Für Freunde des Speziellen, Extremen, Wilden, Schlüpfrigem und Durchgeknallten ist "Tokyo Tribe" sicher kein Reinfall. Es ist ein Fleisch gewordener Traum pubertierender Buben, gefiltert durch Sion Sonos subversives Genie und seine Neon-Linse. Eine potente Mischung, die nur eben bald abschlafft. Vielleicht musste Sono diese Energie rauslassen, vielleicht muss er manchmal übers Ziel hinaus schiessen, um sich wieder zu fangen. So oder so: Ein faszinierender Typ bleibt er auf jeden Fall.

 

EXTERNE LINKS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit VLC 2.2.1 verkleinert und geschärft mit PictureConverter


 

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