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Drama
Japan 2013
Alternative Titel Tokyo kazoku; 東京家族
Regie und Drehbuch
Yoji Yamada
Darsteller Isao Hashizume, Kazuko Yoshiyuki, Masahiko Nishimura, Yui
Natsukawa, Tomoko Nakajima,
Shozo Hayashiya, Satoshi Tsumabuki, Yu Aoi,
Nenji Kobayashi, Jun Fubuki
Länge
148 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 0
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . | . |
©
Text Marco, molodezhnaja 10.9.2015
© Bilder Panorama, Screenshots molodezhnaja
STORY
Der pensionierte Lehrer Shukichi (Isao Hashizume) lebt mit seiner
Frau Tomiko (Kazuko Yoshiyuki) auf einer Insel. Ihr beschauliches Leben lassen
sie für einmal zurück, um ihre Kinder in Tokio zu besuchen. Den ältesten Sohn
Koiichi (Masahiko Nishimura), Tochter Shigeko (Tomoko Nakajima) and Nesthäkchen
Shoji (Satoshi Tsumabuki). Da sie alle viel zu tun haben, wird das alte Ehepaar
von Haus zu Haus geschoben. Die Kinder nehmen sich Zeit für sie, aber es ist
klar, dass das Stadtleben sie fest im Griff hat. Dabei würden sich die beiden
ganz besonders gerne mehr Zeit für Shoji nehmen, der noch keinen Job hat und
früher das schwarze Schaf war. Da trifft Tomiko jedoch auf Shojis Freundin
Noriko (Yu Aoi) und ahnt, dass alles doch gut kommen könnte.
REVIEW
Yasujiro Ozu ist einer der Regisseure,
die man blitzschnell am Stil erkennt. Der gefeierte Filmemacher drehte vor allem
in seiner späten Phase fast immer gleich, erzählte sich ähnelnde Geschichten. In
Filmschulen studiert man seine Art, die Kamera auf Hüfthöhe zu platzieren, seine
langen Shots, seine sanft sprechenden Figuren und seine sogenannten
"Kissen-Shots", die dazu da sind, Segmente des Films einzubetten, meist handelt
es sich um Stadt- oder Landschaftsaufnahmen oder Stillleben, also ein Kontrast zu
primär im Inneren gedrehten Szenen mit ihrem Fokus auf Menschen und Gesichtern.
All das macht Ozu zu einem leicht kopierbaren Regisseur. Doch wie wir allerspätestens seit Gus Van Sants gescheitertem "Psycho"-Remake wissen, macht Kopieren alleine noch keinen guten Film. Es braucht dieses Quäntchen Genie und vor allem die Leidenschaft für den angewandten Stil. Beides kann man nicht erlernen, man muss es einfach haben. Passend also, dass Yoji Yamada sich an einem Ozu-Remake versucht. Altmeister Yamada wurde während seiner Karriere immer wieder mit Ozu verglichen, auch wenn er sentimentaler und kommerzieller ist. Aber auch er ist ungeheuer verwurzelt in Japan und besonders in der japanischen Familie. Auch er kann subtil drehen, sich Zeit nehmen, Geschichten entschleunigen.
"Tokyo Family" ist nun Yamadas Versuch, komplett in Ozus Domäne vorzudringen: Zum 60. Geburtstag des Meisterwerks "Tokyo Story" entstand er als eine Art Remake. Der Begriff ist freilich sehr lose anzuwenden, denn die beiden Handlungen divergieren stark. Aber die Parallelen sind überdeutlich, Yamadas Versuch, einen klassischen Ozu-Film zu drehen, übersieht man kaum. Man erkennt Ozu in den (eher selten eingesetzten) Kissen-Shots, der hüfthohen Kamera, der langsamen Inszenierung, den langen Dialogen, der unaufgeregten Art, der nur sehr sporadisch eingesetzten Musik (immerhin von Miyazaki-Komponist Joe Hisaishi) und dem Blocking im Innern der Häuser, wo manchmal Türen und Wände prägnanter im Bild sind als der Rest.
Yamada geht nicht ganz so weit, Ozu in allen Belangen sklavisch zu imitieren, so gibt es etwa nur wenige Szenen, in denen Schauspieler im Profil zu sehen sind, ihren Kopf um 90° drehen und in Richtung der Kamera schauen (eine typische Ozu-Einstellung) und dafür gibts ein paar "gewagtere" Kamerawinkel wie Einstellungen erhöht von einer Treppe aus. Doch alle paar Sekunden kommt wieder eine Einstellung, ein Satz oder eine Szene, bei der man innerlich lächelt und "Ozu" sagt. Und das ohne Wut oder Hohn. Yamada ist selbst so gut, so sensibel, dass der Film auf eigenen Füssen steht und als Hommage durchgeht, nicht als Kopie. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der Zerfall der Familie bei Ozu pessimistisch interpretiert wurde und nun bei Yamada ist der Zerfall (oder eher das Auseinanderdriften) zwar auch zentrales Thema, aber deutlich optimistischer, mit mehr Vertrauen in die Jugend.
Zwei Fragen bleiben aber: Ist das überhaupt nötig? Und funktioniert es auch ohne Kenntnisse über Ozu? Nötig für das Wohl der Welt ist "Tokyo Family" nicht, aber welcher Film ist das schon. Man freut sich bei jedem Yamada-Film über zwei Stunden hochwertige Unterhaltung und auch dieser Film macht da keine Ausnahme. Wenn er gleichzeitig eine neue Generation mit dem Schaffen von Yasujiro Ozu vertraut macht, dann gibt es dagegen auch nichts einzuwenden. Ich bin nicht der allergrösste Fan von "Tokyo Story", der ja gemeinhin als einer der besten Filme aller Zeiten gefeiert wird - aber mein Respekt für Ozu und meine Achtung vor seinen Filmen ist nichtsdestotrotz gross. Daher ein Danke an Yamada.
Und funktionierts ohne Ozu-Drumherum? Oh ja. Dann sieht man "Tokyo Family" einfach als eine ungemein subtile und liebenswerte Studie einer Familie. Die Freundlichkeit, die in jedem Satz mitschwingt ist von Anfang an Balsam für die Seele. Diese Menschen gehen mit Respekt und echter Fürsorge miteinander um. Die Story indes ist nicht einfach dünne Oberflächlichkeit: So werden düsterere Passagen im Leben dieser Figuren angedeutet (der Opa z.B. war wohl Alkoholiker) und das Thema des Todes hängt angesichts der zwei alten Protagonisten auch über dem ganzen Film. Schon der Gedanke, einer dieser beiden herzensguten Menschen (wunderbar gespielt von Isao Hashizume und Kazuko Yoshiyuki) würde im Verlauf der Handlung sterben, lässt das Augenwasser in Startposition gehen. Egal ob es dann auch eintritt oder nicht: Yamada lässt uns so mit diesen Personen mitfühlen, dass der pure Gedanke schon reicht.
Und auch die weiteren Figuren sind traumhaft, etwa Jungstar Satoshi Tsumabuki (Smuggler), der den rebellischen Spross eigentlich ganz kuschelig spielt. Wüsste man es nicht besser, man würde ihm das schwarze Schaf der Familie gar nicht geben. Und wenn als Freundin dann noch Yu Aoi auftaucht, dann ist eh alles gülden. Jeder Film wird einfach mal per se besser mit ihr, auch wenn sie wie hier erst spät zu sehen ist. Dabei ist nicht nur ihr zweifellos entzückendes Aussehen ausschlaggebend, sondern auch ihre Chemie mit dem Co-Stars. Wenn sie erst ganz schüchtern und dann herzlich mit der alten Isao Hashizume spricht, dann geht die Sonne auf.
Wer mit diesem klassischen japanischen Bescheidenheits-Kino nicht viel anfangen kann, der wird durch "Tokyo Family" kaum bekehrt. Wer aber Ozu ehrt oder auch wer Yamada mag, der kommt auf seine Kosten. Der Film ist zu lang, die Dramaturgie fast etwas zu reduziert. Aber wer sich die Zeit nimmt, diese Familie kennenzulernen, ihre Freuden und Nöte zu teilen, der öffnet sein Herz für einfach nur rührendes und schönes Kino, das nicht auf Violinenorgien angewiesen ist, um seine Emotionen zu erzeugen. Sie kommen einfach ganz natürlich, eingebettet in sanfte cineastische Kissen.
EXTERNE LINKS
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Screenshots der DVD mit PowerDVD 12, verkleinert und geschärft mit Photoshop CS2
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