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> SODOM UND GOMORRHA
Stummfilmepos. Österreich 1922
Alternativer Titel
Sodom und Gomorrha - Legende von Sünde und Strafe
Regie Michael Kertész (Michael Curtiz)
Drehbuch Ladislaus Vajda, Michael Kertész
Produktion Sascha Kolowrat-Krakowsky, Arnold Pressburger
Kamera Gustav Ucicky
Darsteller Georg Reimers, Walter Slezak, Lucy Doraine, Erika Wagner,
Michael Varkonyi
Länge 180 Min. / 95 Min. (rekonstruierte Fassund)
Kinostart 13.10.1922 (Wien)
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
©
Text Marco, molodezhnaja 4.9.09
© Bilder Hoanzl,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Die verzogene Mary Conway (Lucy
Doraine) ist in reichem Hause aufgewachsen. Nun soll sie
nach dem Willen ihrer Mutter (Erika Wagner) mit dem ebenso reichen älteren Jackson Harber (Georg
Reimers) vermählt werden, doch ihr Herz schlägt eigentlich für den
Bildhauer Harry Lighton (Kurt Ehrle). Der will sich ob der Unerfüllbarkeit
seiner Liebe das Leben nehmen. Mary wendet sich darum von ihm ab - und dafür dem jungen
Studenten Edward Harber (Walter Slezak) zu: dem Sohn
ihres Verlobten! Im Traum versucht ein Priester, ihr klarzumachen, dass sie
sündigt, ebenso wie damals die Bewohner von Sodom und Gomorrha.
REVIEW
Mit Tausenden von Komparsen ist dieses
Mammutwerk das aufwendigste in der Geschichte des österreichischen Kinos. Die
Originalfassung von gut drei Stunden Laufzeit, die in zwei Teilen ins Kino kam,
gilt als verschollen. Doch dank des Filmarchivs Austria kommen wir immerhin in
den Genuss einer rekonstruierten Fassung von gut eineinhalb Stunden. Die ist
eigentlich lang genug, denn "Sodom und Gomorrha" ist alles andere als
Hochspannungskino. Drei Stunden würden also schon gehörig am Sitzleder zerren.
Hinter der Kamera stand der Ungar Michael Kertész (1886-1962), der später in Hollywood unter dem Namen Michael Curtiz Weltruhm erlangte - von ihm stammen unzählige Klassiker, darunter natürlich "Casablanca" und "The Adventures of Robin Hood". Insgesamt hat der fleissige Mann bei fast zweihundert Produktionen Regie geführt und es ist verständlich, dass angesichts der Brillanz seiner späteren Werke dieses frühe Opus etwas in Vergessenheit geraten ist, Opulenz hin oder her.
Neben dem Regisseur, dem immensen Aufwand und weiterer bekannter involvierter Personen ist es der Aufbau, der Interesse weckt: "Sodom und Gomorrha" bietet keine lineare Erzählweise, sondern kontrastiert vier nicht wirklich gut verknüpfte Handlungsstränge: Da ist die Hauptgeschichte in der Gegenwart sowie eine Traumsequenz mit expressionistischen Bildern, die zudem Traum-im-Traum-Szenen enthält, und zwar aus biblische Motiven der Sodom-und-Gomorrha-Geschichte sowie Historienfilm-Pomp in Syrien. Ganz selten ergeben sich daraus tolle Kontraste, wenn etwa die Dekadenz der beiden Sündenstädte mit jener des heutigen Kapitalismus gleichgesetzt wird.
Doch ebenso oft verpufft die Parallelschaltung. Weniger wäre vielleicht mehr gewesen - eine Haupthandlung, ein Traum, ein Bibelsegment. Und dies cleverer verschachtelt? Dann läge Potential in dem Stoff. In der vorliegenden Form schöpfen Kertész sowie sein Landsmann und Drehbuchautor Ladislaus Vajda (Kameradschaft, Die weisse Hölle vom Piz Palü) dieses jedoch nicht ganz aus. Also darf man sich den beiden spannendsten Aspekten widmen: Prunk und Gesellschaftsbild.
Ersteres haben wir unter anderem den beteiligten Filmarchitekten und Ausstattern zu verdanken, darunter der spätere Regisseur Edgar G. Ulmer und Julius von Borsody. Sie schufen bemerkenswerte Bauten, die es durchaus mit Hollywoods Dekor aufnehmen können. Was sich jedoch vor diesen abspielt, ist eher belanglos. Ein oft chaotisch choreografierter Brei aus Parade und Getanze, ohne Ziel und Dynamik. Nur ganz selten sehen die vielen Statisten nicht einfach aus wie wuselndes Personal, sondern tragen sie etwas zu Aussage oder Ästhetik des Werks bei.
Wenn die Opulenz der Opulenz willen, seelenlos und ideenarm, nicht mitreissen kann, dann vielleicht die Aussagen und Denkanstösse? Die Kapitalismuskritik ist beschränkt auf den Anfang. Und sie birgt wenig Sprengkraft. Später weht kurioserweise ein anderer Wind: Da wird die Lust der Frau plötzlich als Ursache allen Übels ausgemacht. Ob Mary, Lots Frau oder die Königin von Syrien, alle gespielt von Lucy Doraine: Die Verführungskünste dieser Damen sorgen für den Niedergang der Männer. Und diese reaktionäre Aussage wird nie ironisch gebrochen.
Da offenbart sich ein moralisierender Aspekt des Films - Lust und Sünde, wie damals in Sodom und Gomorrha, gilt es anzuklagen. Vor allem wenn sie von einer Frau ausgehen, die sagt "Ich brauche um mich herum Glanz und Pracht, ohne die ich nicht sein kann. Es ist klüger, man lebt, ohne zu denken". Das dargestellte Frauenbild im Film sorgt mitunter für Stirnrunzeln. Doch immerhin bietet es ein interessantes Abbild der Zeit nach dem Krieg, in dem das männliche Ego durch die 1918 besiegelte Niederlage der Mittelmächte einen herben Dämpfer erlitten hatte.
"Sodom und Gomorrha" bleibt damit ein eher enttäuschendes Werk. Zwar beeindrucken die Schauwerte und die Kessheit einiger Verführungsszenen. Doch mit chargierenden Akteuren, schlecht montierter Handlung, sinnentleertem Bombast, einem etwas-von-allem-aber-nichts-richtig-Stil sowie fragwürdiger Moral gibt es doch zu viele Rückschläge. Mag sein, dass die Originalfassung immerhin dramaturgisch besser funktioniert, doch so richtig Lust darauf, jene anzuschauen, will angesichts der fundamentalen Schwächen in der Kurzfassung auch nicht aufkommen.
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EXTERNE REVIEWS
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