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HUM TUM & SAATHIYA

2006 auf RTL 2

Zu Besuch bei der Mischung von "Hum Tum"
und der Synchronisation von "Saathiya" in Berlin.


 

Nachdem RTL II bereits so zuvorkommend war, mich zu den Synchronisationsarbeiten von Ich bin immer für dich da (Main Hoon Na, 2004) nach München einzuladen - Bericht hier - kam ich Ende November in den Genuss eines zweiten "Aufgebots". Diesmal gings nach Berlin, wohin RTL II die Mischung und Synchronisation einiger Bollywood-Filme verlagert hatte. Die Arbeiten fanden unter Schirmherrschaft des Synchronstudios Interopa statt, das für RTL II bereits die Bollywood-Filme Dil Ka Rishta, Swades und Chalte Chalte nachvertont hatte. Auch die deutsche Fassung von "King Kong" geht auf das Konto von Interopa.

Die eigentlichen Aufnahmen passierten im Haus der Blackbird-Studios, wo neben Bollywood-Filmen schon Disney-Klassiker und Hollywood-Blockbuster wie "Auf der Flucht" abgemischt wurden. Auch die deutsche Fassung von "Das Phantom der Oper" entstand in den Räumlichkeiten, dies in enger Zusammenarbeit mit Andrew Lloyd Webber, der mit der Produktion sehr zufrieden war - kein Wunder, ist Blackbird doch besonders stark bei Filmen mit hohem Musik- und Gesangsanteil.

Am Tag meines Besuchs auf dem Programm: Die beiden Bollywood-Werke Hum Tum und Saathiya, die der Sender Anfang 2006 ausstrahlen will. Da ich mich dem Thema Synchronisation bereits ausführlich gewidmet habe, kam diesmal die Mischung etwas mehr zum Zug. Doch zuerst ein paar Worte zu Saathiya. Der wurde synchronisiert. Am Regiepult sass abermals Dagmar Preuss, die Nummer eins ihres Fachs - kaum jemand in Zentraleuropa dürfte Bollywood-Filme derart routiniert für eine TV-Ausstrahlung aufbereiten wie sie. Jede Anweisung, jeder Klick sitzt. Ich kam zuerst jedenfalls kaum mit - was auch daran lag, dass gerade eine Gruppen-Synchronisation stattfand.

Die Kollegen von Hauptdarsteller Vivek Oberoi wurden von einem halben Dutzend Schauspieler und Sprecher mit deutschen Stimmen versehen. Die Gruppe stand abwechselnd oder im Team vor dem Mikrophon und setzte Dagmars Anweisungen professionell um. Die grösseren Sprechrollen waren bereits weitgehend aufgenommen - darunter auch jene von Pascal Breuer, der einmal mehr Shahrukh Khan die Stimme leiht. Khan tritt gegen Schluss des Filmes in einer Kurzrolle auf. Viele Fotos habe ich leider nicht gemacht, aber King Khan war praktischerweise kurz auf der Leinwand zu sehen, wie dieses Bild vom Aufnahmeraum zeigt.

Gleich im Saal nebenan bekam Hum Tum den letzten Schliff. Die Synchronisation war beendet, die Bilder bereits (weitgehend) aufbearbeitet. Was nun anstand, war das Abmischen. Vorstellen kann man sich im ersten Moment nicht viel darunter, doch ein Tag in den Händen der Profis verdeutlicht die Aspekte dieser nicht zu unterschätzenden Arbeit.

Am hochmodernen Pult sitzen Blackbird-Cheftonmeister Heiko Gigner und seine Misch-Cutterin Stephanie von Interopa. Sie spielen die 1350 Takes des Films ab und entscheiden, was lauter, was leiser gemacht werden muss, welcher Ton wie klingen soll und welcher Satz wann leicht verschoben wird. Kurz: Sie perfektionieren jedes Detail. Heikos Tochter hat seine Arbeit mit "Laut-und-Leise-Macher" umschrieben. Das kann ich kaum besser beschreiben, deshalb lass ich es gleich.

Hier ein Blick in den Saal von der Grösse eines kleinen Kinos. Auf dem Bild macht Heiko eine seiner seltenen Pausen.

Ebenfalls meist dabei ist Alexander König von RTL II, der mit dem 385-seitigen Drehbuch (was damit deutlich länger sein dürfte, als das Filmskript - falls es eines gab) im Hintergrund sitzt und sozusagen die Arbeit überwacht. Er ist vom Drehbuch über die Synchronisation bis zur Mischung involviert und erster Ansprechpartner bei allen möglichen Fragen, die während der Mischung auftauchen.

Was für Entscheidungen werden denn getroffen? Eine Aufzählung würde den Rahmen des Berichts sprengen. Aber es sind teilweise ganz banale Dinge wie "sollte diese Ohrfeige nicht lauter sein?" Hintergrundsgeräusche werden aus dem Original herausgefiltert oder müssen aus dem Archiv gezogen werden, etliche Aspekte werden sogar gegenüber dem Original verbessert, da die Tontechnik für die TV-Ausstrahlung noch besser sein muss.

Andere Szenen sind durchaus gravierend, wenn etwa eine Frage gestellt wird und die Antwort bereits aus dem Off zu hören ist, als die Frage noch nicht mal ausformuliert ist. Die Antwort muss entsprechend verschoben werden - aber nicht zu weit, denn sonst rutscht sie zu weit in die nächste Szene. Das Spielen mit den Tönen, den Klängen, den Lautstärken und den Nuancen haben Heiko und sein Team jedenfalls im Griff. Was ich von Hum Tum gesehen habe, funktionierte klasse. Besonders bei einer Komödie wie dieser, in der das Timing so zentral ist, kann eine Hundertstelsekunde am richtigen Ort entscheidend sein.

Nach einem Tag im Studio bewundere ich die Feinarbeit, die RTL II in die Filme steckt, noch ein wenig mehr. Die Streifen werden nicht wegen des Hypes eingekauft und schnell auf den Markt geworfen, der nach Bollywood-Nachschub giert. Vielmehr bekommt jedes Werk die Aufmerksamkeit, die es verdient und wird verarbeitet von Leuten, die ihr Handwerk verstehen und selbst eine Leidenschaft für das indische Kino mitbringen. Oder sie werden spätestens im Verlauf ihrer Arbeit danach süchtig.

Wann genau und unter welchem deutschen Titel die beiden Filme laufen, ist noch nicht festgelegt. Geplant ist die Ausstrahlung momentan für Anfang 2006.

 

Ganz besonderen Dank an:

Alexander König, Minea Bauer, Heiko Gigner, Dagmar Preuss

 

Links:

Blackbird Studios: http://www.blackbird-music.com/

Interopa: http://www.interopa.de/

RTL II: http://www.rtl2.de/

Meine letztjährige Rezension von HUM TUM: http://www.molodezhnaja.ch/india_h.htm#humtum

Meine bereits etwas ältere Rezension von SAATHIYA: http://www.molodezhnaja.ch/india_s.htm#saathiya

 

Ach ja: Berlin war kalt und ich sah mich zum Genuss meiner ersten Curry-Wurst genötigt. Sie war okay, aber enttäuscht war ich ja schon, handelt es sich doch um nicht viel mehr als eine Bratwurst in 'ner tomatigen Sauce. Worum die Deutschen manchmal einen Wirbel machen können, tsts. Alle Currywurst-Fans mögen mir meine Ignoranz verzeihen.

 

 


 

(c) molodezhnaja.ch 27.11.2005