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Historiendrama. Indien. Hindi
Alternativer Titel Padmaavat - Ein Königreich für die Liebe

Regie Sanjay Leela Bhansali
Drehbuch Sanjay Leela Bhansali, Prakash R. Kapadia

Produktion
Sanjay Leela Bhansali, Sudhanshu Vats, Ajit Andhare
Songs Sanjay Leela Bhansali
Kamera Sundeep Chatterjee

Choreografie
Ganesh Acharya, Kruti Mahesh Midya, Shampa Gopikrishna, Jyothi D. Tommaar
Darsteller Deepika Padukone, Shahid Kapoor, Ranveer Singh, Aditi Rao Hydari,
Jim Sarbh, Raza Murad, Anupriya Goenka, Ujjwal Chopra
Länge 164 Min.

Kinostart 15.1.2018
Box office classification Blockbuster
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 12

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco Spiess, molodezhnaja 13.2.2019
©  Bilder Viacom 18, Screenshots molodezhnaja


STORY
Ende des 13. Jahrhunderts reist Ratan Singh (Shahid Kapoor), der Herrscher des Rajput-Reichs Mewar, in das singhalesische Königreich, um Perlen zu beschaffen. Dort trifft er auf Prinzessin Padmavati (Deepika Padukone) und erliegt ihrer Schönheit. Er nimmt sie als seine zweite Frau in die Hauptstadt Chittor zurück. 1303 belagert jedoch Alauddin Khalji (Ranveer Singh), der Herrscher des Sultanats Delhi, die Stadt, da er von der sagenhaften Schönheit Padmavatis erfahren hat. Die Belagerung zeigt keinen Erfolg, daher entführt Auladdin seinen königlichen Rivalen Ratan mit einer List nach Delhi. Er käme nur frei, wenn Padmavati zu ihm nach Delhi kommt. Gegen den Willen der Berater stimmt Padmavati zu.

 

REVIEW
Die Darstellung von Sati in einem Film steht vor einem Dilemma: Zeigt man die Witwenverbrennung als tragisches Schicksal in einem durch Patriarchat und Religion dominierten Umfeld, dann hat man eine Tragödie inszeniert, etwas, was ein Unterhaltungsfilm in Bollywood kaum als grosses Finale verkaufen kann. Versucht man andererseits, die Verbrennung als heroische Tat zu verkaufen, sozusagen als Zeichen der weiblichen Willensstärke oder als ultimativer Akt des Widerstands, dann wirkt das verlogen. Denn am Ende steht die Auslöschung der Frau, gedrängt in eine vermeintlich ausweglose Situation.

"Padmaavat" wählt den zweiten Weg - und das klappt nach meinem Verständnis gar nicht. Das Ende des Films ist kein Spoiler, denn es liegt eine klassische Geschichte zu Grunde und im Vorspann des Films steht, er wolle "Sati nicht glorifizieren". Man weiss also, was kommt. Wenn es kommt, dann versucht Regisseur Sanjay Leela Bhansali alles, um zu zeigen, dass die Frauen stark sind, dass ihr Gang ins Feuer der ultimative Akt des Widerstands sei.

Das funktioniert freilich nur, wenn die Alternative zum Sati als Horror dargestellt wird. Drehen wir mal zurück: Die übelste Form von Sati, sofern man das überhaupt steigern kann, ist die Verbrennung beim Tod des Gatten. Sprich: Der Gatte ist tot, die Frau hat nun keine Hoffnung mehr, keine Existenz mehr, sie ist zu Nichts geworden. Die Selbstaufgabe ist der logische Schluss in diesem pervertierten Weltbild. In "Padmaavat" ist es aber nicht allein der Verlust des Gatten, der die Tat motiviert, sondern die Aussicht auf ein Leben als Sklavin unter einem neuen König.

Nun muss man bedenken, dass dies im Normalfall zu jener Zeit nicht immer das Schlimmste war: Frauen hatten eh keine Rechte und wurden oft wie Waren oder Kriegsbeute behandelt. Von einem Mann zu einem anderen zu kommen war für manche Frauen in der Geschichte sogar ein Segen, wartete am neuen Ort vielleicht gar mehr Emanzipation, mehr Freiheit, mehr Macht. Nicht immer, aber es kam vor. "Padmaavat" macht aber deutlich, dass der neue Ort, das Sultanat Delhi unter Alauddin Khalji (1267-1316), das übelste Schicksal bedeuten würde, denn der Herrscher ist ein blutrünstiger, triebgesteuerter Tyrann.

Und das ist schlicht manipulativ. Damit Sati als heroischer Akt ausgelegt werden kann muss der hinduistische König als liebenswerter, kultivierter Mann gezeigt werden, der muslimische dagegen als lebendes Monster. Im Vorfeld des Filmstarts gab es Proteste von Rajputen, also Nachkommen der stolzen hinduistischen Krieger, die glaubten, im Film würden sie negativ dargestellt werden. Eigentlich Grund zum Protest hätten jedoch die Moslems, die im Film als Invasoren dargestellt werden, als unkultivierter Mob, angeführt von einem lüsternen Sadisten (Nebenbemerkung: zum ersten Mal in einem so grossen Bollywoodfilm wird Bisexualität eingeführt, was löblich ist, doch sie wird ausgerechnet mit dem Schurken assoziiert, als wolle man zeigen, hey, der Kerl ist nicht nur böse, sondern auch pervers).

Sanjay Leela Bhansali war nie ein subtiler Regisseur. Doch hier übernimmt er sich mit dem Material gehörig. Und er kann sich nicht mal rausreden, er verfilme einen historischen Stoff, denn vieles an der Handlung basiert auf einem Mythos bzw. dem Gedicht des Sufi-Poeten Malik Muhammad Jayasi aus dem 16. Jahrhundert. Er hätte also die Möglichkeit gehabt, einige Probleme in dem Stoff abzuschwächen oder gar in eine neue Richtung zu lenken. Zum Nachdenken anzuregen.

Tat er nicht. Er wollte ein grosses Liebesepos voller Chauvinismus. Wie ich schon bei seinem Bajirao Mastani erklärt habe, kranken indische Historienepen oft an zwei Problemen: die verbissene Ernsthaftigkeit auf der einen Seite, um ja keiner Gesellschaftsgruppe auf die Füsse zu stehen. Und auf der anderen Seite die Figurenzeichnung, in der Frauen aufopferungsvoll bis zum Gehtnichtmehr sein müssen und Männer heissblütige Machos, die bei jedem vermeintlichen Angriff auf ihre Ehre gleich ein paar Kehlen aufschlitzen. Das ist hier auch der Fall, vielleicht noch extremer.

Machosprüche werden herumgeschleudert, Frauen werden zu Nebenfiguren degradiert, selbst wenn sie eigentlich die Hauptrolle spielen. Es geht um Tapferkeit und Werte und Traditionen, stets mit Pathos unterstrichen und glorifiziert, bis einem der Würgreiz einsetzt. Gefühle? Nie und nimmer. Alles wirkt so gestelzt, so vereinnahmt von Bhansalis Chauvinismus, dass Emotionen bei mir nie eine Chance hatten. Am menschlichsten kommt noch Alauddins erste Frau herüber, die weder Zwängen und Regeln noch Gelüsten folgt, sondern primär ihrem Herzen. Doch sie ist natürlich nur ein Mini-Charakter.

"Padmaavat" sieht meistens ganz gut aus. Mit einem Budget von 30 Millionen Dollar war er einer der teuersten indischen Filme überhaupt und das sieht man. Auch die Stars sind mit Innbrunst dabei, das geht bei Ranveer Singh wie so oft weit ins Chargieren herein, aber das passt immerhin zu seiner überzeichneten Figur. Die Schlachtszenen wirken etwas künstlich, aber imposant. Und die wenigen Songs sind anschaulich umgesetzt, selbst wenn bei "Ghoomar" Deepika Padukone digital nachbearbeitet werden musste, weil die Rajputen beklagten, eine ihrer Königinnen würde nie und nimmer mit freigelegten Lenden tanzen. Nun ist sie züchtig bekleidet.

"Padmaavat" ist kein wirklich guter Film, nur ein passabler, mit einigen fragwürdigen Werten, die vermittelt werden. Aber er ist spannend als Anschauungsobjekt dafür, dass Indien noch immer sehr rückschrittliche und reaktionäre Kräfte hat. Denn bei jedem historisch angehauchten Film wird protestiert, angeheizt von politischen Parteien oder Religionsführern oder beidem. Protestiert wird nicht mit einem Schreiben, nein, man geht auf die Strasse, zündet Häuser an, mordet sogar. Und alles nur, weil man glaubt, ein Film stelle dies oder jenes in ein schlechtes Licht. Würde kritische Fragen aufwerfen. Würde nicht die Form von Sexualität oder Glauben zeigen, die man für die korrekte hält. So kommt kein Diskurs zu Stande.

Wenn Künstler um ihr Leben fürchten müssen, weil sie es wagen, etwas zu hinterfragen, dann ist Fortschritt unmöglich. Indien ist ein zutiefst zerrissenes Land und Filme haben oft wie Kitt gewirkt, um alles zusammenzuhalten. Doch Filme müssen auch Themen aufgreifen können, die nicht jedem Individuum oder jeder Bevölkerungsgruppe passt. Hier war alles letztendlich viel Lärm um nichts. Und dafür zündeten radikale Hindus das Set an, in Haryana wurde ein Schulbus attackiert. Gerne würde ich sagen, "Padmaavat" sei ein wichtiger Film und solche Proteste zeigen nur, wie sich reaktionäre Kräfte wehren - doch da der Film selbst deren reaktionäres Denken durchaus stützt, erscheint das Ganze wie eine bizarre Farce.

 

EXTERNE REVIEWS 
imdb.com

Bollywood Hungama (4½/5)
Rediff (1½/5)

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit VLC, verkleinert und geschärft mit Picture Converter und Paint.net


 

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