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Historienfilm. Deutschland
Alternativer Titel -
Regie Veit
Harlan
Drehbuch Veit Harlan, Alfred Braun
Produktion Veit Harlan
Musik Norbert Schultze
Kamera Bruno Mondi
Schnitt Wolfgang Schleif
Darsteller Heinrich George, Kristina Söderbaum, Horst Caspar, Gustav
Diessl, Paul Wegener, Otto Wernicke,
Charles Schauten, Claus Clausen, Irene
von Meyendorff, Heinz Lausch, Kurt Meisel
Länge 107 Min.
Kinostart 1945
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
©
Text Marco, molodezhnaja 16.7.2013
© Bilder UFA,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Im Jahr 1807 fügt Napoleon der preussischen Armee bei Jena und Austerdadt herbe
Niederlagen bei. Nun verlangen die Franzosen, dass Preussen kapituliert, so auch
die Stadt Kolberg in Pommern. Der Bürgerrepräsentant Nettelbeck (Heinrich
George) will aber seine Stadt nicht einfach aufgeben, und mobilisiert eine
Bürgerwehr für den Widerstand. Ortskommandant Loucadou (Paul Wegener) will
lieber kapitulieren und ordnet gar Nettelbecks Exekution ein. Aber das Volk,
unterstützt vom tapferen und kriegserprobten Rittmeister Schill (Gustav Diessl),
wehrt sich. Loucadou übergibt daher sein Amt gezwungenermassen an den jüngeren
Major Gneisenau (Horst Caspar), der die Vorbereitungen trifft, um die Stadt
gegen Napoleons Truppen zu verteidigen - selbst wenn es das Leben aller kostet.
REVIEW
Es gibt unter den Propagandafilmen ein paar
echte Perlen. Besonders russische Filmemacher liefen selbst unter
kommunistischem Diktat zu Hochform auf, doch auch in Japan, Amerika und an
anderen Ecken der Welt entstanden selbst mit politisch dirigierten Vorzeichen
interessante Werke. Deutschland ist in dieser Liste freilich der Spezialfall:
"Triumph des Willens" ist legendäres Parteikino, Olympia
eine zeitlose Sportdoku, "Jud Süss" schockierend effektiv in seiner
antisemitischen Hetze. Die Deutschen hatten vor dem Aufstieg der Nazis
schliesslich eine der besten Filmindustrien der Welt, und auch wenn viele
Künstler mit Hitlers Machtübernahme flohen, so konnte die NSDAP doch noch
etliche talentierte Leute unter ihrem Banner vereinen.
Gehört auch
"Kolberg" in die Selektion beachtlicher Filme, die unter dem Propaganda-Aspekt
leiden? Teilweise. Als deutsche Antwort auf "Gone With the Wind", wie es
Parteisprachrohr Joseph Goebbels vorschwebte, schiesst der Film weit unter dem
angepeilten Ziel durch, ist er doch zu langweilig, zu sperrig, zu unverhohlen
propagandistisch. Doch immerhin zeigen die Nazis kurz vor Kriegsende, dass sie
doch noch einiges an Ressourcen für ihr Kino aufbringen können, weshalb
"Kolberg" stattlich aussieht. Das gilt ganz besonders für die finalen
Schlachtszenen, die zwar rein choreographisch nicht mit den Grossen des Genres
mithalten können, aber doch immerhin bemerkenswertes Spektakel bieten.
Doch eben: Unterhaltungskino war eher Mittel zum Zweck für Goebbels. Viel mehr
Gewicht legten er und sein filmischer Handlanger, Regisseur Veit Harlan ("Jud
Süss"), auf die Botschaft hinter dem Ganzen. Es geht um den Widerstand der
tapferen Preussen gegen die Franzosen: die moralstärkende Parabel auf den Kampf
der leidenden Deutschen gegen die mächtiger werdenden Alliierten also. Und dazu
ist "Kolberg" einfach jedes Mittel recht. Goebbels’ Propaganda-Floskeln sind
nahezu in jedem Satz zu finden, und selbst wenn einmal nicht gewollt, dann
immerhin unterschwellig. "Das ganze Volk wird die Armee sein. Der Sturm bricht
los" so ein Leitmotto hinter dem Ganzen. Wenn Nazi-Deutschland angegriffen wird,
dann kämpft jeder, vom Baby bis zum Greis, bis der Boden getränkt ist mit Blut.
Stolz, wehrhaft und schlau sind nur die Bürger und die Soldaten. Auf der
anderen Seite der Skala: Politiker sind Deppen, Künstler sind Deppen, Franzosen
sind Deppen, Pazifisten sind Deppen. Diese vereinfachte Figurenzeichnung, die
beim Publikum rasche Empathie respektive Abneigung hervorruft, ist im Kino der
Nazis besonders beliebt und auch hier ein massiv störendes Element. Alleine
schon das Verhalten des pazifistischen, weinerlichen Geigers, der natürlich für
sein Fehlverhalten ins Gras beissen muss, ist an Peinlichkeit schwer zu
überbieten. Und es ist nicht das einzige Beispiel. Immerhin gibt es manche
Schauspieler, die diese Charakter-Mankos mit Talent überspielen. Wenn man
Legenden wie Heinrich George oder Paul Wegener vor der Kamera hat, ist das nicht
erstaunlich. Vor allem George spielt kraftvoll, hat es gar nicht nötig, seine
Stimme in jedem Satz donnernd zu erheben.
Viele andere Akteure dagegen
spielen steif und lustlos. Mitschuld daran hat sicher auch Dr. Goebbels, der vor
dem Filmstart den Film massiv umschnitt. Er liess zu blutige Szenen ebenso
entfernen wie jene, die einen zu kriegsfeindlichen Ton hatten. Menschliche
Regungen blieben kaum mehr übrig, die wichtigsten Gefühle wurden Mut,
Patriotismus, Stolz und dergleichen. Selbst die eingebaute Liebesgeschichte ist
nicht viel wert. "Kolberg" ist daher in der existierenden Fassung ein kalter
Film, rein didaktisch aus Sicht der Propaganda, oft nur redende Gesichter mit
feuchten Augen, flammende Reden, viel Blabla mit Blut-und-Boden-Gedöns.
Es ist der teuerste Film der Nazi-Zeit, auch einer der letzten Grossfilme vor
der sich abzeichnenden Niederlage. Und weil Goebbels für den Dreh Tausende
Soldaten von der Front abzog und wertvolle Gelder verlochte, wurden die
Hintergründe der Produktion vor dem Volk geheim gehalten. Es solle nur das
Endresultat sehen, den mutigen Kampf beseelter Deutscher gegen die bösen und
übermächtigen Invasoren. Durchhalteparolen im Angesicht der Niederlage. Aber
immerhin technisch alles auf solidem Niveau mit bemerkenswertem Aufwand. Die
ungekürzte Fassung hätte vielleicht sogar das Zeug zum richtig guten Film, wer
weiss. Der demoagogische Inhalt indes, der bleibt, ob nun lang oder kurz, und
deswegen sollte "Kolberg" auch weiterhin nur mit dem nötigen Begleitwissen
angeschaut werden: Als Film ein historisches Dokument - inhaltlich jedoch nicht
historisch, sondern halbwahr, manipulierend und aus heutiger Sicht oft
erschreckend.
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EXTERNE REVIEWS
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