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Comicverfilmung. USA/GB 2010
Alternativer Titel -

Regie Matthew Vaughn
Drehbuch Matthew Vaughn, Jane Goldman nach dem Comic von Mark Millar, John Romita
Produktion Matthew Vaughn, Brad Pitt, Kris Thykier, Adam Bohling, David Reid, Tarquin Pack
Musik Ilan Eshkeri, Henry Jackman
Kamera Ben Davis
Schnitt Pietro Scalia, Jon Harris
Darsteller Aaron Johnson, Chloë Moretz, Christopher Mintz-Plasse, Nicolas Cage,
Marc Strong, Omari Hardwick, Xander Berkeley, Michael Rispoli, Lyndsy Fonseca
Länge 117 Min.

Kinostart CH 15.04.2010
Kinostart US
16.04.2010

 

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco, molodezhnaja 1.4.10
©  Bilder Universal, Screenshots molodezhnaja


STORY
Der unscheinbare Teenager Dave Lizewski (Aaron Johnson) will ein Superheld sein. Er hat keine Kräfte, kaum Charisma, ist nicht besonders eloquent und hat kein Geld. Aber davon lässt er sich nicht abhalten und bestellt einen grünen Tauchanzug. Der dient ihm als Superhelden-Dress und er wagt sich in die Nacht. Sein erster Einsatz bringt ihn ins Spital, wo ihm seine Knochen mit Metall verstärkt werden. Und seine Nerven nehmen keinen Schmerz mehr wahr. Daher wagt er sch abermals an die Front - und diesmal wird er bei einer mutigen Schlägerei gegen Schurken gefilmt. Er avanciert zur Internetsensation und gibt sich den Namen "Kick-Ass". Als solcher weckt er nicht nur das Interesse des brutalen Gangsterbosses Frank D'Amico (Marc Strong) und dessen Sohnes (Christopher Mintz-Plasse), sondern auch das zweier Untergrundkämpfer: Damon Macready (Nicolas Cage) und seiner 11-jährigen Tochter Mindy (Chloë Moretz
). Als Big Daddy und Hit-Girl ziehen sie gegen Bösewichter ins Feld, wobei die kleine Hit-Girl, von Papa eiskalt trainiert, eine wahre Tötungsmaschine ist. Das darf bald auch Kick-Ass miterleben, als er für seine Angebetete Katie (Lyndsy Fonseca) einen Auftrag ausführt und dabei in Lebensgefahr gerät. Hit-Girl hilft ihm aus der Patsche.

 

REVIEW
Krank? Ein wenig schon, das weiss auch Mark Millar ("Wanted"). Er war Co-Schöpfer der Comicvorlage von "Kick-Ass" und setzte bewusst auf jene Themen, die Reizrisiko bergen. Mit literweise Blut und einem Mädchen als Berserker war es aber nicht getan - Millar und sein Zeichner John Romita schufen gleichzeitig auch ein Comic-Epos, das der Popkultur ebenso huldigt wie der Postmoderne. Sozusagen der "Watchmen" fürs kindischere Publikum. Und das soll nicht abwertend gemeint sein, denn wenn ein Werk die volle Dröhnung Spass liefert, dann ist das Ziel erreicht.

Dass sich nun Claudia-Schiffer-Gatte Matthew Vaughn an die Verfilmung wagte, ist ein Glücksfall. Schon mit seinem letzten Werk "Stardust" zeigte er, dass er Ernsthaftigkeit und Skurriles durchaus mischen kann und dabei das Genre, in dem er arbeitet, nie verrät. So funktioniert "Kick-Ass" denn auch als schonungslose Parodie auf Superheldenfilme, nimmt diese aber stets absolut ernst. Ob es das Vater-Tochter-Duo oder der Titelheld ist - die Figuren funktionieren als Superhelden bestens. Ihre Heldentaten werden von wuchtiger Orchestermusik begleitet, es geht wahrlich um Leben und Tod und Regeln des Comic-Kinos werden befolgt.

Ein Clou (von vielen) ist, dass all dies in der "echten" Welt passiert. Das hat auch schon "Unbreakable" erfolgreich versucht, aber auf etwas andere Weise. "Kick-Ass" nimmt unseren Alltag und pappt Superhelden rein. Dies geht von Anfang an einher, wenn unser späterer Held erzählt, er sei ein ganz normaler Schüler, weder der lustigste noch der stärkste noch irgendwas. Seine einzige Superkraft sei die, für Mädchen unsichtbar zu sein. Er lebte, so meint er, so durchschnittlich wie viele Teenager. Und irgendwie erkannte ich mich darin ein wenig, wodurch der Realismus gleich angestiegen ist.

Ein anderer Clou ist der, dass die Protagonisten das Comic-Universum durchaus kennen. Spider-Man oder Batman werden immer wieder zitiert. Auch dies ist kein neuartiger Schachzug, aber er funktioniert bestens. Und nicht zu vergessen der letzte Clou: Der Film spielt in der modernen Welt von heute, in der das Internet eine ganz spezielle Rolle spielt. Prügeleien werden auf Youtube gestellt, Kick-Ass wird MySpace-Held und sammelt Facebook-Freunde, und eine dramatische Schlüsselszene wird im Internet übertragen, weil das Fernsehen angesichts der Gewalt lieber ausblendet.

Das alles sorgt für einen speziellen Touch zwischen ironischer Distanz und alltäglicher Beobachtungsgabe. Und zwischendrin wird eine packende Geschichte erzählt. Eine, bei der sich ein Bösewicht herauskristallisiert, ebenso sein Nachfolger. Eine, in welcher der Held in seine Rolle hieinwächst und in der harte Schicksalsschläge zu Rache und Blutvergiessen führen. Überzeichnet ist das alles auf alle Fälle, doch man verliert nie den Kontakt zum Film. Alles bleibt irgendwie, auf seine eigene verrückte Art, glaubwürdig.

Dabei helfen auch die Darsteller. Der Brite Aaron Johnson ("Frontalknutschen") ist für einen Verlierertypen zwar etwas zu gut gebaut, aber der 19-Jährige spielt den Geek bestens. Er drängt sich auch nie zu sehr in den Vordergrund, weshalb ihn manche als langweilig wahrnehmen werden, doch das ist die Idee dahinter. Das Rampenlicht gehört nämlich zwei anderen: Vater und Tochter, Big Daddy und Hit-Girl - aka Nicolas Cage und Chloë Moretz. Die beiden sind ein Paukenschlag, all ihre Dialoge machen Spass, ihr Waffenfetisch ist verrückt, ihre Einsätze sind blutig-genial. Cage kopiert dazu manchmal Ur-Batman Adam West, doch bleibt er ebenso oft auch dezent zurück, um die Bühne seiner Filmtochter zu überlassen.

Die 13-jährige Moretz ist die Attraktion Nummer eins. Wie sie durch die Lüfte wirbelt, ihre Gegner ausschaltet und danach einen frechen Spruch fallen lässt, hat Klasse. Es ist schnoddrig, es ist wild, es ist sowas von falsch und es ist blutig bis zum Aufjaulen. Bein abhacken, Hirne rausschiessen. Solches Zeug eben, was 11-Jährige so machen. Und in einer Sequenz darf sie im Dunkeln schiessen, als spiele man einen Ego-Shooter. Oh ich liebe die Sequenz, einfach weil er so wunderbar zur aktuellen Anti-"Killerspiel"-Polemik hier in der Schweiz passt. Sie klatscht den selbsternannten Moralhütern den Kriegshandschuh ins Gesicht und sagt "Hey, ihr Luschen, Gewalt kriegt man nicht aus der Unterhaltung raus".

Und warum auch? Ich hab den Film in all seiner blutigen Gloriosität, in seiner moralischen Verkommenheit aufgesogen, als eine Art westliche Antwort auf Takashi Miikes Ichi the Killer (wenn auch etwas weniger deftig als jener). Und nach dem Kino ging ich raus und schoss wild um mich? Quatsch. Ich habe gestrahlt wie ein Maikäfer. Das ist wohl auch einer alten Frau aufgefallen, die mich an der Tramstation Limmatplatz angesprochen hat, ob ich ihr nicht ins Tram helfen könne. Also fasst sie mich am Arm, ich begleite sie hinein. Wir setzen uns, sie erzählt mir von ihrer schmerzhaften Arthrose und bei der nächsten Station halte ich die Tür für sie auf und lass sie meinen Arm zum Aussteigen halten. Wir wünschten uns frohe Ostern und gingen unsers Wegs.

Die Moral dieser nicht erfundenen Geschichte? Der Mensch ist immer so blutrünstig, wie er selbst sein will - nicht wie ein Game oder ein Film ihn macht. Und genau aus dem Grund ist "Kick-Ass" nicht zu verbieten, nicht zu zensieren, sondern zu feiern. Ja er ist abartig und moralisch verkommen, aber er zelebriert dies nicht aus rein nihilistischen Absichten, sondern um zu zeigen, wie durchgeknallt die Gesellschaft ist und wie durchgeknallt man selbst werden muss, um da noch mitzuhalten. Selbst wenn man sich auf der guten Seite wiederfindet. Und das alles kommt hier nicht als politisches Manifest rüber, sondern als Spassgranate erster Güte.

Der Soundtrack, der schnelle Schnitt, das Comedy-Timing, die hitzige Low-Budget-Action - alles funktioniert bestens. Und in manchen Momenten wirds sogar richtig dramatisch. Wenn Hit-Girl eins auf die Fresse kriegt, dann tut das extrem weh, ein Beweis dafür, dass die Kleine nicht einfach eine Mini-Killermaschine ist. Und wenn eine wichtige Filmfigur ins Grass beisst, dann leidet man tatsächlich mit und das Lachen bleibt einem im Hals stecken. Dazu eine unschuldige Lovestory, ein herrlicher Bazooka-Einsatz, Vaughns Ehefrau auf einem Poster - und es gibt noch so viel mehr zu entdecken. "Kick-Ass" ist eine Wundertüte des Absurden, ein Festmahl des Anarchischen und eine Liebeserklärung an die Comic-Welt.

Seine 4 Sterne kriegt er meinerseits aber vor allem darum, weil er all dies nicht selbstgefällig und auf cool getrimmt präsentiert. Nein, hier sind tatsächlich echte Figuren am Werk, echte Emotionen. Einfach bedeckt mit viel Blut, Witz und Wahnsinn. Sollen die Sittenwächter protestieren, wenn Hit-Girl Worte wie cock, cunt und fuck sagt. Sollen sie aufjaulen, wenn die Kleine ein Hirn rausbläst. Denn solche Szenen sind nicht ernst zu nehmen, aber durchaus ernst gemeint. Stets als künstlich und cineastisch erkennbar - aber in diesem eigenen Universum gnadenlos konsequent. "Kick-Ass" weiss genau, was er sein will und was er tun muss. Er zielt direkt auf unser Lustzentrum, aber tut dies mit Patronen, in denen galliges Material steckt, ätzendes Zeug, das man so gar nicht in sein Hirn lassen will. Und gerade weil er so sperrig, so falsch ist, ist er so genial. Kick-Ass, der Spruch muss sein, kicks ass!

PS: Um sich etwas zu amüsieren, hier noch die "Kritik" der konservativen Daily Mail, die schon im Vorfeld eine Hetz-Kampagne gegen den Film gefahren hat und dann auch dementsprechend ihre Review verfasste. Eigentlich haben sie schon recht, wenn sie von "twisted, cynical und sick" reden - nur, boy, that's the fucking genius of it!

 

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EXTERNE REVIEWS 
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