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2006
> I'M A CYBORG. BUT THAT'S OK
Liebes-Tragikomödie
Südkorea 2006
Alternative Titel
Saibogujiman kwenchana;
싸이보그지만 괜찮아
Regie
Chan-wook Park
Drehbuch
Chan-wook Park, Seo.Gyeong Jeong
Produktion
Chan-wook Park
Darsteller Su-jeong Lim, Rain, Da-su Oh, Hie-jin Choi, Yong-nyeo Lee
Zuschauer 608'441
Länge 107 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 14
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
© Text Marco,
molodezhnaja 18.5.07
© Bilder CJ Entertainment,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Young-goon Cha (Su-jeong Lim) ist davon überzeugt, ein Cyborg zu sein. Darum
isst sie nichts mehr und versucht, an der Steckdose zu Energie zu kommen. Ihre
Mutter (Yong-nyeo Lee) lässt die junge Frau daher in eine psychiatrische Klinik
einweisen - wie zuvor schon Young-goons Oma, die glaubte, sie sei eine Maus. Im
Institut lernt Young-goon den etwa gleichaltrigen Il-sun Park (Rain) kennen, der
von seinen Mitinsassen verdächtigt wird, ihnen Gegenstände und
Charaktereigenschaften zu klauen. Young-goon hofft, Il-sun könne ihr Mitgefühl
"klauen", damit sie keine Skrupel mehr hätte, die Pfleger und Ärzte zu töten.
Il-sun jedoch sorgt sich mehr darum, dass die bereits abgemagerte Young-goon
nichts mehr isst.
REVIEW
Nach seiner Rache-Trilogie (Sympathy
for Mr. Vengeance, Oldboy,
Sympathy for Lady Vengeance)
vollzieht Chan-wook Park eine vermeintliche Drehung um 180° und inszenierte mit
"I'm a Cyborg. But That's OK" eine fantasievolle, romantische Tragikomödie. Nur
sein Flair für ausgefallene Ideen visueller wie inhaltlicher Art ist geblieben,
der Rest wirkt neu - und fast genauso gut. "Fast", weil Park aufpassen muss,
nicht zu einem Gimmick-Regisseur zu werden. Schon in
Lady Vengeance gab es Anzeichen
dafür, dass er coole visuelle Einfälle hat und dann ums Verrecken versucht,
diese irgendwie in seinen Plot zu bauen. "Cyborg" besteht fast nur noch aus
solchen Ideen und obwohl seine etwas episodische, nicht stringente Struktur
durchaus gewollt ist, so geht dabei Parks Kraft als Geschichtenerzähler
verloren. Und falls einmal keine Story mehr die Gimmicks zusammenhält, verlieren
auch die ihren Reiz.
So weit sind wir aber noch nicht. Im Gegenteil: "Cyborg" hat eine Story und eine gewitzte noch dazu. Es handelt sich um klassisches Boy-Meets-Girl-Material, einfach vor dem Hintergrund einer Irrenanstalt. Das Figurenkabinett dieses Instituts versorgt vor allem die Anfangsphase mit reichlich Humor. Wäre "Cyborg" ein US-Film, nicht wenige Kritiker würden wohl seine psychoanalytisch stereotype, ja fast schon beleidigende Zeichnung von Geisteskrankheit anprangern - und in gewissem Sinne kann man das auch Park ankreiden: Sich auf Kosten ernster Krankheiten amüsieren. Doch das Mitgefühl für die schrillen Aussenseiter ist jederzeit spürbar und die Pointen auf ihre Kosten sind meistens gar nicht so verletzend, wie man annehmen könnte. Im Verlauf des Films wird ausserdem klar, dass Parks Herz für die kaputten, für die Unverstandenen schlägt - "Sympathy for the Insane", sozusagen.
Darum gibts auch eine ganze Menge an Szenen, in denen diese ihre skurrilen Lebensweisheiten und -Gewohnheiten ausleben können. Ein Pärchen singt etwa vor dem Matterhorn den Schweizer Gassenhauer "S'Bärneroberland isch schön" in koreanischer Intonation! Und Young-goon und Il-sun geben sich, begleitet von einer entfesselten Kamera, allerlei fantastischen Trips hin, ob real oder in ihren Köpfen. Daher auch der episodische Charakter: Park hängt Szenen mit den Insassen aneinander, anfänglich ohne sichtbares Ziel, doch spätestens in der zweiten Hälfte, wenn alle Charaktereigenschaften der Figuren auf dem Tisch liegen und ihre Ticks bekannt sind, manifestiert sich Parks Ziel und der Plot im Bezug auf Young-goon und Il-sun nimmt Form an. Dann wird der Film wirklich schön und inmitten allen Chaos' auch romantisch. Schräg romantisch und skurril rührend, versteht sich.
Su-jeong Lim (A Tale of Two Sisters) ist dazu schlicht die perfekte Besetzung. Sie wirkt, wenn sie etwa ihr Zahnfleisch zeigt, nicht von dieser Welt und hat sich für den Part auf ungesunde 39 Kilo runter gehungert. Ihr Look ist kränklich und seltsam, doch er passt wie die Faust aufs Auge. Tänzer und K-Pop-Sänger Rain alias Ji-hoon Jung steht etwas zurück, doch er strahlt in der ungewöhnlichen Rolle viel Charme aus. Die zwei harmonieren auf alle Fälle prächtig.
In ihrem Zusammenspiel steckt auch der Kern des Films, viel zu viel lohnt es gar nicht, zusätzlich hinein zu interpretieren. Es klingt zwar etwas Kritik an einer fantasielosen, starren und kommunikationsfeindlichen Gesellschaft an und auch Eltern, die ihre Kinder nicht verstehen wollen, bekommen ihre Ohrfeige ab - doch da ist nichts wirklich durchdacht und liefert bestenfalls ein Nebengeräusch. Park ist nicht darauf aus, hier ein Statement abzugeben, und wenn doch, dann ist es ein vergleichsweise plumpes. Vielmehr nutzt er sein Setting, um in eine mal schräge, mal beunruhigende Welt der Fantasie abzutauchen. Er trennt dabei Realität und Gedanken der "Durchgeknallten" meist gut ab, so stellt sich eigentlich gar nie die Frage, ob Young-goon wirklich ein Cyborg ist: Die geradlinige Interpretation ist hier ausnahmsweise die sinnigste. Aber diese Trennung erlaubt es Park, alle Ideen, die ihm durch den Kopf gehen, in den Fantasie-Teil zu verlegen. Sinn machts dann alles schon irgendwie, so sein Motto. Oder anders: "Es ist ein schräger Film, aber das ist OK".
Einzig Young-goons Drang, die Ärzteschaft zu töten (auch das hält übrigens der Klassifizierung als Sozialkritik nicht stand) stiess mir sauer auf. Zu schöner klassischer Musik metzelt Cyborg-Young-goon mit vielen Squibs und in blutrünstiger Slow Motion das Pflegepersonal nieder. Das macht zwar im Kopf der Figur Sinn, doch Park verliert etwas zu viel Zeit damit, genüsslich in diesen Gewaltszenen zu schwelgen, die hier gar nicht so richtig hinpassen wollen. Nicht so richtig heisst aber auf der anderen Seite "ein bisschen schon" - denn in diesem Cocktail an Ideen ist letztendlich wohl alles erlaubt und gerade dieses Gefühl, man wisse nicht, was als nächstes passieren kann, gehört zu den Stärken des Films.
"I'm a Cyborg. But That's OK" dürfte rückblickend wohl Chan-wook Parks bislang schwächster Spielfilm sein, doch keinesfalls ein missglückter. Er beweist auf jeden Fall mehr Mut als der letzte Teil seiner Rache-Trilogie, wenn auch nicht dessen Stringenz. Vielmehr handelt es sich um eine wilde cineastische Jam-Session eines Künstlers, der vor Einfällen übersprudelt und dies auch in ein Kino-Gefäss drücken kann. Manchmal kocht was über, manchmal fällt was aus dem Rahmen, aber gerade dieses etwas Unfertige, dieses Ungezügelte macht den Film so reizvoll. Park-Fans, die seine Filme nicht nur der Gewalt wegen mochten, sondern die Experimentierfreudigkeit des Regisseurs geniessen, kommen hier jedenfalls voll auf ihre Kosten.
MEINE
DVD
Südkorea, Code 3, NTSC
Bild:
Anamorphic Widescreen
Ton:
Koreanisch 5.1 mit englischen und koreanischen
Untertiteln.
(DVD out of print)
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