Classics

Auf dieser Seite findet ihr gemischte Reviews zu Filmen, die mir etwas bedeuten oder bei denen ich im nachhinein das Gefühl habe, sollte etwas geschrieben werden -  Filme, zu denen ich bei Kinostart keine spezielle Seite oder Kritik geschrieben habe.

Die Page ist eine Ergänzung zur Top-12-Seite, auf der ich meine 12 Lieblingsfilme asführlich beschreibe - und in gewissem Sinn auch eine Ergänzung zur medium-Seite, wo ich aktuelle Kinofilme ausführlicher bespreche. Hier findet ihr die "weniger aktuellen" Filme wie z.B. "Starship Troopers", der 1997 ins Kino kam, als ich die Website noch nicht hatte.


JFK USA 1991

Buch, Produktion und Regie: Oliver Stone
Musik: John Williams
Mit: Kevin Costner, Tommy Lee Jones, Sissy Spacek, Gary Oldman, Joe Pesci, Donald Sutherland, Laurie Metcalf, Michael Rooker, Jay O.Sanders, Jack Lemmon, Walter Matthau, Kevin Bacon, Brian Doyle-Murray, Vayne Knight, Vincent D'Onofrio,

"JFK" ist der am besten geschnittene Film aller Zeiten. Für manche ist es "Panzerkreuzer Potemkin", für andere "A bout de souffle", für wieder andere "Star Wars". Doch keiner kommt je an "JFK" heran. Warum? Weil "JFK" drei Stunden lang ist und tonnenweise Material verflicht, so dass a) nie Langweile aufkommt, b) das Publikum stets mitkommt und c) eine Geschichte erzählt wird, die emotional funktioniert. "JFK" ist die Essenz der Schnittkunst - ich kann das einfach nicht oft genug betonen. Das hat nichts mit persönlichen Vorlieben zu tun (viele nennen bei dem "besten Schnitt" einfach einen ihrer Lieblingsfilme), denn "JFK" ist in meiner "Best-of"-Liste nicht in den Top-20 zu finden, aber die Bewunderung für seinen Schnitt kommt aus dem Herzen. Ein ganz ganz grosses Lob an den Exil-Aargauer Pietro Scalia ("Gladiator"), der mit Olvier Stone diese Mammut-Arbeit geleistet hat.

Ich komme nochmals kurz auf den Schnitt zurück, wenn ich mehr Fakten präsentiert habe. Zuerst aber zu den anderen Komponenten, die "JFK" zu dem Meisterwerk machen, das es ist. Ich fange beim "Unwichtigen" an. Da wäre die Musik. Komponist ist John Williams ("Star Wars", "Jaws", "Indiana Jones", "Harry Potter"), einer der Profiliertesten seines Fachs - doch er weiss sich zurückzunehmen. Die Musik ist relativ dezent, aber stets kraftvoll. Sie pusht die Handlung in den schnellen Schnittmontagen voran, sie untermauert die Emotionen. Ein perfekter Musik-Einsatz. Das gleiche Kompliment geht an Kameramann Robert Richardson, der oft mit Stone zusammenarbeitete und hier den Look des Films prägt. Die gefilmten Szenen harmonieren bestens mit dem Dok-Material und geben dem Film so viel Authentizität.

Die Story ... tja, da beginnt für viele das Problem. "JFK" ist extrem spekulativ. Oliver Stone gilt als Verschwörungstheoretiker, und was er uns hier auftischt, haut einen einfach um. Er kriegte nach diesem Film Morddrohungen und wurde als Lügner verschrien. Der Punkt ist, dass es egal ist, was Stone denkt. Er ist ein liberaler Querkopf, ein Unruhestifter - und "JFK" sein Beitrag zur Kontroverse. Seiner! Lest die geniale zweite Kritik, die Roger Ebert über den Film und speziell über das Wahrheits-Thema geschrieben hat (hier). Er schreibt absolut zutreffend, dass es einem Filmkritiker egal sein muss, ob Stone nun recht hat oder nicht. Der Punkt ist, dass seine Theorie nachvollziehbar bleibt - etwas, was er eben mit dem virtuosen Einsatz aller Mittel, die ein Filmemacher zur Verfügung hat, erreicht. Ich muss sagen, mich hat Stone sogar mit der Story überzeugt. Mag sein, dass es riesige Denkfehler hat oder manipulative Sequenzen, aber das hat jede Variante des Kennedy-Attentats, nicht zuletzt die noch immer offizielle Theorie der Warren-Kommission. Fakt ist, dass nichts Fakt ist. In diesem Fall ist alles spekulativ, wenn man so will - und ehrlich gesagt, habe ich gar nicht so viel Mühe, Stones Version zu unterstützen. Aber wie gesagt: Für die Qualität des Films ist es egal, ob Stone dies erreicht. Wenn er Leute von seiner Theorie überzeugen kann, ist das ein weiterer Beweis seines enormen Könnens als Filmemacher, wenn nicht, ist das nicht tragisch. Dann sieht man das Werk halt als Fiktion.

Genial inszenierte Fiktion - welcher andere Film kann schon 3 Stunden lang eine solche Spannung aufrechterhalten. Das schafft Stone eben vornehmlich mit Schnitt und Einbezug vieler Medien (u.a. Original-Filme wie der Zapruder-Film), aber auch durch nicht-technische Komponenten: Die Schauspieler. Stone hat ein gewaltiges Ensemble vor die Kamera geholt und jede Rolle brillant besetzt. Er braucht leicht erkennbare Köpfe, um sein Gewirr von Personen für den Zuschauer übersichtlich zu halten. Und Kevin Costner steht im Zentrum dieses Gewitters, stets irgendwie gelassen, aber stets emotional berührt. Es ist eine geniale Rolle, was in der letzten Stunde voll zum Tragen kommt. Oliver Stone bürdet Costner da nämlich einen der längsten Monologe der Filmgeschichte auf. Costner redet und redet, was in einem schlechten Film ein Show-Stopper wäre. Doch Stone schiebt die technische Raffinesse eben nicht beiseite. Er braucht die Originaldokumente, die Filme, die Fotos etc., um jedes von Jim Garrisons (Costner) Argumenten zu untermauern. Eine Collage von Beweisen und Hinweisen. Eine brillante Spekulation - voller Wut und Energie. Aber vor allem voller Fragen. "JFK" schuldigt zwar an, aber man hat stets nur das Gefühl, nur die Spitze des Eisbergs zu sehen. Stone will mehr an der festgefahrenen Kennedy-Theorie rütteln, als eine neue aufstellen. Er stellt einfache Fragen: Wer? Warum? ... und bringt so unseren Geist ins Rotieren.

Der beste Film eines grossen Regisseurs und genialen Filmtechnikers. Dies ist zwar meine Seite, aber zum Schluss lasse ich Kritiker-Guru Roger Ebert zu Wort kommen. Ein Ausschnitt aus seiner ersten Kritik, dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist: "Stone's film is hypnotically watchable. Leaving aside all of its drama and emotion, it is a masterpiece of film assembly. The writing, the editing, the music, the photography, are all used here in a film of enormous complexity, to weave a persuasive tapestry out of an overwhelming mountain of evidence and testimony. Film students will examine this film in wonder in the years to come, astonished at how much information it contains, how many characters, how many interlocking flashbacks, what skillful interweaving of documentary and fictional footage. The film hurtles for 188 minutes through a sea of information and conjecture, and never falters and never confuses us."

Roger Ebert (USA) 4/4
Tele (CH) 4/4
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Starship Troopers USA 1997

Regie: Paul Verhoeven
Musik: Basil Poledouris
Mit: Casper Van Dien, Denise Richards, Dina Meyer, Jake Busey, Neil Patrick Harris, Clancy Brown, Michael Ironside, Patrick Muldoon, Seth Gilliam

Warum haben 1997 viele Kritiker nicht begriffen, wie genial Paul Verhoevens Satire ist? Von Roger Ebert über die Washington Post, alle verschrien den Knüller als faschistoide Propaganda. Ja! Das ist das Stilmittel, das Paul verwendet - aber nicht die Message! Die englischen Kritiker haben das kappiert (Total Film: 5/5) und nun, ein paar Jahre später, schnallen es auch langsam die Amis: "Starship Troopers" ist ein Meisterwerk. Ein satirischer Geniestreich, der mit Riefenstahl-Bildern und tonnenweise Blut die Leute aufrüttelt.

Verhoeven ist ein liberaler Holländer, der den Zweiten Weltkrieg hautnah erlebte. Seine Abneigung gegen Nazis ist deshalb in seinem Blut. Aber er ist auch fasziniert von den Nazi-Greueltaten, von der Nazi-Propaganda. So wie etwa Francis Ford Coppola vom Vietnamkrieg gleichsam angeekelt und fasziniert war - erst das ermöglichte das Meisterwerk "Apocalypse Now". Verhoeven hat sein "Apocalypse Now" noch nicht gedreht - aber "Starship Troopers" kommt nahe ran. Er basiert nur noch lose auf Robert Heinleins Faschismus-Utopie (die ich gelesen habe). Doch während man bei Heinlein nie ganz weiss, wie gut er den faschistoiden Militärstaat findet, den er porträtiert, ist es einem gesunden Menschen bei Verhoeven sofort klar. Verhoeven steigt gleich mit Propaganda-Bildern in den Film ein. Die Texte ("Join Now!") sind an die US-Propaganda des Zweiten Weltkriegs angelehnt. Die Bilder (stramm stehende schöne Menschen) an die Nazi-Propaganda, allen voran Leni Riefenstahls stilprägenden Propagandafilm "Triumph des Willens" (1934, ***). Von Anfang an macht Verhoeven klar: Dies ist ein Nazi-Staat. Es gibt Gesetz und Ordnung. Es gibt fast kein Verbrechen. Es gibt die Todesstrafe. Es gibt Militärdienst. Alles ist sauber. Skizziert er also ein perfektes Nazi-Utopia? Eine Vision dessen, was wäre, wenn Hitler gewonnen hätte? Letzteres ja, aber er zeigt auch, dass es in dieser Welt keine Freiheit gibt, keine Individualität. Wer Verhoevens Zukunft als positiv anschaut, hat eine Schraube locker! Hier schlagen schon 90% der negativen Kritiken fehl. Der Kritiker von CNN zum Beispiel gehört für mich zur dümmsten Sorte Kritiker. Jene, die einem Meisterwerk Dummheit vorwerfen und selbst nicht über die eigene vorgefasste Meinung hinausdenken. Paul Tatara (der CNN-Kritiker) sah schöne Menschen in Nazi-Uniformen, also ist der Film faschistisch. Wie kann man nur so dumm sein, echt. In Ernst Lubitschs "To Be or Not to Be" (1942) gibt es Nazi-Uniformen. Ist er deswegen faschistoid? Nein eben gerade nicht - er macht die Nazis lächerlich! Verhoeven tut es auch - so offensichtlich man es nur tun kann. Er schmeisst es den Zuschauern ins Gesicht. Und es gibt trotzdem Leute, die zu dämlich sind, es zu sehen. Erinnert mich an Fight Club - vielleicht verteidige ich ja darum die beiden Satiren stets so energisch :)

Die Akteure. Einige Kritiker meinten "Melrose Place" meets "Triumph des Willens". Yep, das war die Idee. Dumme, schöne Kids zu zeigen, die den militärischen Führern bedingungslos folgen. Muss man dazu noch mehr sagen? Das ist doch kein Negativpunkt - das ist einer der positiven Aspekte an dem Film. Die FX: Grandios. Die Musik: Einer der besten Scores von 1997. Ich liebe Basil Poledouris. Wie er satirisch in den Film einsteigt und dann einen aufgeblasenen Marsch (à la "Imperial March") bringt, der gleichsam fasziniert und einem auch vorführt, wie effektiv solch triumphale Musik in Propaganda-Filmen funktioniert. Als Musik alleine gehört, ist Poledouris' Soundtrack einer der geilsten aller Zeiten - mit dem Film zusammen ist er das ironische Zückerchen. Kamera: Jost Vacanos Bilder sind einmal mehr glasklar. Jost & Paul machen das Gegenteil von Ridley Scott oder Steven Spielberg. Die arbeiten mit Nebel und Gegenlicht, um Atmosphäre zu erzeugen ("Legend", "AI" etc.) - Vacano erschafft sauberste Bilder. Perfekt ausgeleuchtete, sterile Bilder - in voller Absicht, denn das unterstützt die Vision der "sauberen" Zukunft. Bei "RoboCop" war das auch der Fall und funktioniert genauso blendend.

Ok, ich möchte "Starship Troopers" nicht als den intelligentesten Film aller Zeiten hinstellen. Er ist intelligente Satire, keine Frage - aber er ist auch ein höllisch geiler Trip im B-Film-Stil. Er mixt stilistisch zum Propagandafilm nämlich Kriegsfilm und Western. Getränkt in Blut kämpfen die wackeren Arier, sorry, Soldaten, gegen die Horden von Indianern, sorry, Käfern. Die Käfer sind eigentlich die unschuldigeren Wesen in dem Film. Die Menschen sind die Aggressoren. Anyway, das Käfergemetzel ist einfach superb. Eine wahre Achterbahn. Und der Film ist extrem fies. Da ist zum Beispiel Neil Patrick Harris ("Doogie Hauser"). Man muss den schrägen Kerl doch gern haben - und dann taucht er in SS-Kluft auf. Schock. Oder Denise Richards. Sie ist die Schlampe in dem Film - und da es ein Verhoeven-Film ist, gilt "gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin" - oder: Das gute Mädchen (Dizzy) verreckt brutalst, das böse Mädchen (Carmen) kriegt beide Männer und als der eine stirbt, bleibt ihr der Held. Die Schlampe kriegt den Helden - was für ein Verhoeven'sches Happy-End. Er bekam viele böse Briefe von wegen er solle doch die liebe Dizzy leben lassen, anstatt die böse Carmen. Faaaalsch, so ist es 1000% geiler.

Es gibt noch endlos mehr zu besprechen - z.B. Michael Ironsides köstliche Performance oder Verhoevens lockerer Umgang mit Nacktheit (um die Teens zum gemeinsamen nackten Duschen zu animieren war auch er bei dem Dreh nackt!), aber ich belasse es mal bei der nachdrücklichen Empfehlung: Schaut euch den Film an. Ein sarker Magen, ein offener Geist und Spass an trashigem Kino ist Voraussetzung. Ich habe den Film schon 10x gesehen - und er wird jedes Mal besser. Und mal ehrlich: Er lässt Heinleins Buch verdammt alt aussehen ...

Roger Ebert (USA) 2/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 3/4
Total Film (GB) 5/5
imdb


Star Trek II: The Wrath of Khan USA 1982

Regie und Drehbuch (uncredited):Nicholas Meyer
Musik: James Horner
Story und Produktion: Harve Bennett
Mit: William Shatner, Leonard Nimoy, DeForest Kelley, Ricardo Montalban, James Doohan, Walter Koenig, George Takei, Bibi Besch, Kirstie Alley

"Star Trek" at its best! Ich war immer froh, dass ich mich nicht auf die fast feindseligen Streitereien zwischen "Star Wars"- und "Star Trek"-Fans einlassen musste. Meine Leidenschaft gehört zwar ganz klar "Star Wars", aber "Star Trek" wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen. Ich habe alle Folgen der Original-Serie sowie "The Next Generation" gesehen, etliche Folgen von "Voyager" und "Deep Space 9" - und natürlich jeden der Kinofilme mindestens drei Mal. Von all den Leinwand-Inkarnationen gefällt den Fans nach wie vor "The Wrath of Khan". Obwohl ich persönlich "First Contact" vorziehe, widme ich "Khan" ein paar Worte. Zum einen ist er es, der die "Trek"-Reihe nach dem mässigen Abschneiden von "The Motion Picture" in Schwung gebracht hat, zum anderen hat er viele Parallelen zu "First Contact". Und es ist natürlich ein genialer Film.

Ein Grossteil des Lobes geht an Regisseur Nicholas Meyer. Er war damals ein recht unerfahrener Regisseur, aber ein begabter Künstler. Er schrieb Romane, Drehbücher, Bühnenstücke - und er liebt Kunst über alles. Das wird im Audiokommentar zu Paramounts "The Wrath of Khan"-Doppel-DVD überdeutlich. So war sein Ansatz für "Khan" der einer Oper. Gesten sollen mit grosser Kelle angerührt werden, Konfrontationen episch aufgeblasen werden und die Musik pompös erschallen. "Khan" ist genau deshalb grosses Kino. Weil Meyer es schafft, die Balance zwischen Intimität und opernhaftem Grandeur so brillant zu meistern. Khan selbst, bravourös gespielt von Ricardo Montalban, beweist dies am besten: In vielen Szenen ist er ruhig und diabolisch. Man kann sein Gesicht lesen wie ein Buch, die Narben seiner Seele zeichnen seinen Charakter. Doch er kann genauso die Dialoge genüsslich auf der Zunge zergehen lassen und herausposaunen. "Revenge is a dish that is best served cold. It is very cold in space." Herrlich!  

Doch auch die reguläre Crew ist famos. Shatner liefert die wohl beste Performance seiner Karriere ab (auch das übrigens Meyer zu verdanken, der Shatner so viele Takes spielen liess, bis er gelangweilt seine Star-Attitüden fallen liess), Nimoy ist reserviert-intelligent wie immer und Kelley sorgt für Humor und Menschlichkeit zugleich. Das Trio blüht hier regelrecht auf und Meyer hat richtig erkannt, dass nicht FX oder Action "Star Trek" zugrunde liegen, sondern dieses Trio und eine gute Story.

Das heisst nicht, dass es keine Action gibt. "Wrath of Khan" hat ein top Tempo und mündet in einer der besten "Trek"-Schlachten. Meyers Ansatz war nämlich der einer Seeschlacht. Captain Hornblower oder Captain Blood. So schweben die beiden Schiffe majestätisch aneinander vorbei während James Horners nautischer Soundtrack (an den ich mich übrigens erst gewöhnen musste, den ich nun aber perfekt finde) ertönt. Dies unterstützt auch das "Moby Dick"-Motiv, dass Meyer einflicht: Khan ist Ahab, besessen von Rache. Genau dieses Motiv nahm eben "First Contact" wieder auf - nur eine von einigen Parallelen. Und "Moby Dick" ist bei weitem nicht die einzige literarische Vorlage, die in "Wrath of Khan" drin steckt: Es hat "Peter Pan" (das Jugend-Motiv), eben "Horatio Hornblower" und Shakespeare (v.a. "King Lear"). All dies ist Meyers zu verdanken, dem Kunstfan und Intellektuellen.

Das Geniale an Meyer ist jedoch, dass er bei all diesen für Filmkritiker interessanten Details die Unterhaltung nie vergisst. Er macht Entertainment für relativ junge Leute - also muss auf der Leinwand auch etwas abgehen. Und das tut es eigentlich zu jeder Minute. Auch emotional. "The Wrath of Khan" dürfte wohl die emotionalste Folge der Reihe sein. Zuerst stirbt (in der TV-Version sowie der "Director's Edition") Scottys Neffe, dann gibt es familiäre Probleme bei Kirk - und natürlich Spocks Tod. Auch beim fünften Mal treibt der mir noch die Tränen in die Augen und es ist verständlich, dass die Fans damals ausgerastet sind. Es gibt zwar etliche kleine Hinweise darauf, dass Spock zurückkehrt, aber damals, als "Star Trek III: The Search for Spock" noch nicht beschlossen war, war die Aussicht auf ein Spock-loses "Star Trek" niederschmetternd. Und Meyer hat die Szene auch derart melancholisch gedreht. Ursprünglich sollte der Film nach Shatners bewegendem Satz "Of my friend, I can only say this: of all the souls I have encountered in my travels, his was the most... human" fertig sein, doch die Zuschauer empfanden dies als ein derart erschütterndes Ende, dass die Produzenten noch ein wenig Hoffnung hintendran setzten. Das funktioniert gut - genauso wie die Entscheidung, den berühmten Eröffnungsmonolog ("Space the final frontier ...  to boldly go where no man has gone before!") diesmal von Spock reden zu lassen - und ihn ans Ende zu setzen.

In meiner "Star Trek"-Rangliste steht "The Wrath of Khan" zwar "nur" auf Platz zwei, aber er ist ein grossartiges Stück Kino und ein Highlight der ganzen Reihe. Beliebt bei Kritikern und Fans (das gibt es ja selten genug) zeigt "The Wrath of Khan", was Science-Fiction alles sein kann - und dies mit Action, Humor, Witz und Tiefgang. "Star Trek" at its best, eben.

Roger Ebert (USA) 3/4
Tele (CH) 3/4
James Berardinelli (USA) 3½/4
Leonard Maltin (USA) 3/4
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Terminator II: Judgment Day USA 1991

Buch, Produktion und Regie: James Cameron
Mit: Arnold Schwarzenegger, Linda Hamilton, Edward Furlong, Robert Patrick, Joe Morton, Earl Bowen, Jenette Goldstein, Xander Berkeley

Für einige Puristen wie etwa Leonard Maltin ist "T2" bloss eine Kopie des Originals aus dem Jahr 1984. Es ist tatsächlich erstaunlich, was James Cameron (vielleicht mein absoluter Lieblingsregisseur) mit einem Mini-Budget von 6 Millionen Dollar damals anstellte. Er drehte mit "Terminator" einen mittlerweile klassischen Actionfilm mit grossartigen Charakteren, düsterem Look und knallhartem Plot. Ich mag den Film echt (* * * *), aber "T2" ist einfach genialer. Klar hat Cameron dieses Mal ein 100-Millionen-Budget und klar ist es auf den ersten Blick ein Entgegenkommen fürs jüngere Publikum, wenn der böse Terminator plötzlich gut ist, doch das sind Äusserlichkeiten. Dahinter verbirgt sich ein perfekt konzeptionalisierter, brillant inszenierter, fantastisch gespielter Action-Klassiker, der sich getraut, gravierende moralische Fragen zu stellen. Ist die Menschheit dazu verdammt, sich selber zu vernichten? Kann man sein Schicksal ändern?

Erst solche philosophischen Diskurse, die der Film vor allem in der ersten Hälfte durchläuft, heben "T2" auf ein Niveau, von dem anderen Streifen des Genres nur träumen können. Cameron geht noch viel weiter. So ist sein Dreieck Terminator - Sarah Connor - John Connor eine nukleare Familie, ein absurdes Abbild einer US-Familie am Rande des Abgrunds. Und innerhalb dieser Familie gibt es enorme Verschiebungen: Sarah Conner ist dieses Mal eigentlich der Terminator. Sie will einen Menschen erschiessen, sie denkt nur auf ein Ziel hin, ohne Verluste, während der Terminator eigentlich die Rolle von Kyle Reese aus "T1" spielt - er hat sogar einige ähnliche Dialoge ("Come with me if you want to live"). Cameron bescheisst das Publikum nicht, indem er Arnold plötzlich nett sein lässt. Selbst Arnold fand die Idee am Anfang nämlich doof - aber für das, was Cameron erzählen will, ist es die beste Lösung. Soll er doch im ersten böse sein, was hat das mit diesem zu tun? Terminator kann man mit einem Schraubenzieher umprogrammieren, was soll also daran albern sein, einen menschenfreundlichen Terminator zu haben. "A Boy and his Terminator" nennt Cameron manche Szenen, doch diese sind ja nur Kontrastprogramm. Heile Welt im Gegensatz zur sich vernichtenden Menschheit. Die Ironie dabei ist, dass ein Teil dieser heilen Welt kein Mensch ist, sondern Maschine.

Ironie steckt bei Cameron immer drin. Und natürlich auch Humor. Die One-Liner in "T2" gehören zu den bekanntesten überhaupt. "Hasta la vista, baby" ist vielleicht nicht der intelligenteste Satz aller Zeiten, aber er ist perfekt platziert. Er sitzt. Und bei Cameron sitzt immer alles. Er ist ein hochpräziser Regisseur, bei dem nichts dem Zufall überlassen ist - nicht bei der hochtechnisierten Inszenierung, auch bei der Story, bei der jedes Einzelteil zu einem Puzzle gehört und in ein Logikgerüst. Weit über eine Stunde baut Cameron dieses auf (auch mit Action-Einlagen dazwischen), bevor er etwa 40 Minuten vor Schluss zu seinem Markenzeichen kommt: Nonstop-Action. "Aliens" war 150 Minuten Nonstop-Action, "T2" kann damit nicht mithalten, aber nun zahlt sich alles aus, was Cameron vorher erarbeitet hat. Nie ist es einfach Action der Action willen, sondern Action, die dem Plot dient. Und das macht Camerons Filme ja so speziell in diesem Genre. Auch die Effekte sind der Story untergeordnet und darum funktionieren sie noch heute. Die Flüssig-Terminator-Effekte sind nun schon viele Jahre alt, sehen aber besser aus, als alles CGI-Zeug, dass man in Filmen des Jahres 2003 sieht. Cameron ist Perfektionist - und das zahlt sich aus. Zur Zeitlosigkeit trägt auch der Look bei. "T1" hat einen Neon-Look, der einen unmittelbar in die 80er bringt. Ich hasse diesen 80's-Look und allein deshalb kriegt "T1" die schlechtere Bewertung als "T2". Der hat nämlich einen universellen, zeitlosen - und genialen Look. Wenn der Terminator aus dem Lift kommt und Linda Hamilton albtraummäsig vor ihm wegkriecht - wenn der Terminator die Rosen fallen lässt und draufsteht - wenn der T1000 aus dem Boden aufsteigt und den Wachmann tötet - das sind Bilder für die Ewigkeit. Gleiches gilt für die Musik: Brad Fiedels mechanisch-krächzenden Töne und die hämmerenden Tunes sind einfach geil.

Was bei Camerons technischer Perfektion oft vergessen geht, sind die Schauspieler. Schwarzenegger ist perfekt in dieser Rolle, man kann sich niemand anderen darin vorstellen. Eine Rolle für die Filmgeschichte. Linda Hamilton spielt stets am Rande des Wahnsinns und ist gewaltig. Ihre physische Präsenz ist atemberaubend und ihre Performance massiv unterschätzt. Edward Furlong gibt sein Schauspieldebüt - und ist echt toll. Voller Natürlichkeit. Ab der Mitte des Films übernimmt er in der "Familie" praktisch die Kontrolle, er ist schliesslich der geborene Anführer, und Furlong schafft den Wandel perfekt. Robert Patrick ist Bedrohung pur. Und Power. Allein wie schnell der Kerl rennt, haut einem fast vom Stuhl. Die Nebendarsteller brillieren ebenfalls, allen voran Joe Morton, der Camerons Moral gut in die Story bringt. Camerons Moral zieht sich sowieso durch den Film. Ein Beispiel ist, dass wir Edward Furlong nie dabei sehen, wie er eine Waffe auf jemanden richtet. Cameron mag bekannt sein als Macho, als Actionprofi und bodenständiger Kerl, aber so etwas gibts bei ihm nicht. Es wäre auch Inkonsequent, denn er sieht ja gerade in der menschlichen Vorliebe zur Selbstzerstörung ein Fundament des atomaren Holocaust.

Ja, "T2" ist ein Moralstück, viele Zuschauer haben das gar nicht gemerkt. Die Szene etwa, in der Linda Hamilton das Haus von Joe Morton stürmt, ist pure moralische Werte-Vermittlung. Und die Zuschauer saugen es auf, weil es in grandiose Action verpackt ist. Und man kann es nur wiederholen: Die Action ist erste Sahne. Das Budget sieht man, kaum einer filmt Action wie Cameron. "T2" ist nicht einmal sein bester Film, doch einer seiner unsterblichsten. Wegen der Action, wegen der Charaktere, wegen der One-Liner, wegen der Moral, wegen der Warnung vor dem nuklearen Krieg, wegen dem genialen Look ... "Terminator II" ist ein Meisterwerk. Und Cameron tatsächlich sowas wie der König der (Film)-Welt.

Roger Ebert (USA) 3½/4
Tele (CH) 4/4
BBC (GB) 5/5
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