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Stummfilm-Doku. UdSSR
Alternative Titel Man With a Movie Camera; Der Mann mit der Kamera;
The Man with a Camera; Человек с киноаппаратом

Regie Dziga Vertov
Drehbuch Dziga Vertov
Produktion VUFKU

Kamera Mikhail Kaufman
Schnitt Dziga Vertov, Jelisaweta Swilowa
Darsteller Mikhail Kaufman, Jelisaweta Swilowa
Länge
67 Min.

Kinostart 1929

 

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco, molodezhnaja 17.9.2012
©  Bilder arte, Screenshots molodezhnaja


STORY
Der Kameramann Mikhail Kaufman filmt das Erwachen einer Grossstadt und wird Teil des Lebens der arbeitenden Bevölkerung, ihrer sportlichen Betätigung und ihrer Hingabe für den Fortschritt des Landes.

 

REVIEW
Braucht ein Film eine Handlung oder ergibt sich diese alleine schon aus dem Zusammenstellen der Bilder? Konstruiert der Zuschauer im Kopf einen eigenen Leitfaden, die eigenen Assoziationen zwischen den Bildern - und dadurch seine eigene Handlung? Die Frage kann man ich beim Anblick des Stummfilm-Experimentalwerks "Chelovek s kino-apparatom", bekannt unter seinem englischen Titel "A Man With a Movie Camera", durch den Kopf gehen lassen. Oder aber, man geniesst einfach diese Symphonie der Bilder. Denn auch wenn man diesen als Meisterwerk gefeierten Klassiker endlos analysieren und kinogeschichtlich einordnen kann, so bleibt es letztendlich doch eine virtuose Collage von Bildern. Rauschhaft montiert, kunstvoll komponiert.

Regisseur Dziga Vertov (1896-1954) geht es, nach seinen eigenen Worten im Vorspann des Films, darum, die "absolute Kinosprache" zu finden. Dazu brauchte er kein Drehbuch, keine Spielszenen, keine Zwischentitel. Das ist natürlich nur halbrichtig. So steht etwa sein Bruder und Kameramann Mikhail Kaufman oftmals auch im Bild drinnen und auch wenn nichts theatralisch gespielt ist, so sind Sequenzen mit Personen doch so arrangiert, dass sie für den Regisseur stimmen. Und insofern gibt es auch ein Skript, denn die Abfolge der Bilder ist ja nicht beliebig, sie erzählt - zwar nicht narrativ, aber assoziativ - eine Geschichte. Nämlich das Erwachen einer Grossstadt und ihrer Menschen, die ihrer Arbeit nachgehen, Sport machen und das Land so vorwärtsbringen.

"Chelovek s kino-apparatom" ist trotz allem schliesslich Propaganda. Nicht nur die Stadt (gefilmt wurde in vier Jahren in den Metropolen Moskau, Kiev und Odessa) erwacht, auch die Arbeiterschaft erwacht, der Kommunismus erwacht. Heute hat er freilich seinen propagandistischen Wert verloren, nicht aber seinen cineastischen. Denn Vertov versteht es meisterhaft, stets die richtigen Mittel einzusetzen, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Das beinhaltet auch Tricks wie Stop-Motion, Freeze Frames, Split Screen, Zeitlupe und Doppelbelichtung. So entsteht ein Einblick in das Leben der Stadt, ähnlich wie in damals beliebten Stadt-Dokumentationen wie "Berlin: Die Sinfonie der Grosstadt" (1927) aus Deutschland.

Dass dieser sowjetische Beitrag ein höheres Ansehen geniesst, liegt sicher auch an seiner Effizienz und Radikalität. Vertov und seine Ehefrau Jelisaweta Swilowa montierten mit einer damals ungewohnt hohen Geschwindigkeit, die meisten Shots haben eine Länge von 1-3 Sekunden, was viele damalige Zuschauer und Kritiker überforderte, aber eine ungeheure Dynamik erzeugt. Erst gegen Schluss wird das Ganze etwas repetitiv, aber weil "Chelovek s kino-apparatom" nur knapp über eine Stunde dauert, ist er Energie pur, stets vorwärts drängend, stets pulsierend.

Die Schwächen im Schlussteil sind nicht nur bedingt durch die Abnutzungserscheinungen der sich ähnelnden Montage-Kniffe, sondern auch darum, weil die Sportszenen "aus dem Volk gegriffen" sind. Sie haben daher freilich nicht die Eleganz oder Körperkult-Ästhetik von Leni Riefenstahls zehn Jahre später gedrehten Olympia. Der hingegen kann von der Kinetik des russischen Wegbereiters nur träumen, ist er doch nicht nur deutlich länger, sondern auch behäbiger. Bei "Chelovek s kino-apparatom" denkt man wohl nie an das Wort "behäbig".

Gehört dank all dem der Film auf eine Allzeit-Bestenliste? Die 2012er-Ausgabe der renommierten "Sight and Sound"-Umfrage, die alle zehn Jahre unter Filmkritikern durchgeführt wird, setzt den Film auf Platz 8 der besten aller Zeiten. Das ist mir dann doch deutlich zu hoch. Er ist revolutionär, er ist auch heute noch ein Genuss, doch mit narrativ fesselnden Werken kann er einfach nicht mithalten, dazu fehlt ihm ein Element zum kompletten Filmgenuss. Bilder alleine (und Musik übrigens, die hier freilich später dazukomponiert wurde) sind eben doch nicht die absolute Kinosprache. Sie sind Teil des Ganzen. Faszinierend für sich alleine und besonders in einem solch hochwertigem Konzentrat - aber eben nicht absolut geschweige denn umfassend.
 

 

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EXTERNE REVIEWS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint


 

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