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Dokudrama. Indien. Hindi
Alternativer Titel
Black Friday: The Shocking Truth Behind the '93
Bombay Blasts
Regie Anurag Kashyap
Drehbuch Anurag Kashyap nach dem Buch von S. Hussain Zaidi
Produktion Arindam Mitra
Songs Indian Ocean
Kamera Nataraja Subramanian
Darsteller Kay Kay Menon, Pavan
Malhotra, Aditya Srivastava, Dibyendu Bhattacharya,
Kishore Kadam, Gajraj Rao, Zakir Hussain, Imitaz Ali, Vijay Maurya, Pranay
Narayan
Länge 161 Min.
Kinostart 9.2.2007 (Indien)
Box office classification Below Average
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 16
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
© Text Marco,
molodezhnaja 18.3.07
© Bilder Adlabs,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Am 12. März 1993 explodieren an mehreren Orten in Bombay Autobomben, darunter an
der Börse, dem Passzentrum von Worli, dem Air-India-Gebäude, dem
Century-Bazaar-Einkaufszentrum und in mehreren Hotels. In
dieser grössten Bombenattacke Indiens sterben über 250 Menschen, Hunderte werden
verletzt. Der Polizist Rakesh Maria (Kay Kay Menon) leitet die Ermittlungen.
Durch die Festnahmen von Beteiligten wie Badshah Khan (Aditya Srivastava) wird
schnell klar, dass die Anschläge unter Führung von Tiger Memon (Pavan Malhotra)
stattfanden, der sich nach Dubai zu seinen islamistischen Geldgebern um
Dawood Ibrahim (Vijay Maurya) verzogen hat. Die indische Polizei nimmt sich
derweil vor, alle Beteiligten des Anschlags hinter Gitter zu bekommen.
REVIEW
"Black Friday" wurde 2004 fertig gestellt und
lief an mehreren Festivals, unter anderem in Locarno. In Indien blieb ein
Release verwehrt. Erst im Februar 2007 gelang es den Produzenten, den von
Kritikern gelobten Film in die Kinos zu bekommen. Der Grund für die Verzögerung
war ein juristisches Hickhack, denn "Black Friday" tut etwas, was unüblich ist
im indischen Kino: Er nennt die Namen. Jeder Terrorist, jeder Cop, jeder
Hintermann trägt hier den Namen der Protagonisten im Schreckenskarussell vor und
nach den Bombay Blasts von 1993. Dass Betroffene und ihre Familien Einsprache
erheben würden, lag auf der Hand, deshalb gebührt Regisseur Anurag Kashyap
grosses Lob dafür, dass er keinen Rückzieher gemacht hat und den Tatsachenroman
von S. Hussain Zaidi vorlagengetreu übernahm.
Das Resultat ist ein Bollywood'sches Dokudrama, wie man es selten sieht. Vergleiche mit den Grossen sind daher erlaubt, etwa Oliver Stones "JFK". Doch am ehesten bietet sich ein Vergleich mit Gillo Pontecorvos Meisterwerk "La Battaglia di Algeri" (1966) an, der ebenso wie "Black Friday" die Tatsachen nüchtern auf den Tisch legt und gängige Kino-Traditionen, wonach es eine Identifikationsfigur und einen Plot braucht, auf die Seite schob. Kashyap, der sich als Autor und Dialogschreiber von Filmen wie Satya, Shool und Water einen Namen machte, tut genau das: Ohne eine wahre Hauptfigur nüchtern die Ereignisse rekonstruieren und dokumentieren.
Da liegen Stärke und Schwäche des Films. Zu den Stärken komme ich noch ausführlich, doch die Schwäche ist das Fehlen einer Handlung. Das Aneinanderreihen der Ereignisse geschieht hier ohne echtes Ziel. Es geht nur darum, die Komponenten aufzuzeigen, und die sind weder investigativ noch neu, sondern bekannt und historisch auch dokumentiert. Das Rekonstruieren hat durchaus seinen Reiz, aber entzieht dem Film etwas die Emotionen. Die Ereignisse an sich sind schockierend, das Gezeigte faszinierend, doch ein Handlungs-Element, mit dem man Spannung generieren könnte, fehlt ebenso wie Charakterzeichnungen. Nicht einmal die Ermittlungen sind wirklich spannend, denn Kashyap baut sie stets gleich auf: Die Cops finden einen der Drahtzieher, verhören ihn brutal und jagen den nächsten. Ermittlungen gibt es keine, alle Resultate basieren auf den Verhören. So passiert es denn auch, dass wir einem Typen folgen, von dem wir wissen, dass er einer der Terroristen ist, und schlagartig steht mal die Polizei vor ihm. Segment beendet. Dieses episodische Feeling wird noch verstärkt durch die Kapitel-Einteilung.
Doch "Black Friday" bleibt trotz diesem in meinen Augen dramaturgischen Manko und trotz dem Umstand, dass Genre-verwandte Gegenstücke wie "JFK", "United 96", "Syriana" oder "La Battaglia di Alger" nicht erreicht werden, ein beeindruckender Film. Kashyap versteht es nämlich wunderbar, jede einzelne Szene packend umzusetzen. Die knallrot eingefärbten Verhöre sind vielleicht visuell etwas zu anstrengend, aber bei jeder anderen Sequenz stimmen Bild und Ton perfekt. Eine lange Verfolgungssequenz, in der der Verdächtige Imtiaz durch die Gassen und Winkel von Bombay (seit 1995, auch als Folge der Bombenanschläge offiziell Mumbai) rennt, ist phänomenal. Inszeniert ist sie im Stile der Hollywood-Thriller der 70er à la "French Connection" und wir sehen im Vorbeirennen das Alltags-Bombay: emsiges Treiben, schmutzige Plätze, überfüllte Bahnhöfe. Dieses Eintauchen in die reale Welt gelingt formidabel - auch an anderen Stellen. So reist etwa Badhsah Khan durch halb Indien, begleitet von der pseudo-dokumentarischen Kamera, und wir kriegen einen faszinierenden Einblick in das urbane Indien.
Parineeta-Kameramann Nataraja Subramanian findet denn auch immer den besten Winkel, der die Bildsprache trotzdem natürlich bleiben lässt. Diese Balance aus Dok-hafter Einfachheit und gezielter Bildkomposition ist wunderbar, in Kombination mit der tollen Montage des kaum erfahrenen Cutters Aarti Bajaj sogar fantastisch. Noch verfeinert wird die technische Überlegenheit durch das Ego-freie Spiel der Akteure. Sänger und Independent-Star Kay Kay Menon liefert einmal mehr eine tolle Darbietung und obwohl er faktisch so etwas wie der Hauptdarsteller ist, verschwindet er für grosse Teile des Films aus der Story. Seine Figur ist denn auch keinesfalls heldenhaft, denn er schreckt vor Folter und brutalen Verhörmethoden nicht zurück. Der zuvor höchstens als Nebendarsteller aufgefallene Pavan Malhotra (Don) ist ebenso eindrücklich als schmieriger Terror-Koordinator, der auf Rache und Macht aus ist, und Aditya Srivastava (Kay Kays Co-Star in Dansh) glänzt als nervöser Handlanger Badshah. Keine Stars, aber das tut dem Film gut, dadurch atmet er mehr Realismus.
Obwohl ich "Black Friday" nicht mit derselben Euphorie überschütte wie es manche indischen Kritiker getan haben, empfehle ich das Dokudrama vollumfänglich. Es beginnt und endet mit dem oft bemühten Gandhi-Zitat "An eye for an eye makes the whole world blind" und dahingehend ist auch die Botschaft zu suchen: Vergeltung führt zu Vergeltung. Und wie Kay Kay es einmal etwas lehrmeisterlich, aber wunderbar direkt, auf den Punkt bringt: "Jeder, der im Namen der Religion kämpft, ist ein verdammter Idiot". Dabei attackiert der Film keinesfalls nur die Moslems, die hinter den Blasts stehen, sondern ebenso die Hindus, welche die Babri-Moschee in Ayodhya zerstört haben und die Bombay Riots ausgelöst haben, die Hunderten von Menschen, primär Moslems, das Leben kostete und später als verlogene Rechtfertigung für die Bombay Blasts herangezogen wurden. Vergeltung folgt Vergeltung folgt Vergeltung. "Black Friday" zeigt genau das. Dafür gebührt ihm Respekt. Und er zeigt es technisch virtuos. Dafür gebührt ihm Beachtung.
MEINE DVD
Adlabs (IND), Code 0, NTSC
Bild:
Anamorphic Widescreen
Ton:
Hindi 5.1 und 2.0 mit englischen Untertiteln (Film und Songs).
Disk Rating * * * (Farblich oft sehr gut, Schärfe
bescheiden. Der 5.1-Ton [upmix?] klang auf meinem Panasonic-Gerät sehr schlecht,
2.0 war besser)
BESTELLEN
nehaflix (USA)
EXTERNE REVIEWS
imdb
indiafm.com (4/5)
Planetbollywood (10/10)
Rediff.com
(4/5)
SCREENSHOTS
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