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> TWIN PEAKS: FIRE WALK WITH ME
Mysterythriller. USA
Alternativer Titel Twin Peaks: Der Film
Regie
David Lynch
Drehbuch David Lynch, Robert Engels
Produktion Gregg Fienberg
Ausführende Produzenten David Lynch, Mark Frost
Musik Ron Garcia
Kamera Angelo Badalamenti
Schnitt Mark Sweeney
Darsteller Sheryl Lee, Moira Kelly, Ray Wise, Mädchen Amick, Dana
Ashbrook, Chris Isaak, Kiefer Sutherland,
Heather Graham, Kyle MacLachlan,
Peggy Lipton, David Lynch, James Marshall, Jürgen Prochnow, Miguel Ferrer, Eric
DaRae,
Lenny von Dohlen, Grace Zabriskie, Phoebe Augustine, David Bowie
Länge 134 Min.
Kinostart 1992
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
©
Text Marco Spiess, molodezhnaja 21.4.2017
© Bilder Spelling,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Eine junge Frau namens Teresa Banks wurde in Deer Meadow, Oregon,
ermordet. FBI-Regionalleiter Gordon Cole (David Lynch) beauftragt die jungen
Agenten Chester Desmond (Chris Isaak) und Adam Stanley (Kiefer Sutherland) mit
dem Fall. Derweil hat im FBI-Hauptsitz in Philadelphia Agent Dale Cooper (Kyle
MacLachlan) die Vision, dass es einen weiteren Mord geben wird: an einer blonden
Schülerin. Eine solche ist Laura Palmer (Sheryl Lee), die im Kaff Twin Peaks
lebt. Sie pendelt zwischen ihren beiden Lovern Bobby Briggs (Dana Ashbrook) und
James Hurley (James Marshall), wird daheim vom Vater Leland (Ray Wise)
terrorisiert, und driftet mit ihrer Freundin Donna Hayward (Moira Kelly) immer
weiter in eine Welt aus Drogen und Sex ab.
REVIEW
In der zweiten Staffel implodierten die Quoten der
Kultserie "Twin Peaks", auch deswegen, weil David Lynch den Fall Laura Palmer
abgeschlossen hatte, und sich stattdessen, typisch Lynch, in den Bereich von
psychedelischen Horror bewegte. Auch waren er und Co-Schöpfer Mark Frost kaum
mehr am Set, weswegen das Projekt etwas führerlos war. Der produzierende Sender
ABC zog also voreilig den Stecker und die Serie endete etwas unbefriedigend
offen. Deswegen waren die Fans entzückt, als Lynch bald darauf einen "Twin
Peaks"-Film ankündigte.
Doch statt der erwarteten Auflösungen gabs ein
Prequel. Und mit ihm nur tonnenweise mehr Fragen. Auch das typisch Lynch eben.
Und selbst wer mit der zweiten Staffel voller Traumsequenzen und wilden Trips
klarkam, der wurde hier von Anfang an nur mit drei Worten konfrontiert: What.
The. Fuck. "Twin Peaks: Fire Walk With Me" beginnt mit einer Serie völlig
bizarrer Szenen, einer Festnahme eines Schulbusfahrers vor dem Hintergrund
schreiender Kinder. Eine rot gekleidete Pantomimen-Frau, die Grimassen
schneidet. Und weit und breit weder FBI-Agent Kyle MacLachlan noch Twin Peaks
noch Laura Palmer.
Wenn MacLachlan endlich auftaucht, dann nur für eine
seltsame Sequenz mit David Bowie. So viel Verwirrung, so viel Kryptisches. Da
kommt es ironischerweise einer Erlösung gleich, wenn das Szenario zu Angelo
Badalamentis ikonischem Score nach Twin Peaks zu Laura Palmer wechselt.
Erleichterung angesichts eines sich ankündigenden Todes? Wir wissen ja, dass
Laura am Ende so wunderschön abstossend in Plastik eingewickelt das Zeitliche
segnen wird, insofern spielt Lynch hier fast sadistisch mit den Erwartungen der
Zuschauer.
Und nach ein paar Minuten wird auch klar, dass der Wechsel
nach Twin Peaks keine Erlösung war, sondern nun der Wechsel zum Horror vollzogen
wird: Was Laura durchmachen muss, ist der sprichwörtliche Albtraum hinter der
gutbürgerlichen Fassade. War Laura in der ersten Staffel ein Enigma, wird sie
hier zum Fokus, zum Objekt der Begierden und Opfer der Männer. Sheryl Lee
liefert eine famose Leistung, gleichermassen stark und verletzlich. Viele Fans
kamen nicht damit klar, diesem "reinen" Opfer eine Hintergrundgeschichte zu
geben, die sie Laura sogar noch etwas unsympathisch machte. Aber wie Lynch
korrekt konterte: Hat sie deswegen ihren schrecklichen Tod mehr verdient?
Apropos Fans: Jene der Serie waren dem Film nicht wirklich wohlgesonnen. Und in Cannes, bei der Premiere des Films, wurde er auch prompt ausgebuht. Die US-Kritiken fielen negativ aus, viele vermissten den Humor, der diesmal zynischer und weiter unter der Oberfläche zu finden ist. Doch in Europa kam dann die Trendwende, die Lynch-Fans machten die böse Ironie aus, die albtraumhafte Bildsprache. Viele Filmspezialisten schossen beim Konter-Lob ein wenig übers Ziel hinaus, das Slant-Magazin etwa kürte "Fire Walk With Me" zum besten Film des Jahres. Das ist mir dann doch zu übertrieben, denn bei aller Liebe: Der Film ist zu lang, zu wirr, und leidet unter seinen Produktionsproblemen.
So kam MacLachlan zum Beispiel erst spät an Bord, weshalb er nur kurz auftritt. Die Szene bringt nicht viel. Und bei aller Liebe für die Schauspielleistungen von Chris Isaak, Kiefer Sutherland und David Lynch selbst (der als FBI-Oberer eine Art ironisches Abbild von MacLachlans Cooper ist), so ist dieser Prolog so unwichtig für die Laura-Palmer-Geschichte, dass man nachher nicht mehr sicher ist, was er eigentlich sollte. Auch die psychologische Dichte, die manche Anhänger des Film ausmachen, ist an sich nur oberflächlich. Last but not least sind die Schauspieler um Lee herum nicht immer der Brüller, James Marshall etwa war schon in der Serie schwach und ist hier nicht viel besser. Und Moira Kelly hat nicht die Aura von Lara Flynn Boyle, deren Part sie übernahm.
Für mich ist der Twin-Peaks-Film daher eher ein Kuriosum. Ich
habe die erste Staffel als Teenager geliebt, die zweite war mir etwas zu
seltsam. Und zwei Wiedersichtungen Jahre später haben dieses Bild kaum
verändert. Vieles in Staffel eins, alleine schon der herrliche Pilotfilm, sind
TV-Geschichte und durchaus ein Vorgeschmack auf hohe Serienqualität, mit der wir
heute verwöhnt werden. Da kann dieses verspätete Film-Update nicht mithalten,
wirkt zu bewusst verkünstelt, zu bewusst schräg - ein Problem, dass Lynch in
vielen seiner Filme nicht abstreifen kann.
Insofern ist "Fire Walk With Me" auch eine Warnung vor zu
viel Hype für die neue Rückkehr nach Twin Peaks: Lynch drehte für den
Streaming-Dienst Showtime eine neue Serie mit vielen der alten Schauspieler. Die
Erwartungen sind gigantisch, aber Lynch ist Lynch, und der Mann hat nicht nur
immenses Talent, sondern auch einen verdammt sturen Kopf und einen etwas gar
übertriebenen Hang zum Wirren. Letzteres zusammengenommen birgt bei ihm das
Potential für Frust. Aber etwas, was Lynch immer schafft, ist es, zu
faszinieren. Und da bildet "Fire Walk With Me" keine Ausnahme!
EXTERNE REVIEWS
imdb.com
Screenshots der DVD mit VLC, verkleinert und geschärft mit Picture Converter und Paint.net
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