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> DIE SÜNDERIN

 


 

Drama. D 1951
Alternativer Titel
-

Regie Willi Forst
Drehbuch Willi Forst, Gerhard Menzel nach einer Story von Willi Forst
Produktion Rolf Meyer
Musik Theo Mackeben
Kamera Václav Vích
Schnitt Max Brenner
Darsteller Hildegard Knef, Gustav Fröhlich, Änne Bruck, Robert Meyn, J. Wolfgang Meyn
Länge 83 Min.

Kinostart 18.1.1951

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
.

©  Text Marco, molodezhnaja 6.11.09
©  Bilder Arthaus, Screenshots molodezhnaja


STORY
Als Marina (Hildegard Knef) 14 war, wurde ihr Stiefvater (Robert Meyn) von der Gestapo abgeführt. Das verwirrte Mädchen stürzte sich in die schicken Kleider der Mama (Änne Bruck) - und weckte die Lust ihres Stiefbruders Eduard (Jochen-Wolfgang Meyn). Das löste eine Katastrophe aus Seither schlägt sie sich im Nachkriegsdeutschland als Begleiterin reicher Herren durch - bis ei in einer Bar in München den verheirateten Maler Alexander Kless (Gustav Fröhlich
) trifft. Er wird ihre grosse Liebe, obwohl er todkrank ist. Um ihn durchzubringen, beginnt Marina, sich wieder zu prostituieren.

 

REVIEW
Den Schock kann man sich heute nur noch schwer vorstellen: Da war die deutsche Filmwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg dabei, sich zu erholen, und sich zur Zeit des aufkommenden Wirtschaftswunders auf die harmlosen Heimatfilme einzustimmen - und dann kam "Die Sünderin" ins Kino. Prostitution, Suizid, Lesbenkuss, Mini-Nacktszene und Sterbehilfe wurden darin gezeigt. Und die Sittenwächter liefen Sturm. Der Film sei ein "Faustschlag ins Gesicht jeder anständigen Frau" war der Tenor. Und weil die FSK den Film doch freigab, traten die Kirchenvertreter zeitweise aus Protest aus der Institution aus. Dieses Tohuwabohu machte den Film zum Gesprächsthema Nummer eins - und zum Grosserfolg mit vier Millionen Zuschauern allein in Deutschland.

Viel Lärm um nichts? Nein, denn der Wiener Regisseur und Schauspieler Willi Forst inszenierte mit seinem ersten Nachkriegsfilm in der Tat ein Werk, das Anstand und Sitte jener Zeit angriff, das es wagte, unbequeme Fragen zu stellen, und ein Porträt zu zeichnen, das nicht dem properen Wunschdenken entsprach. Natürlich ist manches daran plakativ, manches scheint gerade der Skandalwirkung wegen aufgegriffen zu sein, doch es bleibt ein mutiger Film, einer, der mit dem Tabubruch Werte weniger hinterfragt, als vielmehr anzweifelt, ob sie tatsächlich von allen auch gelebt werden. Er hält der Gesellschaft einen Spiegel vor.

Als echte Sozialkritik ist "Die Sünderin" wohl doch zu oberflächlich. Spannender ist er in dreierlei Belang: Der Frauenzeichnung, der Inszenierung und der Hauptdarstellerin - Hildegard Knef. Knef, die im ersten deutschen Nachkriegsfilm "Die Mörder sind unter uns" (1946) zu Ruhm kam, nutzte "Die Sünderin", um nach einem missglückten Intermezzo in Amerika mit Super-Produzent David O. Selznick ihre Deutschlandkarriere neu zu lancieren. Dank eines bravourösen Auftritts schaffte sie das mühelos. Knef spielt mit einer geheimnisvollen und verführerischen Aura. Sie hat meist nicht viel mehr zu tun, als traurig in die Kamera zu blicken, doch das tut sie wunderbar.

Dialoge bleiben ihr (und auch den anderen Akteuren) weitgehend erspart, denn fast der ganze Film wird aus dem Off von Knefs Erzählstimme kommentiert. Das verleiht "Die Sünderin" etwas Distanziertes und Gestelztes, aber auch etwas Literarisches, obwohl kein Roman als Vorlage diente. Manche der Texte sind durchaus raffiniert - besonders gewagt empfand ich etwa die Szene, in der sich Marina in Bars mit Nazisoldaten vergnügte und nach einem kurzen Cut mit US-Soldaten, wobei sie sinngemäss meint: Die Uniformen änderten sich, die Situation blieb dieselbe.

Überhaupt gab es einige politisch ungemütliche Nebenerscheinungen - vor allem die Sterbehilfe, die spät im Film zum Zug kommt, weckte unangenehme Erinnerungen an die Euthanasieprogramme der Nazis. Ein Vergleich, der freilich auch heute noch gerne in der Diskussion um Sterbehilfe eingezogen wird und hier letztendlich fehl am Platze ist. Schliesslich handelt es sich um das persönliche und ganz eigene Schicksal einer Frau. Und was für einer Frau! Zwar erscheint Marina oft als Anhängsel der Männer, als Bimbo und Nutte, doch sie ist es, die die Fäden zieht. Sie manipuliert die Männer, ihr Leben zu finanzieren.

Die Figur wandelt auf der dünnen Linie zwischen Emanzipation und Kontrolle durch den Mann. Auf der einen Seite ihre Weigerung, sich dem patriarchalisch ausgerichteten Gesellschaftssystem zu entziehen, und vor allem ihre Sexualität so einzusetzen, wie es ihr beliebt. Auf der anderen Seite aber auch ihre Aufopferung für Alexander. Sie prostituiert sich für ihn, ändert ihr Leben für ihn und opfert sich am Ende für ihn auf. Als feministischer Befreiungsschlag geht "Die Sünderin" daher nie durch, dafür war es wohl auch zu früh. Doch er zeigte dem deutschen Publikum, dass Frauen Bedürfnisse, Fantasien und Emotionen hatten, die nicht dem "Heimchen am Herd"-Ideal entsprachen (das es von der Nazi-Zeit in die Nachkriegsära rüberschaffte).

Forst inszeniert das alles durchaus edel. Reizvoll etwa sein Umgang mit Beleuchtung und Spiegelflächen. Und natürlich sein Fokus auf das Gesicht der Knef. Ihre Augen funkeln, ihr Gesicht erstrahlt selbst in Pein und Verzweiflung. Etwas statisch mag das alles manchmal sein, auch wegen der sperrigen Erzählstimmen-Dramaturgie, doch kurzweilig und visuell anregend allemal. "Die Sünderin" daher auf den Skandalfilm, der nicht viel taugt, zu reduzieren, klappt nicht: Es ist ein sehenswertes Werk, das etliche gesellschaftliche Aspekte der Nachkriegszeit auf interessante und kecke Weise aufgriff.

 

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EXTERNE REVIEWS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint


 

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