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> DIE STADT OHNE JUDEN

 


 

Stummfilmdrama. Österreich
Alternativer Titel -

Regie Hans Karl Breslauer
Drehbuch Hans Karl Breslauer, Ida Jenbach nach dem Roman von Hugo Bettauer

Kamera Hugo von Eywo, Eduard von Borsody
Darsteller Eugen Neufeld, Hans Moser, Anny Milety, Johannes Riemann,
Ferdinand Mayerhofer, Mizzi Griebl, Karl Thema, Hans Effenberger
Länge
88 Min.

Kinostart 1924
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 6

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik
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©  Text Marco Spiess, molodezhnaja 12.2.2020
©  Bilder Arte, Screenshots molodezhnaja


STORY
In der Republik Utopia wütet eine Wirtschaftskrise, die Hyperinflation heizt den Unmut weiter an. Das Volk macht die Juden dafür verantwortlich. Im Parlament pochen Antisemiten wie Volbert (Ferdinand Mayerhofer) und Bernart (Hans Moser), man solle alle Juden aus dem Land schaffen. Der Bundeskanzler (Eugen Neufeld) schwenkt aus taktischen Gründen bald auf diese Linie ein und zwingt tatsächlich alle Juden zum Wegzug aus Utopia. In der Stadt beginnt daraufhin der kulturelle und wirtschaftliche Zerfall.

 

REVIEW
Man kommt gar nicht drum herum, diesem Film zu attestieren, wie prophetisch er war. Man muss freilich ein wenig relativieren: Judenverfolgung, Pogrome und Wegweisungen sind keine Erfindung der Nationalsozialisten - sie ziehen sich durch die gesamte europäische Geschichte. Immer wieder mussten die Juden als Sündenböcke für Krisen herhalten und oft mit ihrem Leben bezahlen. Ein Roman mit dem Titel "Die Stadt ohne Juden" könnte daher problemlos irgendwann zwischen Mittelalter und Neuzeit spielen.

Doch das 1922 veröffentlichte Buch von Hugo Bettauer ist schon etwas spezifischer auf seine Entstehungszeit gemünzt - und da kommt eben wieder das Prophetische ins Spiel. So sind es Politiker, die aus Machthunger den Judenhass schüren, es wird Ariertum als erstrebbares Ziel angepriesen, während Jude-Sein als etwas Minderwertiges hingestellt wird. Also alles Ideen, wie sie nur ein Jahrzehnt später unter Adolf Hitler propagiert wurden.

In der Verfilmung durch Hans Karl Breslauer (1888–1965) ging ein Teil dessen freilich wieder verloren, denn er siedelt die Handlung nicht in Wien an, wie es der Roman tat - sondern im fiktiven Utopia. So fällt es leichter, zu sagen: "Wir sind nicht so, so etwas würde in Realität doch nie passieren". Doch dem zum Trotz hat der Stoff natürlich auch so noch gehörig Kraft.

Breslauer genauso wie Vorlagen-Autor Hugo Bettauer (der übrigens nur wenige Monate nach Veröffentlichung des Films von einem Nationalsozialisten erschossen wurde) verschleiern ihre Positionen nicht, machen von Anfang an klar, dass die Juden die Opfer von Machtspielen und Mob-Mentalität sind. Der Film erreicht seinen eigentlichen Höhepunkt, die Ausweisung der Juden, auch relativ früh.

Danach verliert die Story etwas an Energie. Der Niedergang des judenfreien Utopia muss natürlich gezeigt werden, doch es hat nicht wirklich spannende Figuren, an denen man diesen auch visualisieren kann. Ganz generell hat "Stadt ohne Juden" keine Charaktere zu bieten, denen man gerne folgt, aber das Problem wirkt im späteren Verlauf doppelt stark, weil die Dramatik nachgelassen hat, und es wenig gibt, um abzulenken. Aber immerhin bleiben doch noch ein paar Aspekte: Etwa die Bildgestaltung und Bauten, die einen manchmal mehr, manchmal weniger eindeutig expressionistischen Anstrich haben.

"Die Stadt ohne Juden" ist ein kompetent inszenierter und erzählter Film, aber vor allem ist er ein zeitloses Mahnmal. Wenn der Bundeskanzler feierlich ausruft "Wir können zufrieden sein, alles Fremde hat das Land verlassen", dann hat das auch heute noch grösste Aktualität. Die Idee, Sündenböcke für das eigene Leid zu finden (ob tatsächlich vorhanden oder nur eingeredet), ist nicht totzukriegen. Genausowenig wie Verschwörungstheorien, um diese kruden Ideen mit vermeintlichen Wahrheiten zu stützen.

  

EXTERNE REVIEWS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit VLC, verkleinert und geschärft mit Picture Converter und Paint.net


 

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