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Psychothriller. Frankreich / Deutschland
Alternativer Titel -
Regie
Andrzej Żuławski
Drehbuch
Andrzej Żuławski, Frederic Tuten
Produktion
Marie-Laure Reyre
Musik
Andrzej Korzynski
Kamera
Bruno Nuytten
Schnitt
Marie-Sophie Dubus, Suzanne Lang-Willar
Darsteller
Isabelle Adjani, Sam Neill, Margit Carstensen, Heinz Bennent, Johanna Hofer,
Carl Duering, Shaun Lawton, Michael Hogben, Maximilian Ruethlein, Thomas Frey,
Leslie Malton
Länge 118 Min.
Kinostart 1981
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
©
Text Marco, molodezhnaja 22.11.2011
© Bilder Bildstörung,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Mark (Sam Neill) kehrt von einer Geschäftsreise
nach Berlin zurück. Dort erklärt ihm seine Ehefrau Anna (Isabelle Adjani), dass
ihre Ehe am Ende ist. Mark rast vor Wut. Er lässt seinen Aggressionen freien
Lauf und findet Hinweise darauf, dass Anna ihn mit einem gewissen Heinrich
(Heinz Bennent) betrogen hat. Doch es scheint, als ob auch diese Affäre bereits
vorbei sei, und ein dritter Anna begehrt. Mark beauftragt einen Detektiv, um der
Sache nachzugehen. Die Spur führt in ein heruntergekommenes Wohnhaus, wo etwas
Monströses haust.
REVIEW
Dieser Bastard aus David Cronenberg und Ingmar
Bergman gehört zu den faszinierendsten europäischen Filmen der 80er. Er ist
einer der wenigen Filme, die gleichzeitig in Cannes für die Goldene Palme
nominiert waren und in England auf der "Video nasty"-Verbotsliste landeten
(1981-1999). Er ist Kunstfilm und Schocker zugleich. Wüst und poetisch in einem.
Hintergründig und vordergründig im selben Atemzug. Der Pole Andrzej Zulawski
verarbeitete mit seinem ersten und letzten englischsprachigen Film die Scheidung
von seiner Frau, der Schauspielerin Malgorzata Braunek. Und dabei ging er nicht
gerade subtil vor. Die Frau, energisch bis zur Schmerzgrenze gespielt von
Isabelle Adjani, ist hier ein bipolares Monster, ständig schreiend, ständig
fordernd, ständig anklagend - aber nie auch nur im Ansatz erhellend. Was hat
sie? Was will sie? Es bleibt, wie für viele Männer, ein Rätsel.
Adjanis Spiel mag in seinem
Exzess eine Durchhalteübung sein, doch es repräsentiert bestens Zulawski Umgang
mit dem Thema Scheidung. Wie Bergman seziert er die Beziehung gnadenlos - aber
er verabschiedet sich dabei vom Realismus und wechselt ins grotesk
Überzeichnete. Abneigung wird zu Hass, Streit zu Geschrei, Konflikt zu Horror.
Vielleicht eben so, wie Zulawski seine Scheidung rückblickend sieht, als
schmerzhafte Abnabelung zweier Symbionten voneinander, fast wie kalter Entzug
(Sam Neill liegt einmal schwitzend wie ein Junkie im Hotelbett). Das verliert so
rasch allen Naturalismus, dass man als Zuschauer ziemlich gefordert ist. Doch
man stellt sich im Gegenzug auch umgehend auf diesen Tonfall ein und folgt
Zulawski.
Wohin? Der Andrzej-Wajda-Zögling
Zulawski spielt mit verschiedenen Dingen. Etwa dem Gut-Böse-Schema, wenn Adjani
gleich zwei Rollen spielt: die hysterische Ehefrau in blau und die engelsgleiche
Lehrerin in weiss. Er spielt mit religiösen Motiven wie Glockenklang, Gebet und
Kreuzen. Und er wagt den Schritt in den Horror, wenn all die vorher noch rein
menschlichen Schockelemente sich in Kreaturen aus der Schmiede von
"E.T."-Schöpfer Carlo Rambaldi manifestieren. Es ist die komplette
Veräusserlichung, also die logische Folge des eh komplett nach aussen gekehrten
Spiels. In einem Film, in dem nichts subtil ist, sollte es auch nicht
überraschen, dass plötzlich ein Monster ins Spiel kommt. Das Monster ist von
Minute eins an da, in den Köpfen der Protagonisten.
Wenn es sichtbar wird, ist es die
Ausgeburt aus Adjanis Ängsten und Phantasien: ein Unding aus voller phallischer
Tentakeln, geboren von ihr selbst und nun ihr inzestuöser Lover. Eine
faszinierende Kreatur aus der Welt des Horrors im Kontext eines Arthaus-Films.
Deuten kann man das, wie alles im Film, mannigfaltig. Sexuelle Lesungen bieten
sich an, eine Gender study. Doch auch politische Interpretation, wenn Marks Haus
nahe der Berliner Mauer liegt, dem Symbol für die Trennung von Ost und West,
eine gewaltsame Scheidung der Welten, die im Osten ein kommunistisches Monster
geschaffen hat. Doch noch besser ist es, man spürt den Film. "Possession" lässt
viele Lesearten zu, und ist doch irgendwie simpel gestrickt: die Fleischwerdung
eines traumatischen Prozesses. Philosophie und Politik, die in Blut und Schleim
versinken.
In Zulawskis Händen wird dies zu
einem eindringlich-hypnotischen Trip voller erschreckender Bilder und
beängstigender Auswüchse. Die Kamera steht nie still, die Akteure kommen nie zur
Ruhe, die Musik quietscht und stottert sich voran, Berlin wird zur albtraumhaften
Kulisse für einen Überwachungs- und Kontrollstaat. Alles wird hier unterdrückt,
alles will herausplatzen, herausquellen. Selbst eine Ballettstunde ähnelt da
einer Vergewaltigung, eine Geburt verkommt zum widerlichen Taumel. Das ist
sicherlich nichts fürs Massenpublikum. Aber auch nur beschränkt fürs
Kunstpublikum. Genau dieses Zwischen-den-Stühlen-Kino gibt es eigentlich viel zu
selten. Kino, das kompromisslos seine Vision auftischt, so abstossend sie auch
sein mag. Kino, das aus den Vollen schöpft.
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EXTERNE REVIEWS
imdb.com
Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint
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