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Drama. Italien
Alternativer Titel Pigsty

Regie Pier Paolo Pasolini
Drehbuch Pier Paolo Pasolini
Produktion Gian Vittorio Baldi

Musik Benedetto Ghiglia
Kamera Tonino Delli Colli, Armando Nannuzzi, Giuseppe Ruzzolini

Schnitt Nino Paragli
Darsteller Pierre Clémenti, Jean-Pierre Leaud, Alberto Lionello, Ugo Tognazzi,
Anne Wiazemsky, Margherita Lozano, Marco Ferreri, Franco Citti, Ninetto Davoli
Länge
98 Min.

Kinostart 1969

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik

©  Text Marco, molodezhnaja 3.10.2012
©  Bilder Eureka, Screenshots molodezhnaja


STORY
Im Mittelalter durchstreift ein junger Mann (Pierre Clementi) ein trostloses, karges Land. Nahrung bietet das Gelände keine, daher jagt der Mann Menschen, die ihm über den Weg laufen - und verspeist sie. Frauen vergewaltigt er zuerst. Doch da werden religiöse Kämpfer auf ihn aufmerksam. Viele Jahrhunderte später, anno 1967 im westdeutschen Bad Godesberg: Der Industriellensohn Julian Klotz (Jean-Pierre Leaud) begibt nach einem Diskurs mit seiner politisch engagierten Freundin Ida (Anne Wiazemsky) in eine Art Koma. Sein Vater Herr Klotz (Alberto Lionello) versucht, zu helfen. Ausgerechnet jetzt taucht sein Geschäftsrivale Herr Herdhitze (Ugo Tognazzi) auf. Die beiden Altnazis kommen ins Gespräch - auch über Julians geheime Vorliebe: Schweine.

 

REVIEW
Irgendwie faszinierend und irgendwie saudoof: "Porcile" gehört in jene Ära, in welcher der umstrittene Pier Paolo Pasolini sich vom narrativen Kino seiner Frühphase ("Accatone", "Mamma Roma") verabschiedete, und sich neu orientierte: hin zu assoziativen, satirischen, poetischen, anrüchigen und intellektuellen Filmen, was in seinem letzten Werk "Salò o le 120 giornate di Sodoma" gipfelte. "Porcile" ist noch nicht so krass, hat weniger Sprengkraft, doch frei fabulierend führt er Kapitalismus, Kannibalismus, Sodomie und Faschismus zusammen. Das schreit nach Kontroverse, auch wenn eigentliche Aussagen oder Ideen eher vage formuliert sind, höchstens postuliert durch die interpretierenden Zuschauer und Kritiker, weniger durch den Film an sich.

Der Mangel an Fokus ist kurios, weil der moderne der beiden Handlungsstränge extrem geschwätzig ist und die Dialoge rasch um Politik kreisen, um Judenhass, Schweine, Geld, Macht. Viel Blabla und viele Schlagwörter um wenig Inhalt. Die andere Geschichte im Mittelalter hat derweil fast gar keine Dialoge, erst gegen Schluss sind Dinge wie dieser legendäre Satz zu vernehmen: "Ich tötete meinen Vater. Ich ass Menschenfleisch. Ich zitterte vor Freude". Das alles will was bedeuten, will was meinen, tut es aber nicht wirklich. Auch die Verquickung der beiden Geschichten funktioniert nur halbherzig. So lässt Pasolini offen, ob die Mittelalter-Szenen in Julians Unterbewusstsein Gestalt annehmen oder nur das Leitmotiv "der Kapitalismus frisst seine Kinder" noch von einer anderen Warte aus betrachtet. Allerdings ist von Kapitalismus in jenen Szenen nichts zu entdecken, nur etwas Kirche, aber auch das nur am Rande.

"Porcile" stellt also einfach vieles in den Raum, ohne sich gross damit aufzuhalten, miteinander zu verknüpfen. Figuren reden ins Leere, die Mittelalterepisode schockt ohne Widerhall, die Nazi- und Fascho-Ideen wirken ausgesprochen vonKarikaturen, die Politdiskussionen der Jüngeren ähneln einer tranigen Parodie von politisch aktivistischen Filmen jener Zeit. Selbst das Schauspiel der teilweise prominenten Besetzung variiert extrem, von überzeichneten Witzfiguren bis hin zu schweigsamen und zurückhaltenden Einzelgängern. Schlecht agiert niemand, doch man glaubt nicht immer, dass hier alle im selben Film unterwegs sind.

Nichts zu bemängeln gibts indes an der Optik: Die Mittelalter-Bilder in der Vulkanumgebung haben einen beeindruckenden Endzeitcharakter, während die modernen Szenen den grossbürgerlichen Protz wunderbar an dessen Lethargie und Steifheit koppeln. Dass Klotz im Rollstuhl sitzt, unterstreicht dies noch: unbeweglich und impotent sei der Kapitalismus, gefangen in Schlössern und Ornamenten, während die Kinder verrotten, sich lieber mit Schweinen abgeben. Auch da: Pasolini schmeisst mit Ideen um sich, manche reizvoll, andere gesucht, sicher nicht auf demselben Niveau wie es in den Klassikern von Luis Buñuel der Fall ist.

Gänzlich abschreiben kann man "Porcile" sicher nicht, dazu sind Look und Atmosphäre zu eindrücklich, sind Pasolinis Mut und Intellekt zu offensichtlich. Doch der Regisseur verrennt sich ein wenig, verpasst die Chance, seine Gedanken in Filmform gefasst ans Publikum zu bringen. Was wir stattdessen bekommen ist ein Mix aus Poesie und Schock, aus Satire und Horror, aus Überladenheit und Leere, aus Ideenreichtum und Plapperei. Dass Pasolini ein faszinierender Filmemacher ist, steht ausser Frage, und dieses Kuriosum passt bestens in dieses Bild. Doch dass der Meister manchmal zu verbissen und daher abgehoben inszenieren konnte, ist auch nichts Neues. Auch davon legt "Porcile" Zeugnis ab.

 

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EXTERNE REVIEWS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint


 

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