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Historienfilm. CSSR
Alternativer Titel Witchhammer
Regie Otakar
Vávra
Drehbuch Otakar Vávra, Ester Krumbachová nach dem Roman von Václav
Kaplický
Produktion Barrandov Film
Studios
Musik Jirí Srnka
Kamera Josef Illík
Schnitt Antonín Zelenka
Darsteller Vladimír Smeral, Elo Romancik, Josef Kemr, Sona Valentová,
Blanka Waleská, Lola Skrbková
Länge 102 Min.
Kinostart 1970
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
©
Text Marco Spiess, molodezhnaja 11.7.2018
© Bilder Second Run,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Mähren Ende des 17. Jahrhunderts: Eine alte Bettlerin will eine Hostie stehlen,
wird aber erwischt. Vor Gräfin De Galle (Blanka Waleska) erklärt sie, die Hostie
sei für eine Kuh gedacht, die keine Milch mehr gibt. Diakon Krystof Lautner (Elo
Romancik) tut dies als Aberglauben ab, und will die Alte laufen lassen. Der
junge Priester Konig (Jiri Holy) indes vermutet Hexerei und verlangt die
Einberufung einer Inquisition. De Galle akzeptiert, und so wird Franz Boblig von
Edelstadt (Vladimir Smeral) aufgeboten, ein verarmter Jurist, der seine Chance
auf Wiedergutmachung wittert. Er foltert die Bettlerin, kommt so an immer neue
Namen und zieht einen Hexenprozess nach dem anderen auf. Bald macht er auch vor
Adeligen nicht Halt und Diakon Lautner steht auf seiner Abschussliste.
REVIEW
Hexenprozesse haben etwas grundsätzlich
Frustrierendes: Wir sind Rechtsprechung gewohnt, bei der die Unschuld angenommen
wird, aber die Ankläger beweisen müssen, dass eben eine Schuld vorliegt. Bei den
Hexenprozessen steht dies Kopf, denn es wird eine Schuld angenommen und es liegt
an der Angeklagten, diese zu widerlegen - was freilich unmöglich ist. Diese
Unmöglichkeit, sich von den Anschuldigungen zu lösen (sie unter Folter sogar
noch zu gestehen), lassen mich beim Anschauen von solchen "Prozessen" physisch
unruhig werden.
Entsprechend unangenehm ist der tschechische Film
"Kladivo na carodejnice", benannt nach dem berüchtigten "Hexenhammer" (Malleus
Maleficarum), dem katholischen Manifest gegen Hexerei, das die theologische
Basis für diese Prozesse bildete. Der Film selbst basiert auf dem Roman von
Václav Kaplický und greift auf reale Gerichtsprotokolle aus den Jahren 1678-1695
in den nordmährischen Orten Velke Losiny (Gross Ullersdorf) und Sumperk zurück,
wo einige der berüchtigtsten Hexenprozesse jener Zeit stattfanden.
Regisseur Otakar Vávra bettet die Geschichte in von einem unheimlichen
Geistlichen Vorgetragene Zitate wie "Der Schoss einer Frau ist das Portal zur
Hölle" ein und macht so von Anfang an klar, dass der Film das Frömmeln anklagt.
Er ist aber keine plumpe Breitseite gegen den Glauben an sich - so gibt es
einige Geistliche, die für die Angeklagten einstehen und eine Inquisition für
unnötig halten. Vielmehr zielt der Film auf den Extremismus und die
Pervertierung des Glaubens zum Machtgewinn.
Nicht umsonst spielt er im
Königreich Böhmen, das als eins der Pulverfässer des 30-Jährigen Krieges, ganz
besonders unter der Härte der Gegenreformation zu leiden hatte. Entsprechend
schnell ist man bereit, Hexerei und Häresie zu sehen, entsprechend offen ist man
für Inquisition. "Kladivo na carodejnice" macht aber auch klipp und klar, dass
nicht immer nur Glaube Antrieb ist, sondern oft auch Macht und Geld, wenn man
Konkurrenten diffamieren und ausschalten kann, oder einfach mal einen reichen
Mann anklagen, um dessen Vermögen zu konfiszieren.
Man kann den Film
deswegen auch als viel allgemeinere Allegorie anschauen: Wie funktionierende
Systeme von innen aus zum Machtausbau unterwandert werden. Das lässt sich auf
Politik genauso münzen wie auf Religion. Visuell indes ist es im Film doch immer
die Religion, die im Fokus steht, gehalten in oft kargem, aber effektivem
Schwarzweiss, was den Film nahe an die nordischen Regisseure rückt, die sich mit
dem Thema beschäftigen - namentlich Dreyer und Bergman. Doch "Kladivo na
carodejnice" ist nicht gar so asketisch streng wie jene, er beginnt schon
buchstäblich fleischig und ist auch später nie kopflastig.
Stark aber
nicht nur Otakar Vávras Inszenierung: Auch der Soundtrack von Jirí Srnka mit dem
sich immer wiederholenden düsteren Marsch-Leitmotiv verdient Lob, während die
Kostüme für gehörig Realismus sorgen. Und nicht zuletzt sind die Schauspieler
allesamt toll, egal ob alte Bettlerinnen oder Hauptfiguren. Jedem und jeder
nimmt man die Figur ab und sie geben alles, von Nacktheit bis Leid bis, im Falle
von Boblig-Darsteller Vladimir Smeral, schön hassenswertem Sadismus. Boblig
basiert übrigens auf einer realen Figur, wie vieles im Film. Fiktiv ist nur
weniges, etwa das personifizierte Gute in Diakon Lautner.
"Kladivo na
carodejnice" bietet daher eindrücklichen Geschichtsunterricht, der auch
cineastisch überzeugt. Er reiht sich ein in andere allegorische Hexenstoffe, von
"The Crucible" bis "Witchfinder's General", ist aber nichts für Zartbesaitete,
weil die Folterszenen wirklich weh tun. Und der Film ist auch nichts für
harmoniesüchtige Gemüter, denn er bietet keine Erlösung, ist bis zum Ende
konsequent. Als wollen die Macher Salz in die Wunden der Zuschauer reiben, steht
etwa im Abspann, dass (sorry, Spoiler) Bösewicht Boblig ein glückliches, langes
Leben führte. Man wünscht dem Typen, nach allem, was er angerichtet hat, ein
brutales Ende. Doch wie wir alle wissen, ist dies in der Geschichte eben nicht
immer der Fall.
EXTERNE REVIEWS
imdb.com
Screenshots der DVD mit VLC, verkleinert und geschärft mit Picture Converter und Paint.net
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