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Thriller. USA 2006
Alternative Titel
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Regie Spike Lee
Drehbuch
Russell Gewirtz
Produktion Brian Grazer
Musik Terence Blanchard
Kamera Matthew Libatique
Darsteller Denzel Washington, Clive Owen, Jodie Foster,
Chiwetel Ejiofor,
Christopher Plummer, Willem Dafoe, Kim Director, James Ransone, Waris Ahluwalia
Länge 120 Min.
US-Kinostart
24.03.2006
CH-Kinostart 23.03.2006
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
© Text Marco,
molodezhnaja 1.3.06
© Bilder Universal
STORY
Dalton Russell (Clive Owen) dringt mit ein paar Leuten in die Bank an der 20
Exchange Place in Manhattan ein und nimmt die anwesenden Kunden sowie die
Bankarbeiter als Geiseln. Russell plant den perfekten Banküberfall und überlässt
nichts dem Zufall. Er und seine Leute sind maskiert, die Geiseln zwingt er, in
dieselbe Kleidung zu schlüpfen. Derweil versammelt sich draussen die Polizei
unter Führung von Captain John Darius (Willem Dafoe). Der muss vorerst aber die
beiden NYPD-Verhandlungsexperten Detective Keith Frazier (Denzel Washington) und
Bill Mitchell (Chiwetel Ejiofor) vorlassen, die mit Russell Kontakt aufnehmen.
Die Räuber fordern einen aufgetankten Jet, sonst stirbt jede Stunde eine Geisel.
Während Frazier versucht, die Pläne der Gangster zu durchleuchten, heuert der
Bankpräsident (Christopher Plummer) die mysteriöse Miss White (Jodie Foster) an,
die für viel Geld "spezielle Probleme" beseitigt. Sie macht den Cops schnell das
Leben schwer.
REVIEW
"Inside Man" beginnt kurios und genial: Während
des Universal-Logos erklingen bereits die ersten fremdartigen Töne, die für
Bollywood-Fans alles andere als unbekannt sind. Es ist das umwerfende Lied
"Chaiyya Chaiyya", komponiert von A.R. Rahman für den Film
Dil Se.
Shahrukh Khan tanzt darin auf einem fahrenden Zug neben den Kurven einer
schönen Tänzerin. Also was zum Henker hat so ein Stück mit einem Thriller wie
"Inside Man" zu tun? Erst einmal nichts, also lauscht man den genialen Beats,
während Spike Lee uns durch New York führt.
Erst im Verlauf des Films wird klar, dass Lee die Musik wohl nicht nur gewählt hat, weil er sie mag, sondern als erster Versuch, uns aus der Bahn zu werfen. "Inside Man" macht das mehrfach, meist auf Handlungs-Ebene. Aber auch auf kultureller Ebene: Am Anfang indische Musik zu klassischen New-York-Locations. Später im Film betitelt ein Cop einen Sikh mit "fucking arab", Denzel Washington ist unfähig, Albanien und Armenien auseinander zu halten, eine slawisch klingende Sprache ist automatisch Russisch und ein Jude wird nebenbei gefragt, wo man die besten Diamanten her bekommt. Spike Lee, der Regisseur kontroverser und aufrüttelnder Filme zum Thema Rassismus, hat also diesen Touch nicht ganz verloren. Spielerisch und meist witzig führt er vor, welche kulturelle Ignoranz die Welt heimsucht und dass Missverständnisse im Kleinen beginnen. "Chaiyya Chaiyya" stimmt uns quasi darauf ein.
Doch keine Angst: "Inside Man" ist kein Problemfilm, nicht einmal ein typischer Spike-Lee-Streifen. Vielmehr handelt es sich um einen klassischen Geiselnahme-Thriller. Denzel Washington verkörpert mit unendlich viel Gusto den Verhandlungsexperten, der überraschend oft einen witzigen Spruch auf den Lippen hat. Clive Owen gibt mit eindrücklicher Gelassenheit und markigen Sprüchen den Gangsterführer. Jodie Foster, natürlich mit dem Namen "White", geht brillant ihren dubiosen Geschäften nach und wird dafür vom Bürgermeister schon mal lobend als "cunt" bezeichnet. Und in Nebenrollen brillieren Stars wie Christopher Plummer und Willem Dafoe - ja, es ist eine echte Freude, dieser Crew zuzusehen.
Lee spielt mit dem Genre auch ein wenig, indem seine Figuren die gängigen Geiselthriller durchaus kennen und "A Dog Day Afternoon" auch mal zitieren. Humor gibt es ausserdem bei kleinen Wortgefechten, Washingtons lakonischen Witzen und in unnötig arrangierten Verhör-Vorschauen, die manchmal zu kurzen Sketch-Einlagen verkommen. Spannend bleibt die Sache dennoch immer, da Owens Crew derart unvorhersehbar agiert und alles minutiös geplant hat. Ich mag dieses Genre, da hier der Geist vor der Waffe kommt und die Kontrahenten sich ein Katz-und-Mausspiel der Intelligenz liefern. Aber: Andere Genrebeispiele wie "The Negotiator" oder eben die 70's-Vorbilder machen das noch packender. "Inside Man" hat zu viele Hänger, ist dramaturgisch nicht perfekt und ist auch etwas vorhersehbarer, sobald man ahnt, worauf Lee hinaus will. Es fehlt der letzte Kick, der den Film über die gut gemachte Routine hinaus hebt.
Die Schauspieler helfen, der Humor auch, doch daneben gibt es nicht genug. So entwickelt sich die Story gegen Schluss, abgesehen von den Überraschungen, zur milden Enttäuschung. Auf den grossen Knall wartet man vergebens und Owens Handlungsebene wird nicht mit maximalem Effekt beendet. Der ganze Coup endet eigentlich zu billig. Klar ist Lee nicht auf die gängigen Genre-Klischees aus, doch was er stattdessen präsentiert, hat nicht genug Pfiff und viel weniger Zündstoff, als erwartet. Oder erhofft.
Trotzdem ist "Inside Man" empfehlenswert. Alleine schon die Schauspieler sind derart genial, dass man Längen und mangelnde Dramatik mancherorts verzeihen kann. Es ist nur schade, hat Lee nicht noch mehr daraus machen können. Insbesondere die letzten 10 Minuten, die einfach antiklimaktisch sind, bedürften dringend einer Straffung und Aufwertung. Aber man soll ja bewerten, was man hat, nicht was man möchte - und so ist "Inside Man" schlicht hochroutinierte Unterhaltung. Zum Abschluss gibts dann ein Wiederhören mit A.R. Rahman - Lee scheint "Chaiyya Chaiyya" wirklich zu lieben. Diesmal jedoch läuft er leider in einer Rap-verseuchten Remix-Version von Punjabi MC.
PS: Der Trailer hat viel zu viele Spoiler. Besser meiden.
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