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> GROUNDING - DIE LETZTEN TAGE DER SWISSAIR
Thriller. CH 2006
Alternativer Titel
Grounding
Regie Michael Steiner
Drehbuch Michael Steiner, Michael Sauter, Tobias Fueter, Jürg Brändli,
René Lüchinger
Produktion Peter-Christian Fueter
Musik Adrian Frutiger
Kamera Filip Zumbrunn
Darsteller Hanspeter Müller, László I. Kish, Gilles Tschudi, Michael
Neuenschwander,
Rainer Guldener,
Katharina von Bock, Walter Hess, Stefanie Japp,
Stefan Gubser, Leonardo Nigro, Janic Halioua
Länge 135 Min.
CH-Kinostart 19.1.2005
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. |
© Text Marco,
molodezhnaja 22.1.06
© Bilder Filmcoopi
STORY
Unter CEO Philippe Bruggisser verfolgt die Swissair die
"Hunter"-Strategie, wonach die Schweizer Airline zur Existenzsicherung Expansion
betreibt. Beteiligungen an europäischen Fluggesellschaften werden gekauft,
Allianzen mit grossen Partnern wie der Delta geschmiedet. Als die Swissair
Schulden anzuhäufen beginnt und Delta abspringt, werden der Aufsichtsrat und
Bruggisser gefeuert. Den Vorsitz der Swissair übernimmt nach einigen turbulenten
Wochen der bisherige Nestlé-Finanzchef Mario Corti (Hanspeter
Müller). Es liegt an ihm, UBS-Chef Marcel Ospel (Gilles
Tschudi) und CS-Boss Lukas Mühlemann (Rainer Guldener) sowie Crossair-Gründer
Moritz Sutter (László I. Kish) in ein Boot zu holen und die Swissair zu
sanieren. Crossair-Mann André Dosé (Michael Neuenschwander)
und die Finanzexpertin Jaqualyn Fouse (Katharina Von Bock) sollen ihm
dabei helfen.
Doch eine Fehlentscheidung jagt die nächste, der Schuldenberg
wächst, der 11. September 2001 verringert die Flugzahlen - eine Kette der
Katastrophen ist in Gang gesetzt, die am 2. Oktober 2001 im Grounding der
Schweizer Fluglinie mündet.
REVIEW
Es ist leider etwas
Alltägliches geworden: Eine Firma geht pleite. Das ist für Betroffene
bedauerlich, passiert aber weltweit immer wieder. Im Falle der "Swissair" war
die Lage jedoch speziell. Viele Tausend Menschen verloren ihren Job sowie ihr
Hab und Gut. Der Stolz einer ganzen Nation, die lange Jahre die beste Airline
der Welt vorzeigen konnte, lag am Boden. Und das in einem Jahr, das mit 9/11 und
dem Parlaments-Massaker in Zug bereits hart genug war. Was wohl immer noch
unfassbar erscheint: Wie konnten mehrere Milliarden Franken einfach verlocht
werden und kaum einen schien das zu jucken? Wie konnte man Volk und Politik
jahrelang vormachen, hier werde eine Prachts-Fluglinie aufgebaut? "Grounding",
der neue Film von Mein Name ist Eugen-Regisseur
Michael Steiner, gibt darauf auch nur bedingt Antworten. Aber er rekonstruiert
die Kette der Ereignisse in jenem verhängnisvollen Herbst 2001.
Steiner tut dies im Genre des Dok-Thrillers, wie es vor ihm Regisseure wie Oliver Stone ("JFK") und Michael Mann ("The Insider") perfektioniert haben. Und er tut es packend. Helvetisches Kino hat ja kaum den Ruf, in Sachen Thrillern wegweisend zu sein, sondern bestenfalls im Bereich Dok-Film so etwas wie Ruhm erlangt zu haben. Das nutzen Steiner und sein Team (besonderes Lob an das Cutter-Team Tobias Fueter, Benjamin Fueter, Gion-Reto Kilias, Gisela Weibel) denn auch perfekt aus und flechten Tagesschau-Ausschnitte, Dok-Elemente und sonstiges Archiv-Material in den Film ein. Von Anfang an wird das Gefühl der Authentizität erzeugt, wenngleich manche Elemente des Films fiktiv und andere durchaus auch manipulativ sind. Der Trick ist es, dies zu ignorieren und den Film mit solchem Tempo und solch schlauer Aneinanderreihung von Fakten zu präsentieren, dass der Zuschauer mit dem Denken gerade knapp mitkommt und die Ereignisse aufsaugt. Keinem gelang das bisher besser als Oliver Stone in "JFK". Und wenngleich "Grounding" noch Lichtjahre von der perfekten Montage dieses Werks entfernt ist, so handelt es sich doch um einen superb gemachten Ploit- und Wirtschaftsthriller.
Steiners grösster Lausbubenstreich ist es vielleicht, den Film in Gut und Böse zu unterteilen. Mario Corti, souverän gespielt von Hanspeter Müller ("Vollmond"), wird als Retter aufs Schild gehoben. Etwas naiv vielleicht, aber ehrlich und fleissig. Dass Corti der Cousin von Produzent Fueters Frau ist, soll nichts damit zu tun haben, beteuerten die Macher. Glauben wir das mal. Und wo ein Held ist, muss ein Schurke sein. Der ist ganz Allgemein in Form der Banken vorhanden und ganz Speziell in der Person von Marcel Ospel. Der UBS-Boss, der auch fünf Jahre nach dem Debakel noch immer 20 Millionen Franken pro Jahr verdient und seine Firma so glorios leitet wie eh und je, wird als Buhmann an die Wand gestellt. "Lüthi & Blanc"-Bösewicht Gilles Tschudi scheint dies enorm zu geniessen, denn sein Spiel mit dem selbstsicheren Auftreten und dem arroganten Grinsen ist wunderbar. Ins Privatleben scheint nichts davon eingeflossen zu sein, denn ich hatte mit Herrn Tschudi bereits das Vergnügen einer eBay-Transaktion. Und die lief reibungslos. Gilles, ich hab dich im ersten Mail geduzt, da ich ja nicht ahnen konnte, mit wem ich kommuniziere: Du bist ein Highlight des Films - und danke für die Bezahlung.
Auch die restlichen Schauspieler leisten hervorragende Arbeit. Die, welche die Wirtschaftsführer verkörpern, haben es leichter, denn a) verfügen sie über eine reale Vorlage und b) sind ihre Szenen so schnell und packend montiert, dass Langeweile nie aufkommen kann. Anders sieht es bei den Soap-Elementen aus. Die stehen bisweilen etwas quer in der Landschaft. Sie handeln von der Stewardess Susanne (Stephanie Japp), ihrem Piloten-Freund (Pasquale Aleardi), ihrem Sohn Luca (Lukas Schaller) - und ihren privaten Nöten. So taucht Eugen-Star Janic Halioua mit Joints und Pornos beim kleinen Luca auf und beschwört Familiensorgen herauf. Die rücken in den Hintergrund, als 9/11 die Welt erschüttert. Der Einbezug des privaten Teils lohnt sich insbesondere da, denn anders als im Wirtschaftsteil, kann Steiner Emotionen erzeugen, die nicht nur aus Wut gegenüber den Swissair-Ruinierern bestehen. Auf der anderen Seite ist manche Soap-Szene schwächer gespielt als der Rest und ist im Grossen und Ganzen wohl auch unnötig.
Dies ist aber ein kleines Defizit. Der Rest ist solide gemachtes Polit- und Wirtschafts-Kino mit pulsierender Musik, flüssiger Montage und souveräner (etwas gar hektischer) Kameraarbeit. Cast und Crew können stolz sein auf das Geleistete, obwohl natürlich bereits die Ausgangslage selbst einen Grossteil der Arbeit erledigt. Das Grounding, die legendär gewordenen Aussagen und die damit verbundene nationale Schande sind bereits so aufwühlend und fesselnd, dass man sie nur noch anzuordnen braucht. Aber was heisst "nur". Es war ein höllischer Job und er hat sich gelohnt. Der auch nicht gerade mit Samthandschuhen angefasste Moritz Sutter und vor allem die Banken dürften das anders sehen. Corti und der mittlerweile abgesetzte Mühlemann kommen schliesslich schlecht weg. Corti dürfte das nicht mehr als ein müdes Lächeln kosten. Und seine Nummer zwei, Alberto Togni, darf sich glücklich schätzen, dass sein peinliches Gestammel in "10 vor 10" nur auszugsweise vorkommt. Im Gedächtnis der Kinozuschauer dürfte aber auf alle Zeit fest stehen, dass unser Zürcher Wirtschafts-Freisinn-Filz und insbesondere unsere beiden Grossbanken, die jährlich neue Milliardengewinne verbuchen (und auf die wir trotz aller Debakel ja immer noch stolz sind), die Swissair nicht gerettet haben, obwohl sie es hätten tun können. Ist das die ganze Wahrheit? Vielleicht nicht (siehe hier). Aber das ist ja das Schöne an einem Dok-Thriller: Man kann mit der Wahrheit spielen und sie mal provokativ und Emotions-fördernd zu recht biegen. Alles, was danach kommt, ist bereits Publicity für den Film.
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