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Western. Mexiko
Alternative Titel Der Maulwurf; El topo

Regie Alejandro Jodorowsky
Drehbuch Alejandro Jodorowsky
Produktion Juan López Moctezuma, Moshe Rosemberg, Roberto Viskin

Musik Alejandro Jodorowsky, Nacho Méndez
Kamera Rafael Corkidi

Schnitt Federico Landeros
Darsteller Alejandro Jodorowsky, Brontis Jodorowsky, Robert John, Mara Lorenzio
Länge
120 Min.

Kinostart 1970

 

 

Humor Spannung Action Gefühl Anspruch Erotik

©  Text Marco, molodezhnaja 10.11.2012
©  Bilder Tartan, Screenshots molodezhnaja


STORY
Der übersinnlich begabte Revolverheld El Topo (Alejandro Jodorowsky) reitet mit seinem nackten Sohn (Brontis Jodorowsky) durch das öde Land. In einem Dorf finden sie Überreste eines Massakers vor. Die Spur führt zum Schurken "Colonel" (David Silva), der sich in einer Franziskaner-Mission verschanzt hat. El Topo erledigt ihn und seine Schergen, lässt seinen Sohn bei den Mönchen und reitet stattdessen mit Mara (Mara Lorenzio) weiter, die Frau des Colonels. Um sich ihr zu beweisen, macht er sich daran, die vier Meisterschützen der Wüste zu töten. Er geht mit List vor, sieht aber immer mehr die Unsinnigkeit seines Tuns ein: El Topo schwört der Gewalt ab. Jahre später ist aus dem Revolverhelden ein Messias der Krüppel geworden.

 

REVIEW
Bei Alejandro Jodorowsky fühl ich mich, als käme ich zu spät zur Party: Von dem chilenischen Surrealisten hab ich immer wieder gelesen, kenn die Titel seiner Werke vom Titel und Inhalt her - doch kurioserweise kam ich nie in Direktkontakt mit seinen Filmen. Für jemanden, der auf Kino, Kult und alles Drumherum so abfährt wie ich, bin ich wahrhaft spät dran mit "El Topo". Und fühl mich deswegen auch nicht so kompetent, über den Film zu schreiben, wie die vielen Experten seines Oeuvres, die im Netz zu finden sind. Nun, ich tu es freilich trotzdem. Nennen wir es die Sicht des Filmfreunds-und-Jodorowsky-Novizen ...

"El Topo" ist Jodorowskys Durchbruchsfilm. Er liess sich zuvor in Paris als Pantomime schulen, inszenierte in Mexiko etliche Bühnenstücke und kam mit dem Surrealismus in Kontakt, in dessen Stil er 1967 seinen ersten Film "Fando and Lis" drehte. Doch erst 1970 folgte die internationale Anerkennung des vielseitig begabten Provokateurs, nicht zuletzt deswegen, weil "El Topo" bestens zu den nach dem Ungewöhnlichen suchenden Hippie-Bewegung mit ihren Drogen-induzierten Halluzinationen passte. Und weil John Lennon und Yoko Ono der Film so gut gefiel, dass sie Beatles-Manager Allan Klein dazu brachten, die Rechte zu kaufen. Der finanzierte auch gleich noch "The Holy Mountain", zerstritt sich aber mit dem Regisseur und weigerte sich, seine Werke wieder zu veröffentlichen. Darum kamen sie erst 2007 wieder in den Handel, was freilich über die Jahre nur ihren Status als Kult- und Untergrund-Hit zementierte.

Heute ist "El Topo" zahmer. Die ausgeweideten Tiere, die blutigen Schiessereien, die verkrüppelten Menschen und unsittlichen Szenen - all das hat durchaus noch leichtes Schockpotential, aber man hat es einfacher, darüber hinwegzusehen, und den Film zu analysieren. In erster Linie ist er ein optisches Vergnügen, jedes Bild wirkt speziell, jede Szene bietet dem Betrachter etwas Neues, etwas Kurioses, ein Mix aus Fellini und Buñuel. Die von Jodorowsky selbst komponierte Musik steigert das Gefühl der Entrücktheit und die manchmal sprunghafte Montage erledigt den Rest. Am meisten zu reden gibt indes der Inhalt, weil er nicht so einfach zu fassen ist.

Oberflächlich betrachtet: Er beginnt als surrealer Spaghetti-Western und wird zur ebenso surrealen Erlöser-Phantasie mit ziemlich plumper Amerika-Kritik. Jodorowsky selbst spielt die Hauptrolle als bekehrtes Monster. Als Allegorie über einen Mann, der sich erst für Gott hält, und durch Demut zum Menschen wird ("ich bin kein Gott") taugt der Film aber nicht gerade viel, weil er zu Ich-bezogen ist und Jodorowsky gottgleich vor und hinter der Kamera den Ton angibt. "El Topo" wirkt zu wenig demütig für diese Lesung, zu narzisstisch. Auch die vielen Motive, die der Regisseur aus Christentum, aus östlicher Philosophie, aus Spielfilmen (etwa "Il buono, il brutto, il cattivo") ebenso entlehnt wie aus schwarzer Magie, hilft bei der Deutung nicht weiter. Aber vielleicht ist das auch gar nicht Sinn der Sache?

Jodorowsky scheint fasziniert von den Motiven an sich, weniger von ihrer Deutung. Er nimmt das Filmische, das Religiöse, und lässt es für sich selbst sprechen. Nehmen wir als Beispiel das nackte Kind in den berühmten Anfangsszenen: Es ist nackt, weil dies visuell auffällig ist - schwarz angezogener Vater, nacktes Kind. Doch es ist auch nackt, weil es Aufsehen erregt - angezogenes Kind wäre öde. Und drittens ist es doch auch symbolhaft aufgeladen - die Verletzlichkeit eines Kindes wird noch gesteigert durch seine Nacktheit. Der übermenschliche Vater mit dem vollkommen schutzlos wirkenden Spross. Die nackte Unschuld. Vieles im Film funktioniert in dieser Dreifaltigkeit: Zuerst das Bild. Dann die Ungewöhnlichkeit. Und letztendlich die Symbolik und ihre (potentielle) Deutung.

Und einiges davon bleibt gerade deswegen hängen. Legendär etwa die Bilder aus den Szenen des dritten Wüstenmeisters, für die Jodorowsky leider unzählige Hasen töten musste, aber einen starken Effekt erzielt. Grandios auch sein Spiel mit Menschen, denen Glieder fehlen. "Zu viel Perfektion ist ein Fehler" meint der Protagonist passend. Ein Mann ohne Beinen ist zusammengekettet an einen Mann ohne Arme, die perfekte Symbiose. Jodorowsky scheint interessiert an den Spielarten der menschlichen Existenz und ihrer Abweichung von der vermeintlichen Norm. Und so küsst ein bärtiger Mann einen blonden Mönch. Frauen begehren Frauen. Menschen fehlen Arme. Beine. Menschen mit Down-Syndrom spielen mit. Männer mit Frauenstimmen und umgekehrt. Schüsse penetrieren den Körper ohne Schaden anzurichten.

Die Liste ist endlos. Bedeutet das alles was? Vielleicht. Aber vielleicht ist Jodorowsky halt einfach fasziniert davon. Und seine Faszination steckt an. Man lässt sich von der Welle an Bildern und Ideen mitreissen. Ob man den Film nun als religiöse oder politische Parabel anschaut, als Manifest gegen die Norm, als surrealen Drogenrausch, als narzisstische Ego-Show, als US-Kritik im Geiste der Gegenkultur, als albtraumhafte Saulus-Paulus-plus-Jesus-Interpretation oder als Anti-Western mit Schock-Absicht: Unabhängig von der Leseweise bleibt es ein Film, der nicht kalt lässt und beeindruckt. Der optisch begeistert und mit seiner Gewalt gegen Mensch und Tier schockt. Der aber auch oft erstaunlich lustig ist. Er ist in die Jahre gekommen, hat seine Längen und wirkt oft so grotesk überzeichnet, dass man mit der Zeit etwas abstumpft - aber das oft verteilte Label "Kult" hat er absolut verdient.

 

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EXTERNE REVIEWS 
imdb.com

 

SCREENSHOTS

Screenshots der DVD mit TotalMedia Theatre 3, verkleinert und leicht geschärft mit CorelPaint


 

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