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©  Text Marco, molodezhnaja 11.10.08
©  Bilder criterion, Screenshots molodezhnaja

 


 

Tokyo Chorus  
Tokyo no korasu; Tokyo no gassho; 東京の合唱 (Japan, 1931)

Regie: Yasujiro Ozu
Buch: Kogo Noda, Komatsu Kitamura
Mit: Tokihiko Okado, Emiko Yagumo, Hideo Sugawara, Hideko Takamine, Tatsuo Saito

Länge: 90 Minuten. Stummfilm mit englisch untertitelten Zwischentiteln.

 

Nach seinem Debüt im Jahr 1927 experimentierte Yasujiro Ozu mit verschiedenen Genres. Doch am besten lagen ihm damals Komödien im Stil von Hollywood-Berufskollegen wie Ernst Lubitsch und Charlie Chaplin. "Tokyo Chorus" ist ein Beispiel dafür. Doch die Komödie birgt ebenfalls bereits jene typischen Elemente, die spätere Ozu-Klassiker auszeichneten: Familienleben, Konflikt zwischen Eltern und Kindern. Für Ozu war der Film daher ein Wendepunkt in seiner Karriere und rückblickend ist auch erkennbar, dass hier sein typischer Stil sich zu manifestieren begann. Also einfache Einstellungen auf Kopfhöhe, Framing mit Wänden in der Wohnung, liebevolle Anordnung von Objekten im Vorder- und Hintergrund.

Die Story ist für Komödienverhältnisse eigentlich tragisch: Der Versicherungsvertreter Shinji Okajima (Tokihiko Okada) steht für einen älteren Kollegen (Takeshi Sakamoto) ein und wird dafür vom Boss (Reiko Tani) kurzerhand entlassen. Darum kann er seinem Sohn (Hideo Sugawara) das versprochene Fahrrad nicht kaufen. Der Streit mit dem Kleinen ist aber noch das geringste Problem, denn nun stehen Shinji und seine Ehefrau Tsuma Sugako (Emiko Yaguma) ohne Geld da. Als Tochter Miyoko (Hideko Takamine) schwer erkrankt, steht für Shinji fest: Er muss eine neue Arbeit suchen. Kann ihm vielleicht sein alter Lehrer Mr. Omura (Tatsuo Saito) helfen?

Ozu entwickelt die Geschichte langsam, aber doch mit Elan. Die frühen Szenen im Büro sind bereits köstlich, wenn etwa die Mitarbeiter versuchen, zu erspähen, was ihr Kollege für einen Bonus kassiert hat - und ihn dafür schon mal bis aufs Klo verfolgen. Auch wenn Protagonist Shinji den Boss im Büro besucht und sich die beiden mit ihren Fächern ein Duell liefern, ist dies von beachtlicher Komik. Doch hauptsächlich konzentriert sich Ozu hier auf den leisen Humor, stets vermengt mit etwas Melancholie und Wehmut. Tokio wird als arme Stadt geschildert, in denen Arbeitslosigkeit und Geldmangel den Alltag für viele Menschen darstellen.

Im Ozu-Kanon nimmt "Tokyo Chorus" einen Platz im Mittelfeld ein, sowohl qualitativ wie von der Bekanntheit her. Der Stummfilm ist von grosser Wichtigkeit für Ozus Entwicklung und sein Finden einer eigenen Bildsprache, doch für sich betrachtet fehlt ihm etwas der Wiedererkennungswert. Vielmehr handelt es sich um amüsantes Kino auf hohem Niveau, technisch unspektakulär, schauspielerisch solide und inhaltlich simpel. Für Ozu-Fans auf jeden Fall ein gelungener Einstiegspunkt in das frühe Schaffen ihres Idols.

 


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I Was Born, But...  
Children of Tokyo; Otona no miru ehon - Umarete wa mita keredo; 大人の見る繪本 生れてはみたけれど(Japan, 1932)

Regie: Yasujiro Ozu
Buch: Akira Fushimi, Geibei Ibushiya nach einer Story von James Maki (
Yasujiro Ozu)
Mit: Tatsuo Saito, Tomio Aoki, Mitsuko Yoshikawa, Hideo Sugawara, Takeshi Sakamoto, Teruyo Hayami, Seiichi Kato

Länge: 90 Minuten. Stummfilm mit englisch untertitelten Zwischentiteln.

 

Diesen Film interpretierte Ozu 1959 als Good Morning noch einmal neu. Das Original unterscheidet sich nicht nur durch das Fehlen von Farbe und Ton, sondern setzt auch inhaltlich andere Akzente. Doch es geht um die Interaktion zwischen Erwachsenen und Kindern, geprägt von Witz und Melancholie. Die Balance ist hier sogar noch etwas besser als im ein Jahr zuvor entstandenen Tokyo Chorus. Nicht umsonst avancierte "I Was Born, But..." zu Ozus bis dato erfolgreichstem Werk und ist auch eines der ersten, das weitum als Meisterwerk gefeiert wurde. Bis zum heutigen Tag.

Die Geschichte, die Ozu mit erstaunlich wenigen Zwischentitel erzählt, handelt von einer Familie, die in einen Vorort von Tokio gezogen ist, damit Vater Chichi (Tatsuo Saito) bei seinem Job wohnt. Die Söhne Ryoichi (Hideo Sugawara) and Kenji (Tomio Aoki) kommen dadurch an eine neue Schule, an der sie gehänselt werden. Einer der jungen Agressoren ist Taro (Seiichi Kato), der Sohn von Papa Chihis Boss (Takeshi Sakamoto). Als die Familie zu einem Filmabend bei ihm eingeladen ist, erkennen die beiden Söhne, wie unterwürfig der Vater ist. Sie sind enttäuscht - und beginnen einen Hungerstreik.

Manche Szenen in diesem wunderbaren Film erinnern an Hal Roachs amerikanischen "Our Gang"- und "Die keinen Strolche"-Produktionen. Ozu konzentriert sich aber nicht alleine auf die Streiche der beiden Buben und ihre Probleme mit den gleichaltrigen Schlägern, er stimmt vielmehr öfters ernste Themen an. So entsteht bei manchen Gelegenheiten ein Bruch zwischen den Generationen und den Jungs wird klar, dass ihr daheim so herrischer Vater im Büro alles andere als tonangebend ist. "Du sagst uns immer, wir sollen es zu was bringen - aber du bist ein Niemand" schreit einer wütend.

Doch "I Was Born, But..." ist bei aller Vielschichtigkeit und bei allem familiären Drama, das zum Zug kommt, doch stets darauf erpicht, das Publikum zu unterhalten und amüsieren. Es ist eine drollige Komödie, von den Kindern vorzüglich gespielt und von Ozu temporeich inszeniert. Stilistisch gibt es sowieso nichts zu bemängeln, da der japanische Meisterregisseur hier bereits seinen klassischen Stil zur Anwendung bringt und dabei seine Figuren nüchtern aus einer statischen Perspektive rund einen Meter über dem Boden filmt, wenn auch mit etwas mehr Cuts als gewohnt. Mit anderen Worten: Typisch Ozu und doch erfrischend anders. Und einer seiner frühen Klassiker.

 


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Passing Fancy  
Dekigokoro (Japan, 1933)

Regie: Yasujiro Ozu
Buch: Tadao Ikeda nach einer Story von James Maki (
Yasujiro Ozu)
Mit: Takeshi Sakamoto, Nobuko Fushimi, Den Obinata, Chouko Iida, Tomio Aoki, Reiko Tani

Länge: 100 Minuten. Stummfilm mit englisch untertitelten Zwischentiteln.

 

Yasujiro Ozus Tora-San ist Takeshi Sakamoto. Der Schauspieler trat für eine Reihe von "Jedermann"-Filmen vor Ozus Kamera, in denen er einen allein erziehenden Dad spielt. Sein extrovertiertes Auftreten, seine Vorliebe, in Fettnäpfchen zu treten, und seine etwas ruppige Art rufen Erinnerungen an die spätere Kultfigur Tora wach. Umso mehr, als "Tora-San"-Regisseur Yoji Yamada gerne als Nachfolger Ozus gesehen wird. "Passing Fancy" ist der erste Beitrag zu dieser losen Sakamoto-Reihe und ein amüsanter.

Während andere Regisseure zu jener Zeit längst auf Tonfilm umgestellt haben, blieb Ozu beim stillen Format, da er Ton für etwas hielt, was seinen Film nur stören würde. Erst 1936 stieg er mit "The Only Son" auch um. Dieselbe Verweigerung zog er beim Farbfilm durch, bei dem er auch Jahre lang zuwartete, bevor er 1958 mit Eqionox Flower color-debütierte. Doch Stummfilm passt sehr gut zu den frühen Ozu-Werken, so auch zu "Passing Fancy", der dadurch eine Reinheit und Einfachheit bekommt, die mit Figuren und Inszenierung bestens einhergeht.

Die Geschichte dreht sich um den gelangweilten Bierfabrik-Arbeiter Kihachi (Takeshi Sakamoto), der zusammen mit seinem jüngeren Kumpel Jiro (Den Obinata) Kihachis achtjährigen, trotzigen Sohn Tomio (Tomio Aoki) gross ziehen. Der Kleine ist ein Racker und Kihachi fehlt es an Geld, doch die Patchwork-Familie ist habwegs glücklich. Eines Tages verliebt sich Kihachi in die junge Harue (Nobuko Fushimi), doch sie hat nur Augen für Jiro. Daraus entwickelt sich eine Freundschaftskrise, aber später auch ein Familiendrama, das Ozu stilvoll und gefühlvoll inszeniert. Und dank Sakamotos Spiel sind die Ereignisse trotzdem oft amüsant.

Doch nicht nur die Schauspieler sind witzig, auch Ozus Timing funktioniert bestens. Zu sehen etwa in der Eröffnungssequenz, in der eine Geldbörse zu Boden fällt und sie nacheinander von den Anwesenden aufgehoben wird. Jeder schaut rein und erkennt, dass sie leer ist, um sie danach wieder wegzuwerfen. Erst Kihachi sieht, dass die Börse grösser ist als seine, tauscht die beiden aus und wirft seine eigene weg - worauf die wiederum herumwandert.

"Passing Fancy" hat etwas viele Zwischentitel, er wirkt stilistisch nicht überragend, doch Ozu vereint hier auf hohem Niveau Humor und Drama. Einzelne Szenen sind sehr witzig, andere zum Schmunzeln. Das Leben im Ghetto wird unbeschönigt dargestellt, überall hat es Fliegen, an jeder Ecke Armut - doch die Hoffnung verlieren die Figuren ebenso wenig wie der ganze Film. Dieses Gleichgewicht aus Melancholie und Humor macht das Werk sehenswert, selbst wenn es nicht zu Ozus grössten Leistungen gehört.

 


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