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1958
> BALLAD OF NARAYAMA
Drama
Japan 1958
Alternative Titel
Narayama bushiko; Die Ballade von Narayama;
楢山節考
Regie Keisuke
Kinoshita
Drehbuch Keisuke Kinoshita nach einer Novelle von Shichiro Fukazawa
Darsteller Kinuyo Tanaka, Teiji Takahashi, Yuko Mochizuki, Danko
Ichikawa, Keiko Ogasawara
Länge 98 Min.
Molodezhnaja Altersempfehlung ab 10
Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik |
. | . |
©
Text Marco, molodezhnaja 29.10.08
© Bilder Trigon,
Screenshots molodezhnaja
STORY
Ein kleines Bergdorf in Japan während der Feudalzeit: Die Tradition will es,
dass die alten Menschen auf den Berg Narayama steigen, um zu sterben, wenn sie
70 Jahre alt geworden sind. Dieses Schicksal blüht
in einigen Wochen auch der Grossmutter
Orin (Kinuyo Tanaka). Sie ist auf ihr Sterben vorbereitet und will vorher noch
die familiären Zustände regeln. So freut sie sich, dass ihr verwitweter Sohn
Tasuhei (Teiji Takahashi) mit Tama-Yan (Yuko Mochizuki) aus dem Nachbardorf noch
eine Frau gefunden hat, auch wenn Enkel Kesa (Danko Ichikawa) damit nicht
besonders glücklich ist. Der faule junge Mann kann es auch gar nicht erwarten,
bis seine Oma auf den Berg steigt. Tasuhei dagegen kann sich
mit dem baldigen Tod seiner Mutter nicht anfreunden und leidet. Auch der
Nachbar, der im selben Alter ist wie Orin, hadert mit seinem auferlegten
Schicksal.
REVIEW
Wer mit Shohei Imamuras
Ballad of Narayama (1983), der in Cannes mit der Goldenen Palme
ausgezeichnet wurde, vertraut ist, erlebt beim Betrachten dieser Version, die
ein Vierteljahrhundert davor entstanden ist, so manche Überraschung. Ist die
Interpretation Imamuras doch gefüllt mit Naturalismus und Fleischeslust, so hält
sich die Erstverfilmung von
Keisuke Kinoshita (1912-1998. Twenty-Four Eyes) an strenge formale Regeln.
Ein Jyuri-Erzähler dient als Erklärer und auch die Inszenierung ähnelt oft einem
Kabuki-Stück, von der Musik bis zur Sprechweise der Charaktere. Naturalismus ist
hier nicht das Ziel, vielmehr das Erschaffen eines Kunstraums, der als zeitlose
Parabel dienen kann.
In gloriosen Cinemascope-Bildern zeigt Kinoshita eine Welt aus frappant leuchtenden Studiosets, vor denen sich ein bis ins Detail archaisch vorgegebenes Leben abspielt. Die Frage ist nicht, ob jemand mit 70 auf den Berg geht, um zu sterben - sondern wie. Dass es aus heutiger Sicht brutal erscheint, die alten Menschen derart abzuschieben, ist klar. Und selbst in der Organisation dieses Dorfes wirkt es skurril, die produktiven Alten zu entsorgen. Man bedenke etwa, dass Orin noch gute Zähne hat (und sich deswegen auch schämt: sie will lieber als alte Schachtel abtreten), auf dem Feld mithilft und als einzige im Haushalt weiss, wie man Fische fängt. Wenn es danach ginge, das nutzloseste Familienmitglied loszuwerden, müsste die Wahl nicht auf die Oma fallen, sondern auf den faulen Enkel.
Doch diese Aspekte dienen lediglich als bitterer ironischer Kommentar hinter den etablierten und unmenschlichen Strukturen. Wichtiger ist Kinoshita, der mit "Ballad of Narayama" eine zwei Jahre davor entstandene Novelle von Shichiro Fukazawa adaptiert, die Frage nach der Einstellung der Menschen gegenüber dem Tod. Die spirituelle Interpretation ist, dass die Oma sich dank der Religion auf das Treffen mit Gott vorbereiten kann und im Geiste bereit ist, ihrem Schicksal mutig (oder blind) entgegenzutreten. Die psychologische Interpretation geht eher in die Richtung, dass die Frau sich selbst einredet, dass sie nicht mehr gebraucht wird. Sie schlägt sich sogar die Zähne aus, um in das Bild der hilflosen Alten zu passen. Sie macht sich selbst zur Märtyrerin für die Familie und in dieser Funktion sieht sie ihr Glück.
Der Umgang mit dem Tod ist das Spannendste an "Ballad of Narayama", denn dieses Thema ist universell, egal ob West oder Ost, ob traditionell oder modern: Jeder muss seinen Weg finden, sich mit der eigenen Sterblichkeit abzufinden, sei dies durch die Hinwendung zur Religion, durch Zynismus, durch das vorherige Erfüllen von Lebenszielen und Lebensaufgaben. Wer hingegen diese Entwicklung nicht durchmacht, für der Tod ein angsterfüllter Ort. Der mythologische Narayama ein Schreckgespenst.
Verpackt in die bestechende, stark stilisierte Bildsprache, sind diese Themen überaus faszinierend. Und wenn am Schluss das Unvermeidbare ansteht, so ist man als Zuschauer gerührt. Der Film wirkt etwas sperrig und hat trotz Kürze auch seine Längen, doch er belohnt reichhaltig. Etwas, was Imamura besser löst, ist die Not des Dorfes: In der 58er-Fassung sieht der Ort ziemlich üppig aus und die Ernte scheint reichhaltig. Warum dann überhaupt ein solch rigoroses "Nahrungssparprogramm" aufrecht erhalten werden muss, ist etwas fragwürdig. Bei Imamura dagegen ist die Erde karger, das Klima abweisender. Da ist klarer ersichtlich, warum die Menschen über 70 zum Sterben verurteilt sind. Das ändert nichts daran, dass beide Interpretationen sehenswert sind und auf ihre ganz eigene Weise das Thema eindrücklich umsetzen.
MEINE
DVD
Schweiz, Code 0, PAL
Bild:
Anamorphic Widescreen
Ton: Japanisch mono mit deutschen und französischen Untertiteln.
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